Originaltitel: Brick Mansions__Herstellungsland: Frankreich, Kanada__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Camille Delamarre__Drehbuch und Produktion: Luc Besson__Darsteller: Paul Walker, Robert Maillet, RZA, David Belle, Carlo Rota, Catalina Denis, Sal Longobardo, Ayisha Issa, Bruce Ramsay, Kwasi Songui, Kalinka Petrie u.a. |
Der Streifen „Banlieue 13“ (oder wie er in unseren Breiten hieß: „Ghettogangz“) brachte 2004 etwas erfrischend Neues ins Actiongenre: Er zelebrierte das gerade zur Trendsportart mutierende Parkour als wichtigsten Schauwert eines schlichten, comicesk überzogenen Buddy-Movies und feierte damit einen veritablen Erfolg. Nicht nur folgte alsbald eine Fortsetzung, nein, Parkour feierte auch allgemein seinen Einstand ins körperlich dominierte Actionkino: „Casino Royale“, „Prince of Persia“, „Stirb Langsam 4“,… jeder Actionfilm, der etwas auf sich hielt, integrierte fortan Parkour-Elemente in seine Actionszenen. Mit dem vermehrten Einsatz schwand freilich auch das Besondere an Parkour. Und so fragte man sich bei der Ankündigung von „Brick Mansions“ freilich schon, was Luc Besson Jahre nach dem Erfolg des von ihm geschriebenen und produzierten „Banlieue 13“ dazu bewegte, eine Art Remake desselbigen auf den Weg zu bringen. Doch „Brick Mansions“ schlägt sich wider Erwarten ziemlich gut. Zum einen, weil er den Parkouranteil deutlich herunterschraubt und durch sehr physische (Prügel)Action ersetzt und zum anderen, weil er dem „Franchise“ nicht das Überdrehte nimmt. Leider muss man aber Änderungen in der Story mit der Lupe suchen. Diese beziehen sich größtenteils auf die Figur des von Paul Walker verkörperten Cops.
Dieser hört auf den Namen Damien und ist ein mit allen Wassern gewaschener Undercover Cop. Er wird eines Tages zum Bürgermeister der Stadt Detroit gerufen. Eine Neutronenbombe sei von den Einwohnern von Brick Mansions gestohlen wurden. Brick Mansions ist eine Art Enklave innerhalb der Stadt Detroit. Ein ummauertes, vogelfreies Gebiet voller Verbrecher und ohne staatliche Instanzen wie Polizei oder Schulen und Krankenhäuser. Ein Kriegsgebiet, könnte man sagen, angefüllt mit dem zwielichtigsten Gesindel überhaupt. Blöderweise hätten die Langfinger beim Diebstahl der Waffe selbige gleich noch aktiviert. Deshalb soll Damien in das Viertel eindringen und die Waffe zurückholen bzw. zumindest entschärfen. Als man Damien verklickert, dass der Drahtzieher des Diebstahls ein Typ namens Tremaine sei, ist Damien sofort Feuer und Flamme, hat Tremaine doch einst den Vater des Cops ermordet!
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Als „Türöffner“ für Brick Mansions soll Lino fungieren. Eine Art Robin Hood des Viertels, der die Verbrechensrate senken und das Image von Brick Mansions verbessern will. Er sitzt aktuell ein, weil er einen korrupten Cop getötet hat. Damien lässt sich als Gefangener einschleusen, inszeniert einen spektakulären Ausbruch und lässt sich von Lino in die Höhle des Löwen führen. Dort stellt sich schnell heraus, dass nicht alles so simpel ist, wie es zunächst scheint…
Die storytechnischen Änderungen im Vergleich zu „Banlieue 13“ mögen letztlich marginal sein, sie machen „Brick Mansions“ aber zu einem deutlich runderen filmischen Erlebnis. „Banlieue 13“ verließ sich immer etwas zu sehr auf seinen Comicanstrich und walzte damit auch die eine oder andere logische Unzulänglichkeit platt. „Brick Mansions“ versucht nun zumindest ansatzweise, die Lücken zwischen den Actionszenen zu füllen und versteift sich dabei vor allem auf das gelungene Miteinander von Damien und Lino. Die dürfen sich gleich zu Beginn ihrer Beziehung ordentlich auf die Omme hauen, dann aber, den Regeln des Buddy Movies entsprechend, zu einer schlagkräftigen Einheit zusammenwachsen. Dabei kommt Paul Walker („Fast & Furious 6“) in der leider letzten Hauptrolle seines Lebens deutlich besser davon als „Banlieue“ Urgestein David Belle. Denn Walkers Figur werden einige nachvollziehbare Motive für seine Taten zugestanden und er bekommt allgemein einen angenehm menschlichen Background verpasst. Damit hat er allen anderen Figuren des Filmes einiges voraus. Diese sind bloße Abziehbilder von Klischee-Abziehbildern und dahingehend beinahe grotesk überzeichnet. Als eine Ausnahme könnte man noch RZAs („The Man with the Iron Fists“) Tremaine anführen, dessen Gangster deutlich vielschichtiger daherkommt als jener in „Banlieue 13“ und mit dem gegen Ende auch nicht so lieblos verfahren wird.
Walker ist allgemein als das erfrischendste Element an „Brick Mansions“ zu betrachten. Denn da jener nicht ansatzweise mit den Fähigkeiten eines David Belle mithalten kann, gesteht man ihm immer alternative Routen und Lösungswege zu, die dem Film einige humorige Momente bescheren. Auch bringt Walker eine sehr handfeste Komponente in den Film ein. Selbst David Belles Charakter Lino wird dahingehend deutlich angepasst. Schien er im „Banlieue“ Original noch am liebsten dem meisten Trouble davon zu spurten, darf er hier seine Parkourfertigkeiten von Beginn an mit Angriffen und kleineren Kicks usw. kombinieren. Auch werden seine Fähigkeiten sehr geschmeidig in den Rest des Filmes eingepasst und überragen ihn nun nicht mehr wie große Highlights. Die Action des Filmes wirkt dadurch kompakter und darf auch deutlich vielfältiger ausfallen. Da sind die Parkourfähigkeiten Belles, einige Jack-Chan-Momente für Paul Walker, in denen er Gegenstände sehr witzig in seine Kampfchoreographien einbindet, nette Car Chases, coole Stunteinlagen (etwa bei Damiens und Linos Ausbruch) und ordentlich Geballer, das im Vergleich zum härter ausgefallenen Original allerdings keinerlei blutige Konsequenzen hat.
Dennoch sollte man nun nicht glauben, dass „Brick Mansions“ nur die Story weitgehend wiederkäut und ansonsten ein ganz anderer Film geworden ist. Dem ist freilich nicht so. Dazu hakt der Film ein wenig zu sklavisch die „ikonischen“ Szenen des Originals ab und das Innere des Verbrecherviertels „Brick Mansions“ ähnelt den Sets von „Banlieue 13“ so frappierend, dass man meint, man habe direkt am selben Set gedreht.
In optischer Hinsicht kann man sich bei „Brick Mansions“ nicht beklagen. Der Film ist einer dieser rundum begeisternden Stylebomben aus französischen Landen um ein Vielfaches näher als einer langweiligen Ostblock-Produktion. Regieneuling Camille Delamarre macht ordentlich Druck und Tempo, auch wenn sein Hang zum Zoomen hier und da ein wenig zu inflationär durchscheint. Sein Film ist rasant montiert und in den Spektakelszenen erweist sich der Regisseur immer als souveräner Herr der Lage. Der Soundtrack zum Film ist ähnlich treibend wie jener im Vorbild, speist sich aber leider ausschließlich aus Hip-Hop-Themen und lässt die herrlich vorwärts drängenden Elektromusikelemente von „Banlieue 13“ leider missen.
Wie bewertet man „Brick Mansions“ nun abschließend und fair? Zunächst sollte man sich vor dem Genuss des Filmes nicht zu viele Innovationen in Bezug auf das Original erhoffen, eher marginale Änderungen. Die meisten davon haben mit Paul Walkers Mitwirken an dem Film zu tun und bescheren „Brick Mansions“ ein Mehr an abwechslungsreicher Action, die dem Parkour zwar noch huldigt, nicht aber alle spektakulären Schauwerte darauf abstellt. Walker harmoniert prächtig mit David Belle, wirkt aber neben dem gedrungenen Kraftpaket fast schon steif in seinen Bewegungen. Die Buddy Movie Komponente des Filmes funktioniert sehr ordentlich. Die Handlung des Streifens ist nahezu ein 1:1 Remake von „Banlieue 13“ und erlaubt sich nur bei einzelnen Figuren und gegen Ende ein paar Abweichungen, wirkt im Großen und Ganzen aber dennoch ein wenig runder im Abgang. Und der Rest? Ist einfach Comic pur! Hier dominieren sattsam bekannte Klischees überlebensgroß. Die Bösen sind böse, die Guten gut. Die Männer sind kernig und die coolsten Säue ever. Die Frauen tragen Röcke, die in ihrer „Breite“ an Strumpfbänder von Dessous erinnern und müssen entweder gerettet werden oder sind einfach richtig bitchy. Die Helden überleben die übelsten Szenarios und am Ende rettet man mal wieder die ganze Welt. Warum auch nicht? Solange es Spaß macht! Und Spaß hat man bei diesem grell überzogenen Non-Stop No-Brainer in jedem Fall. Natürlich muss sich Luc Besson definitiv fragen lassen, warum er sich für sein sympathisches Buddy-Gespann nicht ein eigenständiges Dumm-Dumm-Geschoss mit Minimalhandlung und schnittiger Action aus den Fingern gesogen hat. Vielleicht war für Besson noch nicht alles erzählt? Vielleicht hoffte er auf einen stärkeren Impact bei den Amis mit einem amerikanischen Star? Schwer zu sagen. Für Paul Walker zumindest markiert „Brick Mansions“ einen unverhofft krachigen, sehr unterhaltsamen Schlussakkord als wichtigste tragende Säule eines Filmes. Freilich wäre ihm ein originellerer Abschied zu wünschen gewesen. RIP…
„Brick Mansions“ läuft ab 5. Juni 2014 in den deutschen Kinos und kommt von Universum Film.
In diesem Sinne:
freeman
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Copyright aller Filmbilder/Label: Universum Film__FSK Freigabe: 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 5. Juni 2014 in den deutschen Kinos |