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Jurassic World

Originaltitel: Jurassic World__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__ Regie: Colin Trevorrow__Darsteller: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Vincent D’Onofrio, Vic Hoskins, Judy Greer, Jake Johnson, Katie McGrath, Brian Tee, Lauren Lapkus, Nick Robinson, Omar Sy, Ty Simpkins u.a.
Jurassic World

Die Dinosaurier sind zurück und bevölkern endlich ihren eigenen Freizeitpark: “Jurassic World”

1993 erweckte Steven Spielberg dank einer brillanten, noch heute beeindruckenden Melange aus CGI- und Animatronic-Effekten die wohl eindrücklichsten Urzeit-Wesen zu überzeugendem Leben: Die Dinosaurier. „Jurassic Park“ schlug ein wie eine Bombe, war jahrelang der erfolgreichste Film aller Zeiten und bestimmte mindestens ein Jahrzehnt lang die Einrichtung diverser Kinderzimmer. Es entstand ein regelrechter Dino-Hype und so mancher Knirps konnte vor dem korrekten Aufsagen des Alphabetes jeden noch so zungenbrechenden Namen irgendeiner Urzeitechse fehlerfrei aufsagen.

Nach diesem Riesenerfolg verwunderte es niemanden, dass eine Fortsetzung folgen musste. Dass diese fünf Jahre später aber erstaunlich erwachsen ausfiel, überraschte dagegen sehr, war die Zielgruppe doch eigentlich klar umrissen. Doch Spielberg drückte bei seinem zweiten Teil so extrem auf die Tube, dass die cliffhanger-orientierte Daueraction so manch begeisterten, jungen Dinofan ziemlich überfordert haben dürfte. Den Erfolg seines Vorgängers konnte Spielberg so zwar nicht wiederholen, einem dritten Ausflug in den „Jurassic Park“ stand aber nichts im Wege.

Dieser wurschtelte sich 2001 durch die Kinos dieser Welt, hatte aber abseits von beeindruckenden Special Effects (von den Flugechsen abgesehen) so gar nichts mehr zu bieten. Zudem war der Hype um die Echsen spürbar abgeklungen, was man auch am Umfang der Berichterstattung über den dritten Teil bemerkte. An den Kinokassen lief „Jurassic Park III“ nur noch unter ferner liefen. So richtig loslassen konnte Spielberg, der bei Teil III seinen Buddy Joe Johnston ans Ruder gelassen hatte, von seinem Erfolgsfilm allerdings nicht. Die neue 3D-Technik ausnutzend, brachte er Teil I noch einmal ins Kino. Wohl auch, um abzuchecken, ob der Bedarf für einen vierten Teil da war. Die Zahlen schienen zu stimmen und ein geeignetes Drehbuch hatte man offensichtlich auch im Schrank…

httpv://www.youtube.com/watch?v=Hr1qlPlSfAM

Dieses beginnt damit, dass John Hammonds Traum endlich in die Realität umgesetzt wurde: Der „Jurassic Park“, seine Vision eines Vergnügungsparks, wurde endlich eröffnet. Er heißt nun „Jurassic World“ und ist ein großer Publikumsmagnet… gewesen. Denn der Park hat das gleiche Problem wie alle anderen Freizeitparks auch: Ist die eigentliche Attraktion bekannt, bleiben die Zuschauer irgendwann weg. Dem versucht man entgegen zu wirken, indem man Dr. Henry Wu (B.D. Wong ist als einziger aus dem Ur-Jurassic-Park-Cast übrig geblieben) „zaubern“ lässt. Dieser designt aufgrund seiner beeindruckenden Fähigkeiten als Gen-Wissenschaftler immer neue, immer noch größere Ungetüme.

Sein neuestes Werk, der Indominus Rex, ist ihm aber etwas zu perfekt geraten: Megaintelligent, tarnfähig, wechselwarm und verdammt blutrünstig. Allesamt Eigenschaften, die es schwer machen, die neue Attraktion des Parks unter Kontrolle zu halten. Als der riesige Allesfresser ausbricht, sind mit einem Schlag 22000 Parkbesucher in akuter Lebensgefahr. Kann der kernige Tierpfleger Owen den Tag eventuell retten?

Jurassic World

Owen mit seinen Schutzbefohlenen.

Das Drehbuch hat, die Inhaltsangabe deutet es an, eher Alibi-Charakter. Es geht darum, sich von einem Dino-Highlight zum nächsten zu hangeln und das klappt im Großen und Ganzen richtig gut. Vor allem das Tempo von „Jurassic World“ ist mehr als stimmig geraten und erlaubt dem Zuschauer kaum echte Verschnaufpausen. Dennoch trifft das Drehbuch auch ein paar seltsame Entscheidungen bzw. fährt eigenwillige Storyideen auf. So sagte mir der für den Film ungemein wichtige Dressur-Aspekt so gar nicht zu. Es mag zum Freizeitpark-Gedanken passen, dass manche Tiere Kunststücke vollführen oder der Mensch aufzeigt, dass er sich alle Tiere irgendwie Untertan machen kann. Aber Dinos? Und vor allem Velociraptoren?

Viel schlimmer: Der gesamte Storyteil rund um Vincent D’Onofrios („Escape Plan“) Figur ist vollkommen absurd. Raptoren als Waffen? Weil Drohnen nicht in Tunnel und unterirdische Feindanlagen vordringen können? Wie bitte? Selten war das „Jurassic Park“-Franchise so nah dran an dem Trash, der nach dem ersten „Jurassic Park“ von findigen Produzenten in Form von Vollschrott wie „Jurassic Attack“, „Poseidon Rex“ oder „Raptor“ zur Gewinnmaximierung auf die Filmfans losgelassen worden war.

Jurassic World

Bryce Dallas Howard hat keine sonderlich vorteilhafte Figur abbekommen…

Auch in Sachen Figurenzeichnung versagt das „Jurassic World“-Drehbuch gehörig. Ein einziges Ärgernis ist dabei Bryce Dallas Howards („Das Mädchen aus dem Wasser“) Figur der Marketingchefin Claire, an der Jahrzehnte der Emanzipation wirklich vollkommen spurlos vorübergegangen zu sein scheinen. So ist man direkt dankbar, wenn Claire endlich den Mund halten und vor den Dinos fliehen muss. Zumindest im Actionteil macht die optisch bezaubernde und sexy verschwitzte Darstellerin (wie jetzt, Sexismus?) nämlich einen guten Job, was hilft, ihre grundnaiven und teilweise wirklich dummen ersten Auftritte wieder vergessen zu machen. Das Team Up mit Chris Pratt („Guardians of the Galaxy“) hilft ebenfalls, ihre Figur nicht ganz so ernst zu nehmen, wie man es eigentlich müsste. Pratt sorgt nämlich mit verschmitztem Humor für einige Lacher, die so manche Dummheit des Drehbuchs/Claires ironisch brechen. Allerdings fällt auch auf, dass sich Pratts Owen bis auf eine Beimengung von etwas Indiana Jones kaum von seinem „Guardian“-Starlord abhebt. Mal schauen, wann Pratt auch mal andere Figuren spielen darf.

Das zweite Team im Film funktioniert leider gar nicht. Es handelt sich dabei um die Kids Zach und Gray. Gray ist das dinobegeisterte Kind, das mit riesigen Augen den Park entdeckt. Und Zach der omnipotente Teenager, immer auf der Suche nach dem nächsten Chick. Ein mehr an Charaktereigenschaften gibt es für keine der beiden Figuren. Weshalb sie einem auch vollkommen egal sind. Was freilich schade ist, da Regisseur Colin Trevorrow beide nur zu gerne in gefährliche Situationen bringt. Dass man diese Gefahr beiden Darstellern irgendwie nie anmerkt, spricht nicht für deren darstellerisches Talent. Wobei Nick Robinson als Zach eine wirkliche Nullnummer in Sachen Ausstrahlung oder Talent darstellt.

Die Folge sind einige Spannungslöcher, vor allem eben sobald die beiden Kids auf der Leinwand zu sehen sind. Das ist insofern schade, dass „Jurassic World“ mit einer netten Kampfansage beginnt: Dabei wird Spielbergs „Weißer Hai“ einem Dino zum Fraß vorgeworfen. Leider bleibt es bei dieser Ankündigung, denn an Spielbergs meisterhafte Spannungsdramaturgie (sowohl beim „Weißen Hai“ als auch bei „Jurassic Park“) kommt Trevorrow niemals heran. Er setzt punktuell ein paar eindrückliche Spannungsspitzen, aber einen durchgängigen Spannungsbogen bekommt er eben auch wegen den desolaten Figuren nicht installiert.

Jurassic World

Der Indominus Rex in Action!

Eine Figur ist dem Drehbuch allerdings gut gelungen: Masrani, gespielt vom indischen Superstar Irrfan Khan, ist ein reizvolles Mittelding aus dem idealistischen John Hammond und einem knallhart kalkulierenden Marketingstrategen. So pendelt er mal in die „gute“ und mal in die „böse“ Richtung, was ihn zu dem lebendigsten Charakter macht, der sich auch noch unvermutet als Mann der Tat präsentieren darf.

Ein einziger Spaß ist der eigentliche Dino-Freizeitpark. Selbiger wurde ja noch nie so wirklich zu Ende gedacht, da er ja in den Vorgängern schon in seinen Anfängen gescheitert war. Aber in „Jurassic World“ werden lustvoll diverse heute aktuelle Freizeitpark-Modelle mit Dinos befüllt. Da gibt es Streichelzoos mit Pflanzenfressern; Infogebäude, die das Leben der Urzeitgiganten nachzeichnen; Vogelhäuser, in denen Flugechsen zu bestaunen sind; Freigehege, in denen man mit coolen Gefährten inmitten der Dino-Herden herumcruisen kann; Kanufahrten durch die Lebensräume der Dinos und Dino-Junge, die zum Ponyreiten missbraucht werden! Das ist teilweise wirklich herrlich schräg angehaucht und weckt trotzdem den Wunsch im Zuschauer, so einen Park unbedingt auch mal erleben zu wollen.

Bis, ja bis die Action dann losgeht und die Dinos nach und nach freikommen. Dann verschwindet der Wunsch, auch mal einen Dino-Park besuchen zu wollen. Aber die Lust am Spektakel bleibt. Und das bietet „Jurassic World“ nun mit der großen Kelle. Dem Prinzip der Steigerung folgend, werden die Actioneskalationen nun immer größer. Dinos jeder Form und Größe greifen Menschlein und Artverwandte an. Hubschrauber werden mit Miniguns bestückt. Dinosaurier verfolgen Autos. Flugsaurier sorgen für Gefahr aus der Luft. Und mittendrin lässt der Indominus Rex mit seinem Gebrüll die Kinoleinwände erbeben und verblüfft mit einigen Spezial-Fähigkeiten.

Jurassic World

Mit einem Happs war er weg…

Das ist durch die Bank mit absoluten State-of-the-Art-Effekten umgesetzt. Weder bei den gigantischen noch den fliegenden oder den kleineren Dinosaurierarten gibt sich der Film irgendeine Blöße. Auch die Animatronic-Effekte, die es Gottseidank immer noch zu sehen gibt, sind sensationell. In der Folge sieht man hier definitiv die agilsten und glaubwürdigsten Echsen der Filmgeschichte und das auch noch in großer Zahl.

Was in Sachen Action für meinen Geschmack allerdings ein wenig fehlte, war ein echtes Highlight. Der Film hat sehr starke Momente und auch eine ganze Menge davon, aber so richtig herausstechen mag keiner. Selbst der große Endkampf ist auf seine Art zwar beeindruckend und sehr brachial, er ragt aber auch nicht wirklich aus dem Franchise und vor allem aus dem Wust aller anderen aktuellen Blockbuster-Spektakel heraus. Und genau da sehe ich ein gewaltiges Problem…

„Jurassic World“ hat ein hübsches Bild im Umfeld der Fütterung des Mosasauriers mit dem weißen Hai. Hier hört man eine Sprecherin von dem gigantischen Raubtier sprechen. Das Publikum aber reagiert kaum. Es schaut zu großen Teilen nicht einmal auf die Wasseroberfläche, unter der der Saurier auf seine Fütterung wartet. Vielmehr starren sie auf Handy- und Tablet-Displays. Als der Saurier dann aus dem Wasser hervor schnellt, blicken alle schnell auf. Für das eine Highlight, den einen Wow-Moment. Die Frage ist, ob in unserer ja ziemlich ähnlich geprägten Welt Filmdinos noch so interessant sind, das ein weiterer „Jurassic Park“-Eintrag das anvisierte Zielpublikum wirklich aufhorchen lässt. Auf der einen Seite haben die Dinosaurier immer noch eine große Lobby. Auf der anderen Seite gibt es aber aktuell zu viel, das weitaus interessanter ist und einige Wow-Effekte mehr zu generieren versteht. Auch und vor allem auf der großen Leinwand. Da mag sich bei so manchem Nostalgiker noch soviel Gänsehaut einstellen, wenn das ehrwürdige Jurassic-Park-Thema ertönt und die Kamera in erhabener Eleganz auf die Isla Nublar zuschwebt. Zudem wird niemand in Abrede stellen, dass der Film trotz offenkundiger Schwächen durchaus flott unterhält und definitiv Spaß macht. Aber für einen Hit mit Ansage ist das hier Gebotene gefühlt einfach nicht genug…

Der Film ist ab dem 11. Juni 2015 in den deutschen Kinos zu sehen. Eine FSK 12 Freigabe sollte trotz einiger erstaunlich harter Momente drin sein. Die 3D-Technik macht vor allem bei den diversen fliegenden Elementen viel Spaß, bleibt ansonsten aber arg unauffällig.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Universal Pictures International__Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab dem 11.6.2015 in den deutschen Kinos

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