Originaltitel: Gnomeo & Juliet__Herstellungsland: Großbritannien, USA__Erscheinungsjahr: 2011__ Regie: Kelly Asbury__Darsteller: Kelly Asbury, Patrick Stewart, Ashley Jensen, Jason Statham, Hulk Hogan, Jim Cummings, Michael Caine, James McAvoy, Julie Walters u.a. |
Die Tragödie „Romeo und Julia“ wurde 1597 von William Shakespeare veröffentlicht und darf sicherlich mit Fug und Recht als Klassiker der Weltliteratur angesehen werden. Die Geschichte um die verfeindeten Montagues und Capulets, deren Feindschaft unterwandert wird durch die Liebe zweier junger Menschen aus beiden verfeindeten Lagern, wurde schon mehrfach verfilmt und die grundlegende Thematik diverse Male für ähnliche Liebesgeschichten adaptiert. Warum also nicht auch mal die Kleinsten der Kleinen an die größte Liebesgeschichte heranführen?
Gesagt, getan. Federführend waren Disney und das von Elton John begründete Studio „Rocket Pictures“. Diese verfrachteten die Geschichte aus Verona in eine offenkundig britische Einfamilien-Wohnhaussiedlung. Hier leben Frau Montague und Herr Capulet Haus an Haus in der perfekten Vorort-Idylle und sind einander spinnefeind. Die täglichen Nicklichkeiten der beiden verbiesterten Briten haben sich offenkundig auch auf ihre Gartenbewohner übertragen: Rot und blau bemützte Gartenzwerge, die immer dann lebendig werden, wenn sie nicht beobachtet werden. Das ist auch die Zeit, in der sie ihre Feindschaft austragen, indem sie Unordnung im Nachbargarten anrichten oder sich bei Rasenmäher-Wettrennen duellieren.
Eines Tages kreuzen sich unverhofft die Wege des abenteuerlustigen blauen Zwerges Gnomeo mit denen der rot bemützten Julia. Und was soll man sagen, es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch wie soll das gut gehen? Eine Liebe in Heimlichkeit? Die beiden finden einen Nachbargarten, in dem sie ihre gemeinsame Zeit genießen und immer neue Abenteuer erleben. Derweil eskaliert die Lage zwischen den beiden verfeindeten Zwergenlagern. Als Tybalt, der fieseste rote Gartenzwerg, bei einem Rasenmäher-Duell mit Gnomeo in tausend Stücke zerbricht, wird Gnomeo zur Zielscheibe der Rachegelüste aller roten Zwerge…
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Eines ist mal sicher: So hat man Shakespeare noch nie gesehen. Viel bleibt von der grundlegenden Story Shakespeares zwar nicht übrig, die wesentlichsten Eckpunkte erkennt man aber eindeutig wieder. Dazu kommen eine Vielzahl an Anspielungen auf das Oeuvre des Schriftstellers: Da findet sich eine Eintrittskarte zur Aufführung der Komödie „Was ihr wollt“, Rosenkranz und Güldenstern betreiben ein Umzugsunternehmen und Julia wird in einer Szene mit dem „Kleber der Zähmung“ befestigt, eine Anspielung auf „Der Widerspenstigen Zähmung“. Highlight ist aber freilich ein Zwiegespräch zwischen Gnomeo und einer zum Leben erwachenden Statue Shakespeares: In dieser wird der korrekte Ausgang der Tragödie gespoilert, welcher direkt danach von Gnomeo als schlechtes Ende abgetan wird.
Mit einem Augenzwinkern machen sich die Autoren des Filmes, die von „Matrix“ über „Borat“ bis zu ikonischen Szenen des Actionkinos (Ninja-Zwerge, eine „One-Man-Army-Aufrüstungsmontage“) noch ein ganzes Füllhorn an popkulturellen Bezügen einbauten, in dieser Szene selbst darüber lustig, dass man freilich einen Kinderfilm wie „Gnomeo und Julia“ nicht enden lassen kann, wie es von der grundlegenden Geschichte vorgesehen ist. Egal wie sehr das als Majestätsbeleidigung aufgefasst werden könnte. Und es funktioniert. Wie das ganze wilde Konstrukt funktioniert. Der Animationsfilm wird nie langweilig, holt auch Erwachsene gut ab und amüsiert die Kleinsten mit grandios entwickelten, kauzigen Nebenfiguren.
Die Animationstechnik hinter „Gnomeo und Julia“ ist auch aus heutiger Sicht noch erstaunlich gelungen. Die Settings des Filmes, sprich die Gärten, strotzen vor Details und arbeiten mit einer knallig bunten Farbpalette. Auch das detailverliebte Figurendesign überzeugt rundweg. Man sieht jede Unebenheit in den rauen Oberflächen der Zwerge. Durch Verwitterung oder Unfälle entstandene Spuren wie abgeplatzte Farbe oder kleinere Risse geben den Zwergen einen wettergegerbten, glaubhaften Look. Die Bewegungen der Figuren sind absolut fließend und vor allem gegen Ende, wenn der Actionpegel deutlich anzieht, kommen sehr dynamische Kamerafahrten hinzu.
Ein absolutes Highlight des Filmes ist die Besetzung der Stimmen mit der Creme de la Creme der britischen Schauspielriege. James McAvoy („Enemies – Welcome to the Punch“) spricht Gnomeo, Emily Blunt („Edge of Tomorrow“) die Julia. Michael Caine („Batman Begins“) spricht den Anführer der roten Zwerge, Maggie Smith („Harry Potter“) sein weibliches Pendant bei den blauen Zwergen und „Star Trek“ Captain Patrick Stewart darf William Shakespeare vertonen. Der Bösewicht Tybalt verdankt dem Mitwirken von Jason Statham („The Expendables“) seine charakteristische, herrlich hinterhältige Lache. Allerdings muss sich Statham ansonsten stark zurückhalten, denn Gefluche in einem Kinderfilm ist nicht so gern gesehen. Ein irrer Gag ist das Mitwirken von Hulk Hogan. Er spricht einen Rasenmäher, der im Showdown für beinahe apokalyptische Zerstörungsszenarien sorgt. Kudos für diese mal wirklich schräge Idee.
Von denen hat „Gnomeo und Julia“ noch einige im Gepäck. Und sie enden definitiv nicht bei einem David-Hasselhoff-Laptop-Screensaver… Was hier relativ angetan klingt, ist im Übrigen keine Selbstverständlichkeit. Denn mir hat „Gnomeo und Julia“ bei seinem Kinoeinsatz wirklich gar nicht zugesagt. Ich fand ihn langweilig, unwitzig und irgendwie zu kindisch. Doch der Animationsstreifen ist bei mir über die Jahre gewachsen, entpuppte er sich doch als echtes Füllhorn an aberwitzigen Anspielungen und teilweise fast schon zu schrägem britischen Humor. Inzwischen habe ich sozusagen Frieden mit diesem unterhaltsamen, kleinen, in seiner Technik erstaunlich gut gealterten Trickfilm geschlossen und bin vor allem erstaunt darüber, warum mir die vielen Elton-John-Songs damals so sehr auf den Zünder gingen. Denn eigentlich treiben sie den Film formidabel an und haben ordentlich Schmiss. Nur vor dem Abspann sorgt ein Song für eine Szene, die ich in keinem Animationsfilm sehen möchte: Alle Figuren tanzen zu einem tollen Happy-End-Song. Natürlich auch die fiesen… Das ist dann doch ein wenig zu Heititeiti…
Die deutsche DVD/Blu-ray kommt von dem Label Walt Disney und ist mit einer FSK 6 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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