Originaltitel: The Loft__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Erik Van Looy__Produktion: Joel Silver u.a.__Darsteller: Karl Urban, Wentworth Miller, James Marsden, Rhona Mitra, Isabel Lucas, Margarita Levieva, Eric Stonestreet, Rachael Taylor, Matthias Schoenaerts, Elaine Cassidy, Valerie Cruz, Robert Wisdom, Kristin Lehman, Graham Beckel u.a. |
Hin und wieder kommt es vor, dass Beteiligte eines europäischen Erfolgsfilms die Hollywood-Neuauflage drehen dürfen: So zeichneten die Regisseure Ole Bornedal und George Sluizer für die Remakes „Nightwatch“ und „Spurlos“ verantwortlich, während bei „Contraband“ Original-Hauptdarsteller Baltasar Kormákur die Regie übernahm.
Im Falle von „The Loft“ ist wieder der Originalregisseur, Erik Van Looy, der hier seinen Film von 2008 neu drehen darf. Und zwar ist die US-Variante kein Shot-für-Shot-Remake wie die niederländische Neuauflage, hält sich aber abweichungsfrei an die Vorlage, von den ersten Szenen an. Produzent Joel Silver und seine Firma Dark Castle („Orphan“) stellten dieses Mal das Budget, weshalb die US-Version vielleicht noch etwas durchgestylter als das schon recht gelackte Hochglanzoriginal daherkommt, schon gut an der Credit-Sequenz zu sehen, die noch etwas mehr Mätzchen und visuelle Spielereien bei den Namenseinblendungen auffährt.
Die Prämisse ist die: Fünf Freunde teilen sich ein Loft, vor allem natürlich für außereheliche Verabredungen. Designer des Lofts und auch des Teilungsplans ist der Architekt Vincent Stevens (Karl Urban), daran beteiligt sind der Psychiater Chris Vanowen (James Marsden), dessen Halbbruder Filip (Matthias Schoenaerts), der dickliche Marty Landry (Eric Stonestreet) und Luke Seacord (Wentworth Miller), der die zweifelhafte Ehre hat die Leiche einer Frau eines Morgens in dem Loft zu finden. Bei einer schnell einberufenen Krisensitzung im Loft weiß angeblich keiner von etwas, aber nur das Quintett besitzt theoretisch Schlüssel zum Loft und den Code für die Alarmanlage.
Aber auch das Treffen im Loft ist bereits Vergangenheit, wie die nächsten Szenen zeigen. Vielmehr sind dies Rückblenden und Informationsfetzen, welche die Mordverdächtigen im Verhör mit den Detectives Huggins (Kristin Lehman) und Cohagan (Robert Wisdom) erzählen, wobei nach und nach die Wahrheit zusammengepuzzelt wird…
httpv://www.youtube.com/watch?v=3SPcLT2d1Hc
Wer das Original kennt, der wird hier keine Überraschung erleben, denn an den Inhalten hat Drehbuchautor Wesley Strick nur wenig geändert. Zwar läuft die Neuauflage rund zehn Minuten kürzer als das belgische Original, doch dies sind kosmetische, kaum merkliche Veränderungen – Verbesserungen, wie Erik Van Looy sie im Presseheft bezeichnet, eine Art Feintuning seines Erfolgsfilms. Warum der Film trotz des Feintunings erst einmal zwei Jahre in der Warteschleife hing, das kann damit nicht erklärt werden, auch nicht mit der Qualität des Films: Denn auch im zweiten (besser gesagt: dritten) Anlauf ist „The Loft“ ein spannendes Thrillerkonstrukt.
Erneut setzt das Drehbuch Twist an Twist, erst langsam, dann immer schneller, bis die Geschichte in der Endphase regelrecht Haken schlägt. Richtige und falsche Fährten sind schnell gelegt, denn misstrauische Ehefrauen lauern, abservierte und undurchsichtige Geliebte sind nicht auszuschließen, Verstrickungen in die Gefilde von Politik und Wirtschaft sind ebenfalls bei den Männern vorhanden und jeder scheint so seine Geheimnisse zu haben, gerade was die Loft-Nutzung angeht. Das ist auch in der neuesten Version des Stoffes nicht weniger konstruiert als in der ersten, unterhält aber durch seinen sorgfältigen Aufbau, der sich keine großen Unglaubwürdigkeiten erlaubt und stattdessen aus Einzelszenen immer wieder Spannung zu erzeugen weiß, gerade wenn das Geheimnis des Ehebrecherquintetts immer wieder vor dem Auffliegen steht.
Was den Film und seine Gruppendynamik am Laufen hält ist natürlich auch die Tatsache, dass keiner der Beteiligten (anfangs) als allzu großer Sympathieträger taugt, damit man auch jeder als potentieller Täter in Frage kommt und gleichzeitig die Schadenfreude ausgekostet werden kann, wenn den Untreuen das Wasser bis zum Halse steht. Freilich ist der Stoff hier von einer leichten Hollywoodisierung nicht sicher: Waren die fünf Filous im Original so attraktiv, dass man ihnen Affären zutraute, aber doch noch recht nah am Normalbürger, ebenso ihre Frauen und Geliebten, da legt „The Loft“ eine Schippe drauf: Diverse der Beteiligten werden nun von Schönlingen und Sexsymbolen beiderlei Geschlechts gespielt, eher der Welt der Models denn der des Alltags zugehörig, nur Marty, der ist hier noch moppeliger und näher am Klischee des Lebemann-Dickerchens dran. Da war dann der Sinn zur Übersteigerung, in jede Richtung gegeben, was die Handlung zwar nicht schmälert, den eh schon durchgestylten Film allerdings noch eine Spur weiter in die Welt des Künstlichen drängt.
Immerhin vermeidet das Remake es einen allzu großen Star anzuheuern. Sicher, Karl Urban („Dredd“), James Marsden („2 Guns“) und Wentworth Miller („Resident Evil: Afterlife“) hatten alle ihre Hits, aber keiner von ihnen ist zu einer solchen Größe geworden, dass man annehmen könnte, dass er später derjenige ist, dem der Film die meisten Sympathien zudenkt, dass er nicht potentiell der Mörder ist. Karl Urban, sonst eher als kerniger Held bekannt, hat sichtlich Freude an der Rolle des jovial-manipulativen Vincent, während James Marsden sich wacker schlägt. In der Swimming-Pool-Szene (und einigen daran anknüpfenden Szenen) spielt „The Loft“ auch mit dem Image Wentworth Millers, der hier als verschlossener Luke das Gegenstück zu seinen sonst eher zupackenden Rollen darstellt. Eric Stonestreet („Voll abgezockt“) ist okay, trägt aber manchmal etwas zu dick auf, während Matthias Schoenaerts („Black Book“) als einziger vom Original übernommener Darsteller seine Rolle ebenso gut darstellt wie dort. Ansonsten stechen bei den Damen Rachael Taylor („Transformers“) als geheimnisvolle Bürgermeister-Assistentin, Rhona Mitra („Shooter“) als Ehefrau in ultrabitchig und Elaine Cassidy („Harper’s Island“) als Ehefrau in zerbrechlich raus. Eine klare Schwachstelle ist allerdings die dürre Isabel Lucas („Red Dawn“), der man die Verführerinnenrolle nie wirklich abkauft.
Wer das Original kennt, der wird mit „The Loft“ keine Überraschungen erleben, da das US-Remake den Stoff lediglich aufpoliert, sonst aber originalgetreu verfilmt. Das ist jedoch auch in der Neuauflage zwar konstruierter, aber spannender Designerthrill, dessen Drehbuchvolten den Motor am Laufen halten. Zwar kein Meisterstück des Thrillers, aber temporeiche, gut gemachte Genreware.
In Deutschland startet dem Film am 11. Dezember 2014 in den Kinos.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Universum/Squareone/24 Bilder__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 11.12.2014 in den deutschen Kinos |