Originaltitel: 10 Cloverfield Lane__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Dan Trachtenberg__Darsteller: Mary Elizabeth Winstead, John Goodman, John Gallagher Jr., Mat Vairo, Cindy Hogan, Jamie Clay, Bradley Cooper u.a. |
Als J.J. Abrams nach dem großen Erfolg des von ihm produzierten „Cloverfield“ immer wieder nach einer Fortsetzung gefragt wurde, gab er freimütig zu Protokoll, dass er sich eine Fortsetzung definitiv vorstellen könne. Diese dürfe aber weder bloßer Abklatsch des Erstlings noch Reboot, Remake oder was auch immer sein. Ein zweiter „Cloverfield“ sollte sich also vom ersten deutlich abheben. Die zündende Idee ließ aber einige Zeit auf sich warten. Doch dann flatterte ein Drehbuch auf seinen Schreibtisch, das geeignet erschien.
Vor allem, weil es sich von „Cloverfield“ so extrem abhob! Aus der Zerstörungsorgie wurde ein Kammerspiel. Aus Monsterhorror wurde Psychoterror. Und aus der körnigen Wackelkamera-Optik wurde ein stilvoller Spielfilmlook. Unter strengster Geheimhaltung ging man das Projekt unter dem Decknamen „Valencia“ an und traf die Filmfans relativ unvorbereitet…
Michelle ist in Eile. Sie hat gerade Hals über Kopf ihren Freund Ben verlassen. Um möglichst viel Abstand zwischen sich und ihn zu bringen, rast sie durchs amerikanische Hinterland. Da klingelt ihr Telefon. Es ist Ben. Michelle nimmt das Gespräch an, beendet es aber alsbald wieder. Als Ben erneut anklingelt, überlegt Michelle wieder anzunehmen. Doch da wird ihr Auto von einem anderen Auto gerammt. Michelles Wagen durchbricht die Leitplanke und überschlägt sich mehrfach.
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Als Michelle wieder zu sich kommt, befindet sie sich in einem kleinen Raum. Sie wird via Tropf mit Flüssigkeit versorgt. Panik kommt in der jungen Frau auf, als sie bemerkt, dass ihr schmerzendes Bein mittels einer provisorischen Schiene an ein Rohr neben ihrer Liegefläche gefesselt ist. Da taucht ein riesiger Kerl auf. Er stellt sich als Howard vor und erklärt, er habe sie verunfallt gefunden und in seinen Bunker gebracht. Hier habe er sich mit ihr eingeschlossen, weil auf der Erdoberfläche ein heftiger Angriff irgendwelcher Invasoren tobe.
Im Zuge dessen sei die gesamte Außenwelt verstrahlt wurden und Michelle solle sich damit abfinden, dass sie vermutlich einige Jahre mit Howard in diesem Bunker eingeschlossen sein werde. Natürlich sträubt sich in Michelle alles gegen diese Erklärung. Als Emmet, ein weiterer in dem Bunker eingeschlossener Mann aber Howards Geschichte bestätigt, fügt sich Michelle in ihr Schicksal. Doch kann sie den beiden Männern vertrauen? Und was geht wirklich außerhalb des Bunkers vor?
J.J. Abrams selbst findet im Bonusmaterial einen interessanten Vergleich für die Dramaturgie von „10 Cloverfield Lane“. Die ersten beiden Drittel seien wie ein Bogen, den man immer weiter spanne, nur um dann im letzten Drittel den Pfeil frei zu geben. Und dieses Bild ist alles andere als verkehrt. Denn die ersten zwei Drittel der Filmlaufzeit bemüht sich das Drehbuch konsequent, Spannung aufzubauen. Es streut falsche Fährten, verdichtet die Situation und lässt vor allem Howard immer wieder höchst beunruhigende Seiten zeigen. Die Folge ist eine beständig über allem schwebende Verunsicherung, die für eine angenehme Grundspannung sorgt.
So wird „10 Cloverfield Lane“ nicht einmal in der Phase langweilig, in der die Zweckgemeinschaft allmählich zusammenwächst (leider recht klischiert mit einer musikalisch untermalten Montage bebildert) und scheinbar jegliches Konfliktpotential aus dem Film weicht. Denn immer, wenn es zu betulich wird, darf John Goodman als Howard richtig aufdrehen, mal unterschwellig und mal ganz offensiv bedrohlich aufspielen und so immer neue Spannungsspitzen generieren.
In den ersten 70 Minuten ist „10 Cloverfield Lane“ folglich auf einen Schauplatz konzentriertes, meisterlich aufgebautes Spannungskino, das von starken Dialogen und tollen darstellerischen Leistungen lebt. Tja, und dann lässt Regisseur Dan Trachtenberg den „Pfeil“ fliegen. Und seinen Film zu etwas vollkommen Anderem werden. Jetzt wird alles Unterschwellige aufgegeben. Es wird eine ganz konkrete Bedrohungssituation aufgebaut und mit viel Getöse zu einem schlüssigen Ende gebracht. All das passt gut ins „Cloverfield“-Umfeld und erweitert den Originalfilm um einige interessante Aspekte.
Dementsprechend ist es auch schwer zu sagen, was „10 Cloverfield Lane“ in Bezug auf „Cloverfield“ eigentlich ist. Sequel, Prequel, ein zeitlich parallel laufender Handlungsstrang,… alles ist möglich. Ohne dass der Film Motive aus „Cloverfield“ wiederholen müsste. Doch selbst wenn man davon absieht, funktioniert der finale Abschnitt für sich gesehen großartig. Das Tempo ist hoch, die Special Effects sind toll und der Spektakelwert ist vor allem im Vergleich zu dem ruhigen Kammerspiel-Einstieg enorm. Die Frage wird nur sein, wie man persönlich mit diesem Umschwung im Film klarkommt. Top oder Flop, die Meinungen dürften hier recht stark auseinanderdriften.
Für mich persönlich passten die beiden grundverschiedenen Teile aber gut zusammen. Mich störte eher der Übergang zwischen beiden Abschnitten. Der geht nämlich sehr abrupt vonstatten. Lässt einige offene Fragen aus der Bunkeranlagen-Handlung unbeantwortet und liefert vor allem für den großartigen John Goodman und seinen Charakter kein wirklich würdiges Ausscheiden aus dem Film. Hier hätte man sich deutlich mehr Feinschliff gewünscht.
Denn letzten Endes ist „10 Coverfield Lane“ in erster Linie eines: Die große John Goodman („The Gambler“) Show. Der wuchtige Mime liefert einfach brillant ab. Hält die Gesinnung seines Charakters immer gekonnt in der Schwebe und macht über 70 Minuten hinweg nicht nur seinen Co-Stars gewaltig Angst. Er ist das wahre Monster dieses Filmes und braucht dafür nicht einen einzigen Special Effect. Hätte man nun noch für einen reibungslosen Übergang zwischen dem Spannungskino in den ersten zwei Dritteln und dem Spektakelkino im Showdown gesorgt, „10 Cloverfield Lane“ hätte wahrlich gerockt. Doch auch so bleibt packendes, stilvoll und gekonnt in Szene gesetztes Genrekino, welches das „Cloverfield“-Universum bereichert und auf weitere Geschichten aus diesem Umfeld hoffen lässt.
Die deutsche DVD/Blu-ray kommt am 11. August 2016 von Paramount Pictures und wird in Deutschland über Universal Pictures Home Entertainment vertrieben. Mit einer FSK 16 Freigabe ist der Film ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Paramount Pictures Home Entertainment__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |