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Desierto – Tödliche Hetzjagd

Originaltitel: Desierto__Herstellungsland: Frankreich, Mexiko__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Jonás Cuarón__Darsteller: Gael García Bernal, Jeffrey Dean Morgan, Alondra Hidalgo, Diego Cataño, Marco Pérez, Oscar Flores, David Lorenzo, Butch McCain u.a.
Desierto

Ein Redneck macht Jagd auf Immigranten in “Desierto”

Die illegale Immigration ist in den USA ein ebensolches Problem wie aktuell im guten alten Europa. Nicht umsonst hat der aktuelle Präsidentschaftskandidat Donald Trump dieses Thema auch zum Bestandteil seines Wahlkampfes gemacht. Eine riesige Mauer wolle er errichten, um vornehmlich den Immigranten-Zustrom aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern zu begrenzen. Dementsprechend könnte der Thriller „Desierto“ kaum näher am Puls der Zeit sein. In diesem geht es nämlich um Flüchtlinge… und einen Mann, der sich dieses „Problems“ annimmt.

Der Lateinamerikaner Moises hatte bereits eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA und dort einige Zeit gelebt. Doch dann geriet er eines Tages mit dem Gesetz aneinander. Ein Wort ergab das andere und es trat der Worst Case ein: Moises wurde des Landes verwiesen und er musste seine kleine Familie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zurücklassen. Nun hat er endlich das Geld zusammen, um Schleuser zu bezahlen, die ihn wieder zurück in die USA bringen sollen.

Durch die staubige Hitze der Badlands wollen die Schleuser Moises und eine Handvoll weiterer Illegaler über die Grenze bringen. Doch der klapprige LKW hält den Strapazen der Reise nicht stand. Die Flüchtlinge müssen zu Fuß durch die unwirtliche Gegend und kreuzen dabei die Wege eines verbitterten Rednecks. Der meuchelt mal eben einen großen Teil der Flüchtlinge und macht auf den verbliebenen Rest unerbittlich Jagd…

httpv://www.youtube.com/watch?v=GNmCQnOHWx0

Jonás Cuarón, der Sohn von „Gravity“- und „Children of Men“-Regisseur Alfonso Cuarón, der „Desierto“ auch produzierte, dampfte die Story seines zweiten Spielfilmes absolut auf das Wesentlichste ein. Ein junger Mann, der zu seiner Familie zurück möchte, auf der einen Seite. Ein leicht abgewrackter Redneck, der den Glauben in sein eigenes Land verloren hat, auf der anderen Seite. Die beiden platziert das Drehbuch in eine absolut menschenfeindliche Umgebung und hetzt sie aufeinander.

Viele Hintergrundinformationen zu den Figuren bekommt man nicht. Vor allem Moises Begleiter bleiben durch die Bank arg gesichtslos und auch von Moises selbst erfährt man so gut wie nichts. Bei dem Jäger sieht es nicht sonderlich anders aus. Jonás Cuarón setzt vollkommen auf die Konfrontation des „Eindringlings“ und des „Landesbeschützers“, verzichtet auf unnötige Dialoge und versucht so schnell wie möglich von seiner spannenden Grundidee zu zehren. Leider kickt diese nicht vollends, gerade weil die Charaktere so unterentwickelt wirken.

Desierto

Der Redneck und sein bester Freund… ein Hund.

Dazu gesellen sich einige Momente, die in den Händen von Jonás’ Vater Alfonso vermutlich zu echten Nägelkauern mutiert wären und sogar im Trailer packender montiert wirken als im fertigen Film. Jonás Cuarón spitzt nicht in ausreichendem Maße zu und so verpuffen manche Szenen beinahe wirkungslos. Genannt seien die Klapperschlangen-Sequenz und jene um den verräterisch ertönenden Teddybär.

Das soll allerdings nicht bedeuten, dass „Desierto“ nicht spannend wäre. Ganz im Gegenteil. Immer wieder gelingen dem Film fiese Spannungsspitzen, in denen man direkt schweißnasse Hände vom Mitfiebern bekommt. Wenn etwa die Verfolgungsjagd Mensch vs. Jagdhund in einem Kakteen-Feld steigt, atmet man doch spürbar durch, wenn der Regisseur einen mal wieder aus der Umklammerung entlässt. Diese packt vor allem ab der Hälfte des Filmes immer mal wieder unbarmherzig zu, pfeift hier und da aber auch sehr auf die Logik.

Desierto

Moises erweist sich als schwierige Beute…

So ist der Redneck einfach immer zu omnipräsent und zu nah dran an den Verfolgten. Sein Hund, brillant trainiert und teilweise ein richtiger kleiner Showstealer, scheint über einen wahrhaft wundersamen Spürsinn zu verfügen. Und die Natur, unbarmherzig und menschenfeindlich gezeichnet und von der Kamera brillant eingefangen, scheint kaum Einfluss auf die Story zu haben. Vor allem Moises, sympathisch gespielt von Gael García Bernal, ist schon ein Wunder an Zähigkeit, der im immer gleichen, flotten Tempo durch die wüstenartigen Szenerien rast und nur ein einziges Mal beim Trinken zu sehen ist. Wasser und Verpflegungsknappheit spielen erstaunlicherweise ebenfalls nie eine Rolle.

Genauso wie das Motiv des Rednecks. Dessen Hartnäckigkeit und eiserner Wille dranzubleiben und selbst den allerletzten der Einwanderer zu töten, werden leider gar nicht erklärt. Vor allem nach dem schießbudenartigen Einstieg, bei dem er knapp ein Dutzend illegaler Immigranten brutal umbringt, meint man, dass seine perverse Neigung, Menschen zu killen, doch ausreichend befriedigt sein müsste. Doch irgendwas scheint ihn immer weiter zu treiben. Leider erfährt man eben nie, was das ist. Dass der Redneck trotzdem funktioniert, liegt an der wuchtigen Performance von Zottelbär Jeffrey Dean Morgan („Red Dawn“), der wie eine Dampfwalze einfach immer weiter vorwärts marschiert und physisch enorm präsent ist.

Desierto

Der Redneck nimmt Moises ins Visier…

Wer nach meiner Einleitung vermutete, „Desierto“ würde sich des aktuellen Flüchtlingsthemas eventuell tiefgreifender oder gar kritisch annehmen, wird bei Betrachten des Filmes schnell feststellen, dass das Thema nur als Katalysator für einen schnellen Menschenjagd-Thriller genutzt wird. Kritische Töne in Sachen Einwanderungspolitik der USA schwingen eher unterschwellig mit. Tiefgreifendes verharrt maximal in Andeutungen und bleibt unter der Oberfläche. Das aufregende Element steht eindeutig im Vordergrund.

Was dementsprechend am Ende bleibt, ist ein Film, der dann am stärksten ist, wenn nur noch der Redneck und Moises aufeinandertreffen. Dann wird der ohnehin wortkarge Thriller angenehm existentialistisch: Die Sonne scheint noch unerbittlicher zu brennen als bisher. Die zerklüfteten Felsen drohen jeden Fehltritt brutal zu bestrafen. Ein Ausrutschen, ein falscher Ton, alles kann in diesem Moment einem von beiden den Tod bringen. Der düster pumpende, ebenfalls sehr reduzierte Score von Woodkid, der auch einen starken Abspannsong beisteuerte, unterstützt die jetzt auf Anschlag befindliche Spannung brillant und die dynamische Kamera bringt ordentlich Tempo in die zu Fuß-Verfolgungsjagd. Hätte Jonás Cuarón es geschafft, seinen ganzen Film derart packend umzusetzen, die Wirkung der harschen, handgemachten Gewaltmomente noch ein wenig zu intensivieren und vor allem den Figuren etwas mehr Leben einzuhauchen, „Desierto“ hätte ein richtig fieser Reißer sein können.

6 von 10

Die deutsche DVD/Blu-ray kommt am 21. Oktober 2016 von Ascot Elite und ist mit einer erstaunlich harten FSK 18 Freigabe ungeschnitten. Jeffrey Dean Morgan hat hierbei eine leider sehr ungewohnte, teilweise unpassende Synchronisation ereilt.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Ascot Elite__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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