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Ip Man 3

Originaltitel: Yip Man 3__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2015__ Regie: Wilson Yip__Darsteller: Donnie Yen, Lynn Hung, John Zhang, Patrick Tam Yiu-Man, Karena Ng, Kent Cheng, Louis Cheung, Leung Ka-Yan, Mike Tyson, Danny Chan Kwok-Kwan u.a.
Ip Man 3

Donnie Yen kehrt in “Ip Man 3” in seiner Paraderolle als Bruce Lees Lehrmeister zurück und erhält in Deutschland sogar einen limitierten Kinorun!

Hongkong 1959. Ip Man ist längst in der florierenden Stadt angekommen, hat sich einen gewissen Wohlstand erarbeitet und wird von allen anderen Kampfsportexperten der Stadt für seine Fähigkeiten im Wing Chun anerkannt. Doch die Stadt ist in einem Wandel begriffen. Ausländische Fieswichte versuchen ihr Kapital aus der Aufbruchsstimmung zu schlagen. So auch der Amerikaner Frank. Ein Berg von einem Mann, der ein großes Geschäft durchziehen will und darum seinen Handlangern aufträgt, den Inhaber einer Grundschule derart zu malträtieren, dass er das Gebäude aufgibt und an Frank überschreibt.

Eine der Lehrerinnen an der Schule ist Ip Mans Frau. Und sein Sohn wird hier unterrichtet. Doch auch ohne eine derartige persönliche Involvierung würde sich Master Ip berufen fühlen, die Schule und ihre Werte zu verteidigen. Das macht er mit vollem Herzblut und merkt dabei gar nicht, wie sehr er seine schwer erkrankte Frau vernachlässigt.

Doch auch von anderer Seite droht Ungemach, denn Cheung Tin-chi, ein einfacher Mann aus Hongkongs Unterschicht, der Ip Man teilweise zu bewundern und teilweise zu beneiden scheint, will seinerseits ebenfalls eine Wing-Chun-Kampfsportschule eröffnen. Doch er weiß, dass seine Bemühungen nur anerkannt werden, wenn er Ip Man in einem Duell besiegen kann…

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Der nur lose als biografisch zu bezeichnende „Ip Man 3“ erzählt im Grunde drei Geschichten, die zwar recht organisch auseinander hervorgehen und auch ineinandergreifen, letzten Endes aber immer ein wenig autark voneinander wirken bzw. etwas unelegant nacheinander abgearbeitet werden. Dabei ist Story Nummer eins um die Streitigkeiten rund um das Schulgebäude fast ein wenig zu infantil angelegt. Die Gut-Böse-Zeichnung mutet in diesem Abschnitt arg naiv an, die Story ist extrem klischiert und wirklich Spannung mag in diesem Abschnitt nicht aufkommen. Dafür haut Ip-Man-Darsteller Donnie Yen („Special ID“) gemeinsam mit Hongkongs Choreographen-Legende Yuen Woo-Ping (Choreograph bei „Man of Tai Chi“) amtlich auf die Pauke.

Egal ob Master Ip zusammen mit Cheung Tin-chi vor der Schule oder im grandiosen Setting einer Schiffswerft loslegt, „Ip Man 3“ setzt wieder einmal Duftmarken im Martial-Arts-Genre und arbeitet vor allem die Unterschiede zwischen Ip Mans eigenem Wing Chun und dem klassischen Wing Chun von Cheung deutlich heraus. Während Master Ips defensiver Kampfstil eher tänzerisch und spielerisch leicht anmutet, ist der von Cheung deutlich angriffslustiger und auf Effizienz sowie harte Aktionen ausgelegt.

Ip Man 3

Ip Man in gewohnt kämpferischer Pose.

Apropos harte Aktionen: Die Fieswichte engagieren für ihren Kampf gegen Ip Man auch einen Thai. Der wird von Sarut Khanwilai gespielt, seines Zeichens Stunt-Double von Tony Jaa. Und der darf gegen Donnie Yen im Treppenhaus eines Krankenhauses einen fantastisch choreographierten und noch besser inszenierten Kampf raushauen. Der von Kenji Kawais Score gnadenlos nach vorne gepeitschte Fight ist für mich das klare Highlight des gesamten Filmes.

Beendet wird die Schul-Episode mit einem Fight zwischen Ip Man und Frank. Sprich, der Auseinandersetzung zwischen Donnie Yen und Mike Tyson. Hier setzen Yen und Action-Regisseur Yuen Woo-Ping deutlich auf die körperlichen Unterschiede beider Fighter. Lassen Tyson wuchtig hinlangen und so als absolut glaubwürdigen Gegner erscheinen. Viel mehr muss der ehemalige Boxer auch nicht zeigen. Seine Figur ist das pure Bösewicht-Klischee, das eigentlich nur im Umgang mit Ip Man etwas aufgebrochen wird. Tysons Screentime fällt ansonsten unter besseres Cameo und macht dessen Auftritt zu kaum mehr als einem Marketingstunt. Leider endet der Kampf viel zu unentschlossen. Schlimmer noch: Nach dem Kampf torkeln nicht nur die Kombattanten, auch der Film kommt ordentlich ins Straucheln…

Denn eigentlich ist seine Hauptstory nun auserzählt. Sie wirkt nicht rund, nicht befriedigend abgeschlossen, aber sie ist eindeutig beendet. Bis „Ip Man 3“ nun wieder Fahrt aufnimmt, dauert es eine Weile. Das Drehbuch sucht darum sein Heil in der Flucht und schwenkt einfach total um. Die bislang nur minimal angedeuteten Probleme im Familiengefüge von Familie Man brechen deutlicher auf. Der Film wird richtiggehend emotional und fährt die Action extrem runter… funktioniert jetzt aber deutlich besser als in der soeben zu Ende gebrachten Klischee-Parade!

Ip Man 3

Donnie Yen und Mike Tyson prallen aufeinander.

Das liegt vor allem daran, dass Donnie Yen und Lynn Hung (bereits in „Ip Man“ und „Ip Man 2“ als Master Ips Frau an Bord) prächtig miteinander harmonieren. Beide geben ihren Figuren viel Würde mit auf den Weg und spielen grandios auf. Vor allem das tapsig unbeholfene Wesen von Master Ip im Umgang mit seiner Frau ist wundervoll anrührend und führt zu einigen wunderschönen Szenen (etwa die Tanzstunde). Eben auch, weil Frau Man so verständnisvoll, beinahe selbstlos und mit so viel Größe auf ihren Konterpart reagieren darf. So kippt dieser Abschnitt trotz Wilson Yips („Ip Man 1“ + Fortsetzung) Tränendrüsen fixierter Inszenierung nicht ins Kitschige oder unfreiwillig Komische/Peinliche ab.

Die Action macht in diesem Abschnitt Jin Zhang als Cheung Tin-chi. Der prügelt sich nämlich durch die Kampfkunstmeister Hongkongs, um zu beweisen, wie gut das Kung Fu ist, dass er in seiner Schule lehren wird. Zhangs Figur ist dabei angenehm ambivalent gehalten. Eigentlich von seinem grundsätzlichen Wesen her ein „Guter“, hat er immer wieder auch Momente, in denen sein „moralischer“ Kompass leicht defekt scheint. Vor allem der Neid auf Ip Mans Erfolge zehrt an ihm. Und die Tatsache, dass ihm eben niemand in Hongkong irgendetwas zutraut. Dennoch verliert er nie den Respekt vor Ip Man und verhält sich ihm gegenüber, auch in dem finalen Duell, immer ehrenhaft.

Selbiges beendet den Film und zeigt noch einmal überdeutlich auf, wie stark sich die Stile von Ip Man und Cheung Tin-chi unterscheiden. Auch dieser Fight ist grandios umgesetzt wurden, reicht für mich aber trotz der Tatsache, dass der Film beständig auf diese finale Konfrontation hinarbeitet, nicht an den Treppenhausfight gegen den thailändischen Kämpfer heran.

Ip Man 3

Ip Man bearbeitet den “Hölzernen Mann”.

Optisch und akustisch bricht „Ip Man 3“ aus den Vorgaben der Vorläufer-Streifen in keinster Weise aus. Die Bebilderung ist stilvoll und edel, der Score von Kenji Kawai eine Klasse für sich, wobei vor allem das Hauptthema nach wie vor einfach ein echter Ohrwurm ist. Auch in Sachen Ausstattung scheute man keinen Aufwand. In der Action wird die Optik um einiges dynamischer. Yuen Woo-Ping zeigt hier noch einmal auf, was er – auch auf engstem Raum – zu leisten imstande ist. Die Choreografie setzt dabei im Übrigen vereinzelt auf Wirework, strapaziert diese Technik aber nicht über.

Was am Ende bleibt, ist der gelungene Abschluss der Yen’schen Ip-Man-Trilogie (wenn es nach Donnie Yen geht, ist dies für ihn der letzte Teil). Wie die zwei Vorgängerstreifen präsentiert auch „Ip Man 3“ einen schauspielerisch extrem sicheren und kampfsporttechnisch mehr als nur überzeugenden Hauptdarsteller, der in der Figur von Bruce Lees Lehrmeister (Die Figur des Bruce Lee spielt eine kleine, aber feine Nebenrolle) die Rolle seines Lebens gefunden hat. Da ist es auch relativ egal, dass es in der Dramaturgie ein wenig hakt und der wenig spannende Film gefühlt in drei Einzelepisoden zerfällt, von denen erstaunlicherweise die gefühlige Story um Ip Mans Frau am nachhaltigsten in Erinnerung bleibt. Denn gerade in der Interaktion mit seiner Filmfrau Lynn Hung spielt Yen stark auf und entwirft eine wundervoll menschliche Kampfsportlegende. Doch keine Sorge, auch Ip Mans Kampfkunst-Fähigkeiten werden ausgiebig zelebriert. Das mündet in fantastische Martial-Arts-Einlagen, die nicht nur in den Stilen sondern auch in den Schauplätzen stark variieren und so jedwede Eintönigkeit vermeiden. So holpert der Streifen auch über weitere kleine Problemherde hinweg: Etwa einige Overacting-Momente und den unbefriedigenden Ausgang des Fights zwischen Donnie Yen und Mike Tyson. Das Ergebnis ist ein ungeheuer aufwändig inszenierter, im asiatischen Raum in 3D im Kino abgefeierter Martial-Arts-Kracher, der aber nicht ganz zu seinen runderen Vorgängern aufschließen kann.

Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 23. Mai 2016 im deutschen Handel und kommt von KSM. Diese spendierten dem FSK 12 freigegebenen Film auch einen stark limitierten Kinorun. Wer also Ip Man auf der großen Leinwand wirbeln sehen möchte, sollte mal das Programm seines Kinos genauestens studieren.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: KSM__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, aktuell im Kino, ab 23.5. auf DVD und Blu-ray

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