Originaltitel: Batoru rowaiaru__Herstellungsland: Japan__Erscheinungsjahr: 2000__Regie: Kinji Fukasaku__Darsteller: Takeshi Kitano, Tatsuya Fujiwara, Aki Maeda, Taro Yamamoto, Masanobu Ando, Kou Shibasaki, Chiaki Kuriyama, Shirou Gou, Satomi Hanamura, Shigeki Hirokawa, Hirohito Honda u.a. |
Japan in naher Zukunft: Die Gesellschaft ist am Abgrund, die Arbeitslosenquote ins Unermessliche gestiegen. Die Jugend hat keinen Respekt mehr vor den Erwachsenen und lässt sie dies durch Gewaltbereitschaft und das Boykottieren des Schulunterrichts spüren. Aufgrund dessen entwickelt der Staat den „Battle Royale Act“. Was das bedeutet wird sogleich erläutert.
Weg von der Rahmenhandlung, hin zum Hauptgeschehen: Die 9. Klasse einer japanischen Schule befindet sich auf dem Weg zu einem Ausflug – wie die Schüler und ihr Lehrer meinen. Die Busfahrt verläuft, wie man sich einen Schulausflug vorstellt. Es wird herumgealbert, Spiele werden gespielt. Man fährt durch eine Art militärisches Gelände – umstellt von Soldaten. Man kennt das ja. Na gut, es ist doch nicht alles ganz so, wie man sich einen Schulausflug vorstellt. Ein paar Schülern sowie dem Lehrer kommt das ebenfalls seltsam vor.
Nachdem die Kids betäubt wurden, finden sie sich auf einmal in einem heruntergekommenen Klassenzimmer wieder. Sie haben keine Ahnung, was los ist, und müssen feststellen, dass sie alle eine Art Halsband um selbigen haben. Plötzlich donnert ein Hubschrauber heran und ein Herr mittleren Alters im Jogginganzug sowie einige Soldaten betreten das Zimmer. Die Schüler stellen fest, dass es sich bei besagtem Modefetischisten um ihren ehemaligen Klassenlehrer Kitano (gespielt vom einmaligen „Beat“ Takeshi Kitano) handelt.
Ohne eine Miene zu verziehen, schreibt der grimmige, ehemalige Lehrkörper „BR Act“ an die Tafel. Was das zu bedeuten hat, wird den Jungs und Mädels anhand eines Videofilmes erklärt. Von einer jungen Frau in „Tomb Raider“-ähnlicher Aufmachung. Das „Spiel“ läuft folgendermaßen:
Jeder der Schüler wird mit ausreichend Proviant, einem Kompass, einer Karte (hatte ich schon erwähnt, dass sie sich auf einer Insel befinden?) und einer Waffe ausgestattet, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde. Wenn man eine automatische Pistole erwischt hat, hat man Glück, wenn man nur einen Topfdeckel erwischt hat, dann hat man eben Pech gehabt.
Schaut in den Klassiker der Gewaltspiralen hinein: Der Trailer zu „Battle Royale“
httpv://www.youtube.com/watch?v=JpHdbMr4y9c
Das Ziel des Spieles ist, dass sich die Schüler innerhalb von drei Tagen gegenseitig umbringen. Wenn am Ende dieser drei Tage noch mehr als einer leben, werden alle Überlebenden mittels ihres explosiven Halsbandes exekutiert! Sollte am Ende dieser drei Tage wirklich einer als alleiniger übrig bleiben, so darf dieser oder diese die Insel lebend verlassen und in die Gesellschaft zurückkehren. Dass die erwähnten Halsbänder keine Attrappen sind, wird eindrucksvoll an einem aufmüpfigen Schüler bewiesen.
Bevor die verängstigten und verstörten Teenager jedoch mit den Worten „Wir haben eure Eltern benachrichtigt, also kämpft mit Leib und Seele. Das Leben ist ein Spiel!“ in die Dunkelheit geschickt werden, stellt ihnen Kitano noch zwei weitere Mitstreiter vor. Einen Freiwilligen, der sich aus Spaß (!) angemeldet hat, und einen weniger freiwilligen Mitspieler (was das bedeutet, sollte an dieser Stelle mal nicht verraten werden).
Das Spiel beginnt!
Ab hier sollte ich mit der Inhaltsangabe aufhören und zur Bewertung kommen, um nicht zu viel zu verraten. Ich kann mir vorstellen, dass einige denken mögen, dass die Handlung total krank und abstoßend ist. Andere werden jetzt vielleicht aufgrund der krassen Thematik mit der Zunge schnalzen und sich auf ein Splatterfest freuen. Doch beides ist so nicht ganz richtig, obwohl es handlungsbedingt viel Blut zu sehen gibt.
Trotzdem ist „Battle Royale“ mehr als eine sinnlose Metzelorgie. Vor allem ist er nicht gewaltverherrlichend. Im Gegenteil, er verurteilt sie sogar. Auch wenn man das anhand der Inhaltsangabe vielleicht nicht so recht glauben mag. Er zeigt, wie Menschen sich in Extremsituationen verhalten.
Die einen wachsen über sich hinaus, indem sie versuchen, sich und ihre besten Freunde zu retten, obwohl eigentlich klar ist, dass die Situation ausweglos ist. Andere versuchen, einen Weg zu finden, das System zu überlisten und schließen sich in Gruppen zusammen. Dann gibt es natürlich noch die Einzelgänger, die aufgrund des immensen Drucks durchdrehen und sofort mit dem Töten anfangen. Andere wiederum werden mit der Situation nicht fertig und begehen Selbstmord.
Was „Battle Royale“ auszeichnet, sind die Charakterzeichnungen der einzelnen Figuren sowie seine durch und durch professionelle Machart. Die Todesszenen sind sehr emotional geraten, vor allem durch den Einsatz klassischer Musik wirkt alles noch etwas verstörender und bedrückender. Die jungen Schauspieler, die alle zwischen 14 und 17 Jahre alt sind (mal abgesehen von den beiden Neuzugängen), sind vortrefflich besetzt und wissen ihre Rollen sehr gut auszufüllen.
Was haben wir hier also? Einen Film der seine Stärke aus guten Schauspielern, einer mutigen (ja provokanten) Story, sehr gut inszenierter Action (die jedoch nie irgendwie überzogen, sondern ausschließlich realistisch und hart daherkommt), toller Filmmusik und sozialkritischen sowie leicht satirischen Untertönen zieht. Ein meiner Meinung nach rundum gelungener Film, der zu keiner Zeit langweilig wird und einen einfach mit sich reißt, sofern man sich auf ihn einlässt und ihm nicht von vornherein ablehnend gegenübersteht.
© Andy Lau
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Wird „Battle Royale“ dem Hype gerecht?
Hach ja, die Japaner und ihre verrückten Ideen. Sie lassen dicke Mopse mit zu String-Tangas geknoteten Bettlaken gegeneinander antreten, zeigen keine Scheu vor dem Muskelfleisch eines sonst tödlich giftigen Kugelfisches und lieben Gameshows, die für die Kandidaten nicht immer ganz schmerzfrei ablaufen. Bereits die Simpsons zeigten, wenn auch recht überspitzt, dass japanische Gameshows ganz schön sadistisch sein können.
Doch mit dem einen Film aus dem Jahre 2000 gingen die Japaner einen Schritt weiter, als ob sie einen Wettbewerb gewinnen wollten. Mit „Battle Royale“ kam die japanische Filmindustrie jedenfalls wieder heftig ins Gespräch. Denn was hier als Problemlösung für die steigende Jugendkriminalität und Respektlosigkeit vor Lehrern und Eltern vorgeschlagen wird, spottet eigentlich jeder Beschreibung.
Das Jugendgefängnis scheint keine vernünftige Bestrafung mehr zu sein. Also soll eine ausgewählte Schülerklasse auf eine von der Außenwelt militärisch abgeschirmte Insel verfrachtet werden, um zu dem „Spiel“ ihres Lebens anzutreten. Takeshi Kitano taucht auf, (allen bekannt als der Takeshi aus Takeshi’s Castle) stellt sich als ehemaliger Lehrer der Schülerschaft heraus und erklärt die Spielregeln anhand eines fragwürdigen Videofilms.
Ziel des Spiels ist es, dass innerhalb der nächsten drei Tage nur noch einer der ursprünglich 40 Schüler am Leben ist. Die Schüler sollen sich also gegenseitig umbringen. Bleibt am Ende mehr als einer übrig, werden sie alle hingerichtet. Vollkommen ohne Rücksicht auf die empörten und entsetzten Reaktionen der Schüler werden diese mit einem Sack Ausrüstung und Proviant ausgestattet und ins 10 km² große Battlefield geschickt.
Nun heißt es für einige Schüler: „Was sollen wir bloß machen?“ Andere haben derweil den Ernst der Lage bereits erkannt und begehen ihre ersten hinterlistigen Morde. Davon bekommen einige ängstliche Schüler Wind, halten dem Druck nicht stand und werden in den Selbstmord getrieben.
Das mit Sprengstoff gefüllte und mit einem Ortungssensor ausgestattete Halsband, das an jedem Schüler befestigt ist, macht jede Art von Fluchtversuch unmöglich und stellt sicher, dass jedem Schüler nur die Wahl zwischen Mord und Tod bleibt. Jawohl, das ist wirklich verdammt krank, was den Japanern da mal wieder durch den Kopf schoss. Allein wegen dieser Idee dürfte genug Interesse geweckt worden sein, um die Produktionskosten wieder einzuspielen. Und die Durchsetzung dieser Story dürfte für reichliche Diskussionen gesorgt haben.
In der Folge waren meine Erwartungen an den Film immens. Als „Spätbetrachter“ dieses Werks muss ich aber sagen, dass er bei Weitem nicht eine solch schockierende Wirkung auf mich ausübte, wie ich es aufgrund der Story und den Lobeshymnen erwartet hatte. Zunächst mal wunderte es mich, dass die Schüler bis zu ihrer Verschleppung auf die Insel noch nie etwas von dem Battle-Royale-System gehört zu haben scheinen. Und das, obwohl dieses „Spiel“ jedes Jahr durchgeführt und sogar, wie in der ersten Szene des Filmes verdeutlicht, mit reichlich Medienwirbel begleitet wird.
Wenn dann die „Battle Royale“ losgeht, darf hinterfragt werden, ob Schüler wirklich so blutrünstig sind, dass sie, sobald sie eine gewisse Ausweglosigkeit registrieren, augenblicklich zu morden beginnen. Denn viele der Schüler scheinen gar Gefallen an dem Spiel zu finden, da es die ideale Möglichkeit ist, ungestraft schon immer gehasste Mitschüler zu meucheln. Das hemmungslose Agieren dieser Schüler – gerade weil es sich im Durchschnitt um Fünfzehnjährige handelt – stellt sich für meinen Geschmack etwas zu schnell ein. Und da es diesen hemmungslosen Figuren meist an Charakter-Background fehlt, ist den Figuren auch kaum Menschlichkeit zuzuschreiben. Was eine Involvierung auf Seiten des Zuschauers ausschließt.
Ansonsten werden viele Schüler gezeigt. Sowohl Gruppen, die zusammenhalten, als auch Einzelgänger, die es nicht schaffen, zu töten und deshalb lieber davonlaufen. In der Hoffnung, das Massaker irgendwie zu überleben. Auffällig oft fokussiert die Kamera auf das Paar Shuya und Noriko, die sich später mit dem unfreiwilligen Wiederholer Tagawa zusammentun werden, da dieser das Game of Death bereits vor drei Jahren überlebt hat.
Da sich das Paar den Metzelorgien möglichst fernhält und versucht, eine Lösung zu finden, gemeinsam zu entkommen, bekommen sie die Sympathiepunkte. Daher darf man um die zwei beziehungsweise drei auch am ehesten bangen.
Eine andere Dreiergruppe, unter ihnen ein begabter Hacker, versucht, das System der „Schule“ zu knacken und es lahmzulegen. Schließlich gelingt es auch, doch das rettet ihr Leben nicht, denn der einzige freiwillige Mitspieler der Battle Royale tötet bereits bei Blickkontakt. Vollkommen hemmungs-, kompromiss- und vor allem wortlos schießt er sich mit der größten Waffenausrüstung durch den Film – wie ein Terminator. Und baut auch eine ähnliche Aura auf, wenn er wieder einmal ins Bild tritt. Einer der skrupellosesten Film-Killer seit Arnold Schwarzenegger, wenn auch nicht ganz mit dessen Popularität…
Doch für Action sorgt er allemal, denn wenn er oder auch andere sich beballern, artet das schon mal in kleinen Ansätzen wie bei einem John Woo aus. Erreicht aber nie dessen Bombast. Das ist auch gut so, schließlich soll das eigentliche Thema um das Verhalten in einer solchen Extremsituation nicht zu kurz kommen. Daher verlaufen die Actionszenen auch einigermaßen realitätsnah, sowohl in den Gunfights als auch in den Schläger- und Prügeleien. Hier wurde der optimale Grad zwischen „erschreckend langweilig“ und „übelst fetzig“ gewählt und somit erfüllen die Actionszenen voll und ganz ihren Zweck.
Doch am Ende bleibt es dabei, dass „Battle Royale“ auf mich nicht die erwartete, schockierende Wirkung ausübte. Liegt es an den Schauspielern, die nicht immer eine einwandfreie Leistung abliefern? Bedingt. Eigentlich sind sie im Großen und Ganzen alle in Ordnung. Takeshi Kitano kann selbstverständlich herausragen. Doch auch andere junge Schauspieler/innen schaffen es, mit bloßen Blicken richtig Angst zu machen. Dann gibt es aber auch wieder einige, die in bestimmten Szenen eher holprig agieren, so wie etwa bei dem kleinen Massaker in der Nudel-Küche.
Ein Problem ist das Drehbuch und dessen Charakterentwicklung: Viele Figuren sind sträflich unterentwickelt, was zu logischen Problemen führt. So agieren für meinen Geschmack einige Figuren zu schnell extrem blutrünstig. Die musikalische Begleitung wurde auch viel zu stiefmütterlich behandelt und plätschert eher am Film vorbei, anstatt die dramatischen Bilder akustisch zu unterstreichen. Daher bleibt es bei einem Film, der einen vielversprechenden Ansatz bot, im Nachhinein aber nicht so ganz überzeugte.
Doch es sei angemerkt, dass „Battle Royale“ trotz der Schwächen alles andere als langweilig ist. Auf die Uhr gucken war nicht und in jedem Fall war die Frage interessant, wer denn nun am Ende übrig bleibt. Und – soviel sei verraten – das Ergebnis ist doch recht überraschend. Im Übrigen folgte dem Film auch eine Fortsetzung nach. Diese geriert sich dann aber als reinrassiger Actioner.
© Sir Jay
Auf DVD gibt es inzwischen mehrere Fassungen von „Battle Royale“ in Deutschland. Diejenigen von Kinowelt sind leider zu meiden, da geschnitten. Die Fassungen von Marketing Film waren zum Ausgleich ungeschnitten. Capelight Pictures hat sich nun des Filmes angenommen. Der Film wurde in der Folge endlich vom Index gestrichen und Capelight wird den Film am 28. April 2017 ungeschnitten (inklusive Extended Cut) mit einer FSK 18 Freigabe auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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