Originaltitel: Dracula 3D__Herstellungsland: Frankreich, Italien, Spanien__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Dario Argento__Darsteller: Thomas Kretschmann, Asia Argento, Rutger Hauer, Marta Gastini, Unax Ugalde, Morgane Slemp, Miriam Giovanelli, Maria Cristina Heller, Giuseppe Lo Console, Augusto Zucchi u.a. |
Jonathan Harker tritt eine Stelle bei dem Adligen Dracula an. Hier soll er die umfassende Bibliothek des Grafen sichten und katalogisieren. Schnell merkt Harker jedoch, dass mit dem Grafen etwas nicht stimmt. Er wirkt sehr jung, agiert und spricht aber wie ein gesetzter alter Herr. Ein Spiegelbild hat er auch nicht und des Grafen Nichte will Jonathan eines Abends nicht nur verführen, sondern auch in den Hals beißen! In letzter Minute taucht Graf Dracula auf und rettet Jonathan, nur um ihm kurz darauf seinerseits in den Hals beißen…
Von all diesen Vorgängen ahnt Mina, Jonathans Ehefrau, die mit einigen Tagen Verspätung am neuen Arbeitsplatz ihres Gemahls ankommt, gar nichts. Doch schnell schwant auch ihr, dass etwas nicht stimmen kann, ist ihr geliebter Jonathan doch nirgends auffindbar. Zudem muss sich ihre Freundin Lucy der steten Avancen des Grafen erwehren und verändert sich irgendwann von einem Tag auf den anderen gravierend. Mina benötigt Hilfe… und das schnellstens! Sie ruft Professor Van Helsing herbei. Einen Vampirjäger…
httpv://www.youtube.com/watch?v=OrAgNlOfeoU
Was wurde bereits auf diesen Film eingedroschen. Filmfans im Allge- meinen und Dario Argento Fans im Besonderen, die ihren Lieblings- regisseur ohnehin schon seit Jahren nicht mehr wiedererkennen, waren von dessen letzten filmischen Ausstoß alles andere als angetan. Und auch wenn man so manch verkanntem Film gerne mal beispringen möchte, findet man dazu bei „Dario Argentos Dracula“ keinen wirklich triftigen Grund. Argento gelingt es nicht einmal ansatzweise, dem Stoff irgend etwas Neues abzugewinnen. Vielmehr bedient er sich eines seltsam zerfaserten Fokus’, der sich erst auf Jonathan Harker und dann auf Mina Harker konzentriert, beide Handlungsstränge vollkommen autark behandelt und keinerlei Berührungspunkte zwischen ihnen herstellt. So hat man das Gefühl, zwei Kurzfilme zu schauen, die über die absolut nicht präsent wirkende Figur des Grafen Dracula eher ungelenk miteinander verbunden zu sein scheinen.
Dabei gehen alle Insignien des Ursprungsstoffes verloren. Vor allem die düster morbide Erotik, die von Dracula ausgeht, kann Argento nicht in einer einzigen Szene heraufbeschwören. Von der fatalen Anziehungskraft des Grafen auf Mina ganz zu schweigen. Stattdessen präsentiert uns Argento ein paar nett anzuschauende nackte Mädels, lässt seine Tochter Asia Argento („xXx“) mal wieder blankziehen und bedient so vor allem Altherrenfantasien anstelle von Erotik. Spannung oder gar horrorlastige Momente kommen in seiner „Dracula“-Version gleich gar nicht auf. Eher rutscht ihm sein Film immer mal wieder in unfreiwillig komische Gefilde ab. Dafür sorgen zum einen die seltsame Filmmusik, die eher an 60er Jahre UFO-Filme und weniger an eine gänsehauterregende Soundkulisse erinnert, und zum anderen Ideen wie jene, den Grafen verschiedene tierische Gestalten annehmen zu lassen. Von einer mies getricksten Eule bis zur Riesen-Gottesanbeterin!!! ist alles dabei. Und wenn der Graf irgendwann wie Spiderman einen Turm emporklettert, ohne dass diese Szene irgendeinen dramaturgischen Sinn machen würde, kann man eine der eigentlich großartigsten Horrorikonen nicht mehr ernst nehmen. Es fehlt eigentlich nur noch, dass der Graf im Sonnenlicht glitzert… Glücklicherweise bleibt uns eine solche finale Peinlichkeit erspart. Dafür amüsiert Thomas Kretschmann („Blade 2“) mit einer weitgehend doch arg seltsamen Darstellung des blutdürstigen Grafen. Das größte Problem jedoch ist, dass die Figur des Dracula in einem Film über Dracula eigentlich so gut wie keine Rolle zu spielen zu scheint.
Das aus all diesen Punkten resultier- ende (nennen wir es einmal wohl- wollend) Spannungsdefizit versucht Argento immer mal wieder mit kleinen Splattermomenten aufzufangen. Leider begibt er sich mit jenen vollends auf einen seltsamen Schlingerkurs zwischen durchaus harten Momenten und absurden Splatstickeinlagen: Wenn beispielsweise eine Schaufel hart in einem Schädel einschlägt, zuckt man als Zuschauer durchaus auch ein wenig zusammen. Wird dann aber kurz darauf mittels simplen Handkanten- schlages eine Murmel von den Schultern getrennt, ist „Dario Argentos Dracula“ einfach nur noch blöd.
Und dann taucht endlich Rutger Hauer („Blinde Wut“) als Van Helsing auf und bringt diese zerfahrene Kiste ansatzweise auf Kurs! Man will es gar nicht mehr wahrhaben, aber plötzlich scheint der Film tatsächlich eine Art Ziel zu haben und steuert geradlinig auf sein Finale zu. Rutger Hauer meuchelt sich fortan durch die Reihen der Vampire und bringt auch so etwas wie darstellerischen Glanz in die Hütte, da er sich von den gestelzt und theatralisch wirkenden Schauspielleistungen seiner Co-Stars nicht anstecken lässt und seinen Stiefel knallhart durchzieht. Damit vermag er zwar den Film nicht mehr zu retten, Gott bewahre, aber er beschert ihm zumindest einen halbwegs runden Abgang.
Und wo wir gerade ein paar positive Seiten an dem Film entdecken, soll freilich nicht unerwähnt bleiben, dass Argento noch immer ein Auge für gut durchkomponierte Bilder und die eine oder andere abgefahrene Perspektive hat. Und bis auf die durchgängig miesen, unfertig wirkenden CGIs hat sein Film zumindest einen richtig filmischen Look abbekommen. Leider spielen dabei die für ihn typischen knalligen und Akzente setzenden Farben keine Rolle mehr. Dafür probierte er sich bei „Dracula 3D“ aber an einem anderen Stilmittel: Der Eroberung der dritten Dimension. Und hier geht er tatsächlich in die Vollen und erobert den Raum für sich, ohne dabei diverse Pop Out Effekte zu vernachlässigen. Wenn sein Film eine Berechtigung hat, dann in Bezug auf seine 3D-Technik.
Was bleibt, ist eine misslungene Variation der Dracula-Geschichte, die dem Mythos weder neue Seiten abringt noch sonst irgendwelche Akzente zu setzen vermag. Zudem gelingt es Argento nicht einmal ansatzweise die düstere Anziehungskraft seines „Antihelden“ auf Film zu bannen. Stattdessen presst Argento jedwede Spannung aus der Vorlage heraus und schmeißt sie zugunsten gestelzter Dialoge und überzogenem Schauspiel in zumindest netten Kulissen und zweckmäßiger Ausstattung über Bord. Netten Bildkompositionen und einer starken 3D Technik stehen unfassbar miese CGIs und selbstzweckmäßiger, unentschlossen zwischen harten und lustigen Momenten lavierender Splatter gegenüber. Das Schlimmste allerdings ist, dass der Film aufgrund seiner Spannungslosigkeit, dem miesen Schauspiel, den Fun-Splatter-Einlagen und der seltsamen Filmmusik immer am Rande zur Parodie laviert und die Grenzen dahingehend sogar ein bis zweimal herzhaft überschreitet. Ungewollt! Wäre da nicht Rutger Hauers fulminanter Schlussspurt, man wüsste gar nicht, wem man diesen Film empfehlen könnte. Denn eine Stunde und fünfzig Minuten kann man auch als Rutger Hauer Fan durchaus sinnvoller verbringen als mit „Dario Argentos Dracula“.
Extrem knappe:
Die deutsche DVD / Blu-ray / 3D Blu-ray kommt am 28. August 2014 von KochMedia, ist mit einer FSK 18 Freigabe uncut und hat sogar das eine oder andere nette Extra an Bord.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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