Originaltitel: The Hunted__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: J.F. Lawton__Darsteller: Christopher Lambert, John Lone, Joan Chen, Yoshio Harada, Yôko Shimada u.a. |
Paul Racine, der in Japan eine neue Generation von Computer-Chips an den Mann bringen will, beschließt, einen anstrengenden Verhandlungstag allein an der Bar seines Hotels ausklingen zu lassen. Hier begegnet er der hübschen Japanerin Kirina, mit der er unversehens im Bett landet. Nach dem Akt schmeißt sie ihn höflich, aber bestimmt raus und zumindest der Zuschauer ahnt, dass sie etwas bedrückt.
Racine fügt sich in sein Schicksal und verlässt Kirinas Räumlichkeiten, nur um sogleich zu merken, dass er aus Versehen ihre Zimmerschlüssel eingesteckt hat. Er kehrt zu Kirinas Hotelzimmer zurück und muss hier mit ansehen, wie drei Ninjas seine Gespielin brutal hinrichten. Racine will zwar das Schlimmste verhindern, wird allerdings von den Ninjas schnell außer Gefecht gesetzt. Er überlebt die Attacke schwer verletzt, hat aber das Gesicht des Ninja-Anführers gesehen und steht deshalb auf dessen „Kill-List“ ganz weit oben.
Racine ist ab sofort nirgends mehr sicher. Als die Handlanger des Oberninjas das Krankenhaus angreifen, in dem der Amerikaner genesen soll, entkommt der nur mit Mühe und Not und ist fortan auf sich allein gestellt. Zum Glück nehmen sich der Japaner Takeda und dessen Frau Racines an. Das machen sie allerdings nicht ganz uneigennützig, denn Takeda hat mit dem Anführer der Ninjas eine persönliche Rechnung offen. Auf der Insel Takedas kommt es zur finalen Konfrontation…
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Es ist davon auszugehen, dass Regisseur und Drehbuchautor J.F. Lawton absolut bewusst war, dass er mit seiner Story wohl eher keinen Oscar abräumen will. Diese verläuft doch in leidlich vorhersehbaren Bahnen, generiert leider so gut wie keine Spannung und hat auch den einen oder anderen langwierigen Moment an Bord. Dennoch gelingt es „The Hunted“ in Sachen Dramaturgie durchaus auch zu überraschen. Das betrifft vor allem die Figurenzeichnung, die im Genre so nicht unbedingt typisch ist.
Interessant ist etwa, dass die vermeintliche Hauptfigur Paul Racine – arg steif und wenig charismatisch von Christopher Lambert („Mean Guns“) gegeben – mit Auftauchen des Sturkopfes Takeda zur Nebenfigur im eigenen Film degradiert wird. Yoshio Harada („Azumi“) spielt Takeda nämlich mit viel Wucht und kehrt auch dessen ambivalente Züge gekonnt nach außen. So ist der Nachkomme einer Samurai-Kaste in der Wahl seiner Mittel alles andere als zimperlich und geht teilweise extrem kaltschnäuzig über Leichen. Was den Zugang zu dem Charakter heftig erschwert, doch dessen Charisma wiegt das spielend wieder auf. An seiner Seite überzeugt Yôko Shimada (im gleichen Jahr im grandiosen „Crying Freeman“ zu sehen) als Takedas Frau, die ihren Mann immer wieder einbremst, umsichtig agiert und niemals zum langweiligen Weibchen verkommt.
Auch der Bösewicht – von John Lone („Im Jahr des Drachen“) ordentlich, aber leider wenig imposant zum Leben erweckt – weiß zu gefallen. Vor allem überraschen seine Zweifel an der Hinrichtung Kirinas, was ganz offensichtlich etwas in ihm bewegt hat und ihn erstaunlich nahbar macht. Ganz abgesehen davon, dass er es sein wird, der Kirinas Tod rächt. Kirina wird von Joan Chen („Die Jugger“) gespielt, die neben John Lone mal wieder recht deutlich macht, wie gleich Asiaten vor allem auch für Hollywood gerne aussehen. Chinesen, Japaner, wer achtet schon darauf…
Zumindest wird die japanische Kultur durchaus interessant gezeichnet. Der Culture Clash für Paul Racine hält sich abgesehen von der Sprachbarriere zwar arg in Grenzen, die Bilder aus einer japanischen Metropole, die vor allem den Einstieg des Filmes prägen, wissen aber dennoch sehr zu gefallen. Das Finale auf einer Insel wurde dann im Übrigen auf einer kanadischen Insel gedreht, die durchaus überzeugend ein Stück japanische Vergangenheit doubelt.
Actiontechnisch hat der Film drei Highlights zu bieten. Die erste große Actionszene steigt in dem japanischen Krankenhaus, in das Racine nach der Attacke durch die Ninjas eingeliefert wird. Die sich anschließende Metzelei an den abgestellten Bewachern Racines ist Ninjafilmmäßig schnell und gnadenlos gefilmt. Ninjasterne in den Kopf, Pfeile durch den Hals,… ordentlich umgesetzte Standards des damaligen Filmausstoßes zum Thema. Garniert mit einer gewissen Gnadenlosigkeit, die sich dann im blutigen Action-Juwel von „The Hunted“ vollends entlädt…
Das Setting dieser Einlage ist ein japanischer Hochgeschwindigkeitszug. Hierhin haben die Ninjas Racine und seine Begleiter um Takeda verfolgt. Während Racine im hinteren Zugteil untergebracht wird, schnetzeln sich die Ninjas vom entgegen gelegenen Zugteil durch das Verkehrsmittel und töten auf ihrem Weg zu Racine jeden Fahrgast, der ihnen über selbigen läuft. Hier wird gehauen, geschlitzt und gestochen, dass es eine wahre blutspritzende Freude ist. Schwerter werden zerteilend in Körper getrieben und so manche Ninjafrau verliert gar ihr Gesicht – wortwörtlich.
Diese lang und breit ausgewalzten 15 Minuten Action sind es dann auch, die den Film lange über sein Ende hinaus präsent halten. Und kommt die Rede auf den unter Actionfans leider arg unterschätzten „The Hunted“, wird keine zwei Sekunden später diese Actionszene Thema sein. Garantiert. Splatter sollte man sich in dieser Sequenz aber nicht erwarten, auch wenn das Blut in Strömen fließt. Die Körperteile bleiben zumeist mit dem Körper verhaftet.
Die finale Metzelei auf der Insel Takedas bietet dann solides Swordplay und einen ordentlichen Bodycount, kann aber in seiner Erdverbundenheit nicht mit dem Actionhighlight im Zug mithalten. Im Übrigen ist der Showdown dann auch die einzige Szene, in der Lambert wirklich aktiv ins Geschehen eingreifen darf. Sein Charakter bleibt nämlich bis zuletzt eher passiv, was den Heldenfaktor angeht, was zum einen sehr realistisch rüberkommt, zum anderen aber auch ein wenig enttäuscht. Vermutlich wurde der Endkampf Lamberts auch deshalb so extrem brutalisiert, damit sein Racine nicht durchweg wie eine Obernulpe wirkt.
Inszenatorisch setzt Lawton auf farbgesättigte, schöne Bilder und fast wirkt es, als habe ihn vor allem zu Beginn auch ein gewisser Anspruch umgetrieben. Teils surrealistisch anmutende Traumsequenzen und Color-Key-Momente wissen beispielsweise durchaus zu überraschen und hätten gut und gerne auch häufiger eingesetzt werden können. Zudem gefällt aus heutiger Sicht der unaufgeregte Inszenierungsstil ohne Schnittkaskaden und Wackelkamera. Ein Highlight ist der großartige Soundtrack, der weitgehend aus gnadenlos vorantreibenden Kodo-Trommel-Sequenzen besteht.
Ich kann „The Hunted“ jedem Fan von Action der etwas härteren Gangart nur ans Herz legen. Der Streifen ist ordentlich gealtert und wirkt spätestens mit der Ankunft auf Takedas Insel fast schon zeitlos. Die Story ist wenig komplex, hält aber interessante Charaktere und Charaktermomente bereit. Die fehlende Spannung und die Vorhersehbarkeit sämtlicher Ereignisse gleicht „The Hunted“ mit viel Atmosphäre wieder aus. Christopher Lambert wird von seinen asiatischen Co-Darstellern zwar rundweg an die Wand gespielt, ist als Bindeglied zum Zuschauer aber mehr als in Ordnung. Und die Action macht einfach nur richtig Spaß. Mit Choreografie-Wundern modernster Prägung kann „The Hunted“ zwar in Tempo und Raffinesse nicht mehr mithalten, wohl aber in Sachen Gnadenlosigkeit und Blutzoll. Und die Actionszene in dem Schnellzug muss man als Actionfan einfach mal gesehen haben.
Gelegenheit dazu bietet die neue Edition von Koch Media. Das Label spendierte dem Streifen ein Mediabook, das mit einer DVD und einer Blu-ray des Filmes sowie einem feinen Booklet aufwartet. Die Datenträger präsentieren den Film in ungeahnter Bild- und ordentlicher Tonqualität. Der Film ist mit einer SPIO/JK-Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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