Originaltitel: Along Came a Spider__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2001__Regie: Lee Tamahori__Darsteller: Morgan Freeman, Monica Potter, Michael Wincott, Mika Boorem, Penelope Ann Miller, Michael Moriarty, Dylan Baker, Anton Yelchin, Billy Burke, Kim Hawthorne, Jay O. Sanders u.a. |
„Im Netz der Spinne“ lässt Morgan Freeman nach „…denn zum Küssen sind sie da“ erneut als Polizeipsychologen Dr. Alex Cross auftreten, obwohl die Reihenfolge der Romanvorlagen eine umgekehrte war.
Alex Cross wird hier von einem schweren (im Buch nicht vorkommenden) Schicksalsschlag gezeichnet: Eine von ihm trainierte Kollegin soll als Lockvogel getarnt einen Verbrecher stellen. Doch diese hat die ungute Idee auf ihn zu schießen, obwohl er gerade die Karre steuert, in der sie beide sitzen – und das auf einem Staudamm. Das Auto kracht in die Bande, der Schmieriak tritt direkt den Abflug an und die Kollegin bleibt noch lange genug hängen, damit Alex und der anwesende Polizeiapparat ihr noch beim Abstürzen zusehen können (spätestens seit „Cliffhanger“ immer sehr beliebt). Leider altbekanntes Muster und die CGI-animierten Stunts in dieser Eingangssequenz sehen erschreckend billig aus.
Einige Monate später: Megan Rose (Mika Boorem), die Tochter eines US-Senators, geht auf eine speziell gesicherte Schule für die Kinder wichtiger Politiker. Eine ihrer Schutzbeauftragten ist die Secret Service Agentin Jezzie Flannigan (Monica Potter), doch auch diese kann nicht verhindern, dass der schon zwei Jahre dort als Lehrer getarnte Gary Soneji (Michael Wincott) Megan entführt. Regisseur Lee Tamahori („xXx 2: State oft he Union“) treibt den Adrenalinpegel in einer schweißtreibenden Einzelsequenz geschickt hoch, wenn Gary den Sicherheitsleuten gerade noch knapp entrinnen kann, ein Taschenspielertrick zur Spannungserzeugung, aber immerhin ein gut umgesetzter.
An sich soll die reguläre Polizei nicht in den Fall involviert werden, aber der Entführer ruft Alex an und schickt ihm einen Schuh des entführten Mädchens. Da der Verbrecher in scheinbar zum Duell fordern will, soll Alex ermitteln. Jezzie, welche sich die Schuld am Verschwinden des Mädchens gibt, ermittelt mit ihm, aber ihr Gegner ist gerissen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=V-OPDf7Z-b4
Lee Tamahoris recht freie Adaption der Romanvorlage von James Patterson, die den Start der langlebigen Alex-Cross-Buchreihe markierte, streicht viele der psychologischen Elemente und verschlankt die Vorlage, während die physischen Elemente stärker betont und kleinere Actionpassagen hinzugedichtet werden. Die Schießereien sind eher kurz gehalten, aber es handelt sich hier auch um einen Thriller, bei dem lang gezogene Ballereien eventuell unpassend wären. Lediglich etwas länger ist das Telefonspiel, welches doch Anleihen bei „Stirb langsam – Jetzt erst recht“ erkennen lässt. Doch die Action ist gut inszeniert, wobei vor allem die Szene, in der Alex und Gary persönlich aufeinander treffen, sehr fesselnd geraten ist.
Neben dem arg herkömmlichen Beginn besitzt auch der Entführerplot diverse alt gediente Elemente. Alex erstellt aus den Fakten wie schon in „…denn zum Küssen sind sie da“ ein treffendes Profil, kann einige Schritte des Verbrechers voraussehen und so den Plan des Masterminds teilweise empfindlich stören. Das ist durchaus flott gemacht, aber nicht mehr als Routine und so ist der Film in den ersten zwei Drittel noch nicht so überzeugend, auch wenn man als wahrscheinliches Motiv dieses Mal Geltungssucht präsentiert bekommt. Damit ist Soneji eine brauchbare, wenn auch im Vergleich zum Roman weniger facettenreiche Antagonitenfigur, welche den Film durchaus zu tragen weiß, so generisch und die Täterhatz bis dato dann auch präsentiert.
Doch dann dreht der Film im letzten Drittel noch mal überraschend auf, womit nicht nur die verstärkt auftretenden Actionszenen (Telefonspiel, Duelle usw.) gemeint sind, denn hier präsentiert der Film dann einige wirklich ungewöhnliche und überraschende Wendungen, die zu den Elementen gehören, welche Tamahori und Drehbuchautor Marc Moss recht unverändert aus der Romanvorlage übernehmen. Das kommt im Film dann zwar leider etwas zu spät, um noch ein Highlight draus zu machen, aber hievt „Im Netz der Spinne“ dann über den Durchschnitt. Dabei muss man freilich ertragen, dass die Figur des Alex Cross vom kompetenten Ermittler der Vorgängerfilms nun teilweise zum oberklugen Superschnüffler mit megaintuitiver Spürnase mutiert ist (beispielsweise errät er mehr oder minder direkt ein Passwortes, was ihn dann fast den kompletten Fall lösen lässt).
Doch Morgan Freeman („Olympus Has Fallen“) ist bei der Jagd auf Serienkiller immer wieder gern gesehen und lieferte eine dementsprechend überzeugende Leistung ab, die sich vor seinen ähnlich gelagerten Performances in „Sieben“ und dem Cross-Erstling nicht zu verstecken braucht. Auch Monica Potter („Con Air“) agiert sehr gut an seiner Seite als toughe Frau in einem Männerjob. Gut schlägt sich das Nebendarstellerensemble, darunter unter anderem Penelope Ann Miller („Kindergarten Cop“), Dylan Baker („Spider-Man 2“), Michael Moriarty („Mut zur Wahrheit“), Billy Burke („Drive Angry“) und Jay O. Sanders („Auftrag Rache“) in Rollen als besorgte Elternteile oder ermittelnde Beamte verschiedener Behörden. Lediglich der auf Schurkenrollen abonnierten Michael Wincott kommt hier nicht immer so gut zum Zuge, wie man sich das wünschen würde, gerade im Vergleich zu seiner ähnlich gelagerten Psychopathenrolle in „Metro“ fällt dies auf. In einer frühen Rolle ist Anton Yelchin („Odd Thomas“) als Mitschüler der Entführten zu sehen.
Vor allem dank des überraschenden letzten Drittels ist „Im Netz der Spinne“ durchaus gute Thrillerunterhaltung, welche James Pattersons spannende, geschickt konstruierte Romanvorlage recht frei adaptiert und einen über weite Strecken eher konventionellen Thriller daraus gemacht hat, der noch dazu mit eher oberflächlichen, aber kompetent inszenierten Actionmomenten künstlich Spannung erzeugen will. Nicht zuletzt dank guter Darsteller, der versierten Regie und unerwarteter, aber nicht unglaubwürdiger Plottwists im Schlussakt durchaus gelungen, aber der Vorgänger hatte mehr drauf.
Die deutsche DVD von Paramount präsentiert den Film ungekürzt ab 16 Jahren und bietet als Bonusmaterial den Trailer sowie ein kurzes Making Of. Die vor kurzem erschienene Blu-Ray vom gleichen Label besitzt gar kein Zusatzmaterial.
© Nils Bothmann (McClane)
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