Originaltitel: The Last Ship__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Jack Bender, Jonathan Mostow u.a.__Darsteller: Rhona Mitra, Adam Baldwin, Eric Dane, Tommy Savas, Kevin Michael Martin, Chris Sheffield, Hope Olaide Wilson, Ben Cho, Amen Igbinosun, Charles Parnell u.a. |
Dass Michael Bay sich irgendwann in den großen Serienzirkus einschalten würde, war eigentlich abzusehen. Serien sind der heiße Scheiß. Und mit Serien kann man Geld verdienen. Und was macht Bay? Er debütiert mit einer Serie, die all das macht, was man sich in Filmen nicht mehr traut!
„Black Sails“ wurde zu weiten Teilen auf dem offenen Meer gedreht, mit originalgetreuen Nachbauten historischer Schiffen und Piraten-Kähne! Dazu kam eine schwelgerische Ausstattung und eine Story, die von Intrigen, fiesen Piraten und nackten Girls angetrieben wurde und so gar nichts mit den „Fluch der Karibik“-Familien-Blockbustern gemein hatte. Und es funktionierte!
Das zweite Serienprojekt von Michael Bay heißt „The Last Ship“ und wird ebenfalls zu großen Teilen auf offener See gefilmt. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten mit „Black Sails“. Denn für den familienfreundlicher aufgestellten TV-Sender TNT schraubte man den Sex-, Gewalt- und Komplexitätsfaktor deutlich nach unten.
httpv://www.youtube.com/watch?v=oCEs6osZthA
Episodenführer der ersten Staffel von „The Last Ship“
Episode 1: Phase 06
Captain Tom Chandler wird mit der Besatzung seines Schiffes „Nathan James“ entsandt, um in der Antarktis ein geheimes neues Waffensystem für die Navy auszutesten. Für die Dauer dieser Mission, die sich Monate hinziehen wird, besteht absolutes Funkverbot. Damit kann sich Chandler natürlich arrangieren. Nicht so toll findet er allerdings die Gegenwart zweier Forscher, die während des langen Aufenthaltes in der Antarktis beständig etwas zu suchen scheinen, deren Arbeit aber selbst für seine Gehaltsklasse Top Secret ist.
Aus allen Wolken fällt er, als urplötzlich russische Kampfhubschrauber sein Schiff und ganz gezielt die Forscher angreifen! Zwar kann man sich der Angreifer erwehren, doch die Ungewissheit ist urplötzlich riesig. Wieso greifen die Russen amerikanische Schiffe an? Chandler stellt die Forscher zur Rede. Was er zu hören bekommt, ist ungeheuerlich: Die Forscher seien auf der Suche nach der Heilung für einen Virus, der sich beim damaligen Ablegen der „Nathan James“ gerade zu einem weltweiten Problem entwickelt und in den darauffolgenden Monaten 80 Prozent der Weltbevölkerung hinweggerafft habe.
Chandler kann diesen Ausführungen nicht glauben, doch als er die Funkstille bricht, wird aus dem vermeintlichen Ammenmärchen grausige Realität. Die Forscher, Chandler und die gesamte Mannschaft der „Nathan James“ kennen nun ihre eigentliche große Aufgabe: Die Reste der Menschheit mittels eines geeigneten Impfstoffes retten… Und so geht es weiter:
Episode 2: Willkommen in Guantanamo
Die „Nathan James“ steuert den US-Stützpunkt Guantanamo Bay an, um Lebensmittel und Treibstoff aufzunehmen. Die vorgeblich menschenleere Einrichtung ist alles andere als das…
Episode 3: Hoheitsgewässer
Vor dem Guantanamo-Stützpunkt liegend, wird der „Nathan James“ durch ein russisches Kampfschiff der Weg ins offene Meer versperrt. Der russische Kapitän will die Forscher und deren bisherige Forschungsergebnisse als Gegenleistung für eine freie Passage…
Episode 4: Durststrecke
Auf dem Weg nach Costa Rica, wo man Affen als Versuchstiere für die Arbeit der Forscher beschaffen will, kommt es zu einem massiven technischen Problem. Die „Nathan James“ bleibt liegen und die Wasservorräte werden gravierend knapp…
Episode 5: Die Jagd
Da Costa Rica zu unsicher ist, weicht die „Nathan James“ nach Nicaragua aus und trifft hier bei der Jagd auf Affen auf einen machtgeilen Despoten…
Episode 6: Quarantäne
Auf der „Nathan James“ bricht ein Soldat mit den Symptomen des verheerenden Virus’ zusammen. Ist das amerikanische Kriegsschiff noch sicher?
Episode 7: SOS/Notruf
Die „Nathan James“ fängt den Notruf eines Mädchens auf, das auf einem Schiff voller Virusopfer unterwegs ist. Ist das Mädchen immun?
Episode 8: Voller Einsatz
Captain Chandler und Soldat Tex fallen den Russen in die Hände. Die bestehen erneut auf einer Auslieferung der Forscher. Doch die Mannschaft der „Nathan James“ denkt gar nicht daran, mit den Russen zu verhandeln…
Episode 9: Der Härtetest
Die Forscher wollen einen Impfstoff-Prototyp an Besatzungsmitgliedern testen. Werden die Freiwilligen die Testreihe überleben?
Episode 10: Festland in Sicht
Die „Nathan James“ geht endlich vor der amerikanischen Küste vor Anker. Kaum von dem Schiff herunter gerät die Besatzung zwischen die Fronten verschiedenster Gruppierungen, deren Ziel nicht unbedingt das Wohl der Menschheit ist.
Die einzelnen Episoden der ersten Staffel von „The Last Ship“ gehen nahtlos ineinander über. Manchmal sind die Konsequenzen einer Episode erst in der folgenden richtig spürbar. „The Last Ship“ kann also prinzipiell als ein langer Spielfilm betrachtet werden und eignet sich daher natürlich für das heute so angesagte Binge-Watching. Doch wie der Episodenführer schon andeutet, liefern die einzelnen Episoden immer auch eine weitgehend abgeschlossene Handlung. Weshalb man „The Last Ship“ auch mühelos als kleinen Snack zwischendurch goutieren kann.
In dieser Form funktioniert „The Last Ship“ auch deutlich besser. Was vor allem daran liegt, dass der alles verbindende Story-Arc in Staffel I nicht wirklich restlos begeistern will. Die Ausgangslage könnte packender kaum sein, doch die Suche nach einem Impfstoff für die grassierende Virus-Seuche will nicht so recht packen. Zumal alle Klischees auflaufen, die man hinsichtlich der Thematik erwarten muss: Unsympathische Forscher, vielzählige Rückschläge bei der Suche nach dem Impfstoff, dramatische Entscheidungen für oder gegen ein Vorgehen, vermeintliche Durchbrüche und so weiter und so fort.
Leider fällt auch auf, dass einige Episoden untergeschoben werden, mit denen man sichtlich Geld sparen wollte. In diesen Episoden bewegt sich die Serie nicht von der „Nathan James“ weg und setzt hier auf Lebensmittelknappheit, Quarantäne-Situationen und ähnliche Momente. Es ist zwar nicht so, dass diese Episoden nicht funktionieren würden, sie stehen aber dennoch weit hinter den Episoden zurück, in denen die Besatzung der „Nathan James“ auf Landgang geht.
Diese Episoden bergen durchgehend die besten Action-Momente und sind doch deutlich aufwändiger. Die Action-Highlights setzt in jedem Fall die von „Terminator 3“-Regisseur Jonathan Mostow inszenierte Pilotepisode „Phase 06“. Explodierende Hubschrauber, starke Kamerafahrten um das Schiff, flotte Verfolgungsjagden im Schnee und kleinere Shootouts machen richtig Laune. Blut darf auch spritzen. Was auch für spätere Episoden gilt. „The Last Ship“ mag ein wenig gemäßigtere Unterhaltung bieten, Hirn und Blut darf aber dennoch gegen die Schiffswände klatschen und diverse Genicke werden brachial gebrochen.
In technischen Belangen scheint an allen Ecken und Enden die Handschrift des Produzenten durch. Die Kamerafahrten sind dynamisch, die Optik knallig bunt, der Aufwand enorm, die Ausstattung stimmig und der Schauplatz eines Navy-Schiffes der pure Größenwahn. Dazu kommen Kameraeinstellungen aus dem Inneren einer Ladekammer eines Bordgeschützes und ähnliche Spielereien mehr. Die Laborszenen erstrahlen in komplementärfarbener „CSI“-Optik und die Special Effects funktionieren sehr gut. Unter den farbsatten Bildern lässt Steve Jablonsky einige zackige Musikstücke erklingen.
Leider hat die extrem saubergeleckte Bay-Optik aber auch einen großen Nachteil: So wirklich kaputt will die Welt von „The Last Ship“ niemals wirken. Hier und da liegt zwar mal eine Leiche im Bild herum, diese erscheinen aber zumeist wie bloße Dekorationsobjekte und sehen weder wirklich abstoßend noch eklig aus. Und so fragt man sich bei den Zwischenstopps der „Nathan James“ häufiger, ob eine apokalyptische Krankheit, wie die hier gezeichnete, wirklich eine derartige Urlaubsästhetik zur Folge hätte…
Sollte man irgendein Problem mit Pathos, Patriotismus oder Army-Werbespots haben, sei von meiner Seite das Meiden von „The Last Ship“ unbedingt empfohlen. Während Pathos und Patriotismus in vergleichsweise homöpathischen Dosen gereicht werden, bekommt man die Verherrlichung der amerikanischen Marine mit der ganz groben Kelle serviert. Das Ergebnis ist faszinierend unkritischer Military-Porn, in dem gefühlt so ziemlich jedes Gefährt über den Bildschirm cruist, das schon einmal in einem Armee-Lager herumstand. Wer also auf fliegende Helikopter-Staffeln und stramm stehende Soldaten steht, wird hier glücklich. Der Rest wird sich sicherlich köstlich darüber aufregen können, wie sich die Amis hier wieder selbst als Weltpolizei inszenieren.
Apropos stramm stehende Soldaten: Vor allem zu Beginn wirkt Eric Dane („Open Water 2“) alias Tom Chandler doch extrem steif. Das passt zwar generell zum Habitus eines Soldaten, wie man ihn sich vorstellt, aber so richtig souverän will er so nie wirken. Generell braucht die Serie eine Weile, bis sie eine brauchbare Chemie zwischen den Figuren etabliert hat. Denn auch Chandlers bester Freund und 1. Offizier Mike Slattery, gespielt von Adam Baldwin („Chuck“), kommt immer rüber, als habe er den sprichwörtlichen Stock im Arsch. Vor allem die beiden spielen sich aber zunehmend besser ein. Dennoch bräuchte vor allem Eric Dane mehr Momente zum Glänzen. Mehr Momente, in denen er so etwas wie Charisma versprühen könnte, das ein Captain schon haben sollte.
Rhona Mitra („Shooter“) hat derweil mit der ziemlich zickigen Anlage ihrer Forscherin Rachel Scott zu kämpfen. Die will nicht nur den Soldaten lange Zeit so gar nicht sympathisch erscheinen und generell bleibt sie bis zum Ende ein ziemlicher Sturkopf, der ab und an auch sehr unlogische Entscheidungen trifft. John Pyper-Ferguson („Drive“) gesellt sich in Episode 2 zum Cast und soll sichtlich etwas Humor in die Chose bringen. Was auch dringend notwendig ist, da sich „The Last Ship“ schon verdammt ernst nimmt. Leider braucht der Mime eine ganze Weile, bis er sich richtig eingegroovt hat.
Was am Ende bleibt, ist eine Serie, die nicht komplex sein will, eher auf Klischeefiguren denn echte Charaktere setzt und um Innovationen oder Ideen einen großen Bogen macht. Und das ist nicht einmal böse gemeint. „The Last Ship“ hat an sich selbst gar nicht den Anspruch, das Erzählen in Serien irgendwie neu zu definieren. Die Serie und ihre Macher wollen den Zuschauer einfach nur unterhalten, was weitgehend ordentlich gelingt. So richtig startet die erste Staffel der Serie, die auf dem gleichnamigen Roman von William Brinkley basiert, mit ihrer letzten Episode durch. Hier wird mal eben der Status Quo der übergreifenden Handlung vollkommen neu definiert. Der Zuschauer schlittert mit Chandler und Co. von einem What-the-Fuck-Moment in den nächsten. Plötzlich laufen da Sequenzen auf, die man der Serie in der Konsequenz gar nicht zugetraut hätte. Etwa die lapidare Feststellung, womit die Amerikaner inzwischen ihre Kraftwerke betreiben. Hinzu kommt die Tatsache, dass man die neu installierten Parteien gar nicht einem Gut-Böse-Schema zuordnen kann. Etwas, das „The Last Ship“ bisher bis in den Exzess betrieb und dabei auch das Feindbild vom verkommenen Russen reich an Klischees neu auflegte. Sogar die Optik wirkt auf einmal rauer, düsterer und verkommener. Und plötzlich hat einen die Serie. Macht gespannt auf Staffel zwei und was diese aus dem neuen Story-Arc machen wird. Dieser starke Ausklang versöhnt im Nachhinein sogar mit einigen krassen Füllepisoden in der ersten Staffel und macht „The Last Ship“ trotz diverser Schwächen zum unterhaltsamen Guilty Pleasure für zwischendurch. Das inzwischen bereits in Staffel 3 gegangen ist…
Die erste Staffel von „The Last Ship“ erscheint am 1. Februar 2016 von dem Label Polyband auf DVD und Blu-ray. Die FSK 16 freigegebenen Datenträger liefern neben vorzüglicher Bild- und Tonqualität einige – leider sehr werbliche – Extras, in denen man sogar Michael Bay vor Ort erspähen kann.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu der Serie?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Polyband__Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |