Originaltitel: Grimsby__Herstellungsland: Großbritannien/USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Louis Leterrier__Darsteller: Sacha Baron Cohen, Mark Strong, Isla Fisher, Penélope Cruz, Rebel Wilson, Scott Adkins, Ian McShane, Annabelle Wallis, Tamsin Egerton, Gabourey Sidibe, David Harewood u.a. |
Der prollige Nobby hat eigentlich alles, um glücklich zu sein. Mehr als eine Handvoll Kinder, eine Frau, die zumindest er für sexy hält, zig Pubs in Schlagdistanz und ein tolles Standing unter seinen prolligen Nachbarn. Doch etwas fehlt zu seinem Glück: Sein Bruder Sebastian. Vor beinahe 30 Jahren wurden die beiden nach dem Tod ihrer Eltern getrennt…
Während Nobby zu der Zierde der Menschheit geworden ist, die er heute darstellt, schlug sein Bruder Sebastian einen etwas anderen Weg ein. Er ist Mitarbeiter einer Spezialeinheit innerhalb des MI6. Als solcher ist er aktuell unterwegs, um die bekannte Umweltaktivistin Rhonda George vor einem Anschlag auf einem offiziellen Empfang zu bewahren.
Blöderweise hat Nobby erfahren, dass sein Bruder bei diesem Empfang zugegen sein soll. Er schleicht sich auf dem Event ein und begegnet tatsächlich seinem Sebastian… und kommt ihm derart in die Quere, dass sein Bruder einen wichtigen Friedensbotschafter anschießt. Nebenbei wird Daniel Radcliffe mit dem HI-Virus infiziert und ein wichtiger Kopf der WHO angeschossen. Schlimmer hätte die Familienzusammenführung kaum verlaufen können.
Und es kommt noch übler. Sebastian muss nun nicht nur vor seinen eigenen Leuten fliehen, die in ihm einen Überläufer und Mörder sehen, er muss obendrein noch die Welt vor einem weiteren gigantischen Anschlag retten. Seine einzige Hilfe: Nobby…
httpv://www.youtube.com/watch?v=oi021BajdgM
Brachialkomiker Sacha Baron Cohen ist immer dann am besten, wenn er sein Gegenüber spontan mit seinen mal hintersinnigen, mal offensiven Spitzen konfrontiert und dann die Situation einfach laufen lässt. Das führt entweder zu sehr entlarvenden oder brüllkomischen Momenten. Wie gut das funktionieren kann, belegen Cohens große Hits „Borat“ und „Brüno“.
Sobald Cohens Humor aber durch ein Drehbuch kanalisiert bzw. in ein Korsett gezwängt wird, funktioniert er nur noch bedingt. „Ali G“ und „Der Diktator“ zeigten diese Problematik offensiv auf. Leider scheint Cohen sich dieser Schwächen und Stärken nicht wirklich bewusst zu sein, denn für „Der Spion und sein Bruder“ lässt er sich wieder von einem Drehbuch ausbremsen.
Die Quittung dafür erhielt er an den internationalen Kinokassen, wo „Der Spion und sein Bruder“ ziemlich absoff. Das ist in dieser Konsequenz wiederum durchaus schade, denn eigentlich ist Cohen und Co. eine unterhaltsame, kurzweilige Actionkomödie gelungen, die auch aufgrund ihrer knackig kurzen Laufzeit richtig Tempo macht und beinahe zu schnell von einem netten Setting zum anderen hetzt…
Blöderweise pfeift dieses kurzweilige Happening aber eben zu lapidar auf seine größte Stärke: Den direkten Witz ihres Hauptdarstellers. Und schlimmer noch: Die Figur, an der sich Cohen diesmal abarbeitet, ist einfach nichts Besonderes. Sie ist ein Vollpfosten, ein Prolet, ein ungebildeter Rohling. Alle Klischees, die einem zu einem dumpfen Vorort-Proll in den Sinn kommen, bedient das Drehbuch zu „Der Spion und sein Bruder“, an dem auch Cohen beteiligt war. Eine langweiligere und aus sich selbst heraus noch unkomischere Figur hat Cohen noch nie verkörpert. Daraus resultiert eine gewisse Hilflosigkeit, die man dem Film auch immer wieder anmerkt.
So ist die Actionkomödie nicht einmal ansatzweise so witzig wie Cohens Vorgängerfilme. „Der Spion und sein Bruder“ hat ein paar grandiose Gags. Ein paar megafiese obendrein, bei denen einem mühelos das Lachen im Halse steckenbleibt. Dazu der noch nie gesehene Gag rund um Elefantengenitalien, der so stumpf und derb ist, dass man gar nicht anders kann, als abzufeiern. Derartigen wirklich tollen Humor-Momenten stehen dann aber auch bis zum Exzess überreizte, durchgehend sexuell konnotierte, immer etwas dumpfe Witze gegenüber, die hier und da zünden, zumeist aber einfach nur versanden.
Hier versucht Regisseur Louis Leterrier („Transporter – The Mission“) mit seinem Action-Regisseur Chad Stahelski („John Wick“) immer wieder massiv gegenzusteuern. Vor allem die Actionszenen aus POV-Sicht haben eine irre Wucht und sehen trotz Kameragewackels einfach absolut genial aus. Schade ist, dass diese Sequenzen extrem highlightartig gesetzt sind und nur wenige Minuten im fertigen Film ausmachen. Doch auch in den sonstigen Actionszenen stimmt der betriebene Aufwand ebenso wie die Choreografie und finale Umsetzung. Es wird geballert, gekämpft und auch die eine oder andere Explosion erschüttert die Leinwand.
In zwei Szenen ist auch Scott Adkins („Wolf Warrior“) dabei. Während er in seiner ersten Actionszene Mark Strong eiskalt und trocken abserviert, darf er gegen Sacha Baron Cohen ein paar seiner spektakuläreren Moves rausholen und ordentlich hinlangen. Hier bekommt man dann auch eine Ahnung davon, was er selbst meint, wenn er sagt, dass in Big-Budget-Filmen wie „Der Spion und sein Bruder“ teilweise wochenlang an Actionszenen gefeilt wird, während die Filme, an denen er sonst mitwirkt, dieselbe Zeit für ihre gesamte Entstehung veranschlagen müssen. Sprich: Seine Moves und Bewegungsabläufe wirken in „Der Spion und sein Bruder“ so druckvoll und zackig wie selten zuvor. Man kann nur hoffen, dass da irgendwann mal ein Scott-Adkins-Big-Budget-Großprojekt um die Ecke kommt.
Ansonsten ist man einfach nur erstaunt, wie extrem sich Mark Strong („Enemies – Welcome to the Punch“) in den Dienst dieses Filmes stellt. Man kann sich irgendwie gar nicht vorstellen, dass ihm jemals das fertige Drehbuch vorgelegt worden ist. Denn die Szenerien, in die er gestürzt wird, sind schon megaderb. Blowjobs mit Baron Cohen, Raketen im Arsch, vollgepumpt mit Sperma… es wirkt, als habe Strong hemmungslos keinerlei Grenzen für den Film abgesteckt. Wesentlich zurückhaltender agieren da Penelope Cruz („Masked and Anonymous“) und Ian McShane („Hercules“), während Baron-Cohen dem Affen natürlich so richtig Zucker gibt – und dabei erstaunlich sympathisch rüberkommt.
Optisch haut Letterier die von ihm gewohnte Hochglanzkost raus. Dynamische Bilder, exotische Schauplätze, schnelle Schnitte und knallige Farben dominieren den Film. Ab und an lugt ein schwacher CGI-Effekt um die Ecke, ohne den Film sonderlich abzuwerten. Angenehm treibend und teilweise richtiggehend brachial ist der Score von David Buckley.
Was am Ende bleibt, ist eine flotte Actionkomödie, die Spaß macht. Zumindest, wenn man ausblendet, über welch komisches Potential ihr Hauptdarsteller wirklich verfügt. Der reibt sich an seiner langweiligen Figur auf und haut nur in homöopathischen Dosen seine richtig fiesen Pointen raus. Diese und die krachigen Actionsequenzen sorgen insgesamt für durchgehend gute Unterhaltung und bügeln auch die eine oder andere Schwäche von „Der Spion und sein Bruder“ glatt: Etwa die extrem vorhersehbare und durchsichtige Story, die immer gleichen Sex und Pippi-Kacka-Witzchen sowie die Abwesenheit eines echten Antipoden für unsere Helden.
„Der Spion und sein Bruder“ ist seit dem 21. Juli 2016 im deutschen Handel auf DVD und Blu-ray erhältlich. Der FSK 12 freigegebene Jux kommt von Sony Pictures Home Entertainment.
In diesem Sinne:
freeman
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Mit „Kingsman: The Secret Service“, „Spy“, „The Man from U.N.C.L.E.“, „Mission: Impossible – Rogue Nation“ und „Spectre“ hatte das Jahr 2015 bereits einiges an mehr oder weniger ernst gemeinten Agentenfilmen gelegt, Anfang 2016 legte Sacha Baron Cohen mit „The Brothers Grimsby“ nach.
Bei Grimsby handelt es sich um ein ärmliches Kaff in England, aus dem Nobby Butcher (Sacha Baron Cohen) stammt. Mit seiner Freundin Dawn (Rebel Wilson) hat er neun Kinder und wartet auf die Rückkehr seines verschollenen Bruders, selbst wenn das bedeutet, dass der Nachwuchs dessen ehemaliges Zimmer nicht nutzen kann. Nobby ist eine Variation von Cohens erster großer Kunstfigur Ali G, ein Dummkopf der englischen Unterschicht, bei dem die Kenntnis von Popkultur jede andere Form von Bildung ersetzt. Hatte Ali G sich noch in Hip-Hop-Pose geworfen, ist Nobby dagegen ein Hooligan, der sich dauernd betrinkt und Silvesterraketen aus seinem Anus starten lässt.
Sebastian Graves (Mark Strong) dagegen ist einer der Topagenten des MI6, bekannt für seine Gnadenlosigkeit, die man gleich in einer knalligen, größtenteils im Point-of-View-Stil gefilmten Actionsequenz kennenlernt. Einem Hinweis auf verbrecherisches Treiben folgt Sebastian zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung von Rhonda George (Penélope Cruz), die wiederum von dem Hitman Pavel Lukashenko (Scott Adkins) ins Visier genommen wird. Im Publikum sitzt auch Nobby, der erfahren hat, dass Sebastian dort sein würde – denn genau der ist jener verschwundene Bruder.
Es kommt wie es kommen muss: Dösbaddel Nobby platzt in Sebastians Rettungsversuch, Rhonda überlebt, aber der Chef der WHO wird getötet und alle halten Sebastian für den Täter. Der flieht nun mit Nobby vor den Schurken wie auch den eigenen Leuten…
Wer Sacha Baron Cohen, der auch hier wieder als einer von drei Drehbuchautoren massiv am Film mitschrieb, kennt, der ahnt, was ihn an Zoten erwartet. Denn vor derben Tabubrüchen macht „The Brothers Grimsby“ nicht halt, von Gift aus Wunden am Sack saugen über das Verstecken in der Vagina einer Elefantenkuh bis hin zu Nobbys sexueller Vorliebe für sehr beleibte Frauen wird hier alles explizit bebildert, ohne Rücksicht auf Verluste. Schade nur, dass das Timing bei weitem nicht so gut ist wie bei seinen besseren Filmen: Auf jeden gelungenen Gag kommen mindestens zwei Rohrkrepierer, manches wirkt ermüdend, anderes hingegen erfrischend böse, etwa der Einsatz eines Rollstuhlfahrers als Wurfgeschoss oder die Nachrichtensendung am Ende des Films, die noch einmal alle schrägen Ereignisse zusammenfasst. Denn in das turbulente Treiben werden unter anderem Daniel Radcliffe, Donald Trump, Liam Gallagher und Vin Diesel mit hineingezogen.
Die popkulturellen Referenzen fliegen tief, denn Nobby ist jemand, der seine Söhne Skeletor und Django Unchained nennt, während natürlich im Hintergrund immer andere Agentenfilme, vor allem ein englischer Kollege namens James Bond, als offensichtliches Ziel für die Parodie dienen. Doch sonderlich viel macht „The Brothers Grimsby“ nicht aus der Idee, den weltbesten Agenten mit dem weltgrößten Volltrottel loszuschicken. Die Geschichte um Biowaffen ist egal, die Identität des Schurken erahnt man schon, weil der Film dann doch lieber bekannten Genremustern folgt als sie zu sezieren und die kurzen Charaktermomente, in denen man sich mit der Trennung der Brüder während ihrer Zeit im Waisenhaus beschäftigt, verpuffen schnell neben der Dauerdemonstration von Nobbys Blödheit.
Dabei hat „The Brothers Grimsby“ durchaus Potential für eine entsprechende Genreparodie, sitzt hier doch mit Louis Leterrier („The Transporter“) ein durchaus fähiger Actionregisseur am Werke. Tatsächlich haben Actionszenen wie der Auftakt oder eine Martial-Arts-Einlage von Kampfsportass Scott Adkins, der ansonsten als Schurke leider sehr an der Leine gehalten wird (auch wenn der Vergleich „Ukranian Ben Affleck“ auf amüsant vorhandene Ähnlichkeiten wie auch seine Rolle aus den „Undisputed“-Sequels anspielt), durchaus Bumms dahinter, aber es sind nur kurze, wenn auch teilweise überraschend harte Einlagen in der Slapstickrevue – immerhin bietet jene Szene, in der Nobby seine Vorliebe für Knarren entdeckt, Raum für ein paar makabre Comedyeinlagen.
Also schleppt sich der Film episodenhaft von Szene zu Szene, walzt manchen Gag bis zum Erbrechen aus und hat alles an Bord, was ein Agentenfilm so braucht, von Agentengadgets über Weltveränderungspläne bis hin zur obligatorischen Verführungsszene, bei der Vollidiot Nobby allerdings sein Ziel mit dem Zimmermädchen verwechselt, was immerhin zu einem recht lustigen, wenn auch niveaulosen Aneinandervorbeireden in der Hoteltoilette führt. Einige Running Gags über die Beschränktheit der Einwohner Grimsbys (gerade ihre schlechte Geheimhaltung) halten auch zum Schmunzeln an, während Cohen allerdings nicht nur auf ihnen herumhackt: Einerseits sind sie Zielscheibe vieler Witze, andrerseits zeichnet Cohen die Unterschicht als verschworen-verlässliches Volk mit Herz am rechten Fleck – aber um Botschaften geht es hier nicht.
Insofern beschränkt sich Sacha Baron Cohen („Les Misérables“) als Hauptdarsteller mal wieder darauf sich zu verunstalten, zum Vollhorst zu machen und vor nichts zurückzuschrecken, was den Mann mal wieder unheimlich sympathisch macht, auch wenn seine Doofi-Routine nichts Neues ist. Mark Strong („Welcome to the Punch“) als Actionheld bietet da gelungenen Kontrast, während die Nebenrollen kaum zum Zuge kommen: Cohens Ehefrau Isla Fisher („London – Liebe des Lebens“) spielt nur das Helferlein in der Kommandozentrale, Penélope Cruz („Masked and Anonymous“) schaut für ein paar insgesamt vergessenswerte Szenen vorbei und auch Komikerin Rebel Wilson („Pain & Gain“) liefert nur ihre übliche Rolle als beschränkter White Trash ab. Scott Adkins („Jarhead 3“) hat außer der erwähnten Kampfeinlage wenig zu tun, was auch für Ian McShane („John Wick“) gilt, der hier den Chef des MI6 spielt und in den Credits nicht genannt wird – es könnte an der Qualität des Films liegen.
Denn so sympathisch Cohen auch sein mag, so gern er auch Tabus bricht – seine Agentenparodie ist ein laues Lüftchen, da kann es noch so derbe und zotig werden. Sonderlich intelligent wird das Genre nicht seziert, das Potential der Prämisse wird selten genutzt und die Trefferquote der Gags ist schon sehr durchwachsen. Was schade ist, denn den einen oder anderen Brüller hat „The Brothers Grimsby“ zu bieten und die wenigen Actionszenen müssen sich vor der ernst gemeinten Konkurrenz nicht verstecken.
In Deutschland startete der Film am 10. März 2016 in den Kinos, am 10. September erscheint er hierzulande auf DVD und Blu-Ray bei Sony. Dabei bekam der Film eine großzügige 12er-Freigabe in seiner ungekürzten Fassung.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja (ab 10. September 2016) |