Originaltitel: Mafiya__Herstellungsland: Russland__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Sarik Andreasyan__Darsteller: Vadim Tsallati, Violetta Getmanskaya, Venyamin Smekhov, Viktor Verzhbitskiy, Olga Tumaykina, Aleksey Grishin, Natalya Rudova, Vyacheslav Razbegaev, Andrey Chadov u.a. |
Der Russe Dimitry Davidoff erfand 1986 das Gesellschaftsspiel „Mafia“. Das Spiel wurde recht schnell sehr erfolgreich und trat seinen Siegeszug um die Welt an. Varianten heißen „Mord in Palermo“, „Die Werwölfe von Düsterwald“, „Mafiosi“ und „Wolfmond“. Tja, und wenn die Amerikaner Brettspiele wie „Battleship“ oder „Ouija“ verfilmen können, warum sollten es die Russen ihnen nicht gleich tun? Das Ergebnis dieser „Überlegung“ heißt „Survival Game“ und adaptiert die grundlegenden Regeln des Spiels perfekt:
Moskau 2072. Die Welt hat sich stark verändert. Erst recht die Medienwelt. Die Spielshow „Mafia“ wirbt offensiv damit, die erste Show zu sein, in der Menschen tatsächlich live sterben. Mitmachen und sein Leben setzen kann jeder. Der Anreiz: Ein Gewinn von einer Milliarde Dollar. Die Redaktion der Sendung sucht aus den Bewerbern elf Teilnehmer aus. Egal ob Millionäre, Todkranke, Glücksritter oder Verzweifelte, sie alle haben die unterschiedlichsten Beweggründe bei „Mafia“ teilzunehmen.
Diese elf Personen werden direkt vor der Show in die Gruppen Mafia (zwei Teilnehmer) und Zivilisten (die restlichen Neun) eingeteilt. Wobei die Identität der Mafia-Mitglieder freilich geheim gehalten wird. Die Aufgabe der Zivilisten lautet nun, über Diskussionen und Kombinationsgabe die Mafia-Mitglieder zu enttarnen und hinzurichten. Wählen sie jedoch irrtümlich einen Zivilisten als Mafia-Verdächtigen aus, ist dieser ebenfalls dem Tode geweiht. Werden die Mafia-Mitglieder vor dem Ende des Spiels enttarnt, teilen sich die verbliebenen Zivilisten den Gewinn untereinander. Ansonsten geht der Gewinn an die Mafia-Mitglieder. Doch egal, wer gewinnt, für beide Parteien ist klar: Je weniger überleben, umso mehr bleibt von dem Gewinn für den Einzelnen.
Da diese Show schon seit längerem an einem massiven Quotenschwund leidet, möchte der Spielleiter mit der aktuellen Show eine ganz besondere Ausgabe stemmen. Doch dieses Mal hat er nicht mit der enormen Widerspenstigkeit der Spielteilnehmer gerechnet. Diese sind nämlich gewillt, das Spiel komplett zu verändern…
httpv://www.youtube.com/watch?v=38cOwLu-U1Q
Die opulent bebilderte, russische Produktion protzt über weite Strecken mit düsteren Angsttraum-Welten, die in ihrem Design häufiger an die „Matrix“-Trilogie und dabei an die Szenen außerhalb der Matrix erinnern. Auch eine Prise HR Giger schwingt hier immer mit. Vor allem die Bühne der Spielshow und der Turm, in dem die Show aufgezeichnet wird, erinnern beispielsweise extrem an die bekannten Kunstwerke des Schweizers.
Optisch noch abgedrehter geraten manche Szenerien, in denen die Kandidaten ihre Todeskämpfe austragen. Hier hätten wir dann auch den markantesten Unterschied zu der Spielvorlage. Denn während man bei dem originalen Spiel „Mafia“ einfach ausscheidet, ereilt die Kandidaten im Film tatsächlich der Tod. In wilden Albtraum-Szenarien, die mit wuchernden, organischen Special Effects und vielzähligen Partikel-Effekten zum Leben erweckt werden, müssen sie sich ihren tiefsten Ängsten stellen und werden von jenen letzten Endes verzehrt und dabei publikumswirksam aus dem Leben gezerrt.
Spätestens hier wird dem Zuschauer die größte Schwäche der russischen Spielverfilmung offensichtlich: Sie hat ein enormes Involvement-Problem. Zwar werden einem die Teilnehmer immer wieder einschubartig vorgestellt, doch eine Beziehung zu diesen blassen menschlichen Blaupausen baut man nie auf. So ist einem relativ egal, für wen in der jeweiligen Runde der Hammer fällt. Hinzu kommt, dass man als Zuschauer wie die Spieler nicht weiß, wer zu welcher Fraktion gehört. So bleibt auch das Mitfiebern aus, dass es doch bitte nicht den Falschen erwischen möge. In der Folge schaut man vor allem in den ersten 60 Minuten recht teilnahmslos dem Treiben auf dem Screen zu.
Eben auch, weil der Film in seinen stark inszenierten Hinrichtungsszenen seinen Stiefel viel zu lange durchzieht. Diese Momente sorgen dank actionreicher Martial-Arts-Einlagen, ausladender Ballereien und blutiger Haiangriffe für ordentlich Bewegung, lassen aber die eigentlichen Akteure immer konsequent scheitern. Egal ob sie in ihrem Todeskampf dem Zuschauer sympathisch geworden sind oder nicht. So bekommt man noch weniger Lust, mit den Figuren mitzufiebern, weil es eben nichts bringt. Letzten Endes kann man sich also von den spektakulären Szenerien definitiv vereinnahmen lassen und registriert auch den einen oder anderen verdammt schön umgesetzten Tod eines Charakters, wirklich berühren kann einen das Ganze aber nicht.
Gegen Ende beginnt „Survival Game“ den „Matrix“-Streifen nicht nur im Design zu ähneln. Die damit verbundenen Entwicklungen nimmt man nach dem bisherigen, leider zu repetitivem Verlauf nur zu gerne zur Kenntnis und wird nun durchaus auch für seine Geduld belohnt. Denn „Survival Game“ durchbricht nun endlich die eigene Schablone und traut sich deutlich mehr. Tritt einen pompösen Showdown los und wuchert noch einmal amtlich mit Schauwerten,… nur um sogleich zu enden.
Das ist insofern schade, dass die immer noch über dem Kopf des Zuschauers schwebenden Fragezeichen zur Moral hinter dem Spiel/der Sendung gar nicht hinterfragt werden. Denn letzten Endes ist der Gewinner ja genaugenommen ein Mörder. Doch mit derartigen moralischen Implikationen gibt sich „Survival Game“ leider nicht ab. Bleibt immer an der Oberfläche und versucht sich allerhöchstens an milder Medienkritik der Marke: Wie weit dürfen Fernsehsendungen gehen?
So bleibt ein Bilderrausch, der mit seiner stylischen Düsteroptik und den teilweise sehr eigenen Special Effects (die nicht perfekt sein mögen, sich aber perfekt in das optische Konzept einfügen) immer wieder zu überraschen vermag, einen aber emotional vollkommen kaltlässt. Das liegt zum einen an den seltsam leblosen Figuren und den eher verhalten spielenden Darstellern, ist allerdings in erster Linie das Verschulden des Drehbuchs, das den Zuschauer nicht an seine Figuren heranlässt und mit seinen interessantesten Entwicklungen einfach zu lange hinter dem Berg hält. So wird „Survival Game“ gegen Ende durchaus interessanter und kitzelt auch abseits der Optik ein wenig die Synapsen des Zuschauers, wirklich mutiger, spannender oder gar philosophisch reizvoller wird die insgesamt immerhin unterhaltsame Dystopie aber leider nie.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 20. Mai 2016 von dem Label Capelight Pictures und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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