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Ein Vogel auf dem Drahtseil

Originaltitel: Bird on a Wire__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1990__Regie: John Badham__Produktion: Rob Cohen__Darsteller: Mel Gibson, Goldie Hawn, David Carradine, Bill Duke, Stephen Tobolowsky, Joan Severance, Harry Caesar, Jeff Corey, Alex Bruhanski, John Pyper-Ferguson, Clyde Kusatsu, Jackson Davies u.a.
Ein Vogel auf dem Drahtseil

In „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ lässt John Badham Mel Gibson und Goldie Hawn von Killern jagen

Durch den Erfolg der „Lethal Weapon“-Reihe war Mel Gibson Anfang der 1990er ein schwer angesagter Actionstar, auch wenn die meisten seiner Filme außerhalb der Reihe zu dieser Zeit weniger gute Kritiken einfuhren – wie auch ein „Ein Vogel auf dem Drahtseil“.

Rick Jarmin (Mel Gibson) lebt im Zeugenschutzprogramm unter wechselnden Identitäten, derzeit als fleißiges Helferlein an einer Tankstelle. Der frühere Pilot hatte vor 15 Jahren Drogen für die korrupten Beamten Eugene Sorenson (David Carradine) und Albert Diggs (Bill Duke) transportiert, sagte aber gegen diese aus, nachdem sie seinen Partner ermordeten. Sorenson ist frisch aus dem Knast entlassen, Diggs droht immer noch ein Verfahren. Soweit die Vorgeschichte, die innerhalb einer Rückblende abgehakt wird und den Bösewichten leider kaum Raum zur Entfaltung gibt – eine kurze Szene auf der Geburtstagsparty eines Kindes eines Drogenbarons mit bizarren Einfällen wie in Schweinchenkostümen steckenden Wachen mit Uzis sorgt da leider auch nicht für mehr Profil.

Geschäftsfrau Marianne Graves (Goldie Hawn) war damals Ricks Verlobte und ein Blumenkind, jetzt jedoch Mitarbeiterin der früher verhassten Konzerne, zumal Rick für tot erklärt wurde, nachdem es ins Zeugenschutzprogramm ging. Die traut ihren Augen kaum als sie Rick bei der Arbeit an der Tanke entdeckt, worauf der bei der Behörde anruft, weil er seine Enttarnung fürchtet. Dumm nur, dass der korrupte Beamte Joe Weyburn (Stephen Tobolowsky) mit den Schmierlappen zusammenarbeitet und Ricks Akte löscht, sodass der auf sich allein gestellt ist.

Zum Glück beobachtet auch Marianne die Tankstelle, da sie der festen Überzeugung ist, dass es sich bei dem Tankstellenangestellten um Rick handelt. Sie hilft Rick bei der Flucht, doch die Polizei geht von einem Kidnapping aus und jagt die beiden daher ebenso wie die Schurken…

httpv://www.youtube.com/watch?v=7P6Qq3YCIjA

Viel Substanz hat „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ nicht, vielmehr handelt es sich um eine einzige Verfolgungsjagd, bei der die Protagonisten als verschiedene Reisestationen frühere Tarnidentitäten Ricks abklappern, an deren Ort immer ein Beweisstück oder ein Verschnaufstop zu finden ist, ehe nach kurzer Aufenthaltsdauer die Polizei, die Schurken oder beide Parteien antraben und weiter geflohen werden muss. Selbst für einen MacGuffin ist die Suche nach einem Vertrauten Ricks hierbei dünn und am Ende der Reise ist selbst dieser bedeutungslos, weshalb man ein letztes Mal flüchtet, nun in den Zoo, die Schurken dort stellt, plattmacht und damit anscheinend alle Probleme löst. Meist sind es sowieso die Hauptschurken in Person, die anrücken, lediglich wenn in der Filmmitte mal ein Hubschrauber abstürzen soll, dann haben sie auch mal Handlanger angeheuert.

Mit Logik hat das alles nur begrenzt etwas zu tun, eher mit geballter Action. Und da kann man sich nur teilweise beklagen, denn an fast jeder Station steht ein neues Fluchtvehikel, sei es nun ein Auto, ein Motorrad oder ein Flugzeug, parat, Kraxeleien in luftiger Höhe sind ebenso drin wie der ausführliche Showdown, bei dem neben dem Heldenpaar und den Schurken auch diverse gefährliche Wildtiere mitmischen. Das lässt keine Gelegenheit für durchaus aufwändige Stunts aus (selbst eine Rückblende zur Pärchenvergangenheit zeigt Rick auf einem Riesenrad balancierend),bietet manchmal etwas Geballer, denn die Schurken rücken grundsätzlich mit dicken Wummen an, doch mehr als die große, aber auch eher routiniert abgefilmte Stuntshow ist es nicht, zumal man fast nie das Gefühl hat, dass hier irgendeiner der Protagonisten ernsthaft in Gefahr wäre – wenn mal eine Nebenfigur wie der nette Tankwart zu Beginn weggeflintet wird, dann ist das schon das Äußerste der Gefühle.

Auch reichlich durchwachsen ist der Humor, der sich in Screwballgefilde begibt, aber leider für seine weibliche Hauptfigur keine andere Verwendung findet als die dauernd hysterisch kreischen zu lassen und manchmal ihre Kehrseite ins rechte Licht zu rücken. Auch die Wortgefechte zwischen dem Paar sind eher Standardware und selten sonderlich geistreich oder über die Maßen charmant, eher ein braves Geplänkel, an dessen Ende natürlich die glückliche Wiedervereinigung steht. Am witzigsten ist da noch der total klischeehafte, aber immerhin mit gutem Comedy-Timing in Szene gesetzte Part, wenn Rick in seine frühere Tarnidentität als schwuler Friseur zurückkehren muss.

Mel Gibson („The Expendables 3“) muss insgesamt dann auch nicht viel mehr machen als zum wiederholten Male das charmante Schlitzohr zu geben, was ihm aber gut gelingt. Weniger schön hat es dagegen Goldie Hawn („Der Tod steht ihr gut“) getroffen, die in ihrer undankbaren Rolle aber auch mit mehr als dauerndes Gekreische und Fratzenschneiden zustande bringt, weshalb sich der Zuschauer fragt, warum Rick seine Ex-Verlobte nicht lieber für eine andere frühere Flamme, gespielt von Joan Severance („Profile for Murder“), zurücklässt. Severances Mini-Rolle ist kaum der Rede wert, so wie eigentlich fast jeder Nebendarsteller – selbst David Carradine („McQuade – Der Wolf“) und Bill Duke („Phantom Kommando“) haben zwar Präsenz, werden vom Drehbuch aber so alleine gelassen, dass sie als starke Schurkenfiguren werden, der routinierte Stephen Tobolowsky („Thelma & Louise“) als ihr Handlanger erst recht nicht.

Viel Lärm um Nichts: „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ drückt konstant aufs Gas und präsentiert sich als dauerhafte Verfolgungsjagd mit aufwändigen Stunteinlagen, aber auch eher wenig umwerfender Komik, dünnem Plot und kaum überzeugender Romantik-Komponente. Halbwegs kurzweilig anzusehen ist das schon, aber auch schnell wieder vergessen, zumal Goldie Hawns Dauergekreische furchtbar nervt.

In Deutschland hat Universal den Film auf DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben und mit wenigen Extras (Originaltrailer, Produktionsnotizen, Infos zu Cast & Crew) auf der Disc.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal __FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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