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Der Mann im Hintergrund

Originaltitel: Someone to Watch Over Me__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: Ridley Scott__Darsteller: Tom Berenger, Mimi Rogers, Lorraine Bracco, Jerry Orbach, John Rubinstein, Andreas Katsulas, Tony DiBenedetto, James E. Moriarty, Mark Moses, Daniel Hugh Kelly, Harley Cross, Joanne Baron u.a.
Der Mann im Hintergrund

Tom Berenger spielt den titelgebenden Personenschützer in Ridley Scotts „Der Mann im Hintergrund“

Mitte der 1980er nahm sich Ridley Scott („Black Hawk Down“) des Copthrillers an, inszeniert als Geschichte einer Beziehung, die nicht sein darf, mit „Der Mann im Hintergrund“.

Besagter Mann des deutschen Titels bzw. derjenige, der über die Protagonistin im Originaltitel „Someone to Watch Over Me“ wacht, ist der Cop Mike Keegan (Tom Berenger), den die Eingangssequenz gleich mit der weiblichen Hauptfigur, der reichen Claire Gregory (Mimi Rogers) gegenüberstellt: Während er eine ausgelassene Privatfeier mit Familie und der Quasifamilie der Kollegen feiert, geht Claire mit ihrem Freund auf eine Upper Class Party, auf der sie diverse Bekanntschaften trifft. Scott filmt das Ganze konträr, zeigt das Heim der Keegans als naturalistisch wie farbarm wirkendes Haus, während bei den Partyszenen um Claires Crew in bester Videoclipästhetik das Lichtgewitter donnert, alles gelackt und gestylt aussieht.

Allerdings wird Claire Zeugin eines Mordes, als sie sich die Kunstsammlung des Gastgebers, eines alten Freundes, ansehen will. Der hat Geschäfte mit dem Gangster Joey Venza (Andreas Katsulas) gemacht und will den jetzt wieder loswerden, doch er erzürnt die Unterweltgestalt durch sein arrogantes Verhalten und wird zum Dank direkt abgemurkst. Dass die genaue Natur der Geschäfte und Venzas Stellung in der New Yorker Unterwelt bestenfalls schwammig erläutert werden, ist symptomatisch für den Film, den die Kriminalgeschichte, die den Aufhänger fürs das Ganze bildet, kaum interessiert.

Claire wird unter Polizeischutz gestellt und in ihrem Appartement rund um die Uhr bewacht, wobei die Nachtschicht an Mike fällt. Nach einer Weile entwickeln Bewacher und Bewachte eine Faszination füreinander, die Mikes Ehe mit Ellie (Lorraine Bracco) gefährdet…

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So entwickelt sich also die zu erwartende Affäre, die Mikes Privatleben, seinen Job und unter Umständen auch seinen Auftrag gefährdet, doch Scott inszeniert das Script mit dem Elan einer Daily Soap herunter: Da wird im Schöner-Leiden-Modus geschmachtet und gestritten, während von Anfang an klar ist, dass die sich anbahnende Affäre zwischen Cop und Zeugin keinen Bestand haben kann, zu unterschiedlich sind ihre Zirkel, zu groß der Druck. Das wäre Stoff für ein Drama, doch wenig holt Scott aus der Prämisse heraus, zumal es seinen Figuren klar ist, dass sie aus verschiedenen Welten kommen, und auch verständlich zu sein scheint, dass ihre Bindung nicht von Dauer sein kann, was diesen Part schon mal seiner möglichen Dramatik beraubt. Zwar behält Scott sein durchaus interessantes visuelles Konzept bei, kontrastiert die realistisch bis trist ausschauenden Einstellungen aus der Welt der Arbeiterklasse mit den stets durchstilisierten Bildern, wenn es ins Reich der Upper Class geht; selbst Claires Apartment wirkt wie einem Designerkatalog oder einem Videoclip entsprungen.

Tatsächlich kommt die Kriminalgeschichte ansatzweise in die Puschen, nachdem rund eine Stunde Spielzeit vergangen ist. Der Fiesling ist Zuschauer wie Figuren bekannt, doch da sich die Schlinge um seinen Hals zuzieht, werden auch seine Aktionen gegen die Zeugin energischer, auch vor Mordversuchen wird nicht zurückgeschreckt, was Scott immerhin die Möglichkeit gibt die eine oder andere Spannungspassage zu inszenieren. Das ist dann auch eher gutes Handwerk als erzählerische Finesse, da man meist schon ahnt, wie das alles ausgehen wird, aber gutes Handwerk soll man auch nicht schlechtreden: Als Einzelszenen funktionieren diese Passagen ziemlich gut und bringen Leben in den Film, der sich sonst etwas sehr gemütlich und breitärschig dahinschleppt.

Ein weiteres Pluspunkt ist die Besetzung, vor allem die Nebenrollen: Lorraine Bracco („Medicine Man“) als energische Polizistenfrau, Andreas Katsulas („New York Cop“) als fieser Schurke und Jerry Orbach („Prince of the City – Die Herren der Stadt“) als Vorgesetzter hinterlassen bleibenden Eindruck. Tom Berenger („Reach Me“) in der Hauptrolle wirkt da immer etwas weniger energisch, was allerdings auch an seiner Rolle liegt: Der Familienvater und Kleinbürger, der bei seinem neuesten Auftrag außerhalb seiner Liga spielt, der nicht genau weiß, was er von Claires Zuneigung halten soll und der seinen Versuch sich zu behaupten immer etwas hilflos erscheint. Mimi Rogers („Wedlock“) spielt dagegen die Unnahbare mit gelegentlichen Rissen in der Fassade, was ebenfalls überzeugt, doch die Akzente, die setzen hier eben die Nebendarsteller.

Dass „Der Mann im Hintergrund“ bei der Beurteilung von Scotts Gesamtwerk wenig Beachtung findet, verwundert kaum: Ein gut besetzter, schnieke inszenierter, aber auch seltsam distanzierter und (vor allem in der ersten Stunde) wenig aufregender Polizeifilm, der eine Liaison mit einem seltsam distanzierten, wenig aufregenden Beziehungsdrama eingeht – das ist unterm Strich nur begrenzt einprägsam, den Leistungen von Regie und Darstellern zum Trotz.

Bisher ist der Film nur auf DVD bei Sony/Columbia Tristar erschienen. Entweder einzeln oder im Dreierpacker zusammen mit „Suspect“ und „Das Messer“ erhältlich bietet die DVD an Bonusmaterial lediglich den Trailer und ein paar Texttafeln.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony/Columbia Tristar__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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