Originaltitel: Wish you were here__ Herstellungsland: Australien__ Erscheinungsjahr: 2012__ Regie: Kieran Darcy-Smith__ Darsteller: Joel Edgerton, Felicity Price, Teresa Palmer, Antony Starr, Nicholas Cassim, … |
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Aus einer Vielzahl reizvoller Veröffentlichungen ganz unterschiedlicher Genres resultierend, habe ich Werke aus „Down Under“ im Laufe der Jahre kontinuierlich herzlicher zu schätzen gelernt. Mit Shorts wie „I love Sarah Jane“, „Spider“ und „Bear“ sowie Kino-Features á la „Animal Kingdom“ hat das 1996 gegründete „Blue-Tongue Films“-Kollektiv – welchem u.a. David Michôd, Spencer Susser sowie Joel und Nash Edgerton angehören – einen merklichen Anteil an genau dieser Wertschätzung geleistet. Jener „kreativen Schmiede“ entstammt auch das von Kieran Darcy-Smith mit einem Budget von rund 2,5 Millionen AUD in Szene gesetzte, hier nun zur Besprechung vorliegende 2012er Indie-Drama „Wish you were here“…
Eröffnet wird in Gestalt einer hervorragend arrangierten Montage-Sequenz, im Zuge derer das Publikum verschiedene Impressionen eines Kambodscha-Urlaubs von vier australischen Staatsbürgern aufgezeigt erhält – wie diese ihre Zeit an Traumstränden und auf exotischen Märkten verbringen, essen, trinken, feiern, nach Einbruch der Dunkelheit im flackernden Schein des Lagerfeuers direkt am Meer tanzen sowie an einem von Alkohol und der „mitreißenden Stimmung“ einer Party geprägten Abend schließlich gar einige Pillen „Ecstasy“ zu sich nehmen. Einem „harten Schnitt“ folgend, bekommt man kurz darauf Dave (Joel Edgerton) – der einige Tage zuvor die Reise zusammen mit seiner Frau Alice (Felicity Price), ihrer jüngeren Schwester Steph (Teresa Palmer) und deren neuen Freund Jeremy (Anthony Starr) angetreten hatte – im anbrechenden Morgengrauen zu Gesicht, wie dieser „völlig fertig“ wirkend durch ein entlegenes Feld stolpert. Der schroffe Kontrast dieser Momente, akzentuiert seitens der für sie auserwählten Optik und Sound-Untermalung, erzeugt sogleich eine unheilschwangere, den weiteren Verlauf überdauernde Atmosphäre: Unverkennbar ist in den vorangegangenen Stunden irgendetwas „furchtbar aus dem Ruder geraten“…
Wieder in Sydney eingetroffen, bemühen sich Alice und Dave, sich so passabel wie möglich erneut in ihren Alltag einzufinden – mit nur begrenztem Erfolg, in erster Linie da Jeremy seit jener Nacht „spurlos verschwunden“ ist. Aus Angst vor Konsequenzen ihres Drogenkonsums hatten sie den örtlichen Behörden gegenüber bloß recht grob gefasste Aussagen geliefert – abgesehen davon, dass ihnen ohnehin gewisse Erinnerungen an die in Fragen kommende Zeit fehlen. Als die kambodschanische Polizei die Intensität ihrer Untersuchungen (aufgrund des Mangels rascher Ergebnisse) vermindert, kehrt die bis dato dort verbliebene Steph ebenfalls in ihre Heimat zurück – was schon bald zu ernsten Spannungen unter den Familien-Angehörigen führt, denn während sich Alice so langsam auf die Geburt ihres dritten Kindes vorbereitet und Dave über das Geschehene am liebsten überhaupt nicht mehr sprechen würde, fühlt sich Steph von ihnen geradezu ausgegrenzt sowie im Stich gelassen. Nach dem Lüften eines bitteren Geheimnisses vollzieht sich wenig später dann eine neuerliche „Verschärfung der emotionalen Lage“ – doch bleibt jene nicht die letzte und sind noch mehrere Konflikte und Offenbarungen zu verarbeiten, bis wirklich klar wird, was aus Jeremy geworden ist…
„Wish you were here“ basiert auf einem Skript von Regisseur Darcy-Smith und seiner Gattin Felicity Price, welche ihrerseits ja auch eine der Hauptrollen bekleidet: Es handelt sich dabei um eine hochwertig verfasste Vorlage, reich an gut ausgestalteten Charakteren und authentisch anmutenden Situationen – die entsprechenden Dialoge mit eingeschlossen. Sich die dafür notwendige Sorgfalt einräumend, lässt der Film das Publikum Alice, Steph und Dave im Rahmen der sich entfaltenden Story in einem derart einträglichen Maße kennen lernen, dass man immer stärker mit ihnen „mitzufiebern“ beginnt und sie einem – unabhängig einzelner unsympathischer Eigenschaften – zu keiner Zeit je „egal“ werden. Es geht um Gefühle, Verhaltensweisen und Reaktionen, die jeweils auf individuell gearteten Formen bzw. Ausprägungen von „Schuld“ beruhen: Schmerzhaft-unangenehme Empfindungen wie Reue, Unsicherheit, Argwohn und Vertrauensbruch sowie deren Auswirkungen auf die Existenzen und Beziehungen der im Fokus stehenden Personen. Nicht das konkrete Schicksal Jeremys steht im Zentrum – sondern die „Umstände und Nachwehen“ eben jener (u.a. von Begierden, Rauschmitteln und impulsiven Entscheidungen gekennzeichneten) Urlaubsnacht. Wer im Vorfeld des Sichtens also eher etwas in Richtung eines Crime-Thrillers erwartet – was in Anbetracht des Plots und Trailers ja auch gar nicht mal so abwegig ist – der sei an dieser Stelle auf jeden Fall schonmal „vorgewarnt“…
Die Darsteller liefern durch die Bank weg starke Performances ab und portraitieren die vielschichtigen Parts voller Hingabe. Felicity Price (TV´s „Home and Away“) hat sich selbst eine ebenso komplexe wie anspruchsvolle Rolle „auf den Leib geschrieben“ und meistert diese mit Bravour: Das Erfahren eines „Verrats“ trifft Alice schwer, worauf sie ihre eingangs noch an den Tag gelegte Kraft zunehmend verlässt. Unweigerlich fühlt man als Zuschauer mit ihr – was nicht unwesentlich mit ihren eindringlich dargebotenen Emotionen in Verbindung steht. Joel Edgerton („Warrior“) ist klasse als eigentlich sehr achtbarer Ehemann und Familienvater, der binnen Stunden allerdings zwei gravierende Fehler begeht und fortan mit den daraus hervorgehenden Konsequenzen leben muss: Dave kämpft um seine Familie, gegen harte Selbstvorwürfe und bemüht sich redlich, bestimmte „Faktoren“ unter Kontrolle zu behalten, die sich wohlmöglich zu einer akuten Gefahr für alle ihm Nahestehenden entwickeln könnten. Die charmante Teresa Palmer („Warm Bodies“), welche – ähnlich wie Edgerton – inzwischen ja auch in Hollywood „festen Fuß gefasst“ hat, beweist im Vorliegenden erneut, dass sie weit mehr als „nur ein hübsches Gesicht“ in „seichten Studio-Produktionen“ ist – während Anthony Starr (TV´s „Banshee“) dagegen nur wenig Screen-Time besitzt, er Jeremy in dieser nichtsdestotrotz gleichermaßen markant wie kompetent verkörpert…
In regelmäßig eingebundenen Rückblenden (gen Kambodscha) lassen sich die Antworten auf nahezu alle erkeimten Fragen finden: Ein geschickt arrangierter, die Spannung ersprießlich aufrecht erhaltender „Rhythmus“ entsteht – u.a. da die betreffenden Informationen auf diesem Wege stets nur schrittweise preisgegeben werden. Chronologisch erzählt, wäre die an sich weder unbedingt komplizierte noch irgendwie spektakuläre Handlung weit minder interessant – so aber bewahrt sie ihren Reiz und spitzt sich unterdessen (auf beiden Zeitebenen) kontinuierlich weiter zu, bis hin zum intensiv in Szene gesetzten „Höhepunkt“ innerhalb des finalen Akts. Erst als einer der Beteiligten sein Wissen (am Ende) umfassend offenbart, herrscht Klarheit über das Geschehene. Mag sein, dass sich der Ausklang des Films ein Stück weit „zu ordentlich aufgelöst“ vollzieht – doch kommt er zumindest nicht gerade vorhersehbar daher und vermag er einen durchaus anständig zufrieden zu stellen. Inhaltlich wäre es (meiner Meinung nach) allerdings von Vorteil gewesen, spezielle „Randbereiche“ der Geschichte (wie zum Beispiel die Ermittlungen eines Regierungsbeamten oder dass sich Dave in Sydney auf einmal verfolgt und bedroht wähnt) „ergiebiger“ zu konzipieren – schlichtweg da sie im Vergleich zum verbliebenen Rest merklich oberflächlicher geartet anmuten…
Auch mit seinem ersten Abend-füllenden Werk beweist Kieran Darcy-Smith (nach einigen realisierten Shorts) eine Menge Talent als Regisseur: Unaufdringlich und präzise präsentiert er die einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen (ihre verunsicherten Interaktionen, aufgewühlten Gemütsbewegungen etc.) und erzeugt unmittelbar von den ersten Minuten an eine unterschwellig-bedrückende Basis-Stimmung, welche immer wieder von gewissen Details (á la Blicke, Gesten und Gesprächsfetzen) „angeheizt“ wird. Ohne Frage hat sich diese Konzentration auf die Figuren und die psychischen Auswirkungen der Ereignisse (nicht nur jene im Zuge der Reise) ausgezahlt: Dank der geschaffenen Anteilnahme gewinnen diverse Situationen (wie etwa eine Polizeikontrolle oder ein Autounfall) umso wirksamer an „Kraft“. Versiert geschnitten von Editor Jason Ballantine („Wolf Creek“) sowie ein perfekt angepasstes Tempo aufweisend, untermalt seitens eines soliden Scores sowie an Originalschauplätzen gedreht, wissen die von Cinematographer Jules O´Loughlin („Sanctum“) eingefangenen Bilder durchweg zu gefallen und warten zudem (u.a. angesichts verschiedener farbenfroh-schöner Impressionen) mehrfach mit einem reizvollen Kontrast zum eigentlichen „Gesamt-Ton“ der Story auf – schließlich ist ja bekannt, dass „unangenehme Dinge“ oftmals „direkt unterhalb der Oberfläche“ lauern: Bei Personen ebenso wie bei manchen Orten, zum Teil ganz nahe der gängigen Touristen-Locations mit ihren „strahlenden Postkarten-Motiven“…
Fazit: Sich unüberhastet und non-linear entfaltend, prima besetzt und überzeugend gespielt sowie handwerklich erstklassig umgesetzt, handelt es sich bei dem mit Krimi- und Thriller-Elementen angereicherten Indie-Drama „Wish you were here“ (2012) um eine weitere sehenswerte Veröffentlichung der australischen „Blue-Tongue Films“-Schmiede…
In den USA lief der Film im Februar 2013 in einigen ausgewählten Kinos, während er in Australien (dem Land seiner Entstehung) dagegen bereits auf DVD und BluRay erhältlich ist. Über eine deutsche Veröffentlichung liegen mir derzeitig noch keine verlässlichen Informationen vor…
Stefan Seidl
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