Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Der Boss von San Francisco

Unter der Regie von Lo Wei spielte Chuck Norris den titelgebenden Boss von San Francisco, während Wang Tao den Helden gibt. Der ist als Ex-Cop mächtig sauer, als man seinen besten Kumpel umbringt, und schwört Rache in diesem eher hüftsteifen Karatekrimi.

Originaltitel: Slaughter in San Francisco__Herstellungsland: USA/Hongkong__Erscheinungsjahr: 1974__Regie: Lo Wei__Darsteller: Chuck Norris, Wang Tao, Sylvia Chang, Dan Ivan, Robert Jones, Robert J. Hercuth, James Econmonides, Chuck Boyd, Bob Talbert u.a.
Der Boss von San Francisco

In Lo Weis „Der Boss von San Francisco“ trifft Chuck Norris als Oberschurke auf

Mit „The Big Boss“ und „Fist of Fury“ hatte Lo Wei Bruce Lee so richtig bekannt gemacht, der wiederum seinen nächsten Film, „Way of the Dragon“, unter eigener Regie drehte und dabei Chuck Norris antreten ließ. Lo Wei macht es ihm nach, als er ein Jahr später „Slaughter in San Francisco“, eine US-Hongkong-Koproduktion, drehte.

Held der Geschichte ist der US-chinesische Cop Don Wong (Wang Tao), der mit seinem schwarzen Partner zu funky Seventies-Mucke durch die Gegend cruist und versucht Verbrechen zu verhindern, etwa eine Vergewaltigung. Doch Sylvia (Sylvia Chang), das zuvor schreiende Opfer, erklärt nach der Festnahme, dass das nur ein Spiel zwischen ihr, ihrem Freund und noch einem Kumpel gewesen ist. Und der Knaller: Der Film scheint das als Tatsache wiederzugeben, denn Sylvia erklärt später nie, dass sie gelogen hätte und bleibt auch fast den ganzen Film über mit dem Kerl zusammen.

Bald sieht es beruflich noch schlechter für Don aus, denn als eine Horde von Schlägern seinen Partner aus unerfindlichen Gründen mit der vielleicht beklopptesten Entführungstechnik der Filmgeschichte kidnappt, nur um ihn danach am Strand totschlagen zu wollen, da rast er hinterher und findet die Übelwichte (ohne die Verwendung von Hilfsmittel oder Spuren) noch rechtzeitig um ihnen einen Scheitel zu ziehen und den Kumpel zu retten. Weil Don allerdings einen Knilch in Rage zu Tode würgt, geht es aber hinter schwedische Gardinen und den Beruf als Cop ist er auch los.

Nach seiner Freilassung arbeitet Don als Kellner und trifft sich mit dem Ex-Partner immer noch für Sauftouren. Am Ende einer solchen verfolgt dieser ein paar Bankräuber und wird mit eingeschlagenem Schädel belohnt. Verständlich, dass Don Rache schwört und nach den Verantwortlichen sucht…

httpv://www.youtube.com/watch?v=-UaAVJ7bH10

Das ist dann der rote Faden, an dem sich „Slaughter in San Francisco“ alias „Der Boss von San Francisco“ alias „Karate Cop“ langhangelt. Viel feinfühlige Ermittlungsarbeit gibt es aber nicht, da Don einfach nur irgendwelche Verdächtigen vertrümmt bis die ihm sagen was er wissen will oder einfach direkt von den Schergen des Oberschurken angegriffen, die fast alle Chinesen sind. Gleichzeitig taucht herrische Chuck Slaughter (Chuck Norris) im Restaurant auf, in dem Don arbeitet, drückt gerne mal Zigarren auf anderer Leuts Händen aus und bietet Don einen Job an, weil er gut austeilen kann und er außerdem gerne Chinesen einstellt, weil die so unterwürfig sind. Hmm, wer mag bloß der große Drahtzieher hinter dem Bankraub und weiteren Verbrechen, der hierzulande titelgebende Boss von San Francisco, sein? Hinzu kommen noch logische Klöppse noch und nöcher, etwa, dass man anscheinend easy durch die Kanalisation in den Tresor einer Bank einsteigen kann.

Weil diese dürftige Krimihandlung für keinen vollen Film reicht, gibt es da noch Nebenplots, da sich die Figuren praktischerweise immer wieder über den Weg laufen und alle in den Plot verwickelt sind. Sylvia zum Beispiel, in deren Garten man den Partner totgehauen hat und deren Vater als Verdächtiger gehandelt wird, weil die Bullerei von San Francisco in diesem Film wahlweise wahnsinnig inkompetent oder wahnsinnig korrupt ist. Natürlich wird die Gute auch noch als potentielles Love Interest geführt, muss sie ja als quasi einzige chinesische Frau in Dons Alter in diesem Film ja fast schon zwangsweise sein.
Ein wenig versucht der Film auch Rassismus zu ergründen, den Chinesen in Amerika erfahren, doch leider beschränkt sich das auf die plumpste Art der Darstellung von Vorurteilen, welche die überheblichen Weißen haben. Also lassen die Unsympathen des Films laufend rassistische oder bevormundende Sprüche über Chinesen ab, doch wirkliche Beschäftigung mit dem Thema sieht anders aus. Am Ende sind davon sowieso alle tot oder verhaftet, weil sie entweder Kriminelle waren oder deren Opfer wurden, während die Ansiedlung im Chinatown San Franciscos den Vorteil bringt, dass Lo Wei jede Menge Schauspieler und Stuntleute aus der Heimat mitnehmen konnte.

Die prügeln sich dann im expressiven Stil, den gerade Bruce Lees Filme damals populär gemacht hatten mit großen Gesten, während die Schlaggeräusche immer so klingen, als würde jemand gerade eine Ladung Holzscheite in einen Blecheimer werfen. Leider ist Lo Wei nicht der filigranste Actionchoreograph bzw. -inszenator, weshalb das Gebotene oft sehr gestellt aussieht, auch wenn ein paar ganz nette, wenn auch nicht unbedingt realistische Klopperszenen dabei sind. Sonderlich erinnerungswürdig ist nichts davon, noch nicht einmal der Endkampf mit Chuck und auch in der ungekürzten Fassung nicht besonders hart, weshalb die Kürzungen hierzulande wundern.

Dass Wang Tao („Söldner im Todeskommando“) leider nicht die Ausstrahlung eines Bruce Lee hat, kommt dem Film auch nicht unbedingt zugute, denn seine eh schon generisch-platte Heldenrolle gibt ihm eh keinen Raum zu glänzen und schauspielerisch sieht es auch eher mau aus. Das trifft auch auf Chuck Norris („Delta Force“) zu, der aber immerhin ordentlich fieslig sein darf, wobei die Screentime der angeblichen Hauptattraktion des Films sehr begrenzt ist. Sylvia Chang („Mad Mission“) als Damsel in Distress hinterlässt wenig Eindruck, so wie eigentlich die komplette (und komplett austauschbare) Nebendarstellergarde.

Irgendwo zwischen US-Copfilm, Hongkong-Martial-Arts-Action und leichten Blaxploitation-Einflüssen kreiselt dieser fußlahme Karatekrimi herum, der neben ein paar stets inszeniert wirkenden, aber immerhin ein paar nette Schlag-Tritt-Kombinationen bietenden Kloppereien, eigentlich nichts zu bieten. Konfus, unlogisch und lahmarschig bis zum Einschlafen, würde ohne die Mitwirkung von Chuck Norris heute kaum noch ein Hahn nach dem Teil krähen.

Hierzulande hat Splendid den Film als lieblose DVD veröffentlicht: Nur deutscher Ton, keine Extras und um rund drei Minuten gekürzt, vermutlich, weil man einfach auf das Master der deutschen VHS zurückgriff. Dabei ist der Film auch in der ungekürzten Fassung nicht besonders hart und wäre vermutlich schon zum Veröffentlichungszeitpunkt 2006 ohne Schnitte von der FSK freigegeben worden.

© Nils Bothmann (McClane)

Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Splendid__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Ja__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

Tagged as: , , , , , , ,

Wie Viele Actionnerds gibt es?

  • Keine Sorge, du bist mit deiner Vorliebe nicht allein! Uns besuchten bereits 16858888 andere Actionnerds