Originaltitel: Taken__Herstellungsland: Frankreich/Großbritannien/USA__Erscheinungsjahr: 2008__Regie: Pierre Morel__Drehbuch und Produktion: Luc Besson__Darsteller: Liam Neeson, Maggie Grace, Famke Janssen, Xander Berkeley, Katie Cassidy, Olivier Rabourdin, Leland Orser, Jon Gries, David Warshofsky, Holly Valance u.a. |
US Spezialagent Bryan Mills hat seinen Job unlängst an den Nagel gehängt. Er hatte nämlich bemerkt, dass sein Privatleben aufgrund seines Jobs einem Scherbenhaufen gleicht. Nachdem seine Ehe wegen seines unsteten Agentenlebens zerbrach, will er zumindest den Kontakt zu seiner 17jährigen Tochter Kim aufrechterhalten. Doch diese bricht trotz massiver Bedenken von Bryan nur mit einer Freundin nach Europa auf, um dort der Band U2 auf deren Europatournee nachzustalken. Kaum in der alten Welt angekommen bewahrheiten sich alle Bedenken Bryans: Während eines Telefongespräches mit ihrem Vater wird Kim von albanischen Mädchenhändlern verschleppt. Doch schon am Telefon macht Bryan unmissverständlich klar, was die Entführer erwartet, wenn sie Kim nicht sofort freilassen …
„Ich werde nach dir suchen und ich werde dich finden! Und ich werde dich töten.“
Natürlich lassen die Gangster Kim nicht frei und natürlich wird Bryan kurz darauf die Stadt der Liebe deutlich touristenfreundlicher gestalten. Mit blauern Bohnen satt und „Liebesgrüßen“ aus der neuen Welt. Wem schon diese simple Schwarz Weiß Zeichnung in der Inhaltsangabe sauer aufstößt, der braucht sich gar keinen falschen Hoffnungen hinzugeben, dass der Film irgendwie intelligenter oder komplexer sein könnte, als sich dies bis zu diesem Zeitpunkt der Kritik darstellt. Die Geschichte ist megasimpel und mit plump treffend umschrieben. Alles an „96 Hours“ hat man so oder ähnlich schon in zig Selbstjustizkrachern gesehen und wer sich an diesem Motiv per se stört, wird mit „96 Hours“ nicht glücklich werden. Viel mehr wird er obendrein über teils gigantische Logiklöcher stolpern, bei diversen zynischen Bonmots von Mills die Ohren anlegen und den Kopf schütteln, warum gerade die Franzosen das Bild erhärten, dass die Amis von Europa zu haben scheinen. Denn eines ist klar: Den US Tourismus in Richtung Frankreich wird dieser Film nicht ankurbeln. Falls dies ein ironischer Kommentar zu Filmen wie „Hostel“ sein sollte, die ja von Amiseite aus ähnlich billige Klischeebilder aufgreifen, ist er mir leider entgangen. Ist dies aber ein Versuch der Grande Nation, die verhassten Amerikaner (Klischees allerorten – auch bei mir) aus dem Land fernzuhalten, dann ist dies ein wahrlich perfider Zug…
httpv://www.youtube.com/watch?v=Gi7mWSpQbIg
Doch zurück zum Ernst des Filmes. Der ist nämlich trotz Minimalstory und abgeschmackter Motive vor allem eines: Unterhaltsam. Auf eine sehr rasante, sehr spannende und verdammt actionreiche Art und Weise. Zu keiner Sekunde kommt hier Langeweile auf und zu keiner Sekunde bricht das Tempo auch nur ansatzweise ein. Sobald Bryan Mills ins Rollen gekommen ist, haben die Lumpenhunde in Paris nichts mehr zu lachen! Dabei ist es vor allem Liam Neeson, der den Film im Alleingang zum Erlebnis macht. Nach Kevin Bacon („Death Sentence“) und Jodie Foster („Die Fremde in dir“) ist er nun bereits der dritte namhafte Superstar in einem Film mit grundsätzlich fragwürdigen Tendenzen und wie bei den gerade genannten Filmen geht auch hier die Rechnung auf. Denn Neeson pumpt eine Souveränität und Klasse in den Film, die Staunen macht. Dabei kommt ihm vor allem die genial gezeichnete Figur des Bryan Mills entgegen.
Dieser wird ENDLICH einmal nicht nur als harter Hund verkauft, NEIN, diese Figur IST ein harter Hund! In keiner Sekunde lässt Mills Zweifel daran aufkommen, was die Uhr geschlagen hat und wie ein unaufhaltsamer Bulldozer walzt er alles und jeden platt, der sich ihm in den Weg stellt. Dabei passiert ihm kein Fauxpas, es gibt keine Momente der Unachtsamkeit, NICHTS. Bryan Mills ist einfach der coolest Motherfucker on Earth und Liam Neeson transportiert diese Geradlinigkeit und Härte spielend und mit wuchtigem Körpereinsatz. Gerade wenn er wie ein Berserker wütet, wird dann auch klar, wie verzweifelt seine Figur eigentlich ist und wie besorgt. Nach außen hin zeigt er dies nie! Es gibt keinen gebrochen in der Ecke weinenden Bryan Mills, der an seiner Mission zweifelt. Es gibt nur den voranschreitenden Knochenbrecher, dessen Angst und Sorge in Brutalität und eisenharte Konsequenz umkanalisiert wird. Absolut genial und sicher eine der besten, kraftvollsten und präsentesten Rollen, die Liam Neeson jemals spielen durfte – auch wenn die Art und Weise sicher vielen als zu minimalistisch aufstoßen könnte. Zudem bekommt seine Figur auch noch grandios menschenverachtende Einzeiler in den Mund gelegt, bei denen er mitten im Folterakt begeistert von der Stabilität des Pariser Stromnetzes schwärmt oder schon mal Sprüche wie diesen ablässt:
„Wenn du jetzt nicht die Wahrheit sagst, ist das Letzte, was du sehen wirst, bevor ich dich töte, eine Kugel im Kopf deiner Frau.“
Aus dieser harschen Figurenzeichnung heraus erklärt sich dann auch die unmittelbare und brechend harte Gewaltdarstellung des Filmes. Wenn Profi Mills zuschlägt, bleibt kein Knochen auf dem anderen und werden Gesichtsfassaden brachialst verbogen. Zudem steht keiner seiner Gegner wieder auf! Dementsprechend setzt Regisseur Pierre Morel auch weniger auf eine verspielte Choreographie wie noch in „Ghettogangz“, sondern auf eine realistische und einzig auf Effizienz ausgerichtete Variante, die ihre Wirkung definitiv nicht verfehlt. Und freilich auch dem nicht Martial Arts versierten Liam Neeson sehr entgegenkommt, der hier mit Hebeln und straight gezogenen Handkanten alles umnischelt, was ihm vor den bulligen Körper läuft. Auch die Shoot Outs und eine Autoverfolgungsjagd atmen diesen realistischen Ansatz, was dem Film hervorragend steht und durch die eingesetzte, sehr unmittelbare und verdammt raue Optik unterstützt wird. Selten wirkte Paris so abweisend, kalt und schmutzig wie hier. Es ist im Grunde fast so, als sei Jason Bourne auf Frankreichurlaub.
Bei dieser auf Realismus getrimmten Einmannshow Liam Neesons kommen die meisten Nebendarsteller nicht mit. Dem geradlinigen Charakter seiner Figur geschuldet muss Neeson im ganzen Film nämlich auch keinen Love Interest mit sich rumschleppen und auch Sidekicks findet man hier nirgends. „96 Hours“ beschränkt sich ausschließlich auf seinen starken Hauptcharakter und macht alle anderen Figuren zu bloßen Randnotizen. Dabei sind diese gar nicht mal so schlecht besetzt. Famke Janssen („Goldeneye“) gibt seine Ex-Ehefrau, Xander Berkeley („Air Force One“) ihren neuen Mann und Maggie Grace („The Fog“ im Remake, „Lost“) spielt Kim. Leider ist gerade Maggie Grace als 17jährige nicht mehr gar so glaubwürdig, weshalb man sie mittels potthässlicher Klamotten auf jung trimmt, was maximal unfreiwillig komisch wirkt. Ansonsten spielt sie wie der Rest im Cast keine wirkliche Rolle. Leider lanciert der Film obendrein keinen echten „Endgegner“ für Bryan, an dem sich dann im Showdown alle Aggressivität entladen könnte. Hier hat man wirklich eine echte Chance verpasst, denn eine fiese Charakterfresse hätte hier noch einmal ordentlich Flair liefern könnte.
Doch auch so bekommt man mit 96 Hours eine fraglos fragwürdige, aber auch hoch unterhaltsame Action Tour de Force, die vollkommen auf den grandiosen Liam Neeson abgestellt ist. Dieser spielt wuchtig und brachial auf und verleiht dem Film ordentlich Klasse. Diverse Gewaltentladungen, die raue Optik, ein netter Score und die straighte, auf jeglichen Storysubplotfirlefanz verzichtende Geschichte tragen ihr Übriges zum Gelingen dieses kleinen dreckigen Actionrohdiamanten bei. Und was ist die Lehre am Ende des Streifens? Parisreisen nur noch mit Liam Neeson!
In diesem Sinne:
freeman
…
Es wurde viel gelacht im Kino.
Es war kein Lachen, das demjenigen in den Sälen von “Shoot ‘em Up” oder “Crank” geglichen hätte. In durch und durch ernsten Actionthrillern lacht man nicht auf diese Weise. Vielmehr war es ein Lachen, das Überraschung und Genugtuung ausdrückte, ein “Ich glaub grad nicht, was der da abzieht”-Lachen.
Eine solche Reaktion verrät viel über sein Publikum und den Film, den es reflektiert. Wenn man überdeutlich signalisiert bekommt, dass man einer politisch absolut unkorrekten Angelegenheit beiwohnt, aber nicht umhin kann, diese Unkorrektheit insgeheim zu bewundern, so sieht man sich jener Selbstüberrumpelung ausgeliefert, die sich durch das ungläubige Lachen ausdrückt. Willkommen in der mechanischen Welt des Rachefilms.
Aus diesem inneren Zwiespalt entwuchsen im Kritikerlager bislang zwei Strömungen, die jeweils dem Gefühl nachgaben, das bei ihnen am stärksten nachhallte. Die einen feiern den intensivsten und emotional mitreißendesten Actionfilm der letzten Jahre – zu Recht. Die anderen beklagen sich über den stupidesten, protektionistischsten, antieuropäischsten Actionfilm der letzten Jahre – zu Recht.
Was “96 Hours” in der Anklage der letzteren Strömung jedoch mildernde Umstände bereitet, ist die Tatsache, dass er nie einen Hehl daraus macht, sich solch niederer Beweggründe zu bedienen, um an die Urinstinkte des Publikums zu appellieren. Die Charaktereinführung, insbesondere was Famke Janssens Rolle betrifft, grenzt in ihrer Schwarzmalerei fast schon an Parodie und damit bekommt man in den Wortgefechten der Geschiedenen schon mal eine Generalprobe für die nun folgende Aufräumaktion in Frankreich geliefert. Der Held der Geschichte nämlich, ein prinzipientreuer, aber von der Familienkonstellation unterdrückter Mann, kriegt einen Rüffel nach dem anderen an den Kopf geworfen und jedes Wort im Munde umgedreht (“Dass du unsichtbar sein kannst, hast du in den letzten Jahren ja genug bewiesen”), und wenn es sich dann ergibt, dass der von seiner Ex-Frau als Versager abgestempelte Mann endlich mal kontert (Janssen: “Wäre es nicht einfacher gewesen, du hättest sofort unterschrieben?” Neeson: “Wäre es nicht einfacher gewesen, du hättest vorher mit mir mal darüber geredet?”), erlebt man ein herzerwärmendes Gefühl der Genugtuung; jenes, das sich mit jeder fortan verschossenen Kugel und jedem in den Brustkorb gerammten Messer minutiös wiederholen wird. Ein Mechanismus, so simpel wie effektiv.
Wodurch sich “96 Hours” nun von ähnlich mechanisch funktionierenden Filmen wie “Death Sentence” abhebt, ist der fehlende Subtext: Man hat nicht das dumpfe Gefühl, unterschwellig manipuliert zu werden, weil es schlichtweg nichts gibt, was über die Gewalt vermittelt werden möchte. Die Gleichung “Frankreich = schlecht” aufzustellen, ist sicher nicht Intention, sondern schlicht und einfach der “empty space”, in den sich die Aggression entladen soll. Dass der europäische Grund dabei so schlecht weg kommt, ist, wenn man so will, bloß Kollateralschaden, den man im Sinne der künstlerischen Freiheit aber als vollkommen legitim bezeichnen kann. Der größte Trumpf des Filmes ist es, im Grunde ein besseres B-Movie zu sein, er zeigt, was die Ostblockproduktionen Steven Seagals und Wesley Snipes’ sein könnten, stünde jemand mit Kompetenz dahinter. Gerade diese Einfachheit ist es, die jeden Verdacht davon ablenkt, man könne es ernst meinen mit dem “bösen Europa”. Dazu ist der ganze Ablauf zu schematisch, insbesondere gen Ende, als sich der verzweifelte Vater bis in die Gemächer eines hedonistischen, fetten Bonzen hochmetzelt, der sich in seinen Seidenpyjamas karikaturistischer kaum auf dem Bett räkeln könnte.
Man ist also ganz alleine mit seinen verletzten Vatergefühlen (ganz gleich, ob man selbst Vater ist oder nicht) und erlebt eine Simulation der Aggression – Pierre Morels zweite Regiearbeit nach dem ebenfalls schon auf die zwielichtigen Viertel in Frankreichs Straßen fokussierten “Ghettogangz” dient als Sandsack mit möglicherweise therapeutischer Wirkung, Frust abbauen zu können, den man im wahren Leben aufgrund von sozialen Normen nicht abbauen kann.
In dieser Funktion ist “96 Hours” eine höchst effiziente Bombe. Die Gleichmäßigkeit, mit der sich da Unrechtes durch Gerechtigkeit ausbügelt, ist ebenso nah an der Schablone eines beliebigen Standard-Actionfilms wie es weit von der Realität entfernt ist, und doch oder gerade deswegen eine Abfolge von orgiastischen Höhepunkten wert, für die man sich nicht schämen muss – weil die Tatsache, dass all dies regelrechter Nonsens ist, über die volle Dauer omnipräsent bleibt.
Ohne Liam Neeson wäre das alles nicht denkbar. Malte man sich einen typischen aktuellen Actionhelden in der Titelrolle aus – einen Vin Diesel, einen Jason Statham – es hätte längst nicht die gleiche Wirkung. Dass es ausgerechnet Neeson, ein anerkannter Charakterdarsteller ist, der die Selbstjustiz in vollen Zügen auskostet, macht die Magazinsalven in Gegnergesichtern, die Kugeln in den Schulterblättern völlig Unschuldiger umso bedrückender, wofür nicht einmal Blutfontänen in Heroic Bloodshed-Manier erforderlich sind. Es ist nicht so, dass der Film in seiner Stupidität Neesons Ansehen schädigen würde (in etwa so, wie “BloodRayne” oder “A Sound of Thunder” das Ansehen Ben Kingsleys geschädigt haben), sondern umgekehrt bereichert er den Film. Einfach aus dem Grund, weil der Hauptdarsteller derjenige ist, der der Produktion seinen Stempel aufdrückt, sie mit seiner aufrichtigen Art aufwertet. Ohne ihn oder einen Mann seines Kalibers wäre der ganze Rachefeldzug allenfalls die Hälfte wert.
“Ein Film, der bloß unterhalten will” – diese Floskel lässt sich angesichts von “96 Hours” umformulieren in “Ein Film, der bloß der emotionalen Entladung dienlich sein will”. Er verkörpert damit eines der ursprünglichsten Ziele des Kinos jenseits der Geschichtenerzählung und ist somit “Unterhaltungskino” in seiner pursten Form. Dass auf dem Weg dorthin Frankreichs Image und damit stellvertretend dasjenige Europas über Sandstein geschliffen wird, ist Nebenprodukt der bewussten und unverhüllten Schwarzweißmalerei. Frankreich und mit ihm ganz Europa wird es verkraften.
Knappe:
© Sascha Ganser (Vince)
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Wer mal sehen will, wie ein Film mit einer Story a la “Belly of the Beast”, jedoch mit einem wirklich hervorragenden Hauptdarsteller ausgestattet, ausschaut, der soll mal zu “Taken” greifen. Denn hier spielt nicht die Seagal-Show, sondern die Liam Neeson-Show.
Bryan Mills ist ein ehemaliger Geheimagent, der sein Familienleben dem Job geopfert hat. Inzwischen geschieden, gab er seinen Beruf auf, um wenigstens in der Nähe seiner Tochter Kim sein zu können. Eines Tages unternimmt Kim mit ihrer Kollegin eine Reise nach Paris – und fällt in die Hände eines Menschenhändlerringes. Zum Drogenkonsum gezwungen, haben Kim und Amanda noch 96 Stunden zu leben. Bryan Mills jedoch gibt nicht auf und geht über Leichen um seine Tochter zu retten.
“Taken”, hierzulande umbenannt in “96 Hours”, fängt wirklich wie ein typischer Seagal-Streifen an. Unser Held Bryan, ein ehemaliger Geheimagent, ist geschieden, hat eine schöne Ex-Frau und eine 17jährige Tochter, Streitigkeiten mit der Ex-Frau, Tochter findet neuen Stiefpapa auch toll, etc. – eine ziemlich typische B-Story, dank der Regie von Pierre Morel jedoch in wunderbarem A-Gewand. Zudem hat Luc Besson als Producer auch noch seine Hände im Spiel gehabt.
Liam Neeson („Non-Stop“) hat sicherlich schon größere schauspielerische Herausforderungen gemeistert. Bryan wird von ihm richtig gut gespielt, ein Mann mit Seagal’scher Vergangenheit, mit einer ordentlichen Prise Coolness, der jedoch selbst ein ziemlicher Kontrollfreak zu sein scheint. Famke Janssen („Hänsel & Gretel – Hexenjäger“) spielt seine Ex-Frau und hat außer sauer zu sein und zu weinen nicht viel zu tun. Maggie Grace („Lockout“) spielt Bryans Tochter Kim, die angeblich 17 Jahre alt sein soll. Nicht unbedingt optimal besetzt. Aber egal, Töchterchen Kim ist ja nur der Antreiber für eine Liam Neeson Gewaltshow.
Der Film dauert gut 25 Minuten, bis er volle Fahrt aufgenommen hat. Bryan geht den Spuren seiner verlorenen Tochter nach und trifft schon bald auf die Männer, die hinter der Entführung Kims stecken.
Was besonders gut gefällt – der ziemlich bodenständige, jedoch nie langweilige Look des Films. Speziell bei Hand-to-Hand Fights kommt dies gut zur Geltung. Liam Neeson ist im Gegensatz zu Prügelknaben Seagal und Van Damme kein Martial Arts erprobter Kämpfer. Dementsprechend sind die Auseinandersetzungen sehr auf Real getrimmt. Schläge gegen die Gurgel, Handbruch, Kopf gegen Auto, etc. Gefällt mir sehr gut. Nicht nur, dass Bryan sich in bester Seagalmanier durch den Film schießt und prügelt – auch bei Jack Bauer scheint der gute Familienvater ein paar Nachhilfestunden genossen zu haben. Beinahe mit Genuss foltert Bryan ein paar der bösen Menschenhändler bis zum Äußersten. Nicht nur dies, auch Unschuldige sind vor den Gewaltausbrüchen Bryans nicht sicher. Der Film folgt seinen Genrekollegen Schritt für Schritt. Was anderes wäre auch nicht nötig bei einem 93minütigen Rachestreifen.
Interessant ist jedoch, was für Ansichten der Film widerspiegelt. Es muss schon ein Ami wie Bryan kommen, der in Frankreich aufräumt. Zudem sind Araber und Albaner stets die schlimmsten Typen. Für eine größere Kinoproduktion einige riskante Messages. Jedoch, wir schauen uns hier ja keine Politdiskussion an, sondern einen Actionthriller, und wie wir wissen, sind Stereotypen die einfachsten Bad Guys.
Fazit: Knallharter Neunzigminüter, der bestens Unterhält. Schön, dass ein Actionfilm dieser Art mal wieder den Weg auf die Leinwand fand – jedoch nicht in der Schweiz. Schade (mal wieder). Zudem, Liam Neeson gibt echt vollen Einsatz. Inzwischen auch 56jährig bewegt sich der Mime einiges mehr als Seagal in seinen post 2000er-Werken. Respect and well done.
Starke:
© DomPatHug
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Vier Jahre nach dem sehr gelungenen „Banlieue 13“ durfte Pierre Morel unter der Ägide von Luc Besson („The Transporter“) erneut einen Film drehen, den noch besseren „Taken“.
Der Held von „Taken“ ist der Ex-CIA-Agent Bryan Mills (Liam Neeson), den man zu Beginn des Films allein in seiner Wohnung sitzen sieht. Trotz eines Freundeskreises wirkt Bryan immer wie ein einsamer Wolf, dessen einziges Ziel der Versuch ist Nähe zu seiner Tochter Kim (Maggie Grace) wiederherzustellen. Die lebt bei Franks geschiedener Frau Lenore (Famke Janssen) und deren neuem Ehemann. Bryan versucht mit dem schwerreichen Stiefvater zu konkurrieren, wenngleich dieser ihn nie herausfordert – allenfalls Lenores abweisendes Verhalten stachelt Bryan an.
Auf Drängen von Frau und Tochter erlaubt Bryan schließlich einen Parisurlaub Kims mit ihrer besten Freundin, obwohl sie erst 17 ist. Doch am Flughafen arbeitet eine gut organisierte Menschenhändlerbande, welche die beiden Mädchen kidnappt. Bryan hört dies am Telefon mit, eine der intensivsten Szenen des Films. Gleichzeitig bleibt er Profi, macht seiner Tochter keine Hoffnungen, sondern bereitet sie darauf vor gleich mitgenommen zu werden, worauf dann einer der coolsten Monologe der letzten Jahre folgt.
Da ihm maximal 96 Stunden bleiben, ihm die Behörden zu langsam arbeiten und die Kidnapper kein Lösegeld wollen, reist Bryan nach Paris und sucht selbst nach Kim. Dabei ist er bereit das komplette Syndikat auszuheben…
„Taken“ ist einer der kompromisslosesten Actionfilme der letzten Jahre, denn sein Held geht mit einer ungeheuren Konsequenz vor, ohne sich dabei um Höflichkeiten zu scheren. Da Bryan ein ruhiger Typ ist, neigt sein Umfeld dazu ihn zu unterschätzen (trotz der stattlichen Körpergröße Liam Neesons, den man aber eher mit Dramarollen in Verbindung bringt) – doch umso unangenehmer wird es dann für sie, wenn der Wolf im Schafspelz sich offenbart und unbarmherzig abräumt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob „Taken“ seinen Helden nicht auch kritisch sieht, denn Bryan wird als recht paranoid gezeichnet und scheint auch an der Rettung von niemand anderem als Kim interessiert zu sein.
Doch auch abseits solcher Überlegungen funktioniert „Taken“ ganz wunderbar, denn ein so temporeich und konsequent erzählter Actionfilm ist leider selten. Tatsächlich traut sich Morel bei etwas mehr als 90 Minuten zu bleiben und den Film nicht auf größere Länge aufzublasen, erzählt glaubwürdige, aber nie ausufernde Subplots – lediglich das etwas zu aufgesetzte Happy End stört dabei. Jedoch ist „Taken“ durchweg spannend, mit einigen Twists bedacht und durchaus ambivalent: Der Menschenhändlerring umfasst als Buhmänner fungierende Albaner ebenso wie weiße Geschäftsleute, die eine scheinheilige Fassade aufgebaut haben.
Dazwischen steht der Held, der zum einen unheimlich cool, zum anderen verzweifelt wirkt. Cool, da er zitierfähige Oneliner am laufenden Band bringt, da er souverän in jeder noch so feindlichen Umgebung agiert, da er sich ohne große Mühe tarnen kann. Verzweifelt, da alle seine Aktionen einfach nur darauf zurückzuführen sind, dass er mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen, da er auch vor unlauteren Methoden (darunter auch die Bedrohung der Familien anderer) nicht zurückschreckt.
Dazwischen setzt Morel auf bodenständige, handgemachte Action, die sich wohltuend von übertriebenen CGI-verwässerten Filmchen der Marke „Wanted“ absetzt. Es gibt furiose Shoot-Outs und temporeiche Verfolgungsjagden in und um die französische Metropole, die bereits das Herz des Fans klassischer Action höher schlagen lassen. Noch besser sind allerdings die Nahkampfszenen im Stil der Bourne-Trilogie: Realistisch gehalten und gleichzeitig doch absolut spektakulär durchchoreographiert, und ähnlich wie bei Kollege Bourne ist das Highlight ein ausgiebiges Duell mit einem ebenbürtigen Gegner. Und all das noch mit einem erfrischenden Härtegrad.
Darüber hinaus liefert Liam Neeson („The Grey“) eine perfekte Verkörperung des knüppelharten Ex-Agenten ab, die man ihm angesichts seines sonst eher ruhigen Rollenrepertoires kaum zugetraut hätte. Famke Janssen („X-Men“) hat nur wenige Szenen, ist aber gewohnt top, während die meisten Nebendarsteller, darunter auch Maggie Grace („Knight and Day“) und Leland Orser („The Guest“), aufgrund ihrer knappen Screentime weniger zur Geltung kommen. In einer Gastrolle dabei: Holly Valance („Moonlight“).
„Taken“ hat seine kleinen Schönheitsfehler, doch er gehört zu jenen selten geworden Actionfilmen der guten alten Schule – kurzweilig, spannend, hart und spektakulär, da verzeiht man kleine Schwächen doch äußerst gerne, zumal Liam Neeson in der Hauptrolle famos ist.
DVD und Blu-Ray des Films sind im Hause 20th Century Fox in der ungekürzten Fassung erschienen, so wie er auch schon im Kino ungekürzt lief, während die Amerikaner und Briten erst im Heimkino die normale Uncut-Fassung bekamen, die dort als „Extended Harder Cut“ beworben wurde. An Bonusmaterial enthalten die Veröffentlichungen aber lediglich ein paar Making Ofs.
© Nils Bothmann (McClane)
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