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FPS: First Person Shooter

Originaltitel: FPS: First Person Shooter__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 2014__ Regie: Andreas Tom__Darsteller: Sebastian Kettner, Atlanta Lützelschwab, Achim Lützelschwab, Sascha Strack, Tobias Winkler u.a.
FPS: First Person Shooter

Ein 3D-Shooter als Film? “FPS: First Person Shooter” ist genau das!

Gerade auf großen Messen rund um das Thema Video-/PC-Games oder auch bei großen E-Sport-Events gibt es häufig auch einen mit einer großen Leinwand ausgestatteten Raum, wo man erfahrenen Spielern oder gar ganzen Spieler-Clans bei ihren Zocker-Sessions zuschauen darf. Auch auf Youtube gibt es die Möglichkeit, sich sogenannte Walkthroughs anzuschauen, also Videos, in denen ein Zocker ein ganzes Spiel von Anfang bis Ende durchspielt.

Es scheint also tatsächlich das Bedürfnis zu geben, zuzuschauen, wie andere Gamer zocken, ohne dass man selbst aktiv ins Geschehen eingreifen kann. Diesen Fakt nahmen die Macher von „FPS: First Person Shooter“ zum Anlass und inszenierten im Grunde einen filmischen Walkthrough. Dazu nahmen sie die Grundregeln eines 3D-Shooters her, kleideten ihn in ein Horrorgewand und verurteilten den Zuschauer zum passiven Angucken. Das mag wenig ersprießlich klingen, das Ergebnis jedoch weiß in seinen besten Momenten richtiggehend zu begeistern.

httpv://www.youtube.com/watch?v=UI-7Ur5EOEw

Das beginnt schon beim Einstieg in den Film. Über eine MS-DOS Befehlszeile wird zunächst erst einmal ordentlich gecheated! Der Supergore-Modus wird gestartet. Danach wird über ein 8-Bit Menü die Option „Farbe des Blutes“ auf tiefrot eingestellt. Unter diesen herrlich absurden Momenten tönt genialste Konsolenmusik von anno dazumal. Es folgt ein absolut simples, beinahe wehmütig machendes 8-Bit-Grafik-Intro, das die Grundsituation etabliert:

FPS: First Person Shooter

Unser Held levelt seine “Waffen” auf…

Eine Zombie-Seuche ist ausgebrochen und greift um sich. Händeringend sucht man nach einem Gegenmittel. Der Held unseres Spiels wartet derweil daheim auf seine Perle. Die dabei zum Einsatz kommende Pixelfigur ist im Übrigen alles, was uns der Film zum Aussehen unseres Helden verraten will. Da seine Liebste einfach nicht kommen will, schmeißt sich unser Held in eine Art Motorradkluft und startet durch zum Arbeitsplatz seiner Holden. Erst jetzt startet sozusagen die 3D-Engine des Filmes.

Durch die Nacht rasend brummelt unser Held noch mehr Informationen aus: Seine Perle arbeite in einer alten Klink, fernab der Zivilisation, um auch ein Heilmittel gegen die Zombies zu finden. Doch habe sie wiederholt davon berichtet, dass irgendwann ein neuer Arzt aufgetaucht sei, der alles verkompliziert und geheime Experimente durchgeführt habe. Genau diese Info war es im Grunde auch, die unseren Helden in die Nacht aufbrechen ließ. Er ahnt, dass seiner Holden etwas zugestoßen sein könnte. Vor der Klinik wird er niedergeschlagen und er erwacht, angekettet an einen Heizkörper, im Inneren des Gebäudes.

Nach diesem Intro steigt dann der eigentliche 3D-Shooter Teil. Unser Held, respektive der Zuschauer, der ja nun alles aus First Person Sicht miterlebt, befreit sich und beginnt Zimmer für Zimmer die Klinik zu erkunden. Dabei findet er Waffen, Health-Packs, Munition, Gegenmittel gegen die Zombie-Seuche und immer wieder auch Informationsfetzen, die die Hintergrundstory des Filmes erweitern. Schritt für Schritt arbeiten wir uns so vor. Die einzelnen Stockwerke des Hauses fungieren als Levels. Alle beginnen großartigerweise mit einem „Autosave“ und enden mit einem Killscore. Während der Level wird immer wieder mal das „HUD“ eingeblendet (also das Head-Up Display und damit alle Statusinformationen ala: Anzahl der Kugeln, Gesundheitszustand des Helden und welche Gegenstände er schon gesammelt hat).

Dabei ahmt der Film perfekt den Look von 3D-Shootern nach: Via Wiegeschritt schleichen wir durch die heruntergekommenen Räumlichkeiten. Im unteren Bilddrittel ragen unsere Hände in den Raum und wir sehen auf den ersten Blick, wie wir bewaffnet sind. Werden wir getroffen, färbt sich der Bildschirm rot. Treffen wir, spritzt ebenfalls Blut gegen den Bildschirm. Wenn wir sterben, starten wir einfach ein Savegame und beginnen das jeweilige Level von vorn. Gerade diese Momente zaubern einem immer wieder ein schräges Grinsen ins Gesicht. Die First Person Sicht wird im Übrigen immer mal wieder aufgebrochen und um Einstellungen aus anderen Perspektiven ergänzt. Zum einen, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken, zum anderen sicher auch, um den Zuschauer nicht zu überreizen. Denn ein wenig Motion Sickness stellt sich bei dem Film schon irgendwann ein.

FPS: First Person Shooter

“FPS: First Person Shooter” ahmt den Look eines 3D-Shooters perfekt nach.

Derweil werden wir im Übrigen in einer Tour mit coolen Sprüchen vom Helden zugeschmissen. Der macht sich einen Spaß daraus, vor allem bekannte Kinderreime brachial umzudichten. Das ist irgendwann viel zu cool und auch etwas nervig. Zu dem Helden baut man auch darum keine rechte Bindung auf (seine Gesichtslosigkeit verschärft die mangelnde Identifikationsfläche noch). Was natürlich insofern seltsam ist, dass ja eigentlich der Zuschauer zugleich der Held ist. Eine verquere Situation, an der aber auch schon diverse Games des Genres gescheitert sind… Die Maskeneffekte des Filmes sind großartig. Die Splattereinlagen sind zwar blutig, aber nicht sonderlich brutal. Meist verdecken „unsere“ Hände die saftigsten Momente.

Wäre dieser Film ein Spiel, würde man ihm den geringen Umfang und das arg niedrige Gegneraufkommen ankreiden. Auch die Künstliche Intelligenz der Gegner ist höchst mangelhaft. Sie stapfen einfach immer straight auf den Zuschauer zu. Zudem schafft der Film es aufgrund seiner sehr durchschaubaren Schockmomente nicht, echte Spannung oder eine beklemmende Atmosphäre aufkommen zu lassen. Obwohl das Potential dank toller Schauplätze dagewesen wäre. Vor allem im Finale, das ein grandioses Setting in Form eines ehemaligen Bergwerkes vorzuweisen hat, hätte man einfach mal richtig aufdrehen sollen. Die engen, verwinkelten Gänge und das Unwirkliche des Schauplatzes hätten dem Film einige Adrenalin-Spitzen verschaffen können.

Das Hauptproblem des Streifens aber ist, dass er einfach zu wenig dynamisch ist und infolgedessen ein wenig behäbig wirkt. Während man ihn schaut, denkt man mehrmals, dass der den Helden steuernde „Spieler“ echt luschig vorgeht und viel zu schissig agiert. So kommt nie wirklich Tempo auf. Zudem wirkt der Film häufiger sehr repetitiv, etwa in „Grinding-Situationen“, in denen er bereits bekannte Schauplätze nochmal aufsucht. Das mag nah an der Game-Erfahrung sein, macht im Film aber keinen echten Spaß. Im zweiten Drittel findet der Held dann auch mehr Hinweiszettel mit Storyfetzen als Gegner. Kurzum: Man wünscht sich letzten Endes viel mehr Action und Bewegung… und „FPS: First Person Shooter“ in einer Kurzfilmversion. Mit einer Laufzeit von 45-50 Minuten hätte der Film vermutlich richtig extrem gerockt. Auch dank großartiger Momente wie dem, in dem mal eben die Grafik auf 8-Bit umgestellt wird und wirklich sofort „Doom“ und „Wolfenstein“-Flair aufkommt. Der Film zeugt von der Begeisterung seiner Macher für 3D-Shooter und er hat tolle Ideen. Er hat auch ein erstaunliches Ende. Dazu zwei tolle Settings (Krankenhaus und Bergwerk) und einen herrlichen Score. Zudem kann er recht gut verbergen, dass er mit wirklich minimalen Mitteln in Szene gesetzt wurde. Aber so richtig zünden will er einfach nicht…

Die deutsche DVD/Blu-ray erscheint von NEW KSM und ist mit einer FSK 18 Freigabe ungeschnitten.

In diesem Sinne:
freeman


……


“FPS: First Person Shooter” entpuppt sich als ideenreiches Low-Budget-Handwerksexperiment

Der Egoshooter als Langspielfilm im frühen Praxistest, und dann noch ausgerechnet aus dem deutschen Amateurfilmlager. Ein Unterfangen, das in Sachen Perspektive und Pacing unmöglich zu ungebremster Unterhaltung führen kann. „Doom“ hatte vor gut zehn Jahren schon seine Gründe, nur eine First-Person-Szene und keinen First-Person-Film zu drehen. So ist „FPS“ eben am Ende des Tages ähnlich aufregend oder langweilig wie einem Kumpel beim Zocken über die Schulter zu schauen.

Da in einer Ära der Let’s Plays aber ohnehin immer mehr Videospiele nur geschaut anstatt gespielt werden, scheint die Zeit reif. Andreas Tom ergreift die Gelegenheit, einen Prototypen für ein mögliches neues Subgenre der Zukunft zu entwickeln, und tatsächlich ist „FPS“ genau das – ein unausgereifter Prototyp, der über alle naturgegebenen Macken eines solchen verfügt, aber eben auch über den abenteuerlichen Charme der Erkundung neuer Möglichkeiten.

Dass jedoch nur eine Nischensparte bedient wird, ist schnell klar. Speziell das auf schnelle Schnitte konditionierte moderne Publikum wird Probleme damit haben, wie man durch die Augen eines lidlosen Vermummten in aller Seelenruhe einen alten Krankenhauskomplex durchstreift und Routen wählt, die mit gesundem Menschenverstand weniger zu erklären sind als mit der Abgrasmethodik klassischer Videospiel-Dungeons, in denen man jeden Raum durchsuchen muss, um bloß kein Easter Egg oder Sammelobjekt zu verpassen. Zumal der namenlose Held eher schlurft wie Schluffi der Schlumpf anstatt auch mal die Beine in die Hand zu nehmen.

Generell richtet sich die gesamte Ausrichtung bevorzugt an zwei Lager, die grundsätzlich ganz hervorragend miteinander auskommen: An den Amateurfilmfan, der Kreativität großen Spezialeffekten vorzieht und dafür auch ein minimales Budget in Kauf nimmt, und natürlich an den Retro-Zocker beziehungsweise Pixeljäger, der sich in den 80ern auf Egoshooter und splattrige 2D-Scroller spezialisiert hat.

Nicht gerade attraktiv ist der schäbige Digitallook, dessen Farbgebung zum Teil schon monochrome Züge annimmt; auch die Sets und Props schreien ihre Unterbudgetierung regelrecht heraus. Das Gebäude ist eine abgehalfterte Ruine im Wald, die vermutlich sehr günstig angemietet und mit Blutspritzern, Stacheldrähten und Kunstkörpern geschmückt wurde. Abwechslung ist nur selten gegeben, etwa durch einen Dachboden oder ein unterirdisch gelagertes Tunnel-„Level“ kurz vor Schluss.

Auch die Hauptfigur nimmt wenig Rücksicht auf typische Sehgewohnheiten und steht seinerseits ganz im Dienst der Imitation alter Computerspiele. Eingeführt als Pixelgrafik, wacht sie in ihrem abgehalfterten und doch großzügigen Studioapartment auf und macht sich auf den vermeintlichen Weg in einen typischen 90er-Jahre-Stageklopper à la „Double Dragon“ oder „Splatterhouse“. Insbesondere letzterer hat seine Spuren in der Charakterzeichnung hinterlassen, denn man schlüpft praktisch selbst in die Haut eines Irren, der sich in einen bescheuerten Ganzkörperanzug kleidet, um Monster zu killen. Videospielsynchronsprecher Stephan Weyte („Blood“) gibt sich mit rauchiger Stimme reichlich Mühe, allerlei Filmzitate zu murmeln und Jingles zu summen, um den Gefahren mit möglichst viel Coolness zu entgegnen. Das mag den Identifikationspegel niedrig halten und bisweilen auch recht albern wirken, auch weicht der Sprecher von seinen inhaltslosen Statements nicht ab und unterstützt somit das Gefühl, die Agitation des Helden bringe ihn über weite Strecken keinen Deut weiter zu seinem Ziel. Doch die in vielen Shootern vorzufindende Dissonanz zwischen cooler Attitüde und beängstigender Umgebung wird damit hervorragend wiedergegeben.

Seine eigentlichen Trümpfe spielt „FPS“ aber bei den technischen Gimmicks aus. Allerlei Gimmicks, wie man sie aus alten Zocker-Zeiten kennt, werden aufgefahren und regressiv in den Film integriert – ein Grafik-Downgrade etwa, Rücksetzpunkte, Item-Leisten oder die Imitation fehlender Gegenstand-Greifanimationen mit den schnitttechnischen Mitteln des Films. Manchmal löst sich die Kamera sogar von der Egoperspektive und damit von der Hauptfigur, was die Wirkung einer Zwischensequenz erzeugt. Wer mit derlei Spielen aufgewachsen ist, wird auf überraschend originelle Weise immer wieder mit neuen Hinweisen versorgt.
Das Main Gimmick ist jedoch der eigentliche Erfolgsgarant. Die ins Bild reichenden Extremitäten und diversen Waffen, das hat Tom ganz richtig erkannt, müssen gar nicht technisch ausgereift sein. So betont er den einkopierten Charakter der Arme, die Pistolen, Macheten oder auch mal ein mit Stacheldraht umwickeltes Rückgrat umgreifen und lässt ihre dynamische Beleuchtung ein gewisses Eigenleben entwickeln. Der daraus entstehende Effekt kann sich durchaus sehen lassen und ergibt ein Alleinstellungsmerkmal in relativ einfacher Umsetzung.

Masken, Effekte und Creature Designs gehen angesichts der Möglichkeiten in Ordnung, hätten mit mehr Geld aber natürlich deutlich spannender geraten können. Insbesondere vermisst man mindestens eine Massenszene, da sämtliche Gegner stets einzeln angreifen. Symptomatisch, dass lediglich in einer kurzen Pixelsequenz eine Armada an Gegner-Spawns auf die Kamera zuläuft.

Man muss „FPS“ also als das nehmen, was er ist – ein unausgereiftes, aber ideenreiches Low-Budget-Handwerksexperiment, dessen Schwächen eng mit seinen Stärken verbunden sind. Denn seine Grenzen kann er nur ausloten, wenn er die Sehgewohnheiten ignoriert. Beim Schlendern durch die renovierungsbedürftigen Gänge und Räume sollte man im Hirn auf jeden Fall die Videospiellogik einschalten und die zögerliche Fortbewegung des Protagonisten als halluzinogenen Trip nehmen, sein Innehalten als philosophische Reflektion der eigenen Film- und Fernsehdomestizierung begreifen. Dann könnte „FPS“ Spaß machen.

Sascha Ganser (Vince)

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