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Safe

Originaltitel: Safe__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Boaz Yakin__Darsteller: Jason Statham, Catherine Chan, Robert John Burke, Reggie Lee, James Hong, Anson Mount, Chris Sarandon, Matt O’Toole, Danny Hoch u.a.
Safe

Safe Jason Statham

Chinesenmafia, Russenmafia und amerikanische Polizei treffen aufeinander. Sie alle messen einer konfusen, scheinbar willkürlichen Zahlenreihe genug Bedeutung bei, dass sie einen ganzen Stadtteil ins Chaos zu stürzen vermag. Ihr haftet nichts Schönes oder Faszinierendes an, so wie ein Gemälde in einem Heist-Movie, das von einem Gentleman-Ganoven gestohlen wird. Im Gegenteil, sie ist für sich gesehen bloß langweiliges Mittel zum Zweck, ja dermaßen langweilig sogar, dass der chinesische Gangsterboss nicht einmal überprüfen will, ob die hochintelligente Mei (Catherine Chan) sie auch wirklich mit nur einem Blick auswendig gelernt hat. Er vertraut darauf, weil die Zahl viel zu lang ist, um sie sich anzuhören. Gangsterbosse haben Besseres zu tun. Die Zahl zu verwenden, beispielsweise.

In Sachen Konstellation und Setting ist „Safe“ ein weiterer typischer Fließband-Statham: Ein Einzelgänger kämpft sich mit stoischer Gelassenheit durch Horden von zwielichtigen Anzugträgern in der Absicht, einer unschuldigen Seele das Leben zu retten. Statham ist für die Beschützerrolle prädestiniert, insbesondere, wenn es um eine Elfjährige geht, die ihm in Sachen Intelligenz zwar weit voraus ist, in Sachen Lebenserfahrung aber binnen 90 Minuten viel von ihm lernen wird.

Aus der Ferne betrachtet möchte man bei einem derartigen Plot an „Mercury Puzzle“ denken, in dem Bruce Willis einen autistischen Jungen beschützen musste, der einen begehrten Code in seinem Gehirn gespeichert hatte. Dem „Stathamismus“ sieht das, Fortführung des „Willisismus“, die er ist, nur ähnlich. Geht man näher ins Detail, hält der Vergleich aber nicht länger stand: Alleine schon das Mädchen verfügt über mehr agierende Persönlichkeit, als man in einem solchen Film bei einer Figur ihres Schnitts je vermuten würde. Ihr gelingt es gar, alle Szenen zu dominieren, in denen sie spielt, weil ihre Figur aus jeder noch so verschlüsselten Lage mit verblüffender Treffsicherheit den Subtext herauszulesen weiß, wie es selbst viele Erwachsene im mit FSK18 beschränkten Kinosaal nicht könnten. Dass man ihr die Fähigkeit abnimmt, liegt vielleicht daran, dass sie die Schlussfolgerungen aus einer Situation nicht für sich behält, wie es ein Erwachsener machen würde, sondern sie ungeachtet der Konsequenzen in kurzen und präzisen Sätzen einfach in den Raum schleudert.

So beginnt das Statham-Vehikel szenenweise, sich mit kleinen Überraschungsbömbchen über seinen Status als gewöhnliches Gangster-Baller-B-Movie zu hieven. Ähnlich wie beim Genre-Erfolg „96 Hours“ macht sich eine gewisse Art von Konsequenz breit, die einem Gros der ansonsten ähnlich gelagerten Ostblockproduktionen gefallener Actionheroen systematisch fehlt. Während Pierre Morels Entführungskracher sich aber mit dem pointierten, zynischen Bruch in Action- und Gewalthöhepunkten begnügte, nutzt Boaz Yakin die formelle Ebene noch weiter aus. Der zackige Schnitt erhebt sich zum Hauptmarkenzeichen des Films: Lichter von Bars und Edelrestaurants verwackeln zu einem gleißenden Strahl, der einen Jason Statham untermalt, der seit „Crank“ offenbar niemals aufgehört hat, zu rennen. Die schnelle Abfolge von Schnitten und aufwändigen Perspektivwechseln steht dabei immer an der Grenze zur Unübersichtlichkeit, bekommt aber stets gerade noch die Kurve.

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In Sachen Gewalt konzentriert sich Yakin auf Öffentliches und lässt das Private, das „96 Hours“ noch so sehr auskostete, weitgehend außen vor. Zwar baut sich in einer der ersten Szenen im Close-Up von Stathams Gesicht rasende Wut auf, gekrönt von einer einzelnen fließenden Träne, während er vor Gangstern auf dem Boden knien muss und den Lauf einer Waffe am Hinterkopf spürt, doch zum befriedigenden Ausbruch kommt es nie, zumindest nicht im psychologischen Sinn. Wer also auf den „Give-`em-Hell“-Effekt hofft, der für den Rache-Thriller so obligatorisch ist, wartet vielleicht besser auf „96 Hours 2“. „Safe“ fischt eher in Christopher-Nolan-Gewässern und verfrachtet die Action von intimen Plätzen in Public Locations, ohne deswegen aber auch nur auf einen Hauch von Härte zu verzichten. Der Einzelne wird auf Seiten der Täter wie auch der Opfer selbst unter Hunderten von Zeugen als verzichtbar dargestellt. Die Bösen fallen wie die Fliegen, sind aber noch genug an der Zahl, um auch mal ein paar Polizisten in der Pflicht zu erwischen oder gar eine Geisel brutal von hinten niederzuschießen. In der Summe ergibt das nicht selten pures Chaos, bestimmt von blind wütenden Menschenmassen, die in Panik Amok laufen und den gepflegten Ablauf in Etablissements oder im Straßenverkehr empfindlich stören. Reine Blutgier verbirgt sich aber selbst hinter den Hinrichtungen in der Öffentlichkeit nicht, denn das Vorgehen insbesondere der Chinesen ist nicht nur kalt und berechnend, sondern auch immer logisch, selbst wenn der Gewaltakt sinnlos erscheint.

Irgendwann wagt es das Drehbuch sogar, das Mädchen und damit die Wurzel der Geschichte zumindest zeitweise komplett aus dem Spiel zu nehmen, so dass der Eindruck erweckt wird, hier prügeln sich gestandene Männer wie die Tiere um ein Phantom oder einen McGuffin. Zwar kommt der Film dadurch erzählerisch etwas ins Schwanken, doch umgekehrt ist das ein geschickt platzierter Kommentar zum Wert des Geldes und des Lebens eines Menschen, wodurch der Film eine Reflektiertheit erreicht, die man ihm angesichts des immensen Bodycounts nicht zugetraut hätte. Als dann schließlich noch eine Mano-à-Mano-Abrechnung empfindlich durchkreuzt wird, nehmen Ehre und Stolz der Figuren endgültig ihren Hut.

All diese Momente des angehaltenen Atems ändern zwar nichts daran, dass auch „Safe“ im Grunde seines Wesens wieder typisch für Statham ist und getrost auch erst später zu Hause auf DVD gesichtet werden kann, doch wegen seiner Schnelligkeit, der beim New-Hollywood-Kino abgeguckten Räudigkeit und nicht zuletzt der brutalen Konsequenz im Waffenumgang empfiehlt er sich weit vor seinen dtv-Releases und auch diversen Kinoproduktionen.

Sascha Ganser (Vince)

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Studio: Lionsgate__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein

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