Originaltitel: 2 Days in the Valley__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1996__Regie: John Herzfeld__Darsteller: Danny Aiello, Greg Cruttwell, Jeff Daniels, Teri Hatcher, Glenne Headly, Peter Horton, Marsha Mason, Paul Mazursky, James Spader, Eric Stoltz, Charlize Theron, Keith Carradine, Louise Fletcher, Michael Jai White, Lawrence Tierney u.a. |
Als „Pulp Fiction“ zum Kultfilm und Gewinner der Goldenen Palme wurde, da sprossen die Plagiate aus dem Boden und es wurden all die Projekte aus der Schublade geholt, die in eine ähnliche Richtung gingen. Insofern ist es nur wahrscheinlich, dass auch „2 Tage L.A.“, das Kino-Debüt von Regisseur und Drehbuchautor John Herzfeld („Escape Plan: The Extractors“), ohne den Tarantino-Hype der 1990er wohl schwerer grünes Licht bekommen hätte.
Also gibt es auch hier die Mischung aus schrägen Situationen, coolen Dialogen, charismatischen Verbrechern und sich überschneidenden Geschichten, die in der Post-„Pulp Fiction“-Ära so schwer angesagt war. Ausgangspunkt des ganzen Trubels ist ein Mord, den der abgebrühte Killer Lee Woods (James Spader) mithilfe des ausgebrannten Kleingangster Dosmo Pizzo (Danny Aiello) begeht: Sie überfallen ihr Ziel Roy Foxx (Peter Horton), als der Schmierlappen neben seiner Ex-Frau Becky (Teri Hatcher) im Bett liegt, bei der er sich (vergeblich) noch etwas Booty Time abholen wollte. Becky wird mit einer Spritze betäubt, Roy erst ausgefragt und dann via Kopfschuss ins Jenseits befördert.
In Los Angeles passiert aber noch mehr: Der arrogante Kunsthändler Allan Hopper (Greg Curttwell) leidet unter Nierensteinen und muss von seiner Assistentin Susan Parish (Glenne Headly) gepflegt werden, zu der er nicht besonders nett ist. Der altgediente, zynische Cop Alvin Strayer (Jeff Daniels) von der Sitte muss mit seinem idealistischen, jungen Partner Wes Taylor (Eric Stoltz) zurechtkommen. Und der heruntergekommene Regisseur Teddy Peppers (Paul Mazursky) will Selbstmord begehen, braucht aber vorher noch jemanden, der nach seinem Ableben auf seinen Hund aufpasst, weshalb er die Krankenschwester Audrey (Marsha Mason) anspricht. Ein reichhaltiges Kabinett an abgedrehten Geschichten und schrägen Figuren, die vermeintlich parallel durch L.A. tingeln.
Aber schon bald überkreuzen sich die Geschichten: Lee und seine Freundin Helga Svelgen (Charlize Theron) wollen Dosmo als toten Sündenbock für den Mord hinterlassen, doch der entkommt verletzt und schleppt sich bis zu Allans Villa, wo er diesen und Susan als Geiseln nimmt…
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„2 Tage L.A.“ mag die Tarantino-Trendwelle reiten, erweist sich aber vor allem in den ersten zwei Dritteln als geschickt konstruiert: Immer wieder wird mit kleinen Informationen oder kurzen Begegnungen klar gemacht, wie sich all diese Storys überschneiden oder überschneiden werden ohne dass dies allzu forciert wirkt. Natürlich ist wenig an den Geschichten alltäglich, aber Herzfeld baut liebevoll einen Mikrokosmos auf, in dem Versehrte und Gewalttäter, Normalos und High Society munter miteinander agieren. Leider kippt das Ganze im Schlussakkord: Die Motivation hinter den Mord, der alles in Gang setzt, ist enttäuschend banal, nachdem sich komplexe Andeutungen in Richtung Spionage und Nordkorea schon früh als falsche Fährte erweisen. Manche Storyline endet unvermittelt und unbefriedigend, etwa im Falle Alvins. Und dass das Ganze dann auf den handelsüblichen Showdown hinläuft, bei dem sich diverse Figuren begegnen und nicht alle das Feld lebend verlassen, ist auch nicht gerade originell, zumal es in erster Linie dann jene erwischt, von denen man es erwartet und/oder die draufgehen müssen, damit der poetischen Gerechtigkeit Genüge getan ist.
Dafür kredenzt „2 Tage L.A.“ dem Zuschauer eine hervorragende Besetzung als Hollywoods zweiter Reihe. Während James Spader („Avengers: Age of Ultron“) als eiskalter, dominanter Killer eine Bank an Charisma ist, bilden Danny Aiello („Reach Me“) und Glenne Headly („Future Man“) als verwandte, verwundete Seelen das Herz des Films. Stark sind auch Jeff Daniels („Looper“) und Eric Stoltz („Teen Lover“) als gegensätzliche Cops sowie Paul Mazursky („Kopfüber in die Nacht“) als vom Leben Gebeutelter, angesichts von dessen Nettigkeit niemand erwartet, dass er düstere Selbstmordgedanken mit sich schleppt. Teri Hatcher („Brain Smasher“), Marsha Mason („Heartbreak Ridge“) und Gregg Cruttwell („George of the Jungle“) sind solide, Charlize Theron („Atomic Blonde“), damals ganz am Anfang ihrer Karriere, ist eher ihres Aussehens wegen da und lässt das spätere Starpotential noch nicht so erkennen. Dafür gibt es nette Gastrollen bekannter Gesichter: Keith Carradine („Wild Bill“) gibt einen weiteren Polizisten, Louise Fletcher („Two Moon Junction“) ist in einer kleinen Rolle zu sehen und Martial-Arts- und Actionprofi Michael Jai White („Tyson“) hat man als schwulen Autodieb besetzt, der Allan rettet, als ihn die Folgen der Nierensteine fast in einen tödlichen Unfall verwickeln.
„2 Tage L.A.“ hat viele schöne und denkwürdige Passagen. Die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Dosmo und Susan. Die böse Ironie, wenn der herrische Allan mal an jemanden gerät, der sich nicht so einfach von seinem Status und seinem Gebaren einschüchtern lässt, sondern ihm Contra gibt und im Zweifelsfall die Wumme unter die Nase hält. Oder die Reibereien zwischen Alvin und Wes: Alvin ist der desillusionierte, leicht rassistische Veteran, der die asiatischen Sex-Arbeiterinnen aus den Massagesalons nicht in „seinem“ Viertel will. Wes ist der Rookie, der auch Mitleid mit den Betroffenen hat, eine davon nicht verpfeift, aber eigentlich lieber beim Morddezernat wäre. Was anfangs noch nach klarer Sympathieverteilung aussieht, wird vom Film leicht unterlaufen: Trotz seiner Vorurteile und seines kaputten Privatlebens ist Alvin ein kompetenter Ermittler, der vieles besser macht als Wes, als sie die blutüberströmte Becky treffen und von ihr zum Tatort geführt werden, an dem Roy ermordet wurde. Während Alvin sich professionell verhält, scheint Wes vor allem das Sprungbrett zum Wunschdezernat in der Begegnung zu sehen.
Zu all diesen hübschen bis interessanten Facetten kommen dann aber auch all die handelsüblichen 08/15-Elemente hinzu, ohne die kaum ein Tarantino-Plagiat in jener Ära auskam. Die durchtriebene Gangsterbraut in einer toxischen Beziehung. Die wohlmeinenden, aber nichts ahnenden Detectives, die nur Kanonenfutter sind. Die Rettung in letzter Minute von unerwarteter Seite. Auch in Sachen Dialogwitz reicht Herzfeld nicht an Meister Quentin heran, obwohl sein Film durchaus amüsant ist. „2 Tage L.A.“ ist lässig geschrieben, zaubert immer mal wieder ein Lächeln auf die Lippen, aber großartige Oneliner oder Wortgefechte, an die man sich noch Wochen oder auch nur Tage später erinnert, gehen dem Film dann doch ab.
So bleibt routiniertes Crime-Comedy-Kino mit erst isolierten Handlungssträngen, die „2 Tage L.A.“ nach und nach geschickt verzweigt, ehe es dann bei der Auflösung und dem Schlussakkord etwas hakt. Die Besetzung aus Hollywoods zweiter Reihe leistet durch die Bank weg Gutes und Herzfelds Kinodebüt hat einige gelungene Einfälle und Dialoge, bedient an anderer Stelle aber auch etwas zu sehr die Standards der Tarantino-Rip-Off-Welle – und die hat das Vorbild nun mal besser drauf.
Die deutsche DVD von „2 Tage L.A.“ aus dem Hause Columbia Tristar ist ab 16 freigegeben und ungekürzt. Als Bonusmaterial gibt es Trailer und Fotographien.
© Nils Bothmann (McClane)
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