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K-19 – Showdown in der Tiefe

Originaltitel: K-19: The Widowmaker__Herstellungsland: USA/Großbritannien/Deutschland__Erscheinungsjahr: 2002__Regie: Kathryn Bigelow__Darsteller: Harrison Ford, Liam Neeson, Peter Sarsgaard, Joss Ackland, John Shrapnel, Donald Sumpter, Tim Woodward, Steve Nicolson, Ravil Isyanov, Christian Camargo, George Anton, James Ginty, Jacob Pitts u.a.
K-19 - Showdown in der Tiefe

In Kathryn Bigelows „K-19 – Showdown in der Tiefe“ geraten Harrison Ford und Liam Neeson aneinander

Vor ihrem furiosen Comeback mit „The Hurt Locker“ war Kathryn Bigelow jahrelang glücklos gewesen: „The Weight of Water“ wurde kaum ausgewertet, der Sci-Fi-Thriller „Strange Days“ und der U-Boot-Film „K-19: The Widowmaker“ floppten.

„K-19“ basiert auf wahren Begebenheiten, die erst nach dem Zerfall der Sowjetunion bekannt wurden. Doch trotz seiner historischen Rückversicherung und des ungewohnten russischen Blickwinkels ist „K-19“ den Gegebenheiten des Actionkinos, in dem sich Bigelow profilierte, unterworfen: Während unfähige Politiker für Publicity und Erfolge alles ohne Rücksicht auf Verluste tun, hat der kleine Mann darunter zu leiden und nur Helden stehen für die Arbeiterklasse auf. Etwa der U-Boot-Kapitän Mikhail Polenin (Liam Neeson), der die Parteifunktionäre lieber darauf hinweist, dass sein bald auslaufendes Boot unzureichend ausgestattet wurde als seine Mannschaft dafür gerade stehen zu lassen. Das passiert genregetreu nach einer brisanten Szene, die sich lediglich aus Übung entpuppt.

Die Loyalität zu seinen Männern wird Polenin nicht gedankt, sondern man degradiert ihn und setzt ihm den linientreuen Kapitän Alexei Vostrikov (Harrison Ford) vor die Nase, als das U-Boot K-19 im Jahr 1961 zu seiner nächsten Mission aufbricht. Dabei häufen sich die Verfehlungen und Unglücksomen, welche dem Boot den Namen Witwenmacher einbringen: Falsche Teile werden geliefert, der unerfahrene Reaktoroffizier Vadim Radtchinko (Peter Saarsgard) anstelle des erfahrenen, aber in Ungnade gefallenen Leutnants der eigentlichen Mannschaft eingesetzt, der Arzt wird überfahren und durch einen Sportmediziner ersetzt und schließlich zerbricht die Flasche bei der Schiffstaufe nicht am U-Boot.

Unter der Führung des energischen Vostrikov, der beweisen will, dass er aufgrund seiner Qualifikationen und nicht wegen seiner familiären Verbindungen Kapitän geworden ist, absolviert K-19 erfolgreich seinen Auftrag, den Abschuss einer Testrakete. Doch bei der weiteren Mission kommt es zu einem Unfall im Atomreaktor des Bootes, was zu einem Überlebenskampf auf und unter dem Meer führt…

httpv://www.youtube.com/watch?v=gcTtOZcWH8Q

„K-19“ kann als Beweis dafür gelten, dass das wahre Leben möglicherweise die spannendsten, aber sicher nicht die dramaturgisch besten Geschichten schreibt. So vergeht rund eine Stunde des Films mit Vorgeplänkel, Einführung der beiden Hauptfiguren, die aber doch recht oberflächlich auf den Ehrgeizigen und Gutherzigen reduziert werden, und der Vorstellung aller Crewmitglieder, die aber kaum Profil gewinnen. Noch dazu ergeht sich der Film weiterhin in der typischen Die-Ehrlichen-unten-gegen-die-Eitlen-oben-Rhetorik, die sich kaum von fiktionalen Arbeiten unterscheidet und hier allenfalls für eine ambivalente Perspektive sorgt: Einerseits ist das fast schon Gleichberechtigung, denn Filme um amerikanischen Helden der Arbeit argumentieren kaum anders, wenn es um die Steine geht, die ihnen bürokratische Sesselfurzer in den Weg legen, andrerseits ist es hier natürlich klar die sowjetische Obrigkeit, die ihr Fett wegkriegt.

Dass diese Ambivalenz zustande kommt, liegt auch an der Inszenierung von Kathryn Bigelow und dem Drehbuch von Christopher Kyle („Alexander“), das die politischen Hintergründe zwar immer wieder anreißt, vom Rüstungswettrennen zwischen den Blöcken bis hin zu einem möglichen Weltkrieg, den die Explosion des U-Boots auslösen könnte, sich aber dann doch in erster Linie auf die Geschehnisse an Bord des U-Boots konzentriert – die Außenwelt hat nur insofern Belang, wie sie die Geschicke und Entscheidungen an Bord beeinflusst. Und dort geht es dann vor allem um den Disput der beiden Kapitäne, der sich in kleinen Machtproben äußert, manche Mitglieder an Meuterei denken lässt, aber dann doch nie so wirklich ausbricht – gerade die Auflösung des Konflikts überrascht, lässt aber die aufgebaute Anspannung verpuffen.

Das ist angesichts der talentierten Hauptdarsteller schade. Harrison Ford („Star Wars: Das Erwachen der Macht“) zeigt sich in einer seiner wenigen eher als Unsympathen angelegten Rollen und gibt den verhärmten Soldaten, der seine Männer durch Drills schleifen will, als nachvollziehbare Figur. Ähnlich steht es um Liam Neeson („Run All Night“), der Polenins Schwanken zwischen der Loyalität zu seinen Männern und der Loyalität zu seinem Vaterland sehr überzeugend verkörpert. Der Rest mutiert dagegen eher zu Stichwortgeben, von Joss Ackland („Ohne Ausweg“) als Parteioberem über Ravil Isyanov („Transformers 3“) als Parteioffizier bis hin zu Jacob Pitts („Justified“) als Besatzungsmitglied. Einzig und allein Peter Saarsgard („Night Moves“) als Frischling von der Akademie kann in der einzig prägnanten Nebenrolle des Films noch Akzente setzen.

Bigelows Inszenierung betont den Wechsel zwischen Ruhephasen, in denen statische Einstellungen dominieren, und hektischen Passagen, in denen Steadycamfahrten durch das U-Boot-Innere die Dringlichkeit der Situation verdeutlichen. Und gerade in letzteren Momenten zeigt sich das Können der Regisseurin: Wenn es zur Katastrophe kommt, dann lädt „K-19“ zum Nägelkauen und Mitfiebern ein. Neben der Darstellung der drohenden Katastrophe zeigt Bigelow ohne falsches Pathos die Opfer, die verschiedene Besatzungsmitglieder erbringen: Da keine Strahlenschutzanzüge an Bord sind, nehmen sie lediglich mit Chemieschutzanzügen bekleidet Reparaturen am Reaktor vor und dabei den sicheren Tod in Kauf, um den Rest der Mannschaft zu retten und einen Krieg zu verhindern. In einer ausgiebigen wie schweißtreibenden Sequenz zeigt Bigelow dies, hält ungeschönt auf die von Strahlung gezeichneten Männer drauf, deren Schicksal jedem klar ist.

Anderes Potential lässt der Film, vermutlich der historischen Genauigkeit wegen, ungenutzt: Ein amerikanischer Zerstörer in der Nähe verspricht Rettung, aber auch eventuelle Gefangennahme, zumal eine Mannschaft, die sich von den Amerikanern retten lässt, als Deserteure gebrandmarkt zu werden. Oder einen Abschuss des potentiell gefährlichen U-Boots. Doch auch hier sind die Amerikaner nur Katalysator für Geplänkel an Bord, da man aufgrund eines kaputten Funkgeräts sich nicht mit Moskau koordinieren kann. Ebenfalls enttäuschend ist der pathetische Schluss, der erst ein Nachspiel vor Gericht zeigt, danach noch eine Wiedervereinigung der Crew nach Ende der Sowjetunion, welche zürnt, dass man den Verstorbenen kein Heldendenkmal gesetzt hat – das macht der Film dann umso penetranter.

Handwerklich ist „K-19“ dank Bigelows sicherer Regie gelungen, in den dramatischen Spannungsmomenten um die Reaktorreparatur geradezu meisterlich. Leider sind diese Highlights eingebettet in eine eher zähe, relativ handelsübliche Geschichte um die Helden der Arbeit, die vom historischen Rahmen eher dramaturgisch behindert als in der Brisanz gefördert wird. Und zwei starke Hauptdarsteller können leider nur begrenzt etwas dagegen ausrichten, dass es dem Konflikt ihrer Figuren an Facetten fehlt.

Starke:

Hierzulande ist der Film bei Universum auf DVD und Blu-Ray erschienen und ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Die Special Edition auf DVD und die Blu-Ray bieten recht umfangreiches Bonusmaterial mit mehreren Making Ofs, Interviews mit den Beteiligten und einem Audiokommentar von Kathryn Bigelow und Kameramann Jeff Cronenweth.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universum Film__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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