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Wild Bill

Originaltitel: Wild Bill__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: Walter Hill__Darsteller: Jeff Bridges, Ellen Barkin, John Hurt, Diane Lane, Keith Carradine, David Arquette, Christina Applegate, Bruce Dern, James Gammon, Marjoe Gortner, James Remar u.a.
Wild Bill

Walter Hill nimmt sich einer Western-Legende an: „Wild Bill“

Nachdem „Geronimo“ an der Kinokasse schwer gefloppt war, bekam Walter Hill trotzdem die Chance ein weiteres Western-Biopic im direkten Anschluss zu drehen. Doch auch „Wild Bill“ ging finanziell baden.

Dabei merkt man Hill an, dass er, vielleicht aufgrund der Erfahrungen mit „Geronimo“, den Film anders angeht, deutlich stärker reduziert, was Handlung, Zeit und Orte angeht. Dabei kleidet er „Wild Bill“ bewusst in ein nostalgisches Gewand: Die anfängliche Beerdigungssequenz des Gesetzeshüters sowie dessen Traum-Rückblenden werden in Schwarz-Weiß präsentiert, ansonsten ist der Film aber ebenfalls farbarm gehalten: Alle Bilder tragen einen rot-braunen Stich, was die legendenhafte, gefärbte Qualität des Films heraushebt, ebenso das Voice-Over von Bills Freund Charley Prince (John Hurt), was nur klar macht: Das hier ist eine Variante der Legende, eine Auslegung, die nicht unbedingt mit den Tatsachen oder Theorien zum Leben und Sterben des realen Westernhelden übereinstimmen muss.

Eine kurze Sequenzenfolge zeigt Stationen aus dem Werdegang von ‘Wild Bill‘ James Butler Hickok (Jeff Bridges): Schießereien mit verschiedenen Gegnern, bei einer tötet er versehentlich einen Hilfssheriff, sein gescheiterter Versuch in der Westernrevue seines Freundes Buffalo Bill Cody (Keith Carradine) aufzutreten. Es geht vor allem darum Bills Weg bis nach Deadwood, wo er seine letzten Tage verbringen wird, aufzuzeigen. Kein langsamer, epischer Ton wie bei „Geronimo“, stattdessen actionreich und mit augenzwinkerndem Humor, einem Running Gag um das Nichtanfassen von Bills Hut und Onelinern kommt der Auftakt von „Wild Bill“ daher.

Hauptsächlich beleuchtet der Film jedoch Bills alte Tage in Deadwood: Er trifft seine alte Liebe Calamity Jane (Ellen Barkin) wieder, muss feststellen, dass er ein Augenleiden hat, und trifft auf den jungen Mann Jack McCall (David Arquette), der sich aus für Bill noch unbekannten Gründen in den Kopf gesetzt hat den Gesetzeshüter umzubringen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=chceChQAVjI

Hill besetzte viele Darsteller aus früheren Filmen: Mit Ellen Barkin drehte er bereits „Johnny Handsome“, mit Diane Lane „Streets of Fire“, mit Keith Carradine „Long Riders“ und „Die letzten Amerikaner“, mit Bruce Dern „Driver“ und mit James Remar „The Warriors“, „Long Riders“ und „Nur 48 Stunden“. Während Lane, Carradine, Dern und Remar kleine, aber markige, dankbare Nebenrollen innehaben und entsprechend ausfüllen, darf Barkin als Calamity Jane eine erfreulich starke Frauenfigur meist überzeugend spielen – schade nur, dass ihre kaum erwiderte Liebe zu Bill später dann doch in den üblichen Heulkrämpfen muss, was der sonst guten Vorstellung etwas schadet. David Arquette („Scream“) spielt teilweise etwas betont ausgerastet, gefällt aber in der Rolle, John Hurt („Hercules“) bleibt mit Understatement im Hintergrund und in einer kleinen Rolle ist Christina Applegate („The Big Hit“) als toughe Prostituierte zu sehen. Vor allem aber steht Jeff Bridges („Masked and Anonymous“) als Titelfigur im Mittelpunkt, der als versoffener, eher durchs Leben taumelnder als wirkliche Ziele habender Mann des Gesetzes zwischen Selbstzweifeln und unerschütterlichem Glauben an sich selbst eine starke Vorstellung abliefert.

Doch so famos Bridges auch spielt, in seiner Doppelfunktion als Regisseur und Drehbuchautor lässt Hill den Zuschauer nie zu sehr an den legendären Revolverhelden heran. Durch Rückblenden ergibt sich ein etwas besseres Bild Bills, doch so wirklich ist nie klar, wie er zu den Ereignissen steht. Inwieweit er eine vergangene, für den Plot wichtige Liebschaft bereut und wie ernst es ihm war, wäre eine interessante, vom Film aber unbeantwortete Frage. Bill hat keine Ziele, er reagiert mehr als dass er agiert, schon sein Werdegang ist eine Art „Trial and Error“, doch immerhin reagiert er schnell und zielsicher: Seine Duelle gewinnt er selbst gegen eine Überzahl; gegen einen im Rollstuhl sitzenden Kontrahenten tritt er an einen Stuhl gefesselt heran, um diesem eine kleine Chance zu lassen.

Doch „Wild Bill“ ist ein eigenwilliger Mix, der immer wieder Schlenker macht: Legendenbildung ist mal ein Thema, dann wiederum finden sich Seitenhiebe auf Unrecht im Wilden Westen, in dem Chinesen schon dafür gehängt werden konnten, weil sie eine weiße Frau falsch ansahen. Hin und wieder geht es um die Beziehung Bills und Janes, über die man aber kaum mehr erfährt als dass sie ihm zu Füßen liegt und er ihr meist gleichgültig gegenübertritt. Als roter Faden lässt sich das Thema erkennen, dass Vergangenes immer Konsequenzen hat, wie vor allem Bill merkt, wenn er wieder und wieder für frühere Taten zu neuen Duellen gefordert wird. Und Bill ist es auch, der all diese Handlungsstränge und Themen zusammenhält, doch so distanziert wie Hills Film sich zu der Titelfigur verhält, ist diese Verbindung eben nicht sehr stark.

Das vielleicht größte Wagnis des Films ist schließlich seine Antiklimax: Die letzte halbe Stunde spielt fast nur in einem Saloon, die Karten, was die Motivation aller Figuren angeht, liegen auf dem Tisch, doch anstelle schneller Action stehen hier Dialoge im Mittelpunkt: Abschiedsreden werden gehalten, ein zögernder Möchtegern-Mörder gibt Anweisungen, weil er doch nicht weiß wie er mit der Situation umgehen soll. Zwischendrin gibt es eine längere Schießerei, die Hill jedoch anders als die vorigen Auseinandersetzungen inszeniert: Teilweise bewusst unübersichtlich, ohne die Befriedigung klassischer Actiongelüste – und sie ist noch nicht einmal das die Fronten klärende Ende, sondern sein Film läuft noch weiter, mit einem fast schon banalen Ende für einen großen Helden.

Hills Inszenierung ist gewohnt stark in ihrer nüchternen, distanzierten Weise, die eben eher an der Darstellung der damaligen Lebensverhältnisse und weniger an aufregenden Schauwerten interessiert. Dabei kann sich Hill auf sein Ausstattungsdepartment verlassen: Kostüme, Sets und Requisiten beschwören ein stimmiges, eher unglamouröses Bild des Wilden Westen herauf, geben dem Film eine geerdete Natürlichkeit, die zu Hills kritischem Blick auf die Legende Will Bill passt.

„Wild Bill“ macht es seinem Zuschauer nicht einfach: Einerseits ist Walter Hills Schilderung von Bills Deadwood-Aufenthalt stark inszeniert, oft mit einem angenehmen Augenzwinkern, besitzt eine tolle Besetzung und geht dramaturgisch manches Wagnis ein. Leider zahlt sich nicht jedes davon aus, seltsam distanziert erscheint der Film nach seinem schwungvollen Auftakt, etwas wenig kohärent, trotz der Konzentration auf eine Episode aus Bills Leben. Vielleicht war das der Grund, dass Hill später „Deadwood“ aus der Taufe hob, um das Leben dort noch in gebührlicher Sorgfalt zu untersuchen.

Die deutsche DVD von MGM/UA bietet als Bonus lediglich einen Trailer, ist mit FSK 16 ungekürzt und bietet den Film in guter Qualität.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: MGM/UA__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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