Originaltitel: Collateral__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2004__Regie: Michael Mann__Darsteller: Tom Cruise, Jamie Foxx, Jada Pinkett Smith, Mark Ruffalo, Peter Berg, Jason Statham u.a. |
„Collateral“ war der sechste Kinofilm von Michael Mann, der vor allem durch die Kult-TV-Serie „Miami Vice“ in den 80ern und den Gangster-Thriller „Heat“ zur Stil-Ikone der 90er wurde und die Sehgewohnheiten des Mainstream- Publikums grundlegend änderte. Videoclip-Ästhetik gepaart mit machohafter, aber nie ins Alberne abgleitender Coolness hielten Einzug in die Kinos und ins Fernsehen und wurden zu einem unverkennbaren Merkmal Michael Manns. Die Hauptdarsteller sind meist markige Kerle, sodass in „Heat“ mit Al Pacino und Robert de Niro auch schon einmal zwei der weltbesten Charakterdarsteller aufeinander trafen und sich ein furioses Duell mitten auf den Straßen von Los Angeles lieferten.
Auch 9 Jahre später ist L.A. in „Collateral“ Ausgangspunkt eines folgenschweren Aufeinandertreffens zweier Typen, die augenscheinlich nicht verschiedener hätten sein können. Max (Jamie Foxx) ist seit 12 Jahren Taxifahrer mit großen Träumen. Eines Tages möchte er einen Limousinenservice eröffnen und die großen Starlets durch die Stadt der Engel chauffieren. Doch eines Nachts steigt Vincent (Tom Cruise) in sein Taxi und bietet Max 600 Dollar an, wenn dieser ihn noch in derselben Nacht zu 5 verschieden Adressen bringt. Max zögert, nimmt das Angebot jedoch an, ohne zu wissen, welch folgenschwere Entscheidung dies war. Vincent entpuppt sich nämlich als eiskalter Auftragskiller, der noch in dieser Nacht 5 verschiedene Leute umbringen soll. Als Max dahinter kommt, zieht Vincent die Waffe: Entweder Max fährt ihn oder er stirbt…
Mit Tom Cruise und Shooting-Star Jamie Foxx in der Hauptrolle konnte Mann einmal mehr zwei auf den ersten Blick grundverschiedene Charakterköpfe gewinnen. Foxx in der Rolle des Taxifahrers gibt den netten, hilfsbereiten und stets auf Sauberkeit und Zufriedenheit der Kunden bedachten Kerl ab, der in seiner eigenen Welt lebt und von etwas Besserem träumt. Cruise als Vincent ist jedoch der eiskalte Killer, der ohne Gewissen und Kompromisse Menschen tötet um Geld zu verdienen. Diese zwei Charaktere treffen nun in dieser einen Nacht aufeinander und beide versuchen, sie zu überleben. Jeder in seinem eigenen Job: Max als Fahrer und Vincent als Killer.
Diese interessante Ausgangslage nutzt Mann dazu, seinen Charakteren viele Facetten zu verleihen, die man so wahrscheinlich nicht erwarten würde. In einigen höchst interessanten Dialogen zwischen Max und Vincent wird klar, dass Vincent nicht nur ein eiskalter Killer ist; Nein, er ist auch ein Mensch mit unglücklicher Vergangenheit, über die er zu reden nur schwerlich imstande ist. Und auch Max, der sich oft an einen besseren Ort wünscht und viele Träume hat, wird klar, dass sich seine Illusionen wohl nie verwirklichen werden. In dieser Nacht merken Max und Vincent, dass sie beide wie ein Kojote durch die Nacht irren, ohne ein klares Ziel vor Augen und in dieser Nacht sollen sich beider Leben grundlegend ändern.
„Collateral“ ist kein plumpes Actionkino, sondern ein Thriller, der versteht, sein Publikum auf intelligente Weise und mit viel charakterlichen Tiefgang zu unterhalten. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass es keine Action gäbe. Die Schießerei in der Disco gehört zum Kompromisslosesten und Härtesten, was ich seit langem gesehen habe. Hier werden innerhalb weniger Sekunden Menschenleben ausgelöscht und Cruise tut dies, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht.
Da der Film in High Definition gedreht wurde, sind vor allem die Nachtaufnahmen wahres Eye-Candy: Flugzeuge, Häuser und Autos waren nachts nie schöner anzusehen. Man merkt jeder Szene an, wie verliebt Mann in diese Stadt doch ist. Oft blickt man über die Schultern der Darsteller direkt auf die Skyline von L.A., sodass die Stadt zu einem wahren Hauptdarsteller wird. Zu den tollen Bildern liefert James Newton Howard einen gewohnt genialen Score, der durch coole Rockmusik noch weiterhin ergänzt wird. Vor allem während der Autofahrt in die Disco „Fever“, wo das FBI, die Killer und Vincent aufeinandertreffen werden, und dabei der Rocksound aus den Lautsprechern tönt, während die Waffen geladen werden, stellt sich auch beim Zuschauer ein „Fever“ auf das gewaltige Bleigewitter ein, welches ihm bevorsteht. Zum Showdown darf J.N. Howard dann auch wirklich zeigen, was in ihm steckt, wenn dann die Perkussions-Instrumente und das Orchester richtig los legen und für das nötige Tempo sorgen.
Michael Mann schuf einen intelligenten Thriller, der durch seine bestechende Optik, die einzigartige Atmosphäre und die tollen Darsteller zu den Besten seines Genres gehört. Wenn auch „Collateral“ nicht ganz an Meisterwerke wie „Heat“ herankommt, so ist er doch einer der besten Filme des letzten Jahres und der bisher erfolgreichste von Michael Mann.
Man darf gespannt sein, ob er seine Qualitäten auch in „Miami Vice“ unter Beweis stellen kann.
© LivinDead
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Ein Mann stirbt in L.A. in einer U-Bahn, glaubst du wirklich, dass sich irgendjemand dafür interessiert?
Dieser eher ruhige Moment zwischen Max, von Beruf Taxifahrer, und Vincent, Profikiller, ist audiovisuell unbestreitbar der Höhepunkt eines Filmes, bei dem man zu diesem Zeitpunkt weiß, dass er demnächst zu Ende gehen wird … und man beginnt automatisch, sich gegen diesen Umstand zu wehren. Dieser Film darf einfach nicht enden. Noch nicht. Man will einfach mehr sehen von diesem ungewöhnlichen Paar, dem man knapp zwei Stunden zugeschaut hat. Niemals hatte ich erwartet, von diesem Film so gefesselt zu werden, wie es dann geschehen ist.
Darum jetzt erst mal ein kleiner Abriss zu meinen Erwartungen, die ich vor dem Film hatte. Viel habe ich mir von dem Film erwartet, was vor allem an den zwei megagenialen Trailern lag, die dem Film vorausgingen. Des Weiteren hat mir bisher JEDER Tom Cruise Film seit “Missing Impossible 2” wirklich richtig gut gefallen, obwohl ich mit Cruise und seinem Sunnyboyimage vorher nie besonders viel anfangen konnte. Und dann ist da noch der Regisseur, Michael Mann, der immer dann brillierte, wenn er Geschichten erzählte von zwei obsessiven Figuren, die ihrer Bestimmung mit aller Konsequenz nachgehen. Das war so in seinem “Blutmond” (dem Vorgänger vom “Roten Drachen”), in “Showdown in L.A.” (dem Vorgänger von “Heat”), in “Der letzte Mohikaner” ebenfalls in gewisser Weise und zur Perfektion gebracht präsentierte er dieses Motiv in “Heat”, einem der unbestreitbar psychologisch ausgereiftesten Actionthriller aller Zeiten. Zweimal ging er bei seinen großen Filmen von diesem Schema ab und präsentierte Figuren, die gegen ein System ankämpften. Das war einmal Russel Crowe in “Insider”, einem nahezu brillanten Vexierspiel über die Macht der Medien, und das war Will Smith in dem schon konzeptionell misslungenen “Ali”, der in meinen Augen Michael Manns optisch interessantester, dafür inhaltlich schwächster Film überhaupt war. Nach diesem Fehlschlag widmete er sich wieder dem ihm vertrauteren Thema, nämlich dem Duell zweier Männer:
Vincent (ein aschgrauer Tom Cruise) steigt in das Taxi des liebenswerten Losers Max (Jamie Foxx) und bietet ihm 600 Dollar, wenn dieser ihn zu verschiedenen Plätzen in der Stadt fährt, wo Vincent ein paar Deals abwickeln will. Schon bei dem ersten Deal landet eine Leiche auf Maxs Taxi und ihm dämmert, dass er sich da einen ganz gefährlichen Fahrgast ins Auto geholt hat. Zunächst fügt er sich in sein Schicksal, Vincent zu den weiteren Terminen zu fahren, denn immerhin hängt er an seinem Leben. Allerdings wächst sein innerer Widerstand immer weiter an …
Auf diesen Handlungsstrang, nämlich den Abend, den die beiden ungleichen Figuren miteinander verbringen, konzentriert sich der gesamte Film. Es geht mehr um das Zwischeneinander dieser beiden Figuren als um die Aufträge die Vincent zu erfüllen hat. So geraten die Actioneinlagen in dem Film relativ kurz, sind dann aber ungemein zupackend und vor allem spannend inszeniert. So sind die Aufträge und der damit einhergehende Abend im Grunde nur der Katalysator, um vor allem Max endlich zu zeigen, dass er sein Leben selbst in die Hand nehmen muss, wenn er jemals eines seiner hochtrabenden Ziele erreichen will. Den Weg zu dieser Erkenntnis verpackt Michael Mann in absolut faszinierende Bilder der nächtlichen Metropole L.A. und setzt dabei auf die von ihm gewohnten, blaustichigen, extrem gesichtsfixierten Weitwinkelaufnahmen, die einen immer wieder verblüffen. Mann ist einfach dran an seinen Figuren. Psychologisch als auch optisch. Sehr interessant ist auch der gesamte Look des Films, der durch den Einsatz von Digitalkameras zustande kommt. Ungekünstelt, fast schon dokumentarisch wirkt Collateral und auf CGI’s wird fast vollständig verzichtet.
Bei Manns Vorhaben zwei unterschiedliche Menschen aufeinanderprallen zu lassen, kann er sich vor allem auf seine Darsteller verlassen: Jamie Foxx gibt den Taxifahrer Max. Ein fast schon ungebrochener Idealist, der netten Leuten schon mal eine Freifahrt gewährt, der für seine kranke Mutter sorgt und gerne einen Limousinenservice eröffnen würde. Doch sein Weltbild und seine Einstellung soll sich innerhalb einer Nacht ändern… Foxx bringt all diese Facetten brillant zur Geltung und liefert eine herausragende Performance ab. Besonders gelungen sind die Szenen, in denen er Vincents Angewohnheiten übernehmen muss, um selbst überleben zu können und sich aus schwierigen Situationen zu retten.
Und nun zu dem Mann, der Vincent nicht nur spielt. Nein, er IST Vincent. Diese Rolle kann getrost als Tom Cruises Meisterstück betrachtet werden. In dem einen Moment noch arrogant und hochnäsig mutiert er zum netten Schwiegersohn von nebenan, um gleich darauf zu explodieren. Gerade hört er noch interessiert einem Vortrag über Jazz zu, als auch schon sein Blick gefriert und seine Gesichtszüge erstarren, um die Fratze des Todes freizulegen. Einfach grandios. Und auch wenn er zum Beispiel eine Art Hassliebe zu Max aufbaut, wird er niemals zu dem netten Killer, wie man ihn aus “The Killer” oder “Leon – der Profi” kennt. Er ist und bleibt ein zynisches, eiskalt seinem Job nachgehendes Arschloch der tödlichsten Sorte. Dass dieser Typ einem dann trotzdem nicht egal ist, ist nur Cruise Darstellung zu verdanken. Kurzum: Genial!
Auch die anderen Nebendarsteller sind sehr gut gecastet und vor allem Jada Pinkett Smith, die in diesem Film das erste mal zeigt, dass sie wirklich schauspielern kann, und Mark Ruffalo als Polizist Fanning stechen aus dem restlichen Schauspielerensemble hervor. Wer genau aufpasst, entdeckt sogar Jason Statham in einer kurzen Rolle, die schwer an seine Transporterrolle erinnert!
Was man dem Film vielleicht vorwerfen kann, ist, dass er nicht wirklich viel zu erzählen hat und dass die Handlung ab und zu sehr konstruiert und damit etwas unrealistisch wirkt. Aber wie gesagt, dem Sog, den der Film aufgrund seiner Bilder, Darsteller und der unglaublich genial eingesetzten Musik (Der Soundtrack ist unwahrscheinlich gelungen! Lob an James Newton Howard für dieses atmosphärische Meisterstück!) entwickelt, kann man sich geschlagene zwei Stunden wahrlich nicht entziehen. Für mich einer DER Filme überhaupt, der alle meine Erwartungen mühelos übererfüllen konnte und daher:
Die DVD / Blu Ray zum Film kommt von Paramount und hat einige Extras an Bord. Mit einer FSK 16 Freigabe kommt Collateral uncut.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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