Originaltitel: Sinners & Saints__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2010__Regie: William Kaufman__Darsteller: Johnny Strong, Kevin Phillips, Costas Mandylor, Sean Patrick Flanery, Tom Berenger, Method Man, Kim Coates, Bas Rutten, Louis Mandylor, Brooklyn Sudano, Jake La Botz, Jürgen Prochnow u.a. |
Sean Riley ist ein Hardboiled Cop, wie er im Buche steht. Im von Hurrikan Katrina verwüsteten New Orleans zieht er seine Bahnen und geht unerbittlich gegen das allgegenwärtige Verbrechen vor – gerne beschreitet er dabei auch rechtlich eher bedenkliche Pfade. Eines Tages wird er einem Fall zugeteilt, bei dem eine Handvoll Killer besonders brutal zu Werke ging und die Opfer auf gar grausame Art und Weise folterte. Hierbei kreuzen sich Jeans Wege mit denen von Will Ganz. Einem jungen Kollegen, dem Jean fortan bei der Aufklärung dieses Falles beisteht. Dass das Wiederauftauchen von Jeans Freund Collin etwas mit dem Fall zu tun hat, kommt beiden Cops leider viel zu spät in den Sinn, denn bis zu diesem Zeitpunkt sind ihnen die weiterhin äußerst brutal vorgehenden Killer immer einen wichtigen Schritt voraus…
Als Fan schnörkelloser und brutaler Action hat man es heutzutage nicht leicht. Im Kino wurde und wird das Genre trotz Brettern wie „John Rambo“ oder „The Expendables“ immer weiter aufgeweicht und verteenisiert. Die Folge: „Actionfilme“ wie „Ich bin Nummer vier“ oder „Atemlos“. Und im Direct to Video Bereich fehlt es an zündenden Ideen und vor allem an Geld. Die Folge: Eine Schwemme an billig im Ostblock abgedrehten Actionböllern, die sich im Ablauf ebenso ähneln wie im Look. Im Grunde eine traurige Zeit für den Actionfan, wären da nicht Filme wie „Sinners and Saints“, die irgendwie komplett dem allgemeinen Trend zuwiderlaufen. Abgedreht in den USA und im noch immer erschreckend zerstörten Hurrikan Katrina Einzugsgebiet verortet, generiert der Film schon alleine aufgrund seines Schauplatzes eine ganz eigene, sehr dichte Atmosphäre, die von Anbeginn an in den Bann zieht. Danach steigt dann die Copthriller Routine. Der harte Held des Streifens, der sich gerne auch mal außerhalb gesetzlicher Rahmenbedingungen bewegt, vor allem in Sachen Gewaltanwendung, wird vorgestellt. Im Rahmen einer hübschen Ballerei, die die Marschrichtung für den weiteren Film vorgibt: Großkalibrige Waffen, ordentlich Munitionsverbrauch, Trefferwirkungen in Häusern, Autos und getroffenen Menschen und eine richtig coole Choreographie, die jeden Fan mit der Zunge schnalzen lässt … und Befürchtungen zu Tage fürchtet, der Film könnte nach dem sehr gelungenen Auftakt in ein tiefes Loch fallen.
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Doch dem ist nicht so! Denn die jetzt anrollende Geschichte funktioniert erstaunlich gut und zwar nach dem „der Zuschauer weiß nicht viel mehr als der Hauptcharakter“ Prinzip. Und mit dem identifiziert man sich trotz „harter unnahbarer Hund“ Attitüde nur zu gerne, denn Johnny Strong, der Sean Riley mit viel Wucht und Charisma gibt, ist auch optisch eine Wohltat im Genre. Kein fetter Seagal, kein alter Recke, eher eine ziemlich coole Sau mit stylischen Tattoos, Wuschelfrisur, Armbändern, amtlicher Bad Boy Einstellung und definitiv mit dem Potential versehen, auch weibliche Filmzuschauer zu erreichen. Und sein Sean ist auch keine nichts sagende Hohlbirne. Im Gegenteil: Sean bekommt ein richtiges Rückgrat eingezogen. Dazu wird ihm eine sensible Seite verpasst und im Wechselspiel mit dem neuen Partner, das deutlich weniger auf Buddy Movie Motive setzt, als man vermuten könnte, wird einem seine Figur immer sympathischer. Darstellerisch muss er da zwar nicht viel machen, allerdings könnte man auch nicht behaupten, dass er eine schwache Leistung abliefern würde.
Und Johnny Strong empfiehlt sich absolut für weitere Actionstreifen. Denn wenn er mit Seagalscher Attitüde und „Motherfucker“ brummelnd in den Shoot Outs diverse Lumpen über den Haufen knallt, kommt schon ordentliches 80s Flair auf – jedenfalls in Sachen Kompromisslosigkeit. Technisch ist das Gebotene nämlich auf neuestem Stand und keinesfalls altmodisch. Die Actionszenen sind formidabel choreographiert, flott und hochwertig bebildert, mit treibender Musik unterlegt (aus der Feder von Johnny Strong!) und haben dank beständigem Großkalibereinsatzes enormen Druck. Dabei bringt es der Film auf fünf größer angelegte Actionsequenzen, von denen eine rüdes Gekloppe und die anderen vier blutige und mit erstaunlichen Brutalitäten aufwartende Schießereien transportieren. Auf größeren Actionbombast muss man dann leider verzichten, doch für den Budgetrahmen, der Regisseur William Kaufman zur Verfügung gestanden hat, ist das Gebotene einem feuchten Traum für Actionfans gleichzusetzen.
Und mehr noch, Kaufmans Film wirkt teils so wertig, dass man meint, man schaue einem A-Film zu. Besonders beim stilvollen Finale durchbricht der Film locker die Grenzen des B-Filmes und schielt in Richtung höherer Weihen. Im Grunde erkennt man nur an den B-Fressen im Cast, dass der Film ein B-Film ist. Und da tummeln sich einige Nasen: Jürgen Prochnow, Tom Berenger, Costas Mandylor, Louis Mandylor, Kim Coates und Sean Patrick Flanery (kurioserweise in einer Bar namens Boondock Saints eingeführt!) tauchen in mal mehr mal weniger großen Rollen auf und wissen durchweg zu gefallen! Obendrein hat der Regisseur seine Wurzeln nicht vergessen und einige Darsteller seines ebenfalls erstaunlich unterhaltsamen Indiehits „The Prodigy“ in „Sinners and Saints“ zu kleineren Auftritten verholfen.
Allerdings knarzt es auch bei diesem wirklich erstaunlichen Actionhit in einigen Abteilungen. Auf die Figur von Method Man und dessen Auftritte hätte man rundweg verzichten sollen, auch und gerade in der Showdownschlussphase. Zudem verläuft der Storystrang um Jürgen Prochnow vollkommen im Nichts. Die ambitioniert vorgetragene Geschichte funktioniert zwar erstaunlich gut, mündet aber in einem leider zu bekannten und in letzter Zeit häufiger bemühten Schlussakt. Da hätte man sich andere oder vielleicht ganz radikal gar keine wirklichen Motive für die Bäddies gewünscht. Ab und an hat man kleinere Probleme, der Story zu folgen, weil hier und da der Zufall selbige antreibt. Aber im Großen und Ganzen bietet „Sinners and Saints“ nicht viele Gründe, um sich zu beschweren. Die Action rockt und vor allem das dabei aufgefahrene, sehr methodische und taktische Vorgehen der Bösewichter, das auf das brachialere Agieren des Hauptcharakters trifft, sorgt wie nebenbei für eine tolle Choreographie. Daraus resultieren großartige Actionmomente, die gut über den Film verteilt wurden und mit amtlichem Blutzoll aufwarten. Die Story zwischen den Actionszenen funktioniert und die Heldenfiguren des Streifens sind eine absolut sichere Bank. Ein echtes Highlight im DTV Sumpf … Auf den Regisseur, der kurz darauf mit „The Hit List“ und vorher mit „The Prodigy“ bewiesen hat, dass B-Actionfilme nicht zwingend storytechnischer Bullshit sein müssen, sollte man echt ein Auge haben.
In diesem Sinne:
freeman
…
Mit „The Prodigy“ hatte William Kaufman bereits bewiesen, was er aus kleinen Budgets herausholen kann, mit „Sinners and Saints“ empfiehlt er sich nun als neue B-Actionhoffnung.
In bester „The Shield“-Ästhetik steigt der Film mit gritty Handkamerabildern ein, etabliert in einer fragmentarischen Montage den Hintergrund des Helden und den Schauplatz: Sean Riley (Johnny Strong) ist der Heros, ein Veteran aus Irakkrieg, jetzt beim New Orleans Police Department tätig – einer Stadt, die auch Jahre später noch der Hurricane-Katastrophe gekennzeichnet ist wie bereits die Auftaktmontage klarmacht und wie der Film später noch erwähnt. Dass der bei Einheit für Straßenkriminalität tätige Sean zur Elite des NOPD gehört, das sehen wir auch schon bei der knalligen Auftaktballerei, bei der allerdings sein Partner Dave Besson (Kim Coates) sein Leben lassen muss.
Der Fan des Copthrillers kann sich ausmalen wohin das führt – nicht zuletzt, da Seans Sohn starb und seine Frau ihn anschließend verließ, wie man später erfährt: Die Beschwerden wegen überzogener Gewaltanwendung häufen sich im Dienst, trotz guter Verhaftungsquote wird er zum roten Tuch, weshalb sein Chef, Captain Trahan (Tom Berenger), ihm die Chance zur Rehabilitierung gibt: Sean soll Will Ganz (Kevin Phillips) von der Mordkommission bei der Aufklärung einer Reihe besonders brutaler Morde helfen. Klassisches Copthrillerterrain also, auf dem der Genrefan sich direkt heimisch fühlt, eine Zeit in der sich echte Männer auf dem Weg zur Hausdurchsuchung noch dreckige Witze erzählten.
Sean und Will gewöhnen sich schnell aneinander, Buddy-Komik und Reibereien bleiben aus, stattdessen finden sie bald Spuren der Täter. Doch die Killer sind militärisch ausgebildet und mit ihnen ist nicht zu spaßen…
Wer hier Innovationen sucht, der könnte leicht enttäuscht werden, wer hingegen einen klassischen Copactionfilm in der Tradition von „Dirty Harry“, „Lethal Weapon“, „Die City-Cobra“ oder „Excessive Force“ sehen möchte, der ist goldrichtig. Kaufman versucht gar nicht erst seinen Film mehr als das, was er ist, erscheinen zu lassen, inszeniert seinen Film als geradlinige, ehrliche Genreware ohne Mätzchen, wobei des Rätsels Lösung am Ende gerne ein wenig raffinierter hätte ausfallen dürfen. Das macht aber nichts, denn das hohe Erzähltempo, das „Sinners and Saints“ vorlegt, lässt solche Kritikpunkte schnell vergessen.
Kaufmans wortkarger Actionhero Sean Riley ist der Archetypus des vom Leben gebeutelten, aber aufrechten Straßenkriegers, hinter dessen harter Schale ein emotionaler Kern steckt, der z.B. beim Essen mit Wills Familie zum Vorschein kommt. Wie Harry Callahan oder Martin Riggs lebt er zu Beginn des Films vor allem für den Job, da ihm kaum noch etwas bleibt, und gerade deshalb funktioniert diese Figur so gut. Auch die grobschlächtige Killertruppe mit den derben Foltermethoden (bei denen budgetbedingt die wenigen Gore-Effekte vor allem durch die Montage zu Schreckensbildern gearbeitet werden) stammt zwar aus dem Lehrbuch, wird aber genau richtig als hassenswerte Bösewichtsbande präsentiert: Gleich bei ihrem ersten Auftreten werden ein paar unschuldige, zufällig anwesende Teenager beseitigt, sie nehmen die Familien ihrer Gegner ins Visier – kurzum: Genau die Antagonisten, die man gerne verabscheut.
Der Actionfan erfreut sich natürlich vor allem bildgewaltiger Entsorgung ebenjener Fieslinge und da hat „Sinners and Saints“ gleich vier ausgiebigere Ballereien sowie ein paar kleinere Actionszenen wie einen Nahkampf zwischen Sean und einigen Henchmen parat. Die Shoot-Outs sind nicht nur hart, sondern vor allem wunderbar choreographiert, im Stil klassischer Actionregisseure inszeniert und zeichnen sich durch einen beachtlichen Munitionsverbrauch aus, der das Fanherz höher schlagen lässt. Im Vergleich zu den Copfilmen der 80er fällt der höhere Realismus auf: Natürlich besiegen ein oder zwei Mann immer noch wahre Gegnermassen, doch Helden wie Fieslinge benutzen Militärtaktiken, zielen anstatt nur aus der Hüfte zu ballern und wissen die Umgebung für sich zu nutzen.
Johnny Strong wird kein neuer Eastwood oder neuer Bruce Willis, zum einen überzeugender Actiondarsteller der B-Klasse reicht es aber auf jeden Fall – er darf gern öfter in solchen Rollen auftauchen. Kevin Phillips braucht sich als Partner nicht vor Strong zu verstecken, Tom Berenger und Kim Coates erledigen ihre kleinen Rollen mehr als ordentlich und mit Costas Mandylor, seinem Bruder Louis Mandylor und UFC-Legende Bas Rutten sind ein paar herrlich fiese Übeltäter dabei. Sean Patrick Flannery hat eine kleine Rolle (und darf als In-Joke mit Strong in der Kneipe „The Boondock Saint“ einen heben), aus „The Prodigy“ sind Matt Beckham, Holt Boggs und Jay Moses in Nebenrollen dabei.
Innovationspreise gewinnt „Sinners and Saints“ vielleicht keine, aber William Kaufmans Film hat alles dabei, was einen schönen, geradlinigen Copactionthriller auszeichnet: Hohes Tempo, charismatische Helden, hassenswerte Übelwichte und dynamische Shoot-Outs – gerne mehr davon.
Die deutsche DVD von Eurovideo ist uncut, bietet eine gute Qualität und ein paar Deleted Scenes als Extra, die ganz nett anzuschauen sind, die man im Film aber auch nicht vermisst. Auf Blu-Ray ist der Film beim gleichen Label erschienen.
© Nils Bothmann (McClane)
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