Originaltitel: London__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2005__Regie: Hunter Richards__Darsteller: Jessica Biel, Jason Statham, Chris Evans, Nicole Andrews, Ned Bellamy, Joy Bryant, Dane Cook, Kat Dennings, Matt Felker, Isla Fisher, Kelli Garner, Vanessa Motta, Antonio Munoz, John Newton, Dina Rosenmeier, Ingrid Coree u.a. |
Syd hat sich vor ca. einem halben Jahr von seiner Freundin London (wo sie wohl einst gezeugt wurde?) getrennt und ist noch immer weit davon entfernt, dies verwunden zu haben. Regelmäßig stürzt er ab, kokst, säuft und zieht um die Häuser, als gäbe es kein Morgen. Eines Tages erfährt er durch Zufall von einem Kumpel, dass eine alte Bekannte namens Becca eine Abschiedsparty für London schmeißt, da diese die Stadt für längere Zeit verlassen wird. Syd, der nicht eingeladen wurde, verschafft sich bei einem Kerl namens Bateman einen Mutmacher in Form weißen Pulvers und verschafft sich mit Bateman Zugang zu der Party. Diese hat allerdings noch gar nicht richtig begonnen, was Syd nutzt, um mit Bateman in einem Badezimmer zu koksen und über Gott und die Welt zu philosophieren. Doch selbst als London endlich auf der Party eingetroffen ist, zieht Syd es vor, sich selbst zu bemitleiden und das Bad nicht zu verlassen … bis Bateman ihm klar macht, was es wirklich heißt, der Liebe wegen zu leiden …
httpv://www.youtube.com/watch?v=F4HobQnqqQ4
“Ein Film über die Liebe und ihre Opfer” … so kündet das Cover von “London – Liebe des Lebens?”. Doch geht es hier eigentlich wirklich um Liebe? Im Grunde geht es in “London” eher um die Opfer der Liebe. Und damit um Menschen, die sich in eine Liebe geworfen haben, sich in ihr aufgaben, bedingungslos liebten und dann zusehen mussten, wie etwas einst Wunderschönes durch Banalitäten zerstört wurde. Wissenschaftler haben vor einiger Zeit herausgefunden, dass Liebe einem Zustand gleichkommt, den man mit einer psychischen Krankheit gleichsetzen kann. Verliebtsein bedeutet nämlich aus chemischer Sicht die Abwesenheit des Glückshormons Serotonin, dass durch einen Überschwang an Dopamin (macht euphorisch), Adrenalin (aufgeregt) und Testosteron (erhöht die Lust) quasi unterdrückt und obsolet wird. Aus Sicht der Wissenschaft entspricht dieses Missverhältnis der Hormone dem Krankheitsbild eines psychisch kranken Menschen, womit die vielbemühte Phrase “Krank sein vor Liebe” definitiv zutreffen würde! Und nichts anderes zeigt “London”, denn “London” zeigt einen dieser “kranken” Menschen. Einen, der nicht wahrhaben will, dass alles aus sein soll. Der sich selbst betäuben muss, um weiterleben zu können und der nach einer Heilung von der Krankheit Liebe sucht. Einzig es gelingt ihm nicht! Also versucht er alles, um sich wieder auf den Radar der Liebe seines Lebens zu bringen. Das lässt ihn irrational, fast wahnhaft handeln und er macht Dinge, die für Außenstehende keinen Sinn machen und ihn fast wie einen Psychopathen oder zumindest einen Stalker wirken lassen. So taucht er uneingeladen auf Partys auf, zofft sich mit Freunden, wirft Downer ein, säuft und verhält sich irgendwo eben wie ein Irrer. All das kann “London” sehr eindrücklich vermitteln, all das macht es aber auch schwer, in den Film hineinzufinden. Denn Syd erscheint einem wahrlich nicht sympathisch. Man weiß gar nicht, welche Frau einmal auf ihn gestanden haben könnte und es ist unglaublich schwer, zu diesem Wrack einen Bezug aufzubauen. Wenn dann auch noch klar wird, was er einmal für ein Geschoss von einer Frau an seiner Seite hatte, ist man erst einmal komplett außen vor und schaut recht teilnahmslos, was da wohl noch kommen wird.
Und was da kommen wird, funktioniert dann eher als eine Art Zustandsbeschreibung verwöhnter Jet Set Twenty Somethings, die sich den ganzen Tag nur über inhaltslose Luftblasen miteinander verständigen und meinen, Themenschwerpunkte wie der Glaube an Gott würden ihr Geschwafel irgendwie mit Bedeutung aufladen. Dass sie über derartige Themen eh nur reden, wenn sie high sind, macht das Verhängnis dann komplett und es wird offensichtlich, dass unter der gelackt schönen Oberfläche nichts ist. Gar nichts. Die Ignoranz gegenüber der Liebe eines Menschen zu einem anderen ist da nur ein logischer Schluss. Das mag auf der einen Seite recht interessant anmuten, dem Film tut es allerdings nicht sonderlich gut. Zum einen, weil er durch das endlose Gelaber über NICHTS irgendwann recht anstrengend wird und zum anderen, weil das Motiv der Liebe zugunsten von Gelaber über Koks und Gott deutlich in den Hintergrund rückt. Zudem sind die Stationen der “Liebe”, die Regisseur Hunter Richards mittels Rückblenden in seinen Film einbaut, immer nur Stationen des Niederganges einer Liebe. Spätestens nach einer Stunde fragt man sich als Zuschauer, für was Syd eigentlich kämpft bzw. woran er eigentlich herum laboriert, immerhin scheint seine Liebe zu London nur aus Streitereien und fast schon mechanisch anmutenden Sexeinlagen bestanden zu haben. Also, um was kämpft Syd eigentlich? Man weiß es nicht und genau das lässt einen nicht an den Film heran. In den letzten Minuten schafft Hunter dann das, was man vorher vermisste. Er baut Emotionalität fernab von wildem Geschrei auf und auch zwischenmenschlich funktioniert der Film auf einmal, einfach weil er plötzlich ganz kurz Stationen des Glücks der Liebe zwischen Syd und London aufzeigt. Da Richards sein Ende aber in einer Art Schwebezustand belässt, weiß man nach “London” nicht so recht, was der Regisseur mit seinem Film eigentlich aussagen wollte. Dass Liebe im Grunde eher aus Schmerz denn aus glücklicher Zweisamkeit besteht? Dass Liebe schon einen Weg findet? Dass man sich am Ende einer Beziehung nur an die negativen Aspekte erinnert? Was? Ich für meinen Teil kann dies nicht wirklich beantworten.
Beantworten kann ich dagegen diverse Fragen zu der formalen Beschaffenheit von London. Diese ist mit dem Begriff “edel” hervorragend umschrieben. Da wäre zum einen die wunderschöne Optik, die gerade in den Szenen im Badezimmer immer bis aufs I-Tüpfelchen durchkomponiert wirkt und man möchte fast von einer brillanten Choreographie von verschiedenen Brennweiten und Unschärfeffekten sprechen. Diverse Jumpcuts unterstreichen die frische Optik des Filmes und die nahtlos eingebundenen Rückblenden machen in ihrer Unmittelbarkeit staunen. Meistens finden sie mitten in Dialogen statt, so dass das letzte Wort eines Satzes in der Jetztzeit zum ersten gesprochenen Wort in der Rückblende wird. Ab und zu reicht schon ein Lidschlag aus, um den Übergang zu verpassen und sich verwundert am Kopf zu kratzen, wo denn auf einmal die komplett anderen Personen herkommen! Untermalt wird London von einem gelungenen Soundtrack, der von der Band The Chrystal Method zusammengestellt wurde, die ebenfalls einige – zwischen relaxet und treibend variierende – Tracks beigesteuert haben.
Darstellerisch überzeugen vor allem die Männer in der Schauspielriege. Insbesondere Jason Statham (mit längeren Haaren, hinter denen ich allerdings eine Perücke vermute) ist ein kleines Ereignis. Zunächst fügt er sich in die Rolle des ruhigen und zurückhaltenden Beobachters, da er ja auf einer Party aufgetaucht ist, wo er erstens niemanden kennt und zu der er zweitens niemals eingeladen wurde. Mit zunehmender Laufzeit werden seine Auftritte immer prägnanter und seine Figur ist es dann auch, die als ältester Charakter des Filmes den jungen Leuten klar macht, dass sie nur hohl daherlabern und eigentlich noch gar keine Ahnung haben, worauf es eigentlich ankommt. In diesen Momenten hat er dann auch einige Monologe abbekommen, die vor Witz nur so sprühen und wahrlich ganz eigene, selten jugendfreie Themen haben. So mutiert Stathams Bateman mehr und mehr zum Dreh und Angelpunkt der vom Zuschauer aufgebauten Sympathien in Bezug auf das Figureninterieur und das bekommt den anderen Darstellern gar nicht gut, denn immer, wenn Statham nicht zu sehen ist, wünscht man ihn sich herbei! Chris Evans als Syd hat massiv mit dem Aufbau des Filmes zu kämpfen. Fast eine Stunde lang bleibt sein Verhalten ein seltsames Rätsel und man fragt sich eben permanent: Warum kämpft der Typ um eine Frau, der er nicht einmal “Ich liebe dich” gesagt hat und der er eh nur Misstrauen entgegengebracht hat? So wird man mit seinem Charakter einfach nicht warm. Das soll nicht heißen, dass Evans schlecht spielen würde. Mitnichten, aber die Darbietung hier ist kein Vergleich zu seinem Charmebolzenangriff als lebende Fackel in die “Fantastischen Vier”. Hier wird aufgrund der Filmanlage viel verschenkt. Noch schlimmer erwischt es die weibliche – titelgebende – Hauptfigur: Jessica Biel als London. Die arme Jessica wird von dem Drehbuch vollkommen allein gelassen, ist ihre Figur doch total unterentwickelt und bleibt sie den ganzen Film über blass, austauschbar und bar jeder Antriebe oder Motivationen. Schade. Dies trifft aber ausnahmslos auf ALLE Frauen in diesem Streifen zu, die offensichtlich nur gecastet wurden, weil sie durch die Bank absolut fantastisch aussehen. Schauspielerisches Können kann es nicht gewesen sein, denn wie soll man etwas darstellen, wo es nichts darzustellen gibt? Ergo macht keine dieser Figuren einen wirklichen Sinn. Sie sind eben da. Punkt. Vielleicht wäre man besser gefahren, wenn man den Film vollkommen zu einem zwei Personen Stück zwischen Syd und Bateman gemacht hätte?
So bleibt London ein seltsam unentschlossener Film über die Liebe und ihre Spätfolgen, der mit einer permanent zugequasselten, teils arg gestelzt wirkenden Tonspur die Nerven des Zuschauers strapaziert und sein Publikum eigentlich erst zum Ende hin an sich heranlässt. Stathams kraftvolle Performance rettet den Streifen knapp über Durchschnitt.
Die deutsche DVD kommt von Sony und ist mit einer FSK 16 uncut. Leider haben die meisten Darsteller in der deutschen Synchro nicht ihre normalen Stimmen erhalten!
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