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24 Stunden in seiner Gewalt

Originaltitel: Desperate Hours__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1990__Regie: Michael Cimino__Darsteller: Mickey Rourke, Anthony Hopkins, Mimi Rogers, Lindsay Crouse, Kelly Lynch, Elias Koteas, David Morse, Shawnee Smith, Danny Gerard, Gerry Bamman, Matt McGrath, Dean Norris u.a.
24 Stunden in seiner Gewalt

Brutalo-Gangster Mickey Rourke nimmt Anthony Hopkins plus Familie in “24 Stunden in seiner Gewalt” als Geiseln

Vielleicht wollte Michael Cimino nach dem Misserfolg von „Der Sizilianer“ auf Nummer sicher gehen. Er tat sich mit Hauptdarsteller Mickey Rourke und Produzent Dino De Laurentiis zusammen, mit denen er „Im Jahr des Drachen“, seinen Comebackfilm nach dem „Heaven’s Gate“-Debakel, gestemmt hatte. Im Falle von „24 Stunden in seiner Gewalt“ half dies nicht, denn auch der soff an der Kasse ab.

Im Original heißt der Film „Desperate Hours“ und basiert auf Joseph Hayes gleichnamigem Roman von 1954, der nur ein Jahr später sowohl zu einem Bühnenstück als auch zu einem Film Noir von William Wyler (deutscher Titel: „An einem Tag wie jeder andere“) adaptiert wurde. Schon der Sound im Vorspann erinnert an frühere Noirs und altmodische Thriller, ehe der Zuschauer Zeuge wird, wie der brillante Verbrecher Michael Bosworth (Mickey Rourke) seinen Ausbruch während einer Gerichtsverhandlung orchestriert. Tatkräftigste Hilfe leistet seine Anwältin Nancy Breyers (Kelly Lynch), die ihm verfallen ist. Bosworth entkommt mit seinem Bruder Wally (Elias Koteas) und ihrem Komplizen Albert (David Morse), während Nancy in den Gewahrsam der Polizei wandert.

Derweil in der Vorstadt: Tim Cornell (Anthony Hopkins) sucht seine Ex-Frau Nora (Mimi Rogers) auf, da er den gemeinsamen Sohn Zack (Danny Gerard) zur Schule bringen will. Der hat mehr Lust auf Daddy als die gemeinsame Teenietochter May (Shawnee Smith), so wie auch Nora nicht so gut auf den Gatten zu sprechen ist, der mit einer Jüngeren durchbrannte. Da stehen die Zeichen schon auf Konflikt, doch auch in diesem Familienstreit liegt eine Art der Normalität: Es ist eine Situation, in der sich viele Familien wiederfinden, was man von Geiselnahmen nicht behaupten kann.

In eine solche geraten die Cornells nämlich, als Bosworth und seine Kumpane sich auf der Suche nach einem Versteck bei ihnen einquartieren. Im Haus der Familie wollen sie auch Nancy warten, die sich aus den polizeilichen Verhören herauswinden will. Die Cornells haben nur Bosworths Wort, dass ihnen nichts passieren wird, aber dem trauen sie nicht so ganz…

httpv://www.youtube.com/watch?v=SeUfEL27TSM

Wer tatsächlich mal einen Film sehen will, in dem Mickey Rourke („Ashby“) Anthony Hopkins („Westworld“) an die Wand spielt, dem sei zu „24 Stunden in seiner Gewalt“ geraten. Rourke ist das faszinierende Zentrum des Films: Ein kriminelles Mastermind von ausgesuchter Höflichkeit, unter dessen betont ruhiger Fassade es aber brodelt. Ein Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann. Ähnlich ist David Morse („World War Z“) in seiner Rolle drauf: Albert ist ein bärenstarker Simpel, dessen schlichtes Gemüt ebenfalls überkocht, wenn er sich bedroht oder ausgelacht fühlt. Als stark aufspielender Dritter im Bunde vervollständigt Elias Koteas („The Last Days on Mars“) das Trio: Sein Wally ist von jugendlichem Leichtsinn geprägt, aber auch derjenige, der noch bremsend auf seine Komplizen einwirkt. Daneben ist Hopkins als Familienvater auf Wiedergutmachungstour bestenfalls Standard, sogar Mimi Rogers („Der Mann im Hintergrund“) als Gattin noch eine Spur stärker. Shawnee Smith („Saw“) und Danny Gerard („Looking for an Echo“) nerven dagegen in eher undankbaren Blagenrollen, während Kelly Lynch („Rock the Kasbah“) kaum gegen ihre Blondenwitzrolle ankommt. Das Gegenstück dazu bildet Lindsay Crouse („Prince of the City – Die Herren der Stadt“) als toughe FBI-Beamtin, deren rabiates Vorgehen und herrische Art nicht immer sympathisch ist, aber sich mal gegen althergebrachte Frauenklischees im Genrefilm absetzt. Außerdem dabei: Dean Norris („Death Wish“) als Leiter des Einsatzteams.

Doch mit all diesen bekannten Namen und Gesichtern gelingt Cimino doch nicht mehr als handelsüblicher, grundsolider Psychothriller nach Schema F, der bekannten Mustern folgt: Die Geiseln versuchen um Hilfe zu rufen, was natürlich nie gelingen darf, derweil werden die Gangster immer gereizter und brutaler, was natürlich die Fluchtversuche nur noch dringlicher macht usw. In einer Parallelhandlung folgt man den ermittelnden Beamten und ihrem Ziel Nancy, meist konzentriert sich der Film jedoch auf das Kammerspiel innerhalb des Hauses.

Das ist handwerklich ganz gelungen in Szene gesetzt und anfangs noch recht spannend. Nicht jede Handlungsweise der Figuren, gerade der Geiseln, mag zu Ende gedacht sein, aber vielleicht ist genau das die realistischste Darstellung einer solchen Situation, denn welcher Normalbürger mag in der Lage komplett logisch handeln – das wäre vermutlich unrealistischer. So bringt Tim einen Kidnapper mit einem Messer in seine Gewalt, muss aber feststellen, dass dies dessen Komplizen wenig beeindruckt. Keine wirksame Idee, aber nachvollziehbar für jemanden, der mit dem Mut der Verzweiflung agiert. Leider kann man das Verhalten vieler Figuren in der zweiten Hälfte nicht mehr so einfach entschuldigen. Etwa wenn die Cornells planen Zack durchs Fenster entkommen zu lassen, dies aber nicht tun, als die Geiselnehmer teilweise schlafen, sondern dies erst am nächsten Morgen geschieht, als Bosworth die Familie gerade zusammentrommelt und selbst dort noch auf den letzten Drücker. Dass diese breithirnige Aktion noch jemanden das Leben kostet, macht die Cornells nur wenig sympathisch.

Völlig absurd wird es dann leider im Finale, wenn die Polizei sich dümmer anstellt als, nun ja, sie selbst erlaubt. Da können Personen einfach so in ein Sperrgebiet vordringen, die Beamten ballern mit Sturmgewehren auf ein Haus, in dem noch Geiseln sind usw. Auch das Drehbuch lässt den sonst so ruhigen Brutalo Bosworth ohne erkennbaren Grund abrupt zum Feigling mutieren, als wolle Cimino in die Zeit des Hays-Code zurück. Das sind ärgerliche Schwächen, die Ciminos Standardthriller herunterziehen und nicht immer durch ausgleichende Stärken aufgefangen werden. Zu den Pluspunkten zählt die Art wie Cimino zumindest in der Anfangsphase davon erzählt wie die innerfamiliären Streitigkeiten die Geiselnahme-Dynamik noch weiter beeinflussen. Oder jene Passage, in welcher der simple Albert einen Fluchtversuch allein startet und dabei daran scheitert, dass er selbst nicht zu verstehen scheint welche Konsequenzen das gewalttätige Handeln von ihm und seinen Komplizen hat.

An solchen Momenten erkennt man dann auch, dass die Schurken hier die Protagonistenfamilie sowohl vom Drehbuch als auch von den Schauspielleistungen klar ausstechen. Doch dieses Ungleichgewicht ist weniger das Problem des Films, eher sein 08/15-Plot, der im späteren Verlauf zunehmend durch Logiklücken ärgerlich wird. Immerhin: Mickey Rourke als stark aufspielender Schurke holt da noch einige Kohlen aus dem Feuer.

„24 Stunden in seiner Gewalt“ gibt es seit jeher in Deutschland ungekürzt ab 16 Jahren. Nachdem MGM den Film zuerst auf DVD herausbrachte, gibt es seit Kurzem eine DVD-Neuauflage und Blu-Ray aus dem Hause Koch Media. Neben dem bereits auf der MGM-DVD enthaltenen Trailer zum Hauptfilm gibt es nur eine Bildergalerie als Bonusmaterial.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Koch Media/MGM__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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