Originaltitel: Heist__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Scott Mann__Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Robert De Niro, Dave Bautista, Morris Chestnut, Gina Carano, Kate Bosworth, Mark-Paul Gosselaar, Summer Altice, D.B. Sweeney, Stephen Cyrus Sepher u.a. |
In den USA änderte man den Filmtitel „Bus 657“ kurz vor Veröffentlichung in den nichtssagenden „Heist“, hierzulande wählte man „Die Entführung von Bus 657“ als Titel und kopierte in Sachen DVD-Cover reichlich beim Artwork des Tony-Scott-Remakes „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“.
Der 1974er Klassiker „The Taking of Pelham One Two Three“ oder das bereits erwähnte Tony-Scott-Remake dürften neben „Speed“ zu den Inspirationsquellen für diesen Actionthriller von „The Tournament“-Regisseur Scott Mann zählen, der sich nur anfangs um einen Heist dreht. Zu diesem lässt sich Casino-Kartengeber Luke Vaughn (Jeffrey Dean Morgan) hinreißen, nachdem er seinen Boss, den Casinochef Francis ‘The Pope‘ Silva (Robert De Niro) vergeblich nach einem Vorschuss gefragt hat, den er dringend braucht um die Rechnungen für die Behandlung seiner krebskranken Tochter zu bezahlen. Doch der kurz vor der Rente stehende Silva ist ein Mann mit Prinzipien, die eisern durchgesetzt werden, weshalb niemand von ihm stiehlt. Wer es doch tut, der beguckt sich bald die Grasnarbe von unten, wie die Eingangsszene mit Silva, seiner rechten Hand Derrick ‘The Dog‘ Prince (Morris Chestnut) und einem unglücksseligen Diebespaar eingängig vor Augen führt.
Es ist der Sicherheitsmann Cox (Dave Bautista), der Vaughn zuerst auf den möglichen Coup anspricht, da dieser die Codes zum Safe kennt und Einblick die Vorgänge hat – wobei Cox bereits aufgefallen ist, dass Gangster ihr Geld in Silvas auf einem Schiff befindlichen Casino waschen. Zusammen mit Julian Dante (Stephen Cyrus Sepher, einer der Drehbuchautoren des Films) und einem weiteren Komplizen gehen Cox und Vaughn den Raub ab, doch den Gesetzmäßigkeiten des Genres folgend geht etwas schief: Ein Wachmann kommt zu Tode, der Fluchtwagenfahrer haut ab und sie müssen fliehen, Prince und die Häscher im Nacken.
Auf der Flucht kapern Vaughn, Cox und Dante einen Linienbus mit der Nummer 657, werden dabei jedoch von der Polizistin Krizia ‘Kris‘ Bajos (Gina Carano) beobachtet. Als unfreiwillige Geiselnehmer haben sie nun die Cops und Silvas Schergen am Hals…
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Wie schon bei „The Tournament“ hat Scott Mann eine für B-Verhältnisse recht prominente Besetzung zusammengestellt und zu überzeugenden Leistungen motiviert: Robert De Niro als alternder Gangster ist vielleicht nicht in der Gewichtsklasse von „GoodFellas“ und „Casino“ unterwegs, beweist aber eine Ausstrahlung und einen Elan, die er in den letzten Jahren nur hin und wieder Filmen wie „Silver Linings“, „American Hustle“ und „Grudge Match“ gezeigt hatte. Dankbar ist auch Jeffrey Dean Morgan („The Losers“) in der Hauptrolle, der den mit menschlichen Sorgen kämpfenden Ex-Soldaten und Ex-Gangster als glaubwürdige Identifikationsfigur anlegt, während Dave Bautista („Spectre“) als enthemmter Brutalogangster seinen Gegenpol bietet. Solide bloß dagegen die Darbietung von Gina Carano („In the Blood“), während Kate Bosworth („Homefront“) trotz prominenter Nennung bloß für eine Szene vorbeischaut. Morris Chestnut („Kick-Ass 2“) übertreibt es manchmal als sadistischer Schurke, Mark-Paul Gosselaar („Kounterfeit“) setzt dagegen Akzente und D.B. Sweeney („No Man’s Land – Tatort 911“) supportet mehr als brauchbar in der Rolle des Busfahrers.
Mit einem für B-Verhältnisse großzügigen Budget von 22 Millionen Dollar gelingen Scott Mann schöne Bilder im ansprechenden Widescreenformat (2,35:1), während der Film trotz des breiten Bildes viel Kapital aus der klaustrophobischen Situation an Bord des Busses schlägt: Vaughn muss seinen zunehmend labilen Compagnon kontrollieren, das Wohl der Geiseln garantieren und Probleme wie ausgehenden Treibstoff durch Verhandlungen mit der Polizei bekämpfen, während die Silvas Gangster längst wissen, wer denn nun für den Raub verantwortlich ist. Eine High-Concept-Prämisse, umgesetzt als edles B-Movie und das stellenweise wirklich spannend: Mit Sinn für Nervenkitzel zieht der Film die Schlinge um den Hals seines Helden immer enger zusammen, bringt ihn in eine zunehmend auswegslose Situation, wobei der Film Kapital aus der bereits von Anfang an etablierten Kälte der Gegenspieler schlägt: Hoffnung gibt es wenig.
Dass Manns Film wirkt, liegt auch an der glaubwürdig gezeichneten Hauptfigur, die er behutsam etabliert anstatt direkt in die Vollen zu gehen: Vaughn wird als Mann etabliert, der es stets richtig machen will, der jeden legalen Weg ausprobiert, ehe er sich für die Verzweiflungstat entscheidet. Der Leben schützen will und damit den Respekt der Geiseln und den von Kris‘ erhält, die ein zunehmend ambivalentes Verhältnis zu dem Geiselnehmer und Räuber entwickeln. Auch Silva als gealterter Gangster, der zu viel gesehen und zu viel getan hat, der aussteigen will, kann als nicht so einseitiger Antagonist überzeugen, wobei für den Zuschauer überdeutlich klar ist, warum er sich aus dem Geschäft zurückzieht, wenn Mann sein ungesundes Husten überbetont. Doch er wirft Fragen auf, unter anderem die, ob sein Angebot an Vaughn, dass er untertauchen und seine Tochter versorgen dürfe, wenn er seine Komplizen erledigt, nicht doch ernst gemeint ist.
So ist es dann schade, wenn der Film seine aufgebaute Spannung stellenweise wieder verspielt, vor allem im Endspurt, wenn Kollege Zufall doch ein wenig heftig eingreift, Vieles zu nett zurechtbiegt angesichts des Fatalismus, den der Film vorher aufgebaut hat. Noch dazu ist manches Posing eher deplatziert in dem sonst recht geerdeten Actionthriller, etwa wenn Vaughn eine übereifrige, mit einem Messer bewaffnete Geisel niederringt, ohne dass Cox etwas mitkriegt, oder Kris inmitten einer Geiselsituation einen der Kidnapper beinahe unnötig provoziert, so cool Mann diese Geste auch inszenieren möchte – gerade das macht sie eben unpassend.
Actionfans sollten keine allzu großen Erwartungen an „Bus 657“ stellen, denn im Gegensatz zu Manns voriger Actionorgie „The Tournament“ nimmt sich „Bus 657“ zurück. Ein paar Schießereien, Schlägereien und schicke Fahrzeugstunts gibt es schon, länger sind allerdings lediglich die Casinoschießerei und ein Erstürmungsversuch der Polizei. Die Action ist kompetent inszeniert, verliert nie den Überblick und besitzt kinotaugliche Schauwerte, ordnet sich aber dem Thrillerplot unter. Etwas mehr davon wäre manchmal sicherlich nicht schlecht gewesen, denn obwohl Mann die bekannten Pfade des Geiselthrillers durchaus kompetent bewandert, so fehlt hier doch das gewisse Etwas, um sich deutlich von der Masse abzuheben.
So ist der Film, trotz erfreulich sorgfältiger gezeichneter Hauptfigur und einer stimmigen Inszenierung, nicht mehr als ein prominent besetzter, recht gelungener Actionthriller der B-Klasse, dem es an herausragendem Spektakel und Innovationen mangelt. Schön, dass die Talente des Regisseurs und seines Hauptdarstellers hier zur Geltung kommen, schön auch, dass die Nebendarsteller durchweg motiviert sind, doch schade, dass das gewisse Etwas fehlt, das „Bus 657“ zur Absetzung von anderer Genreware benötigt hätte.
Hierzulande erscheint der Film bei Ascot Elite auf DVD und Blu-Ray, freigegeben ab 16 Jahren, bietet an Bonusmaterial allerdings lediglich den Trailer zum Film.
© Nils Bothmann (McClane)
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