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Walter Hills „Querschläger“

Querschläger

“Querschläger” greift eine Story-Vorlage von Regisseur Walter Hill auf.

Ein gottverlassenes Kaff im Arizona des Jahres 1932. Hier, wo nie etwas passiert, hält auf einmal ein Auto. Diesem entsteigen ein grobschlächtig wirkender Chauffeur und ein junger, weltmännisch auftretender Mann. Dieser bahnt sich seinen Weg in die örtliche Kneipe, wo er einen Whiskey bestellt und dafür gehörig ausgelacht wird. Im Amerika der Prohibition verstummt das Lachen erst, als der Mann mit einem dicken Bündel Geldscheinen wedelt. Der Wirt zapft seine geheimen Vorräte an und der Fremde beginnt sich einzuschütten. Währenddessen fragt er den Wirt nach einem Kerl namens Blondie Egan.

Erneut reagiert der Wirt eher abweisend und meint, er kenne keinen Mann mit diesem Namen. Doch der Fremde weiß, dass die Kneipe ebenjenem Blondie Egan gehört. Der baut sich dann auch sogleich vor dem jungen Mann auf und fragt, was er von ihm wolle. Da zückt der Fremde plötzlich ein Maschinengewehr und nietet Blondie und dessen Wirt eiskalt um. Der junge Mann mit der Maschinenpistole wird sich im weiteren Verlauf der Story als Roy Parker, Problemlöser, vorstellen. Und genau in dieser Mission ist er aktuell wieder unterwegs. Doch das eher unvermutet…

Denn wenige Stunden vor dem brutalen Mord an Blondie Egan hat Roy noch im Knast gesessen. Korrupte Beamte ermöglichten dem eigentlich lebenslang einsitzenden Problemlöser eine aufwändige Flucht. In Freiheit traf er sich mit dem Organisator des Ausbruchs, der sogleich eine Gegenleistung einforderte: Den Mord an drei Kerlen, die den großen Chicagoer Gangster Al (Capone) hinters Licht geführt hatten. Warum man ausgerechnet Roy für diesen Job heranzog? Nun, einer der drei Kerle bumste zu der Zeit Roys große Liebe Lena. Eine krassere Motivationsspritze kann man sich kaum vorstellen. Natürlich sagte Roy zu…

Jetzt muss er nur noch die beiden Komplizen von Blondie finden. Doch natürlich treibt er die Suche nach Lena weitaus engagierter voran…

Wie ist er gestorben?
Eines natürlichen Todes. Er schuldete Eddie Marz Geld und zahlte nicht. Als Marz’ Leute auf ihn geschossen haben, war er natürlich tot.

Walter Hill begann laut eigenen Aussagen vor über 30 Jahren an der Story um Roy Parker zu arbeiten. Irgendwann goss er das Ganze in ein Filmdrehbuch, trieb aber die Suche nach Investoren nicht wirklich aktiv voran. Stattdessen kehrte immer mal wieder zu Roys Story zurück und verfeinerte sie immer weiter. Doch erst bei den Dreharbeiten zu „Shootout“ nahm das Projekt „Querschläger“ Kontur an. Hier traf Hill nämlich den Comickünstler Matz, der ihn ungeniert fragte, ob er nicht noch einige seiner typischen Storys im Schreibtisch habe, die als Vorlage für eine Graphic Novel dienen könnten. Hill dachte natürlich sofort an seine Roy-Parker-Story „Querschläger“.

Querschläger

Ein Blick ins Artwork des prächtigen Comicbandes.

Die erinnert zunächst an eine comicgewordene Fortsetzung zu Walter Hills „Last Man Standing“ mit Bruce Willis. Wer diesen Film kennt, wird sich in „Querschläger“ sofort heimisch fühlen. Sepiafarbene Panels, eine aufs Wesentlichste reduzierte Story, schweigsame Helden, brachiale Gewalteruptionen und eine zum Schneiden dichte Atmosphäre dominieren den Band. Aufgrund der Vorliebe Roys für ein Thompson-Maschinengewehr glaubt man zudem, eine Art Vorgeschichte der von Christopher Walken verkörperten Killer-Figur in „Last Man Standing“ auszumachen.

Allerdings spielt „Querschläger“ dann doch in einem eigenen Story-Kosmos. In diesem nimmt Roy, eigentlich ein Gangster, mehr und mehr die Rolle eines Hardboiled/Film-Noir-Detektivs ein, der kleinen und kleinsten Spuren zu seiner Lena – und den Gangstern – folgt. Dabei gibt’s immer mal wieder auf die Nase und freilich verteilt er selbst auch amtlich blaue Bohnen.

Die Story ist dabei vollkommen geradlinig aufgezogen. Keinerlei Nebenstrang trübt irgendwie das Vergnügen, keine einzige Figur, die eingeführt wird, ist unwichtig. Alles arbeitet auf das große Finale hin, in dem sich der Titel des Comicbandes erklärt. Die Folge ist ein unerhört melancholischer Ausklang für diesen staubtrockenen Mix aus Krimi, Western und verklärtem Portrait der Hochzeiten der organisierten amerikanischen Kriminalität.

Querschläger

Walter Hills Markenzeichen findet man auch in “Querschläger”. Satte Shootouts.

Dabei dominieren klare, detaillierte, teilweise beinahe fotorealistische Züge annehmende Panels, die durchaus auch mal zwei ganze Seiten dieses prächtigen Comicbandes im DIN A4 Format einnehmen können und ordentlich Atmosphäre pumpen. Da braucht es nicht viele Worte… und wirklich kommt eine Vielzahl an Panels ohne jedwede Mono- oder Dialoge aus.

Doch ausgerechnet beim Helden der Chose erlaubt sich Jef, der Zeichner von „Querschläger“, meiner Meinung nach einen Fauxpas. Dieser wirkt einfach viel zu jung, viel zu glatt und teilweise beinahe androgyn in seiner Darstellung. Setzt man da die ganzen fiesen und charismatischen Gangstervisagen dagegen oder die teils wunderschönen – bevorzugt nackten – Frauenfiguren, fragt man sich direkt, warum man dieser langweiligen Figur die Daumen für irgendwas drücken soll. Was noch dadurch verstärkt wird, dass die Figur in Hills Vorlage ausschließlich über ihre Taten definiert wird und sich sowohl Hill als auch Matz bei der Umsetzung in Comicform „weigern“, Informationen über Roy herauszurücken. Man erfährt infolgedessen nicht einmal, warum Roy eigentlich einsitzt…

Die Spannung der Story leidet darunter enorm. Es fehlt eine Figur, die den Zugang zu der Geschichte erleichtert. Was durch die eigenwillige Zeichnung von Roys Freundin Lena noch mehr erschwert wird. Doch die starke Atmosphäre und die Story, die wirklich keinerlei Gramm Fett ansetzt, nehmen einen irgendwann doch gefangen. Man hört nach spätestens zehn Seiten die Klänge eines Ry-Cooder-Soundtracks, stellt sich die elegische Regie Hills vor und bekommt angesichts der genüsslich ausgekosteten Standoffs und abgefeuerten Shootouts Sabberfäden in den Mundwinkeln. Dieser vor Testosteron triefende Comicband ist ein wahrer Hill.

Die deutsche Ausgabe von „Querschläger“ erschien im Splitter Verlag und hält neben der eigentlichen Story ein äußerst wortkarges Interview mit Walter Hill bereit.

Alle Informationen zu Walter Hills „Querschläger“

Querschläger
Vorlage: Walter Hill; Autor: Matz; Zeichner: Jef
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
Verlag: Splitter-Verlag; Auflage: 1., Aufl. (Juni 2015)
ISBN-13: 978-3958390560

Leseprobe

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In diesem Sinne:
freeman

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