Originaltitel: Timebomb__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1991__Regie: Avi Nesher__Darsteller: Michael Biehn, Patsy Kensit, Tracy Scoggins, Robert Culp, Richard Jordan, Billy Blanks u.a. |
Die Idee zu „Timebomb“ (aka „Nameless“) kam Regisseur und Drehbuchautor Avi Nesher („Doppelganger“), nachdem er sich mit Berichten über Drogenexperimente der CIA beschäftigt hatte, bei denen man seinerzeit per Gehirnwäsche unter LSD-Einfluss nahezu perfekte Agenten „erschaffen“ wollte. Zusätzlich konnte er auf eigene Erfahrungen in der israelischen Armee zurückgreifen – und so entstand eine Story, die bei richtiger Herangehensweise die Vorlage für einen hochklassigen Agenten-Thriller hätte liefern können. Anstatt auf Thrill setzte Nesher jedoch hauptsächlich auf Schießereien und Verfolgungsjagden, was dem Film einiges von seinem Potential raubt, Action-Fans allerdings aufgrund seiner harten wie temporeichen Inszenierung durchaus zufrieden stellen dürfte…
Uhrmacher Eddie Kay (Michael Biehn – „Terminator“) lebt ruhig und zurückgezogen in Los Angeles, bis er eines Abends Zeuge eines Hausbrandes wird, bei dem eine Mutter und ihr Baby von den Flammen im oberen Stock eingeschlossen werden. Ohne zu zögern oder zu überlegen, stürmt Eddie augenblicklich zur Rettung ins brennende Gebäude und wird im Anschluss von den Medien als „Held des Tages“ gefeiert. Fortan wird er jedoch von immer wieder aufblitzenden Visionen oder Erinnerungsfetzen geplagt, die er sich einfach nicht erklären kann und welche entweder erotische oder gewalttätige Ausprägungen besitzen. Zudem wird er plötzlich Opfer merkwürdiger Anschläge auf sein Leben, denen er jeweils nur knapp sowie mit Glück entgehen kann. Der Geheimdienstler Colonel Taylor (Richard Jordan – „Posse“) hatte Kay, seinen ehemaligen (und tot-geglaubten) Schützling, nach dessen Aktion in den Nachrichten entdeckt – und da Eddie damals brisante Kenntnisse über eine inzwischen aktuell anstehende Operation von Taylors Abteilung besaß, gibt jener den Befehl, lieber „sicher zu gehen“ und ihn unter allen Umständen auszuschalten…
Natürlich glaubt ihm die Polizei nicht, weshalb sich Eddie an die Psychoanalytikerin Anna Nolmar (Patsy Kensit – „Lethal Weapon 2“) wendet, mit deren Hilfe er sich an eine Behandlung in der militärischen Forschungseinrichtung „Lang Mental Institut“ erinnern kann. Als ihn die Killer schließlich auch bei ihr aufspüren, geht er spontan von einer Beteiligung Annas an der angeblichen Verschwörung aus, weshalb er sie erst einmal als Geisel nimmt. Schnell stellt sich aber heraus, dass das eine falsche Vermutung war – die anschließende Übergabe (Freilassung) zu Händen der Polizei endet jedoch in einem Blutbad, denn inzwischen steht Anna ebenfalls auf der Abschussliste der Verfolger. Aus diesem Grund fliehen sie gemeinsam nach Mexiko, bis Eddies Drang nach der Wahrheit sowie seiner wahren Identität derart aufkeimt, dass er sich zu jenem Institut aufmacht, in welchem damals alles begann…
httpv://www.youtube.com/watch?v=jAWcBphUhXg
„Timebomb“ ist ein klassisch anmutender B-Film aus den späten 80ern, frühen 90ern: Es gibt reichlich blutige Schusswechsel, Explosionen und Verfolgungsjagden, die weibliche Hauptrolle ist schon fast emanzipiert (aber dem Mann noch immer klar untergeordnet), eine obligatorische Sex-Szene ist vorhanden, auf Zeitlupeneinstellungen wird weitestgehend verzichtet und eine Kampfszene findet auf einem Gebäudedach vor großen Neonbuchstaben statt, welche natürlich im Verlauf Funken-sprühend in Mitleidenschaft gezogen werden…
Michael Biehn ist natürlich bereits auf dem Papier eine ideale Besetzung für die Hauptrolle – im Darstellen von Soldaten („Navy Seals“), Cops („Jade“), Agenten („Art of War“) sowie Kämpfertypen aller Art („Terminator“) hat er ja schließlich genügend Erfahrung. Als Eddie Kay darf er hier eine recht umfassende Bandbreite an Emotionen präsentieren (von Aufregung über Angst, Paranoia oder Verwirrung bis hin zu Verzweifelung und Wut), was ihm glaubhaft gelingt. Eigentlich schade, dass Biehn der ganz große Durchbruch in Hollywood bis heute verwehrt blieb…
Ihm zur Seite steht die britische Partymaus und Schauspielerin Patsy Kensit (“21“/“Full Eclipse“), die sicher nicht zu den Speerspitzen ihrer Zunft gehört, aber als Psychologin eine erstaunlich gute Figur abgibt (wie eine ähnliche Besetzungs-Entscheidung auch gnadenlos scheitern kann, hat uns ja Tara Reid erst kürzlich in „Alone in the Dark“ veranschaulicht). Patsy ist zwar etwas zu jung und zu hübsch für die Rolle, doch irgendwie nimmt man sie ihr recht anstandslos ab (die obligatorische Brille hat sicher dabei geholfen).
Als Gegenspieler treten hier vornehmlich Richard Jordan („Hunt for Red October“), Tracy Scoggins („Alien Intruder“) und Billy Blanks („Expect no Mercy“) in Erscheinung: Der viel zu früh von uns gegangene Jordan („Dune“) gibt einen guten Bösewicht ab, auch wenn seine Figur eher eindimensional geraten ist und er es bei seinen Dialogen mit Co-Star Robert Culp (TV´s „I Spy“) manchmal etwas übertreibt. Blanks hat zwar „Tae Bo“ im richtigen Leben erfunden, darf hier aber nicht sehr viel von seinen Kampfsport-Fähigkeiten Gebrauch machen, weshalb er letztendlich im Film nicht weiter auffällt. Allein aufgrund ihrer Erscheinung ergeht es da Tracy Scoggins deutlich besser: Sie hat es einfach drauf, böse zu gucken und dominiert eine starke Szene, in welcher sie von Kay verhört sowie ins Bein geschossen wird, nachdem sie bereits eine Metallkette mit voller Wucht ins Gesicht bekommen hat – und trotzdem reißt sie sich derart zusammen, ihre Schmerzen möglichst zu überspielen…
Die Story verbindet Elemente des Verschwörungs-Thrillers mit Science-Fiction-Motiven und erinnert stark an den klassischen „Manchurian Candidate“ sowie Philip Dicks „Total Recall“, opfert das Potential jedoch zugunsten der reichhaltig vorhandenen Action, welche Regisseur Avi Nesher (“Taxman“/“Ritual“) knallhart (allein die Anzahl der unschuldigen Opfer (in der Schusslinie) ist erstaunlich) und auf den Punkt gebracht umsetzte. Anfangs bleibt die Handlung noch weitestgehend im Hintergrund und überlässt den Shoot-Outs viel Raum, was jedoch aufgrund des hohen Tempos nicht weiter negativ ins Gewicht fällt. Als der Film dann aber ruhiger wird und die Hintergründe aufarbeitet sowie preisgibt, treten die Drehbuchschwächen recht auffällig zutage: Unwahrscheinlichkeiten fallen ins Auge (warum funktioniert die stillgelegte militärische Anlage noch immer optimal, selbst wenn man nur wahllos einige Knöpfe drückt, explodiert dann aber nach einmaligem Gebrauch sofort?), die Rasanz geht verloren und der Showdown enttäuscht zudem (nicht nur, weil er recht unspektakulär und klischeehaft auf einem Hoteldach stattfindet). Wenigstens wird es nie langweilig, und Nesher beweist bei den Rückblenden, dass er ein gutes Auge für Bildkompositionen (auch angesichts eines schmalen Budgets) besitzt – er lässt die Darsteller ganz in weiß gekleidet (oftmals gar in weißen Räumen) agieren, was einen interessanten visuellen Effekt erzielt.
Als ich „Timebomb“ / „Nameless“ 1994 das erste Mal gesehen habe, fand ich ihn einfach klasse – heutzutage kann er mich nicht mehr ganz so stark überzeugen, aber immer noch passabel unterhalten. Aus diesem Grund erhält der blutige wie actionreiche B-Film von mir:
Eine DVD von MGM präsentierte „Timebomb (Nameless – Total Terminator)“ erstmals ungeschnitten und mit FSK 18 Freigabe. Im Zuge der dritten „Action Cult Uncut“ Reihe von der Twentieth Century Fox erscheint der Film ungeschnitten mit neuer FSK Freigabe (ab 16).
© Stefan Seidl
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