Originaltitel: American Muscle__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Ravi Dhar__Darsteller: Robin Sydney, Todd Farmer, George P. Wilbur, Nick Principe, Trent Haaga, Jennifer Wenger, John Fallon, Joshua Lou Friedman, Robert Coffie, Philip Salick u.a. |
Der Trailer zu „American Muscle“ verspricht einen wüsten, schnellen Trip voller Sex und Gewalt plus einer ordentlichen Portion Grindhouse. Der fertige Film zeigt zwar, dass der Trailer nicht zu viel versprach, es zeigt sich aber auch, dass bei „American Muscle“ deutlich mehr drin war.
Wer ist John Falcon? John Falcon ist die Sorte Typ, der bei einem Duell seinen Gegner auffordert, die Knarre fallen zu lassen, um hernach die Angelegenheit wie ein Mann im Faustkampf zu regeln, nur um kurz darauf den Gegner mit einem Schulterzucken und einer zweiten, versteckten Knarre doch umzunieten. Doch John war nicht immer so. Der Knast hat ihn verändert. Vor dem Knast wollte John ein schönes Leben mit seiner Liebsten. Und dazu gehörte für sein Verständnis ein eigenes Haus. Nur woher das Geld nehmen, wenn nicht stehlen? Moment,… stehlen, natürlich! Also schlägt John ein, als ihm sein Bruder Sam anbietet, an einem Raubüberfall zu partizipieren, bei dem die ganz große Kohle winkt. Doch der Überfall geht schief und John landet als einziger mit einer Kugel im Rücken im Knast.
Hier hat er zehn Jahre lang Zeit, über das Geschehene nachzudenken. Als er vorzeitig entlassen wird, ist er so voller Hass auf seine „Freunde“ und „Familie“, dass er beschließt, es allen schnellstmöglich heimzuzahlen. Blöderweise wird er gleich zu Beginn massiv eingebremst, denn der ihn beherbergende Knast liegt am Arsch der Welt und einen Typ wie John will nun wirklich niemand vom Knast abholen. Also steht zunächst ein langer Fußmarsch an. Doch eine nette Dame nimmt den Anhalter mit und lässt ihn auch an ihre „Dose“. Immerhin war John 10 Jahre lang einsam. An seinem ersten Bestimmungsort angekommen greift sich John eine Pumpgun und ein amerikanisches Musclecar (ah, daher der Titel) und nimmt sich alle, die an dem verbockten Raubzug beteiligt waren, zur Brust. Mit durchweg tödlichen Folgen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=cNv6_Tzem0g
Du schuldest, Du zahlst!
Ein Mehr an Geschichte hat „American Muscle“ nicht zu bieten. Parallel zu dem chronologisch erzählten Rachefeldzug Johns steigen noch diverse Rückblenden, die die Zeit vor und während dem Überfall abdecken und eher assoziativ angeordnet sind. Schnell beginnt man aufgrund dieser Präsentationsform zu ahnen, dass sich die großen Zusammenhänge nicht gar so einfach darstellen, wie John es gerne hätte, dabei ist man dem Film aber schnell um einige Schritte voraus, weshalb Twists oder echte Überraschungen komplett ausbleiben. Freilich braucht die ein Film wie „American Muscle“ auch nicht. Der darf, nein, der muss sogar ein bisschen dumpf und blöde sein. Aber zumindest nimmt man das Bemühen, die Geschichte ein wenig reizvoller aufzuziehen, dankend zur Kenntnis. Highlight ist und bleibt aber natürlich der Rachefeldzug Johns.
Dieser wird in einem erstaunlich ruhigen Erzähltempo dargereicht. Doch Regisseur Ravi Dahr, der mit dem Film sein Regiedebüt vorlegt, hat ein gutes Gespür dafür, wann er das Tempo kurzzeitig anziehen muss, um den Zuschauer bei Laune zu halten. Und in diesen kurzen, eruptiven Eskalationen ist „American Muscle“ dann exploitatives Grindhouse Kino in Reinform: Es setzt Machoposen satt, dicke Wummen, nackte Brüste und Ärsche heißer Girls, absurde Szenerien, coole Settings, Schusswechsel, Schlägereien und ordentlich Blutzoll. Schräge Perspektiven und Einstellungen machen das wilde Treiben mitsamt harter Gitarrenmucke perfekt.
Hier macht „American Muscle“ wirklich am meisten Laune, zumal John Falcon extrem brutal durch seine Gegner pflügt. Da werden Köpfe zerschossen, angehackt, abgetrennt und eingeschlagen und das Blut spritzt in schöner Regelmäßigkeit an Wände, auf Böden und auf die Kameralinse. So wirklich hat John keines seiner Opfer etwas entgegen zu setzen. Aber das stört auch nicht weiter. Man will dem Testosteron-Bullen John beim Wüten sehen und genau das liefert Ravi Dahr auch. Leider aber nicht ganz in dem Umfang, den man sich wünschen würde…
Gespielt wird John von dem hünenhaften Nick Principe, der vor allem unter Masken zu Ruhm in der Gore-Gemeinde kam, legte er doch sowohl als Max Seed und Chromeskull Hand an vornehmlich knackige junge Damen und pustete deren Lebenslicht aus. Die Kompromisslosigkeit dieser Figuren spiegelt nun auch John Falcon trefflich wieder, wenngleich auch auffällt, dass Principe in den Charaktermomenten seiner Figur deutlich weniger überzeugt als in den körperlich anspruchsvollen Actionszenen. Dennoch geht man mit seinem nicht unsympathischen Charakter immer mit und drückt ihm die Daumen, dass er zwischen seinen Finger zerquetschen möge, was dazwischen gerät.
Komplett überfordert mit seiner Rolle ist allerdings Todd Farmer als Antagonist von John. Der Mime ist eher bekannt für seine Drehbucharbeiten an „My Bloody Valentine 3D“ oder „Drive Angry“ und als Darsteller sichtlich ungeübt. Man nimmt ihm eigentlich keine seiner Szenen ab. Den Bösewicht gleich gar nicht. Hier hätte ein gestandener Mime, der sich auch mal getraut hätte, vollkommen drüber zu agieren, Wunder bewirken können. Dann wäre Comicheld John wenigstens auch auf einen Comicsuperbösewicht getroffen. Richtig toll dagegen ist Robin Sydney („Big Bad Wolf“) als Johns Liebste. Ab einem gewissen Zeitpunkt scheint sie in dem Film wirklich nur noch neben sich zu stehen, entblättert mit Wonne ihren tollen Körper und bekommt Szenen zugeschanzt, die dem Film eine vollkommen eigene, sehr entrückte Note verleihen.
Dafür das Ravi Dahr ganz offensichtlich ein Grindhouse-Movie anstrebte, hält er sich in den stilistischen Mitteln erstaunlicherweise stark zurück. Keine Laufrollenschäden, keine Bildfehler. Stattdessen eine ziemlich starke Optik, die dominiert wird von farbgesättigten Bildern des amerikanischen Hinterlandes. Dementsprechend beherrschen weite Straßen, staubige Landschaften, zerklüftete Hintergründe und menschenleere Sets die Szenerie. Immer wenn Dahr aus diesem Umfeld herausgeht, fällt die etwas kostengünstige Digitaltechnik auf, mit der er seinen Film aufzeichnete. Da wird der Look leider weitaus gewöhnlicher (etwa in Innenräumen/Häusern). Leider muss Dahr auch in den Actionszenen auf CGIs zurückgreifen, was vor allem bei den harschen Brutaloszenen auffällt, die sichtlich komplett aus dem PC stammen oder hier und da nicht zu ihrem Vorteil digital „verschönert“ wurden. Auch digitale Mündungsfeuer fallen negativ auf. Dafür wird man von CGI Explosionen und ähnlichen Kokolores verschont, da John Falcon eher der „Handwerker“ unter den Rächern ist…
Unterm Strich ist „American Muscle“ geradliniges Rächerkino ohne großen Storyballast, das weithin gepflegt nach Mann riecht. Ordentlich Sex, Gewalt und Drogenmissbrauch säumen hierbei den Vergeltungstrip der Hauptfigur John Falcon. Apropos: Wie ernst die Chose gemeint ist, sieht man an Johns Umgang mit Frauen. Denn obschon er sich zu seiner Liebsten durchzumetzeln gedenkt, um dann mit ihr ein tolles Leben zu führen, nagelt er wirklich jedes Weib, das ihm vors Rohr läuft. Nein, ernst nehmen sollte man den Film zu keiner Sekunde und das ist dank seiner Ausrichtung aufs Grindhouse-Kino auch kaum möglich. Und dennoch ist der brutal blutige Streifen nicht ansatzweise so cool, wild, schnell und abgedreht, wie er gerne wäre. Vielleicht gelingt es dem „American Muscle“ Regisseur ja in einem Folgeprojekt, die Handbremse endgültig zu lösen… Zu wünschen wäre es, denn der Mann hat definitiv Potential.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 10. Oktober 2014 von dem Label Pierrot Le Fou. Der Film hat es erstaunlicherweise ungeschnitten mit einer FSK 18 Freigabe durch die deutschen Jugendschutzbehörden geschafft. Extras zum Film findet man auf der bild- und tontechnisch sauberen Scheibe leider keine.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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