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Guardians of the Galaxy

Originaltitel: Guardians of the Galaxy__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: James Gunn__Darsteller: Chris Pratt, Lee Pace, Zoe Saldana, Karen Gillan, Dave Bautista, Djimon Hounsou, Laura Haddock, Benicio Del Toro, John C. Reilly, Glenn Close, Michael Rooker, Gregg Henry, Sean Gunn, Lloyd Kaufman u.a.__Specher: Bradley Cooper, Vin Diesel, Nathan Fillion, Rob Zombie u.a.
Guardians of the Galaxy

Sci-Fi-Action aus dem Hause Marvel unter James Gunns Regie: Guardians of the Galaxy“

Nachdem diverse Erfolge, vor allem „The Avengers“, die Zugkraft von Marvel an der Kinokasse eindrucksvoll bewiesen hatten, wagte sich das Studio mit „Guardians of the Galaxy“ an eine selbst unter Comicfans wenig bekannte Vorlage, deren erstes Team 1969 an den Start ging und die 2008 mit neuem Team (und wahrscheinlich auch Verfilmungs- hintergedanken) neu aufgelegt wurde.

Menschliche Haupt- und Identifikations- figur ist Peter Quill (Chris Pratt), dessen einschneidenste Kindheitserfahrung die bewegende Auftaktsequenz zeigt: Der Verlust seiner Mutter und die anschließende Entführung durch Außerirdische im Jahre 1988. Inzwischen ist Peter, der sich selbst Star-Lord nennt, ein Dieb und Outlaw, der für seinen Boss Yondu Udonta (Michael Rooker) nach einem kugelförmigen Artefakt sucht und dabei auch rivalisierenden Gesetzlosen unter der Führung von Korath (Djimon Hounsou) ein Schnippchen schlägt. Dabei erweckt „Guardians of the Galaxy“ bereits in seinen ersten Szenen jenes Abenteuer- und Sci-Fi-Feeling, das vor allem George Lucas und Steven Spielberg in den 1980ern und frühen 1990ern so wunderbar beherrschten, wobei Regisseur James Gunn („Slither“) gewisses Maß an moderner Abgeklärtheit einfließen lässt. So tanzt Quill zu den Klängen seines geliebten Awesome Mixtape Vol. 1 durch eine Ruine, singt mit und benutzt außerirdische Wesen, die an eine Kreuzung aus Ratte und Echse erinnern, als Mikro.

Korath ist jedoch ein Gefolgsmann des diabolischen Warlords Ronan (Lee Pace), der mit den Kräften, die der Kugel innewohnen, das Universum unterjochen und Rache an den Xandarianern nehmen will, die er für den Tod seiner Vorfahren verantwortlich macht. Ronan setzt Gamora (Zoe Saldana), die zur Killerin ausgebildete Adoptivtochter Thanos’ (Josh Brolin), auf Quill an, der das Artefakt auf eigene Faust verkaufen will. Als Gamora Quill stellt, mischen sich mit dem sprechenden Waschbären Rocket und dem Baumwesen Groot zwei weitere Kriminelle ein, die wiederum ein auf Quill ausgesetztes Kopfgeld kassieren wollen und es kommt zu einer Auseinandersetzung, infolge derer alle vier ins Gefängnis gesteckt werden. Wo die Hauptfiguren dabei schnell Konturen gewinnen, bleibt Ronan ein etwas konturloser Bösewicht, der zwar auf seine distanzierte wie unbarmherzige Art diabolisch erscheint, der aber in seinen Eroberungsplänen etwas austauschbar bleibt.

Im Gefängnis treffen die vier auf Drax (Dave Bautista), der noch eine Rechnung mit Ronan offen hat, da dieser seine Familie tötete. Da auch Gamora sich Ronans Einfluss entziehen will, schließt das Quintett eine Allianz um aus dem Gefängnis zu fliehen und das immer noch in Quills Besitz befindliche Artefakt zu verkaufen. Doch das wird von mehreren Parteien heiß begehrt…

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Was das Casting angeht, beweist Marvel auch bei „Guardians of the Galaxy“ ein gutes Händchen: Chris Pratt („Take Me Home Tonight“) als verschmitztes Schlitzohr kauft man den Outlaw ab, der ähnlich wie Han Solo auch gerne mal zu Tricks greift (und in jedem Fall zuerst schießt), während Zoe Saldana („The Losers“) als grünhäutige Alien-Assassine sich mal wieder als überzeugende Actionlady beweist. Positiv überrascht Wrestler Dave Bautista („The Man with the Iron Fists“), dessen Rolle Gunn gegen das Hohlbirnenklischee des Schlägertypen anlegt: Obwohl Drax‘ Spezies keinerlei Metaphern versteht, hat er die wohl gehobenste Wortwahl der Guardians. Bradley Cooper („The Place Beyond the Pines“) spricht Rocket als zynischen Abenteurer, während Vin Diesel („Riddick – Überleben ist seine Rache“) als Groot zwar kaum mehr sagen darf als „I am Groot“, aber mit diesem einen Satz unglaublich viele Stimmungen ausdrücken kann. Lee Pace („Lincoln“) als Widerling macht einen guten Job soweit das Drehbuch ihn lässt, John C. Reilly („Boogie Nights“) dagegen erweist sich als xandrianischer Gesetzeshüter als Showstealer, während Glenn Close („Air Force One“) als Nova Prime etwas blass bleibt. Dafür können Djimon Hounsou („Special Forces“) und Karen Gillan („Oculus“) als Vollstrecker Ronans punkten. James Gunns Weggefährten Michael Rooker („Cliffhanger“) und Nathan Fillion („Castle“) sind auch mit von der Partie, ersterer als herrlich durchtriebener Weltraumpirat, letzterer in einem digital verfremdeten Kurzauftritt als Gefängnisinsasse.

Dazu gibt sich James Gunns dritter Langfilm als selbstironisches Popkulturspektakel, das nur so vor Verweisen strotzt. Das Versteck des Collectors (Benicio Del Toro) ist nicht nur kurz wie in der Mid-Credit-Sequenz von „Thor – The Dark Kingdom“ zu sehen, sondern auch ausgiebig und enthält auch kleine Gimmicks für Marvel-Fans (unter anderem Howard the Duck, der 1986 in der ersten Marvelkinoverfilmung an den Start ging, welche ein legendärer Flop wurde), Stan Lee hat seinen obligatorischen Gastauftritt und Frauenheld Quill erzählt Gamora von der irdischen Legende „Footloose“ um den Helden Kevin Bacon (der in James Gunns „Super“ mitspielte). Doch Gunn zitiert nicht nur, sondern ironisiert auch Genregesetze – und befolgt sie oft dennoch. Bestes Beispiel die Szene, in der sich die Guardians zum Showdown aufraffen, zu einer ergreifend-pathetischen Rede Star-Lords, doch Rockets Kommentar „Okay, now we all are standing“ gleichzeitig aufzeigt wie bewusst sich „Guardians of the Galaxy“ seines eigenen Pathos ist. Gelegentlich übertreibt Gunn es vielleicht mit den In-Jokes (etwa die Dance-Off-Szene), doch auf diese Weise kann sein Film sowohl in den üblichen Space-Opera-Attitüden baden und sie gleichzeitig auf die Schippe nehmen.

Was „Guardians of the Galaxy“ jedoch von vielen ähnlich gebauten Spektakeln abhebt, ist aber die Wärme und Sympathie, die er für seine Figuren aufbringt. Die familiären Verluste Gamoras, Drax‘ und vor allem Quills betonen immer wieder die tragische Seite der Outlaws, Rockets Draufgängertum und Zynismus ringen mit einem Selbsthass ob des Wissens, dass er eigentlich nur ein Experiment ist, und Groot hat die wohl schönsten Szenen des Films, obwohl er kaum etwas sagen kann, dafür aber umso eindeutiger handelt. Und genau das macht die Action erst mitfiebernswert, lässt die Referenzen nicht zum Zitat um des Zitats willen werden. Diese emotionale Seite zeigt sich sogar inmitten von großem Crash-Boom-Bang-Spektakel: Wenn im Finale mehrere Raumgleiter zerstört und eine Stadt bombardiert werden, dann zeigt Gunn an kurzen Momenten, dass es Lebewesen sind, die dort draufgehen (vor allem am Schicksal einer bestimmten Nebenfigur); er anonymisiert Momente der Zerstörung nicht nur (wie es etwa die „G.I. Joe“-Filme tun), sondern verweist darauf, wie viel hier gerade auf dem Spiel steht.

Das ist es dann auch, was das Finale sehenswert macht, auch wenn es sich mal wieder um eine Raum- bzw. Luftschlacht über einer Stadt handelt, bei der Flugobjekte gen Boden krachen, was das aktuelle Blockbuster- kino zur Zeit häufig durchbuchstabiert (siehe beispielsweise „Star Trek Into Darkness“, „Man of Steel“ oder „Transformers 4“). Der Rest der Action ist dagegen kleiner skaliert und deutlich mitreißender: Nahkämpfe zwischen den Guardians und Ronans Handlangern, Schlachten zwischen einigen wenigen, eher kleinen Flugobjekten und Schießereien, bei denen Rocket seine Obsession für dicke Wummen ausleben kann. Obwohl angesichts der Menge an Raumszenen und außerirdischen Kontrahenten Kollege Computer öfters ran muss, schafft Gunn es die Action nicht im CGI-Overkill untergehen zu lassen, sondern genug Handgemachtes einzustreuen, sodass das Gebotene packt und dynamische Fight-Choreographien liefert, trotz des kosmischen Hintergrundes.

Souverän hält Gunn dabei alle Fäden in der Hand, füllt den Film mit Details und wichtigen Informationen zur Ausarbeitung seiner Charaktere, obwohl die grundlegende Geschichte (gute Guardians gegen den bösen Thanos, Jagd auf die Kugel) eher simpel ist. Doch das war schon bei „Star Wars“ und Co. nicht anders; der Weg ist hier das Ziel und der ist mit knackigen Sprüchen, packender Action und state-of-the-art-Effekten gepflastert. Die Austattung, die Sets und auch die zahlreichen computeranimierten Bestandteile von „Guardians of the Galaxy“ sind nicht nur grandios ausgearbeitet, sondern auch mit phantasievollen Hintergedanken gestaltet, was sich gerade am Look der Locations erkennen lässt: Während Xandria aspetisch und rein erscheint, da sind die Reiche von Ronan und Thanos düster und verschachtelt, die Räume, in denen sich Quill und die anderen Outlaws wohlfühlen, dagegen chaotisch, bunt, vollgestopft und immer leicht heruntergekommen.

Vielleicht ist „Guardians of the Galaxy“ etwas überbetont selbstironisch und das Finale nur bedingt kreativ inmitten ähnlich gelagerter Showdowns, aber davon einmal abgesehen ist Gunn ein ungemein runder, extrem charmanter Sommerblockbuster gelungen, der das Flair von Abenteuer- und Sci-Fi-Klassikern aufleben lässt, das Ganze aber auch angemessen selbstreflexiv auf die Leinwand bringt. Die Actionszenen sind mitreißend, die Effekte grandios und die Charaktere aufgrund sorgfältiger Arbeit von Drehbuch, Regie und Darstellern wunderbar ausgearbeitet – so dürfen die Big-Budget-Sausen der Sommersaison gerne öfters aussehen.

„Guardians of the Galaxy“ startet am 28. August 2014 in den deutschen Kinos.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Walt Disney__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 28.8.2014 in den deutschen Kinos

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