Originaltitel: Sniper: Ghost Shooter__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Don Michael Paul__Darsteller: Dennis Haysbert, Stephanie Vogt, Nick Gomez, Presciliana Esparolini, Nigel Barber, Enoch Frost, Velislav Pavlov, Billy Zane, Chad Michael Collins u.a. |
Brandon Beckett ist seit einiger Zeit Mitglied einer Abordnung Marines, die ausschließlich aus Scharfschützen und deren Pointern besteht. Die neueste Mission führt sie in den Mittleren Osten, wo sie eine Handvoll Geiseln aus der Hand von Terroristen befreien sollen. Das klappt auch ziemlich gut und die Mission wäre ein voller Erfolg, wenn Beckett in einem Moment nicht zögern würde und damit den Tod einer Geisel verursacht.
Damit er über diesen Aussetzer nicht allzu sehr ins Grübeln kommt, schickt ihn sein Vorgesetzter Richard Miller nach Georgien. Hier soll er mit seinen Kameraden eine Erdgasleitung bewachen, die immer wieder zum Angriffsziel von Terroristen wird. Direkt der erste Einsatz von Beckett und seinen Jungs endet in einer mittleren Katastrophe. Als Beckett den Verdacht äußert, dass er und seine Kameraden verraten wurden, versetzt ihn der Chef der georgischen Armee ans Ende seines Landes. Hier soll er Gehorsam lernen…
Doch Beckett ahnt, dass hier etwas absolut nicht stimmt. Er versucht, seinen Aufenthalt im Hinterland von Georgien so kurz wie möglich zu halten, um herauszufinden, ob er und seine Kameraden tatsächlich verraten wurden…
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Als „Sniper“ 1993 im Kino lief, bot er im Bereich der B-Action durchaus ein paar interessante Momente. So machte er jene Charaktere zu seinen Helden, die sonst eher die Highlights in den damals üblichen Spezialeinheitsfilmen setzten: Die Scharfschützen. Das zog Regisseur Luis Llosa so konsequent durch, dass er sogar mit antiklimaktischen Actionszenen aufwartete, die, obwohl da nur ein paar Kerle durchs Unterholz robbten, eine erstaunliche Spannung aufzubauen wussten. Das kernige Duell zwischen Tom Berenger und Billy Zane sorgte für weitere interessante Highlight-Momente.
Und obwohl „Sniper“ seine Kosten schnell amortisiert hatte, ließ eine Fortsetzung neun Jahre auf sich warten. Diese fokussierte dann ausschließlich auf Berengers Beckett und geriet zur Vollkatastrophe. Erst der zwei Jahre später folgende dritte Teil gab dem Franchise den Schubs in die richtige Richtung. Auch wenn es nun noch einmal sieben Jahre dauerte, bis man fortfuhr und sich bei „Sniper: Reloaded“ für eine Art Reboot entschied. Hier dichtete man Beckett einen Sohn an, der auch Scharfschütze werden wollte, und ließ diesen im Wechsel Abenteuer mit seinem Vater und dessen ehemaligen Intimfeind Miller erleben.
Dabei ging es qualitätsmäßig stetig bergauf. Die Sniper-Reihe mauserte sich ganz allmählich zu einer höchst soliden Nummer, die vor allem B-Actionfans viel Freude zu bereiten wusste und der Fließbandware eines Steven Seagals oder Bruce Willis’ eine lange Nase dreht. Und das sogar im Fall des vorliegenden „Sniper: Ghost Shooter“, der längere Zeit nicht ganz so rund läuft wie seine Vorgänger. Wo die sich eher geradlinig und storytechnisch sehr limitiert gaben, versucht „Ghost Shooter“ überdeutlich, seiner Hauptfigur ein emotionales Rückgrat einzuziehen. Lässt sie zweifeln. Nicht an ihrem tödlichem Job, wohl aber an der eigenen Psyche/emotionalen Stabilität.
In dieser Phase verliert der Film seine Story leider weitgehend aus den Augen. Im Mittelteil weiß man beispielsweise irgendwann gar nicht mehr, um was es in „Sniper: Ghost Shooter“ tatsächlich gehen soll. Erst in Richtung Showdown wird die Handlung stringenter herausgearbeitet und es offenbart sich eine eigentlich sehr feine Actionthriller-Handlung mit Intrigen, ungläubigen Vorgesetzten und netten Momenten, in denen deutlich wird, wie fatal moderne Technik und digitale Kriegsführung dem modern denkenden Feind in die Hände spielen können.
Während „Sniper: Ghost Shooter“ also in erzählerischer Hinsicht eher stockt, weiß er zumindest in der Action vollkommen zu befriedigen. Denn Regisseur Don Michael Paul („Kindergarten Cop 2“) darf endlich mal wieder aufwändigere B-Action zeigen. Und das in mal eben sechs Actionszenen, die in Länge und Aufwand variieren und jede für sich einen kleinen Höhepunkt (besonders derbe Kills, überschlagende Karre, coole Sniperaction) aufzuweisen verstehen. Das absolute Highlight bildet dabei eine großartige Szene im Hochgebirge Georgiens.
An einem Haus irgendwo im Gebirge werden hier amtlich Lumpen umgenietet und weggesprengt. Das zumeist sehr blutig und mit einigen handgemachten Blutmatschereien, die äußerst plakativ die Wände des Hauses neu „bemalen“ dürfen. Obendrein wird das Haus nach Strich und Faden zerlegt. Die Fassade wird zerballert, Fenster zerbrechen, Holz splittert,… endlich sieht man mal wieder, was Kugeln noch anrichten, wenn sie ihre menschlichen Ziele verfehlen.
Doch auch die anderen Actionszenen machen richtig Laune und sind in einigen Spitzen äußerst deftig geraten. Derbe Blutschwälle, Kehlenschnitte und blutigste Verletzungen sorgen für diverse rote Farbtupfer. Und sogar das CGI-Blut schaut durch die Bank halbwegs vernünftig aus. Dafür geraten leider ausgerechnet diverse Fluggeräte eher schwachbrüstig, was ihre Animation angeht. Erstaunlich eigentlich, wenn man bedenkt, dass Phillip Roth hier die Finger im Spiel hatte und sonst immer recht vernünftige Flugmaschineneffekte auf die Reihe gebracht hat.
Gedreht wurde im Übrigen in der Türkei und in Bulgarien. Letzteres doubelt Georgien und überzeugt mit schroffen natürlichen Bedingungen. Vor allem alle Szenen in und um diverse Schneegebiete haben ordentlich Flair (so spielt die beste Actionszene ebenfalls im Schnee!) und sorgen in Verbindung mit den stimmig farbentzogenen Bildern in diesem Abschnitt für das ein oder andere Frösteln. Abgesehen von dem kalten Mittelteil arbeitet der Regisseur eher mit warmen Farben. Und er findet erstaunlich sicher diverse Schauplätze, die nicht nach 0815-DTV-Kost müffeln. Dahingehend hatte er allerdings schon bei seiner vorhergehenden Arbeit am Franchise („Sniper: Legacy“) ein gutes Näschen bewiesen. Unter den Bildern rumpelt ein zackiger, gitarrenlastiger Score, der den Film gut anzutreiben versteht.
Darstellerisch ist hier nicht viel los. Die Darsteller müssen psychisch präsent sein, das klappt ganz gut. Chad Michael Collins („Company of Heroes“) transportiert obendrein die Zweifel seiner Figur ganz ordentlich und gibt einen angenehmen Helden ab. Warum man die Sniper-Mannschaft um ihn herum installierte, wird nie so recht klar. Keine der Figuren darf ein Profil entwickeln oder Beckett wirklich unter die Arme greifen. Sie schaden irgendwann gar der Präsenz des Hauptcharakters, weil sie von ihm ablenken.
Dem steten Wechsel entsprechend, ist in diesem Teil wieder Billy Zane („Blood of Redemption“) mit von der Partie. Der verlässliche Mime spielt genauso: Verlässlich. So richtig gute Szenen hat er aber nicht abbekommen. Und auch Dennis Haysbert („Jarhead 3“) hat nicht viel zu tun. Meist schaut er auf irgendwelche Monitore oder telefoniert. Die Bösewichter sind allesamt sehr gesichtslos angelegt. Einzig ein Supersniper, der freilich Beckett Jr.s Endgegner wird, darf tatsächlich ein wenig böse sein.
Was am Ende bleibt, ist beileibe keine Oscar-Ware. Oder eine Neudefinition des B-Action-Genres. Vielmehr ist „Sniper: Ghost Shooter“ eine durch und durch solide Nummer geworden, die dank versierter Regie und offensichtlich umfangreicherer Produktionswerte absolut zufriedenstellende, aufwändig rüberkommende Action aufzubieten versteht, die dem Film flott über diverse Handlungshänger hinweghilft und die Darsteller nicht dazu zwingt, schauspielern zu müssen. Da gibt es, vor allem aktuell, viele deutlich schlimmere Vertreter im Genre!
Die deutsche Vanilla-DVD kommt von Sony Pictures Home Entertainment und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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