Originaltitel: Standoff__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__ Regie: Adam Alleca__Darsteller: Thomas Jane, Laurence Fishburne, Ella Ballentine, Jim Watson, John Tench, Laura de Carteret, Ted Atherton, Joanna Douglas u.a. |
Carter hat mit dem Leben längst abgeschlossen. Er sitzt zwischen gepackten Kartons in der Bretterbude, die einmal sein Haus war, und schreibt einen Abschiedsbrief an seine Frau. Heute will er seinem Leben ein Ende setzen. Da hört er plötzlich von draußen panische Schreie. Ein Kind ruft um Hilfe. Carter stürmt zur Tür und sieht ein vollkommen aufgelöstes Mädchen vor sich stehen.
Da reißt etwas an seinem Fuß. Er spürt einen stechenden Schmerz. Der ehemalige Soldat kennt den Schmerz. Er wurde von einer Kugel erwischt. Er schaut in die Richtung, aus der die Kugel gekommen sein muss. Ein massiger, vermummter Typ kommt eiligen Schrittes auf ihn zu. Er legt erneut an und schießt. Die Kugel schlägt neben Carter in der Wand ein. Er greift sich das Mädchen und zerrt es ins Haus. Schiebt es eilig in den ersten Stock und greift sich die Waffe, mit der er gerade noch seinem Leben ein Ende setzen wollte.
Er schießt auf den Vermummten. Der geht zu Boden, ist aber nicht tödlich verletzt. Carter verschanzt sich mit dem Mädchen im ersten Stock, während der Vermummte das Erdgeschoss in Beschlag nimmt. Es beginnt ein gegenseitiges Belauern, bei dem jeder auf einen Fehler des anderen wartet…
httpv://www.youtube.com/watch?v=UJIf5OF7AwM
Mehr sei an dieser Stelle über die Handlung von „Standoff“ nicht verraten, auch weil „Standoff“ gar keine große Story zu erzählen hat. Ganz im Gegenteil. Der Filmtitel „Standoff“ ist hier tatsächlich wortwörtlich gemeint. Sprich, wir folgen zwei Parteien, die in einer absoluten Pattsituation stecken und keinen Weg finden, sich aus der Situation herauszuziehen oder sie zu ihren Gunsten zu drehen. Das daraus resultierende gegenseitige Belauern und Maßnehmen, also das, was in Western gerne große Duelle einleitete, wird in „Standoff“ mal eben auf 86 Minuten Laufzeit zerdehnt… und funktioniert prächtig! Eben auch, weil die Handlung von „Standoff“ absolut auf das Wesentlichste heruntergebrochen wurde.
Die Ausgangssituation ist binnen weniger Minuten installiert. Die Gründe, warum beide Antipoden nicht einfach ihrer Wege gehen, sind gewichtig genug, um die Situation glaubwürdig erscheinen zu lassen und Nebenhandlungen werden gar nicht erst entwickelt. Figuren, die am Handlungsort auftauchen, wirken glaubhaft eingebunden und dienen immer dazu, den Konflikt zwischen Carter und dem Eindringling zu verschärfen.
Diese beharken sich vornehmlich mittels Dialogen, die durch die Bank sehr gelungen ausgefallen sind, die Figuren auf gewisse Weise vertiefen und sie immer lebendiger werden lassen. Wobei man vor allem bei dem Duell zwischen Carter und dem Eindringling nie weiß, ob die beiden nun die Wahrheit sagen oder doch nur versuchen, sich einen Vorteil zu erarbeiten. Deutlich ehrlicher sind da schon die feinen Gespräche zwischen Carter und dem geretteten Mädchen Bird, die beide ein ziemliches Päckchen zu tragen haben.
Alle drei Darsteller vollbringen durch die Bank tolle Leistungen. Laurence Fishburne („Fled“) gibt den Eindringling mal beinahe freundlich, mal bedrohlich und mal wild tobend, was ihm spürbaren Spaß bereitet. Seinem Bäddie hätte man darum auch mehr „Besuch“ gewünscht, den er zur Steigerung seiner Bedrohlichkeit hätte killen dürfen. Seinem Antipoden Carter verleiht Thomas Jane („Vice“) Kontur, der einen grundsympathischen Charakter entwerfen darf und vor allem im Zusammenspiel mit der jungen Ella Ballentine prächtig aufspielt.
Die gediegene, stimmungsvolle Inszenierung des Regie-Debütanten Adam Alleca (am bekanntesten ist bisher seine Arbeit am Drehbuch vom „The Last House on the Left“-Remake) weiß rundweg zu gefallen und die starke, auf Atmosphäre bedachte Kameraarbeit schafft es spielend, dass der begrenzte Schauplatz niemals langweilig wird. Unter den farbgesättigten Bildern wummert und dröhnt ein sehr cooler Synthiescore, der immer genau den richtigen Ton trifft und mit einem wunderschönen Abspannsong ausklingt. Die Action beschränkt sich eher auf kurze Gewalteskalationen. Egal ob Fishburnes Killer zu Beginn eine Beerdigungsgesellschaft ausschaltet oder sich knackige Duelle mit Jane liefert, die Action ufert niemals aus und ist durch die Bank handgemacht. Dabei gibt es auch ein paar intensivere Momente zu bestaunen, etwa wenn ein Charakter mit einem Hammer bearbeitet wird.
Ein „Standoff“. Warum nehmen wir nicht einfach dieses berühmte Western-Motiv und strecken es auf 85 Minuten Film, der sich aufgrund seines Settings und seiner Figurenzeichnung obendrein wie ein Neo-Western anfühlt…? Es sind Ideen wie diese, die einen Film grandios scheitern lassen können oder ihn zu etwas ganz Besonderem machen. Bei „Standoff“ ist glücklicherweise zweiteres eingetroffen. Das Ergebnis ist eine Art Kammerspiel mit zwei tollen Hauptdarstellern, die sich ein spannendes Duell auf Augenhöhe liefern und der auf dem Papier total nichtigen, leider etwas zu vorhersehbar ablaufenden Story gehörig Leben einhauchen. Erst gegen Ende schleichen sich in das Konzept leichte Ermüdungserscheinungen ein. Doch bevor diese den Film torpedieren können, ist der schon wieder rum. Gelungene Dialoge, die tolle Inszenierung, der coole Score und die starke Ausgangssituation, die auch aufgrund des einnehmenden Spiels von Ella Ballentine ordentlich involviert und in die Handlung hineinzieht, machen aus „Standoff“ einen kleinen Thriller-Geheimtipp.
Die DVD/Blu-ray zum Film ist seit dem 26. Februar 2016 im deutschen Handel und kommt ungeschnitten mit einer FSK 16 Freigabe von Universum Film.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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