Originaltitel: The Taking of Pelham 1 2 3__Herstellungsland: USA/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2009__Regie: Tony Scott__Darsteller: Denzel Washington, John Travolta, John Turturro, Luis Guzmán, Michael Rispoli, James Gandolfini, Frank Wood, John Benjamin Hickey, Gary Basaraba, Ramon Rodriguez, Aunjanue Ellis u.a. |
Das Original kann man getrost als Vorläufer des modernen Actionkinos sehen, durch das Tony Scott („Top Gun“) berühmte wurde, und nun remaked dieser also „The Taking of Pelham 1-2-3“.
Hier sitzt Walter Garber (Denzel Washington) in der Leitzentrale der New Yorker Verkehrsbetriebe und koordiniert die Bahnen, früher war er mal ein höheres Tier dort. Das wird dem Zuschauer nebulös angedeutet, die Gründe gibt es dann erst später. Doch während noch in der Zentrale rumort, da besetzen Terroristen bereits die U-Bahn 1-2-3, wie uns die nett montierte Eingangssequenz zu den Klängen von treibender Mucke zeigt.
Mit faszinierender Präzision wird also die Bahn unter Kontrolle gebracht und alle Wagen abgekoppelt, mit Ausnahme des ersten. Das gibt zwar weniger Geiseln, ist aber einfacher zu kontrollieren. Bösewichtsboss Ryder (John Travolta) spricht sich da noch sehr gegen unnötiges Blutvergießen aus, erschießt später dann aber extrem leichtfertig Geiseln, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen – da wirkt der Film nicht unbedingt wie aus einem Guss, aber das Problem tritt an mehrerlei Stellen auf.
Ryder stellt seine Forderungen an die Zentrale, Garber ist der, der sie annimmt: 10 Millionen Dollar innerhalb einer Stunden, ansonsten minütlicher Geiselexitus. Garber wird ungewollt zum Verhandlungsführer, doch scheinbar verfolgt Ryder noch ganz andere Pläne…
httpv://www.youtube.com/watch?v=U57kusgI7ho
Holla die Waldfee, da hat Scott ja echt eine Besetzung von Rang und Namen zusammengetrommelt, wobei sein neuer Standardhauptrollendarsteller Denzel Washington („Unstoppable“) hier doch etwas zu brav daherkommt, so sehr man sich auch um Ambivalenz bemüht und so gewohnt solide Washingtons Schauspiel rüberkommt. Travolta („From Paris with Love“) genießt seine neuerliche Fieslingsrolle sichtlich und gleich damit aus, dass das Drehbuch sich nicht ganz entscheiden kann, ob er jetzt kalter Killer, uneinschätzbarer Psychopath oder doch irgendwie menschelnder Übelwicht sein soll. Tadellos hingegen John Turturro („Transformers“) als zuständiger Polizeibeamter, guter, wenngleich unterforderter Support sind James Gandolfini („Zero Dark Thirty“) und Luis Guzman („In the Blood“).
Mit dem 70er-Jahre-Film hat das Remake dann abseits der Prämisse nur wenig gemein und Tony Scott macht das inszenatorisch deutlich. Das Stilmittelgewitter Marke „Man on Fire“ und „Domino“ lässt er zwar nicht auf den Zuschauer niederprasseln, aber wieder tendiert sein neuester Film in die Richtung des style over substance, der mit häufig eingesetzten Reißschwenks, Zeitraffungen und wiederholten Einblendungen der Topographie New Yorks ein Gefühl von Drive und Dynamik vermitteln will, selbst wenn wenig passiert.
Anfangs ist „The Taking of Pelham 1-2-3“ auch noch ein ordentlicher, wenngleich nicht sonderlich origineller Actionthriller, der dem Duell seiner Hauptdarsteller Raum lässt und sich auf gut getimte Wortwechsel (häufig unterstützt durch 360-Grad-Kamerafahrten) verlassen kann. Auch der Plot ist etwas komplexer als es anfangs scheint, Ryder verfolgt halt noch tiefergehende Pläne, in der Leitstelle schwelen die kleinen Konflikte.
Doch all das, was da aufgebaut wird, das verliert zunehmend an Bedeutung. Ryders Plan ist kein Novum und man fragt sich, warum die Guten alle so lange brauchen, um dahinter zu kommen, man deckt seine wahre Identität auf, doch auch die ist bedeutungslos, der schüchterne Bürohengst Garber mutiert plötzlich immer mehr zum starken Mann, beim Finale auf der Brücke hat Ryder eine gänzlich unnachvollziehbare Forderung an seinen Kontrahenten, der so durchdachte Plan ist schlussendlich dermaßen easy zu durchkreuzen usw. Das ärgert dann schon etwas, zumal der Film bald in übelste Schwarz-Weiß-Malerei verfällt: Ein früheres Fehlverhalten Garbers war an sich gar keines, wie uns seine Beichte dann erklärt, Garber und Camonetti (John Turturro) treffen immer die moralisch richtigen Entscheidungen, der Rest oft die falschen – allein der unsympathische Chef John Johnson (Michael Rispoli) darf sich gegen Ende noch etwas wandeln.
Für den Actionfan bietet Tony Scott in seiner neuesten Kreation dann eher wenig, auch wenn ein Geldtransport nicht ohne Blechschäden abgeht – die Unfälle machen zwar nicht so recht Sinn, sehen aber schick aus. Ein paar kurze Feuergefechte gibt es obendrauf, die sind auch ganz solide gemacht, aber nur die Erschießung der Gangster auf der Kreuzung bleibt hängen.
So ist es dann mal wieder Inszenierung Tony Scotts, die „The Taking of Pelham 1-2-3“ noch ins Mittelfeld hievt und genug Dynamik erzeugt. Das Script wandelt sich nämlich vom brauchbaren Hauptdarstellerduell zum planlosen Gewirr von Unglaubwürdigkeiten und Schauwerte gibt es nur wenige.
DVD und Blu-Ray von Sony bieten den Film ungekürzten, ab 16 Jahren freigegebenen Fassung und sind tadellos in Sachen Bonusmaterial: Neben mehreren Making Ofs gibt es gleich zwei Audiokommentare, einen von Regisseur Tony Scott sowie einen von Drehbuchautor Brian Helgeland und Produzent Todd Black.
© Nils Bothmann (McClane)
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