Originaltitel: The November Man__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Roger Donaldson__Darsteller: Pierce Brosnan, Luke Bracey, Olga Kurylenko, Will Patton, Caterina Scorsone, Eliza Taylor, Bill Smitrovich, Roman Mitichyan, Lazar Ristovski, Mediha Musilovic, Amila Terzimehic, Patrick Kennedy, Milutin Milosevic u.a. |
Alte, gestandene Männer, die es allen noch einmal als beinharte Kämpfer zeigen, das hat seit dem „Taken“-Erfolg Hochkonjunktur. Mit „The November Man“ tritt Pierce Brosnan in die Fußstapfen von Liam Neeson, Kevin Costner, Denzel Washington und Co.
Wie auch seine Brüder im Geiste und Filmstil ist auch Peter Deveraux (Pierce Brosnan) ein CIA-Agent und mit allen Wassern gewaschen. Seinen Protegé David Mason (Luke Bracey) hat er ausgebildet, doch gerade Mason ist es, der ihn in den Ruhestand treibt: Bei einem Einsatz, bei dem sich Deveraux als Politiker ausgibt und einen Attentäter aus der Reserve lockt, streckt die Kugel aus Mason Scharfschützengewehr nicht nur den Staatsfeind, sondern auch einen unschuldigen Jungen nieder. Der gebrochene Krieger, ein Standard des Actionkinos, hier noch vielleicht dadurch etwas interessanter gemacht, dass der Hauptdarsteller einmal James Bond war – wie könnte der im verbitterten Ruhestand aussehen?
Fünf Jahre später wird Deveraux von seinem alten Freund John Hanley (Bill Smitrovich) aus ebenjenem Ruhestand geholt: Natalia Ulanova (Mediha Musilovic), eine Agentin, die den baldigen tschetschenischen Präsidenten und Ex-General Arkady Federov (Lazar Ristovski), bewacht, hat inkriminierende Beweise über dessen nicht saubere Vergangenheit. Peter soll sie abholen, gerät aber in eine CIA-Operation, die nicht nur von Mason vor Ort angeführt wird, sondern deren Teilnehmer auch gar nicht wissen, dass er dabei ist. Es kommt zu einem schicksalshaften Clash mit mehreren Toten, der nicht nur körperliche, sondern auch seelische Wunden schlägt und Deveraux auch gleich auf die Fahndungsliste der Ex-Kollegen bringt.
Verfolgt von sowohl der CIA als auch den Häschern Federovs geht Deveraux dem einzigen Hinweis nach, der ihn hat: Fotos eines Waisenmädchens, dessen Spur zu der Sozialarbeiterin Alice (Olga Kurylenko) führt, die wiederum auch von der CIA und Federovs Killern gesucht wird. Deveraux flieht mit der Zeugin…
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Die Zeiten, in denen die Hollywoodstudios ihren Filmausstoß allgemein runtergefahren haben und der Mid-Budget-Film kaum noch von ihnen finanziert wird, wird es für Handwerker wie Roger Donaldson („Bank Job“) schon mal etwas enger, weshalb der gute Mann seinen von kleineren Studios produzierten Agenten-Actionthriller „The November Man“ im Ostblock in Szene setzte. Dabei nahm das Buch „There Are No Spies“ von Bill Granger aus dessen „November Man“-Reihe als Grundlage, Fortsetzungspotential inklusive – da der gerade einmal 15 Millionen Dollar teure Reißer etwas mehr als das Doppelte weltweit einspielte, winkt sogar eine Fortsetzung.
Natürlich tut es der Geschichte gut, dass der Film – im Gegensatz zu manchen im Ostblock gedrehten B-Movies von Nu Image – auch wirklich dort angesiedelt ist und das entsprechende Budget mitbringt, dass der Film nach was aussieht. Angesichts der Tatsache, dass die Romanvorlage bereits aus dem Jahr 1987 stammt, verwundert es kaum, dass „The November Man“ ein angenehm altmodischer Film ist, trotz moderner Technologien wie Drohnen zum Trotz. Auch hier sind es vor allem die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der geschulten Profis, weniger die Spionagetechnik, die Trumpf sind, wenn sich Deverauxs Einsatz bald zum Schüler-Lehrer-Duell mit Mason ausweitet und gleichzeitig noch eine entsprechende Verschwörung aufgedeckt werden muss.
Schade allerdings, dass besagte Hintergrundgeschichte um Lug und Trug den Spannungsbogen nur bedingt in die Höhe treibt: Zu schnell sind die Übelwichte ausgemacht (schon die Umstände von Deverauxs Wiedereinstieg lassen den Zuschauer aufmerken), trotz der einen oder anderen falschen Fährte, und zu schwach sind die Finsterlinge gezeichnet: Dem Ex-General werden die Kriegsverbrechen noch und nöcher angedichtet, doch erst gegen Ende wird seine verabscheuenswerte Natur auch mal wirklich sichtbar, seine Profikillerin Alexa (Amila Terzimehic) ist ein wandelndes Klischee und eben auch nur ein stumpfes Werkzeug, während weitere Verschwörer kaum greifbare Strippenzieher bleiben. Dass sich die Geschichte teilweise auch versucht komplexer und komplizierter zu geben als sie tatsächlich ist, steht „The November Man“ auch nicht so gut zu Gesicht.
Die stärksten Momente birgt dann das Duell zwischen Deveraux und Mason: Schüler und Lehrer belauern sich; der eine hat den anderen trainiert, aber auch fünf Jahre Pause gemacht; der Schüler kann über den CIA-Apparat verfügen, der Lehrer über Jahrzehnte an angeeignetem Wissen. Beide sind Killer, beide sind bereit Menschen zu benutzen und zu töten, was sich gerade in einer intensiven Konfrontation in einer Wohnung zeigt. Dabei erzeugt „The November Man“ in solchen Einzelszenen den erhofften Thrill, den der übergreifende Plot nicht zu liefern weiß, da man sich als Zuschauer nicht sicher sein kann, wie weit beide bereit sind zu gehen. Auch Deveraux ist eher ein Antiheld und keine Lichtgestalt, beide besitzen ein ziemliches Aggressionspotential, das durch ihre gemeinsame Vergangenheit (über die Mason auch nicht die volle Wahrheit weiß) noch mal gesteigert werden kann.
Immer wieder entlädt sich diese Aggression dann auch in Actionszenen, in denen sich Licht und Schatten abwechseln. Einerseits ist das Gebotene herrlich Old School und bodenständig, mit schicken Explosionen, Feuergefechten und knüppelharten Nahkampfszenen der eher realistischen, durch die Bourne-Reihe geprägten Art. Wenn Deveraux seinen Verfolgern mit List und Tücke entkommt oder die Agenten aber Feinde ohne viel Federlesen beseitigen, dann nimmt „The November Man“ für sich ein. Unschön dagegen der recht unspektakuläre, formelhafte Showdown und eine zentrale Inszenierungsschwäche: Roger Donaldson versucht des Öfteren mit Zeitlupeneinstellungen Einzelmomente zu zelebrieren, doch die Momente wirken seltsam unästhetisch, eher gewollt als sinnvoll, im Gegensatz etwa zu vergleichbaren Inszenierungen eines John Woo oder Tony Scott.
Pierce Brosnans („Hydrotoxin – Die Bombe tickt in dir“) Leistung als Titelheld ist weder seine beste noch seine schlechteste, was allerdings auch an dem Drehbuch liegt, was sich nie so ganz entscheidet wie weit es potentielle Abgründe Deverauxs ausloten will, wie sehr er Held oder Antiheld sein soll, und dementsprechend schwer dürfte es auch Brosnan gefallen seine Figur konsistent anzulegen. Luke Bracey („G.I. Joe 2“) ist ganz gut, die größte Überraschung wohl Olga Kurylenko („Max Payne“) als facettenreiche Frauenfigur. In Nebenrollen sind ein paar amerikanische Gesichter wie Will Patton („Brooklyn’s Finest“) und Patrick Kennedy („Fluch der Karibik 4“) eher unauffällig mit dabei; ansonsten erbringen lokale Darsteller unterschiedlich gute Leistungen: Vom überzeugend schmierigen Lazar Ristovski als Fiesling über die unterforderte Mediha Musilovic bis hin zur eher tumb wirkenden Amila Terzimehic. Trotz seines Nachnamens ein Amerikaner ist Bill Smitrovich („Ted“), der eine brauchbare Performance als Deverauxs undurchsichtiger Ex-Boss und Vertrauter hinlegt.
Als Old-School-Agenten-Actionfilm ist „The November Man“ per se eine sympathische Angelegenheit, die mit einem recht starken Schüler-Lehrer-Duell und handgemachten, bis auf teilweise unbeholfenen Zeitlupeneinsatz stark inszenierten Actionszenen für sich einzunehmen weiß. Doch die Einbettung in eine etwas vorsehbare, nur begrenzt spannende Rahmengeschichte und kleinere Mängel lassen Donaldsons Film dann doch gegenüber anderen Phantasien von schlagkräftigen Ex-CIA-Agenten wie etwa „Taken“ oder „The Equalizer“ etwas abfallen.
„The November Man“ lief hierzulande im Rahmen des Fantasy Filmfest 2014 im Kino, die reguläre Auswertung erfolgt allerdings als DVD- und Blu-Ray-Premiere am 6. März 2015 von Universum Film.
© Nils Bothmann (McClane)
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