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Spitfire

Originaltitel: Spitfire__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1994__Regie: Albert Pyun__Darsteller: Lance Henriksen, Debra Jo Fondren, Sarah Douglas, Kristie Phillips, Tim Thomerson, Gary Schmoeller, Terri Conn, Viktor Makhov, Jackie Brummer, Chad Stahelski, Brion James, Robert Patrick u.a.
Spitfire

In Albert Pyuns „Spitfire“ gibt Lance Henriksen die B-Variante von James Bond, währen die gestandenen Recken Brion James und Robert Patrick für Cameos vorbeischauen

Die Ideen Agentenaction und Teeniefilme zu kreuzen war anno 1994 nicht mehr ganz frisch, weshalb Albert Pyun („Cyborg Warriors“) mit „Spitfire“ in die Fußstapfen von Werken wie „Target“, „Teen Agent“ und „Little Nikita“ trat, aber als Rip-Off-Filmer fühlte sich Albert ja eh immer wohl.

Natürlich braucht man einen triftigen Grund um Youngster in Geheimdienstaktivitäten zu verstricken, da kommt so ein Spionpaar nicht ungünstig. Richard Charles (Lance Henriksen) ist der James-Bond-Verschnitt, der sich mit seiner alten Flamme Amanda Case (Debra Jo Fonden) vergnügt, als Schurkin Carla Davis (Sarah Douglas) zusammen mit ihren Handlangern das Schlafgemach stürmt. Und weil Albert diesen Film back to back mit „The Last Chance“ a.k.a. “Hongkong ’97” drehte (auch das letzte Drittel von „Spitfire“ spielt in der damaligen Kronkolonie) schauen als besagte Handlanger in der Auftaktszene noch die bekannten Gesichter von Brion James („Blade Runner“) und Robert Patrick („Equalizer 2000“) vorbei, die sich danach aber auch schon verabschieden. Verabschieden muss sich auch Amanda, denn sie und Richard überwältigen die Gegner zwar, doch sie kassiert den Fangschuss, kann ihrem Lover aber immerhin noch verkünden, dass sie eine Tochter hat und Richard der Vater ist.

Bei dem Spross handelt um Turnerin Charlie (Kristy Phillips), die gerade an der Qualifikation für die Weltmeisterschaft arbeitet, auch wenn die Teams aus dem Ostblock sie lieber aus dem Rennen sehen würden und dafür auch gerne unlautere Tricks anwenden. Damit ist „Spitfire“ trotz Mauerfall und Auflösung der Sowjetunion noch dem Geist der 1980er verpflichtet, denn nicht nur sind die bösen Spione Russen, die von Richard geklaute ukrainische Codes für den Abschuss von Atomraketen an sich bringen wollen, nein, auch die Turner und Trainer sind betrügerisch oder schlagen junge Turnerinnen, die nicht gut genug sind (die gute Alibi-Russin).

Nach geschaffter Qualifikation steht Charlie jedenfalls erstmals dem Papa gegenüber, der sich aber weder als Spion noch als ihr Vater zu erkennen gibt, nur als Freund ihrer Mutter (von deren Tod Charlie noch nichts weiß). Als Charlie daher kurz darauf Richards Entführung mitansieht, reist sie den Kidnappern hinterher, unterstützt von dem versoffenen Reporter Rex Beechum (Tim Thomerson), der auf der Jagd nach einer Enthüllungsstory im Turnermilieu ist…

httpv://www.youtube.com/watch?v=rTO-I6VRjEw

Eigentlich hätte die Eighties-Kuriosität „Gymkata“ als Warnung fungieren sollen, dass man Turner im Gegensatz zu Kampfsportlern, Wrestlern oder Footballspielern schlecht als Actionhelden etablieren kann. Doch das hat hier niemanden aufgehalten, wobei sich Kristy Phillips in ihrer einzigen Spielfilmrolle sogar ganz okay schlägt. Der coole Lance Henriksen („Fragile Storm“) spielt sie (und den Rest der Belegschaft) natürlich trotzdem an die Wand, doch hat er wenig zu tun außer meist gefangen irgendwo rumzuhocken. Pyun-Spezi Tim Thomerson („Fade to Black“) als Comedic Sidekick, der alle paar naselang aufs Maul bekommt, ist auch noch recht gut, während der Rest vom Fest stark abfällt, gerade Sarah Douglas („Beastmaster 2“) als chargierende Gegenspielerin. In Nebenrollen zu sehen: Gary Schmoeller, der Produzent diverser Pyun-Filme (z.B. „Mean Guns“) einschließlich diesem, sowie der Stuntman und spätere „John Wick“-Co-Regisseur Chad Stahelski.

Auch in Sachen Action sollen hier, ähnlich wie bei „Gymkata“, die Turnkenntnisse der Hauptdarstellerin eingebaut werden, mit noch fragwürdigerem Resultat, denn irgendwelche Saltos, bei denen die Teenagerin einen erwachsenen Gegner durch die Luft wirbelt, wirken doch eher panne als spektakulär. Hin und wieder hat das Getrete und Gehaue dann doch seine Momente, eine Verfolgungsjagd über Dschunken in Hongkongs Hafen geht auch klar, aber insgesamt ist die Action unspektakulär und wenig bemerkenswert, im Finale regelrecht lächerlich, wenn die Schurkin tatsächlich dadurch besiegt wird, dass sie jemand im richtigen Moment schubst.

Dass die Agentengeschichte kaum spannend ist, bringt „Spitfire“ auch nicht weiter, auch wenn das Sujet immerhin zum bei Pyun wiederkehrenden Motiv der filmlangen Verfolgungsjagd passt: Nachdem man alle Figuren eingeführt hat, jagt Kristy nebst Helfern die Schurken und umgekehrt, ein paar Freunde und ein paar Feinde gehen für die gute Sache drauf, doch leider ist niemand so gut umrissen, dass es einen Zuschauer juckt. Auch rein handwerklich kitzelt Albert niemals Spannung aus der Agentengeschichte, auch wenn er seine Vorbilder studiert hat und manchmal in fast liebevoller Billigform imitiert, etwa beim tanzenden Bikinigirl vor Projektion als Pseudo-Bond-Vorspann oder wenn Richard via Raketenrucksack abhebt.

Wie schon andere Teen-Agentenfilme soll das hier alles natürlich augenzwinkernd und nicht ganz so ernst sein, krankt aber am Humorverständnis von Albert und seinen Co-Autoren David Yorkin („Kickboxer 4“) und Christopher Borkgren („Heatseeker“): Die Auf-die-Omme-Jokes mit Schluckspecht Rex sind da schon das Höchste der Gefühle und dabei schon plumper Slapstick, weshalb „Spitfire“ durchweg gewollt und niemals so leicht oder pfiffig wie wohl ursprünglich gedacht wirkt.

So bleibt dann ein Film, der für erwachsene Actionfans zu doof und zu kindisch, für Kinder etwas zu brutal ist und selbst diesen kaum Freude bereiten dürfte: Eine einfältige wie öde Spionagestory nach Bondstrickmuster, nur in schlecht, meist mäßige Actionszenen und ein weitestgehend schwacher Cast, in dem Charismabolzen Lance Henriksen und der seine Würde als Komiker einigermaßen behauptende Tim Thomerson noch retten was zu retten ist – viel ist das nicht.

Hierzulande ist der Film bisher nur auf VHS beim Label VPS erschienen und dort ab 18 Jahren freigegeben, wobei die Freigabe auch auf Trailern basieren könnte. Spätere TV-Ausstrahlungen, manchmal unter dem Titel „Agentin wider Willen“, legen nahe, dass der Film an sich auch ungekürzt ab 16 sein könnte oder sogar eine noch niedrigere Freigabe haben. Eine ausländische DVD-Veröffentlichung ist mir auch nicht bekannt.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: VPS__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein

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