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Blackhat

Originaltitel: Blackhat__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Michael Mann__Darsteller: Chris Hemsworth, Viola Davis, Manny Montana, William Mapother, Holt McCallany, John Ortiz, Tracee Chimo, Jason Butler Harner, Wei Tang, Michael Flores u.a.
Blackhat

Donnergott trifft Regiegott. Chris Hemsworth in Michael Manns Actionthriller „Blackhat“

„Blackhat“ beginnt mit einer Aufnahme unseres blauen Planeten. Wo sonst die Kontinente und Ozeane deutlich erkennbar sind, scheinen diesmal Wolken den Blick auf die Erde zu verhindern. Je genauer man hinschaut, umso mehr erkennt man, dass es sich bei den „Wolken“ um ein feinmaschiges Netz aus Datenautobahnen handelt, die die gesamte Welt miteinander vernetzen. Alles hängt zusammen. Alles kann von jedem zu jeder Zeit manipuliert werden. Wobei wir dann auch live dabei sein dürfen. Ein Hacker bringt eine Kühlanlage in einem chinesischen Atomkraftwerk zum Stoppen. Die Katastrophe ist unausweichlich…

In den USA hat derweil der Hacker Nick Hathaway sechs von fünfzehn Jahren wegen Kreditkartenbetruges abgesessen, als man ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet: Er soll behilflich sein, den Hacker zu fassen, der das Unglück in dem chinesischen Atomreaktor verursachte. Schafft es Nick, entscheidend bei der Ergreifung des Hackers mitzuwirken, der obendrein via Börsenmanipulation eine unerhörte Menge Geld abgegriffen hat, winkt ihm ein kompletter Hafterlass. Natürlich unterstützt Nick die Ermittler, die sich aus Geheimdienstlern der USA und China zusammensetzen. Einer der Chinesen ist Dawai Chen, ein ehemaliger Mitbewohner und guter Kumpel Nicks aus glorreicheren MIT-Tagen. Der unterbreitet ihm, dass der Hacker ein RAT-Programm (Remote Access Tool) nutze, das die beiden Freunde einst gemeinsam programmierten. Nun ist Nicks Ehrgeiz erst recht geweckt.

Der Hacker nutzt das RAT-Programm, um Hintertürchen zu anderen Programmen zu öffnen und so Schadcode in selbige zu schleusen. Gemeinsam versuchen Dawai und Nick noch schlimmere Attacken zu verhindern und herauszufinden, was der Hacker wirklich im Schilde führt…

httpv://www.youtube.com/watch?v=DB2nptYaaNU

Michael Mann („Collateral“) stand bei seinem neuesten Streich vor zwei wirklich großen Problemen:
1.) Menschen, die vor Computerbildschirmen hocken und unverständliche Codeschnippsel eintippen, sind einfach nicht spannend.
2.) Die Bedrohung, die von Hackern ausgeht, ist gerade für das Medium Film, das nur zu gerne offensiv bebildert, um allgemein verständlich zu sein, immer ein bisschen zu abstrakt.

Dabei ist es doch ein geradezu erschreckendes Bild, dass ein Hacker von jedem Platz der Welt aus andere Winkel der Welt ins Chaos stürzen kann. Doch Michael Mann bekommt diese flirrende, ungewisse Gefahr ebensowenig in den Griff wie andere Regisseure vor ihm. Folgerichtig versucht Mann alles, die abstrakten Bedrohungsmomente sehr schnell in physische umzuwandeln. Immer wieder verwickelt er in der Folge seinen Cast in Verfolgungsjagden, Prügeleien und brachiale Ballereien. Das Hacken selbst tritt dabei schnell in den Hintergrund und wird eher formelhaft dargereicht:

Blackhat

Nick bei dem, was er angeblich am besten kann: Hacken!

Der böse Hacker etwa ist ein fetter Nerd, der am liebsten mit seiner Tastatur durch die Räume tanzt und einhändig tippend seine fiesen Pläne in die Tat umsetzt. Man kann ihn nicht aufspüren, weil er seine Untaten über zig Server umleitet und seine IP verschleiert… Der gute Hacker dagegen braucht für aufwändigste Hacks kaum mehr als zwei Codezeilen und das Umverteilen von großen Datenpaketen dauert selten länger als zehn Sekunden. Die Hacking-Einlagen sind also definitiv nicht die Stärke von „Blackhat“, außerdem wirkt Chris Hemsworth („Red Dawn“) als Hacker wenig glaubhaft.

Ein zupackender Gott („Thor“) mag noch klar gehen, aber ein Superhacker passt nicht so wirklich auf ihn. Zumal man in Bezug auf seine Figur auch einiges zu schlucken bekommt. Wenn er etwa nach sechs Jahren Haft entlassen wird und mit seinen Computerkenntnissen alle anderen auszustechen vermag, ist das schon sehr unglaubwürdig. Oder bieten amerikanischen Gefängnisse auch Computerkurse für Cyberkriminelle wie Nick an? Man muss sich nur mal überlegen, welche Fortschritte in den letzten sechs Jahren in allen technischen Bereichen gemacht worden. Wie selbstverständlich wird man sich da wohl nach sechs Jahren Abstinenz hineinfinden können? Obendrein ist es Nick ein Leichtes, Auftragsmörder aus den Latschen zu hauen und mit Waffen zu hantieren. Kurzum: Der körperlich über die Maßen fitte Hacker scheint ganz schön viele Interessen neben dem Hacker-Nerdtum zu haben…

Doch wie bereits erwähnt, setzt Michael Mann schnell auf eine actionreiche Hatz vor exotischen Kulissen, bei der das Physische bald das Virtuelle ersetzt und „Blackhat“ zu dem wird, was Michael Mann am besten kann: Ein fiebrig intensives Spannungsstück, aufgeladen mit viel Testosteron und dargereicht in absolut perfekten, stark unterkühlten Bildern. Manche dieser Bilder hallen zudem lange nach. Vor allem die Sequenzen um das explodierte chinesische Atomkraftwerk sind beinahe noch zu nah dran an den realen Schreckensbildern aus Fukushima. Mann, der erstmals ausschließlich auf digitale Kameras setzte, inszeniert wie gewohnt mit vielen intimen Close Ups, mal mit wackliger, mal mit statischer Steadycam. In den Actionszenen entfesselt er seine Kamera, lässt sie in hohem Tempo hinter seinen Protagonisten herrasen und ist immer mittendrin. Dadurch haben die Actionszenen auch den gewohnten Mann’schen Impact. Zumal erneut vornehmlich mit großen Kalibern um sich geballert wird.

Blackhat

Mit der Waffe hat er es aber auch raus. Sportlich ist er auch. Irgendwie ein ungewohnter Hacker…

Michael Mann präsentiert dabei vier größere Actionmomente. Der erste ist ein wirklich unglücklich gefilmtes Handgemenge, bei dem Mann viel zu nah dran ist und man im Grunde gar nicht mitbekommt, was da gerade auf der großen Leinwand abgeht. Daran schließt sich eine ausufernde Ballerei in einer Art Aquädukt und einer Hafenanlage an. Dabei macht Mann keine Gefangenen und lässt wie in der darauffolgenden Ballerei inmitten einer Stadt, auch diverse positive Identifikationsfiguren über die Klinge springen. Der Showdown ist dann trotz seines menschenüberlaufenen Umfeldes eher ein intimer Moment, der brachial alle Fronten klärt.

Zwischen den Actionszenen treibt Mann seinen Film konsequent an und dreht seine Spannungsschraube immer fester an. Dabei wirft er zwei Fragen auf: Werden chinesische und amerikanische Geheimdienste jemals wirklich derart geeint zusammenarbeiten und was plant der fiese Hacker nun wirklich? In Bezug auf Frage zwei befindet sich der Zuschauer immer auf demselben Wissenslevel wie die Hauptfigur. Leider geht die finale Motivfindung dann einen ganzen Zacken zu schnell vonstatten und überrumpelt den Zuschauer beinahe. Was Mann vermutlich nicht ohne Grund macht, denn nachdenken sollte man über die lancierten Erkenntnisse lieber nicht, führen sie doch den Anfang des Filmes leicht ad absurdum. Immerhin hat der Superhacker da bereits bewiesen, dass er seine schlussendlichen Ziele auch viel leichter und vor allem schadloser erreichen könnte.

Was in Sachen Darstellern erstaunt, ist, dass Mann überraschend wenig auf das Duo Nick und Dawai setzt. Gerade die Chemie zwischen den männlichen Hauptfiguren (egal ob nun Freund oder Feind) spielte für sein Schaffen sonst ja immer eine zentrale Rolle. Hier aber ermitteln beide deutlich getrennt voneinander. Ihre Wege überkreuzen sich eher selten und Mann bleibt vorwiegend an Hemsworths Nick dran. Der hat vor allem mit seinem weiblichen Love Interest Lien, verkörpert von Tang Wei („Dragon“, „Gefahr und Begierde“), eine tolle Chemie (was die arg vorhersehbare Love-Story etwas sympathischer macht) und weiß in den Actionszenen vollauf zu überzeugen. Auch in den wenigen Charaktermomenten seiner Figur wirkt Hemsworth sicher, einzig als Hacker weiß er – wie erwähnt – nicht zu überzeugen. Wang Leehom („Little Big Soldier“) funktioniert als Nicks Buddy Dawai sehr gut, spielt überzeugend, kommt aber nie so wirklich im Film an. Holt McCallany („Three Kings“) und Viola Davis („Prisoners“) haben zwar recht kleine, dafür aber sehr feine Rollen abbekommen und dürfen in ebenjenen ordentlich glänzen.

Blackhat

Und hübsche Asiatinnen verfallen ihm auch noch. Na logisch!

Das Hauptproblem von „Blackhat“ allerdings ist, dass keine der Figuren eine wirkliche Entwicklung durchmacht und kein einziger Charakter wirklich interessant wirken mag. Den Bösewicht trifft es dabei am Übelsten: Der ist erst in den letzten 20 Minuten wirklich zu sehen, was freilich nicht ausreicht, um ihm wirklich Profil oder Format zu verleihen. Und obwohl dieses Vorgehen nah an der Realität sein mag (der gemeine Hacker ist ja per se eher gesichtslos und das Bild, das man von ihm im Allgemeinen hat, eignet sich selten für einen charismatischen Gegenspieler), kann sich das Drehbuch in letzter Konsequenz freilich nicht wirklich auf ihn berufen, um final noch einmal Spannung aufzubauen. Was es für die überzogen harte, technologisch total rückwärts gewandte, leider sehr unglaubwürdige finale Konfrontation definitiv gebraucht hätte.

Doch glücklicherweise funktionieren die anderen Spannungsbringer von „Blackhat“ allesamt sehr gut. Der Hacker-Thriller ist gewohnt testosteronhaltige Michael Mann Kost, die mit wuchtigen Actionszenen, intensiver Inszenierung, tollen Bildern und einem fantastischen Score von Harry Gregson-Williams und Atticus Ross zu begeistern weiß. Tadellos ist der Film allerdings in keinem Fall. Die Figuren sind allesamt sehr oberflächlich gezeichnet und wirken wenig glaubhaft. Die Darstellung der Hacking-Szenen mutet rührend naiv und extrem simplifiziert an und man bekommt als Zuschauer auch die eine oder andere Länge zu spüren. Vor allem, da „Blackhat“ eine ganze Weile braucht, bis er die abstrakte virtuelle Bedrohung in eine physische Actionhatz zu übertragen versteht. Spätestens ab diesem Moment kennt der thematisch brandaktuelle Thriller dann allerdings kein Halten mehr.

Der Film läuft ab dem 5. Februar 2015 in den deutschen Kinos, ist ungeschnitten ab 16 freigegeben und kommt von Universal Pictures.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal Pictures International__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 5. Februar 2015 in den deutschen Kinos.

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