Originaltitel: Air America__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1990__Regie: Roger Spottiswoode__Darsteller: Mel Gibson, Robert Downey Jr., Nancy Travis, Ken Jenkins, David Marshall Grant, Lane Smith, Art LaFleur, Ned Eisenberg, Marshall Bell, David Bowe, Burt Kwouk, Tim Thomerson u.a. |
Formelkino deluxe, so hatte man sich das 1990 mit „Air America“ gedacht: Einen etablierten Star mit einem heißen Newcomer an der Seite, als Genre ein Mischung aus Krieg, Komödie und Action für ein möglichst weites Zielpublikum und den Erfolg von „Top Gun“ als Indikator für die Beliebtheit von Fliegerfilmen im Kopf.
Es geht um Vietnam und auch irgendwie doch nicht, denn Schauplatz ist Laos während des Vietnamkriegs. Da haben sich die Amis die Finger weder so schmutzig gemacht noch so sehr wie auf die Mütze bekommen wie in Vietnam, also kann man hier einen Trupp fliegender Hallodris vorstellen, die offiziell gar nicht in den Krieg eingreifen, die Zivilbevölkerung inoffiziell aber mit Hilfsgütern versorgen und noch inoffizieller selbst Geschäfte mit dem Krieg machen. Darunter auch Gene (Mel Gibson), der es nicht so ganz mit Autorität hat, ein Freigeist ist und damit auch ein perfekter Held für diese Art von Film.
Auf bzw. über dem amerikanischen Festland macht sich derweil Pilot Billy (Robert Downey Jr.) unbeliebt, nachdem er sich einen Eklat beim Helikopterfliegen für einen Radiosender leistet. Nach dem Rausschmiss stehen allerdings Regierungsbeamte auf der Matte und werben den furchtlosen Jungspund an, der erst in Laos merkt, dass das Fliegen hier Gefahren beinhaltet, von denen ihm vorher keiner was erzählt hat – Raum für etwas Buddy-Komik, wobei Billy und Gene mit wechselnden Partnern, nicht immer gemeinsam Einsätze fliegen.
Nebenbei machen die schmierigen Offiziere Diehl (David Marshall Grant) und Lemond (Ken Jenkins) Drogengeschäfte mit General Lu Soong (Burt Kwok), ein US-Senator kommt zwecks Überprüfung vorbei und die Piloten haben ja auch noch ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=wBRuIA1CFY0
So ganz ging die Rechnung nicht auf: „Air America“ spülte für Hollywoodverhältnisse eher bescheidene Summen in die Kassen und wurde gerade mal als Fußnote im Schaffen aller Beteiligten wahrgenommen, was angesichts des Kraut-und-Rüben-Scripts auch kein so großes Wunder ist: Mal mehr, mal weniger motiviert laufen die verschiedenen Plotstränge nebeneinander her, die Drogengeschichte wird erst gegen Ende zum Mainplot ausgebaut, damit es mal ein bisschen spannender wird und auch sonst ist hier wenig los. Gene darf gegen Ende noch sein Gewissen entdecken, wer hätte das gedacht, die Bösewichte werden drangekriegt und unsere bauernschlauen Helden bleiben Sieger. Zwischendrin bleibt die eine oder andere Nebenfigur auf der Strecke, es wird viel gewitzelt, was mal mehr, mal weniger gut zündet, insgesamt aber doch als leidlich unterhaltsame Bebilderung jener Faxen taugt, die Männer machen, wenn sie unter sich sind und dazu noch Spielzeuge wie Flugzeuge und Hubschrauber zur Hand haben.
Aufgrund seiner nur dezenten politischen Note umschifft „Air America“ auch alle Klippen – da er sich gar nicht erst ins tiefe Wasser traut. Schließlich sympathisiert er ja nur mit den Fliegern, die lehnen sich ja gegen die fiese Obrigkeit auf und haben bei aller Verrücktheit das Herz am rechten Fleck, so kann man das Ganze als Light-Variante von „M*A*S*H“ sehen. Die böse Variante der drogenschmuggelnden Vietnam-Connection gab es dagegen in „Lethal Weapon“, insofern stellt die Besetzung der Hauptrolle einen kleinen Wink in Richtung dieses Actionerfolgs da. Ansonsten lernt man noch, dass humanitäre Hilfe gut ist, böse Generäle böse und die Zivilbevölkerung am meisten unterm Krieg leidet, so also die wahnsinnig neuen Erkenntnisse, die „Air America“ vermitteln will, während man über die Geschehnisse in Vietnam lieber den Mantel des Schweigens breitet.
Immerhin: Actionseitig kann das Fliegerfilmchen durchaus was fürs Auge bieten, denn die zahlreichen Einsätze bieten immer wieder Raum für waghalsige Flugmanöver und Stunts. Da fällt man aus in Bäumen hängenden Flugzeugwracks, legt Bruchlandungen hin und findet ungewohnte Verstecke für gesuchte Flugzeuge, alles präsentiert als handgemachte Action, durchaus gelungen inszeniert von dem soliden Handwerker Roger Spottiswoode, dem an guten Tagen auch mal Filme wie „Mörderischer Vorsprung“ gelingen. Natürlich scheinen die beiden Protagonisten selten wirklich in Gefahr zu schweben und da es bei den wenigsten Flugmanövern tatsächlich um etwas geht, das zum Mitfiebern animiert, hält sich der Aufregungsfaktor des Gebotenen in Grenzen, aber spaßig ist das schon anzuschauen.
Ebenso spaßig die Performances der beiden Hauptdarsteller: Mel Gibson („Get the Gringo“) ist als leicht wahnsinniger Bruder Leichtfuß mal wieder in seinem Element, haut die Oneliner mit verschmitztem Charme heraus und macht eine gute Figur. Robert Downey Jr. („Sherlock Holmes“) bemüht sich als Rookie und lieferte eine okaye Performance ab, die aber immer eigenwillig zwischen Schabernack und Mitgefühl schwankt. In den Nebenrollen dürfen immerhin Albert-Pyun-Spezi Tim Thomerson („Blast“), „Scrubs“-Chefarzt Ken Jenkins und Art LaFleur („Mit stählerner Faust“) Akzente setzen. Eher routiniert bis durchschnittlich dagegen die Darbietungen von David Marshall Grant („The Rock“) als schmierigem Vorgesetztem und von Nancy Travis („Der Harte und der Zarte“) in der nominellen weiblichen Hauptrolle, die aber in gerade drei oder vier Szenen mitwirken darf.
Eine Vollkatastrophe ist „Air America“ nicht, aber mau zusammengeschriebenes Oberflächenkino, das zwar mit schicken Flugmanövern und einigen gut aufgelegten Darstellern aufwarten kann, aber unter dem faserigen Plot und der mangelnden Involvierung der Zuschauer leidet. Harmlos-putziges Entertainment, leicht konsumierbar, ebenso schnell wieder vergessen.
Während die VHS-Fassung von VCL aufgrund eines Masterfehlers um eine kurze Passage gekürzt war, sind die DVD-Auflagen von Studiocanal, ehemals Kinowelt, mit FSK 12 ungekürzt. Diese haben ein paar Extras (Trailer, Making Of, Bildergalerie) an Bord. Interessantes Detail: Bei früheren Covern wurde Mel Gibson noch als erster genannt, bei späteren Auflagen ist es der inzwischen populärere Robert DowneyJr.
© Nils Bothmann (McClane)
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