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Run All Night

Originaltitel: Run All Night__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Jaume Collet-Serra__Darsteller: Liam Neeson, Ed Harris, Joel Kinnaman, Boyd Holbrook, Bruce McGill, Genesis Rodriguez, Vincent D’Onofrio, Lois Smith, Common, Beau Knapp, Patricia Kalember, Holt McCallany, Radivoje Bukvic, Nick Nolte u.a.
Run All Night

Liam Neeson und Joel Kinnaman erleben eine lange Nacht in „Run All Night“

Nach „Unknown Identity“ und „Non-Stop“ markiert „Run All Night“ die dritte Kooperation von Hauptdarsteller Liam Neeson und Regisseur Jaume Collet-Serra, während Produzent Joel Silver, der alle vorigen Regiearbeiten Collet-Serras bis auf „Goal II“ produzierte, nicht mit von der Partie ist.

Es geht, wie so häufig im (aktuellen) Actionkino um alt gewordene Männer der Tat. In diesem Fall ist der Protagonist der Mafiakiller Jimmy Conlon (Liam Neeson), der für seinen Jugendfreund und Arbeitgeber, den Gangsterboss Shawn Maguire (Ed Harris), hinderliche Personen unter die Erde brachte. Doch so sehr am Boden wie Jimmy zu Beginn des Films war ein Actionheld selten, selbst Clint Eastwood als Ben Shockley in „Der Mann, der niemals aufgibt“, Bruce Willis als Joe Hallenbeck in „Last Boy Scout“ und Arnold Schwarzenegger als Jericho Cane in „End of Days“ bekommen da harte Konkurrenz: Stets einen Drink im Anschlag und eine Fluppe im Mund, um Geld bettelnd und abgeranzt wird der frühere Hitman von den anderen Gaunern verlacht und von Shawns Sohn Danny (Boyd Holbrook) erniedrigenderweise dazu gezwungen den Weihnachtsmann auf einer Feier zu spielen.

Dabei ist Danny selbst alles andere als gut dran: Er hat albanischen Drogengangstern Geschäftskontakte versprochen und bereits Geld kassiert, doch Shawn lehnt das Drogengeschäft ab. Da Danny seinen Vorschuss bereits verprasst hat, sieht er nur eine Möglichkeit: Er bringt seine Geschäftspartner um, deren Chauffeur niemand anderes als Jimmys Sohn Mike (Joel Kinnaman) ist, der Zeuge der Tat wird. Mike flieht, man verständigt Jimmy ihm ins Gewissen zu reden, doch das ist nicht einfach: Vater und Sohn haben sich einander entfremdet, Jimmys Tätigkeit wegen, weshalb „Run All Night“ sie alsbald als Partner wider Willen präsentiert, dabei aber auf jede Buddy-Komik verzichtet, sondern diesem Actionthriller ein gutes Stück Familiendrama hinzufügt.

Danny will Mike beseitigen, entgegen der Anweisung seines Vaters, wird aber dabei von Jimmy getötet, woraufhin Vater und Sohn nun beide auf der Abschussliste der irischen Mafia stehen. Doch Jimmy trägt nicht umsonst den Spitznamen The Gravedigger, während er sich gegen die Häscher Shawns wehrt…

httpv://www.youtube.com/watch?v=3_C15SdpRQQ

Run All Night

Jimmy (Liam Neeson) und Mike Conlon (Joel Kinnaman) haben sich nicht viel zu sagen

„Run All Night“ will mehr als nur einfache Genreware sein, mehr nur Standards bedienen, was sich Collet-Serras Actionthriller gleichzeitig als Fluch und als Segen erweist. Als Fluch, da der Film öfters mit Tempoproblemen zu kämpfen hat, gerade dann, wenn er bei der Familiengeschichte mehr Tiefe suggeriert als eigentlich da ist, Mike und Jimmy im letzten, eigentlich das Tempo anziehenden Drittel noch zu einem dramaturgisch mehr oder minder unnötigen Verwandtenbesuch schickt und durch derartige Szenen für die eine oder andere Länge sorgt. Zudem ist der Stoff nicht neu: Jimmy erlangt durch seine Taten der verlorenen Respekt zurück, ein alternder Killer auf der Suche nach Erlösung, die ihm nur der Filius gewähren kann, der sich wiederum vom Gangsterleben losgesagt hat. Es wirkt oft so als verberge sich in „Run All Night“ ein flotter 90-Minüter, den man allerdings in das Gewand eines Zwei-Stunden-Films gesteckt hat.

Doch der familiäre Aspekt hat auch seine Meriten, gerade wenn das Thema der Väter und Söhne bzw. Sühne auf Danny und Shawn als Spiegelbildfiguren zu Jimmy und Mike ausgedehnt wird. Der eine Sohn ein Versager in der Obhut seines erfolgreichen Vaters, der andere ein unabhängiger Selfmade-Man abgenabelt vom abgehalfterten Daddy. Beide Väter dagegen Jugendfreunde, was dem Konflikt eine Tragik verleiht: Shawn weiß um die Mängel seines Sohnes, ist ein Gangster mit Ehrenkodex, der nach tragischen Vorfällen bewusst aus dem Drogenhandel ausstieg, und doch gebieten der persönliche Schmerz, der seiner Frau und sein Kodex eben auch die Jagd nach Jimmy und Mike. Das sorgt für einige einprägsame Szenen, etwa das Telefongespräch, in dem Jimmy Shawn über den Tod seines Sohnes informiert, was das Potential des Scripts von „Out of the Furnace“-Autor Brad Ingelsby zeigt.

Run All Night

Shawn Maguire (Ed Harris) will Vater und Sohn tot sehen

Leider sind nicht alle Subplots und Nebenfiguren so gut eingebunden. Ein Ghettojunge, dem Mike als Mentor dient, erfüllt als weiterer Mordzeuge zwar eine Plotfunktion, kommt aber nur selten wirklich als echter Charakter im Film an, während Detective Harding (Vincent D’Onofrio) als Cop, der Jimmy schon ewig drankriegen will, auch nur als Verkomplizierung des Jagdszenarios dient: Er glaubt fest, dass die Conlons Dreck am Stecken haben, was nicht ungerechtfertigt ist, und ist selbst als einer der wenigen Cops, die nicht auf Shawns Gehaltsliste stehen, trotzdem noch eine Gefahr für die beiden, aber auch nicht mehr als das. Eine eindimensionale Jägerfigur ohne großes Profil, was noch mehr für den Profikiller Andrew Price (Common) gilt, den Shawn neben seinen eigenen Leuten auf Jimmy und Mike ansetzt.

Immerhin steht Price für eines der zentralen Themen des Films: Das Alte gegen das Neue. Während der harte Hund Jimmy mit einfachen Mitteln kämpfen muss, einmal sogar mit einem alten Repetiergewehr, ist Price mit Nachtsichtgerät und moderner Pistole mit Laservisier unterwegs. Dieses Gefecht wird als zweiter Teil eines dramaturgisch etwas unschönen Doppelshowdowns ausgetragen, nachdem die wichtigste Schlacht noch geschlagen ist, was ein weiteres Tempoproblem des Films darstellt, auch wenn das Aufeinandertreffen von alter und neuer Schule immerhin inhaltlich reizvoll ist.

Run All Night

Detective Harding (Vincent D’Onofrio) versucht schon lange Jimmy zu überführen

Reizvoll ist auch Collet-Serras Inszenierung von Raum, die man schon in „Non-Stop“ erkennen konnte. Wenn die Position der Figuren innerhalb der Stadt durch (gelegentlich überinszenierte) Fahrten durch die Straßenschluchten dargestellt wird, dann ist das eher eine nette Spielerei, vor allem kommt dieses Talent aber in den Actionszenen zu tragen. Egal ob Danny den fliehenden Shawn durch mehrere Gärten hetzt, eine Prügelei eine öffentliche Toilette demontiert (inklusive der ungewohnten Verwendung eines Handtuchspenders) oder man sich im Wald belagert – erfreulich klar werden die Kontrahenten positioniert, die Action nur selten verschnitten. Freilich könnte der Mix aus kurzen Feuergefechten, rohen Nahkampfeinlagen und Verfolgungsjagden den einen oder anderen Schauwert mehr bieten, als gute Hausmannskost überzeugt der Krawall aber, wobei vor allem das Set-Piece in einem brennenden Wohnblock als Highlight des Films durchgeht – schade, dass beide Teile des Doppelshowdowns dagegen abfallen und etwas enttäuschen.

Dabei profitiert der Film mal wieder von Liam Neeson („The Grey“), der seine Hard-Boiled-Rollen der letzten Jahre stets mit der nötigen Gravitas und dem nötigen Facettenreichtum auszustatten weiß, selbst wenn die Parts manchmal etwas klischeehaft sind, wie auch hier. Ed Harris spielt wie bereits in „Im Vorhof der Hölle“ denn irischen Gangsterchef als charismatische Figur, während Joel Kinnaman („RoboCop“-Remake) sich durchaus okay schlägt, aber hinter Neeson und Harris zurückbleibt. Common wird als Hitman nicht so recht gefordert, ähnlich sieht es bei Bruce McGill („Exit Wounds“) als rechte Hand Shawns aus, während Vincent D’Onofrio („Escape Plan“) immerhin noch mit Markigkeit das Beste aus seiner Rolle macht und daher Akzente setzen kann. Nick Nolte hat mal wieder einen seiner Auftritte als nuschelnder alter Sack (siehe dazu unter anderem „Warrior“, „Parker“, „Gangster Squad“), während einprägsame Gesichter wie Holt McCallany („Blackhat“), Radivoje Bukvic („Stirb langsam 5“) und Boyd Holbrook („A Walk Among the Tombstones“) den Nebenrollen etwas Profil verleihen.

„Run All Night“ ist angenehm erdgebunden, erfrischend rau und stark besetzt, zumal Jaume Collet-Serra den Film recht souverän inszeniert. Leider ist der Film stellenweise unnötig in die Länge gezogen und die Schauwerte könnten mehr sein, aber recht gute Hausmannskost für den Fan des kernigeren Actionthrills ist dabei schon herumgekommen.

„Run All Night“ wird am 16. April 2015 von Warner in die deutschen Kinos gebracht.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 16.4.2015 in den deutschen Kinos

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