Originaltitel: The Shallows__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Jaume Collet-Serra__Darsteller: Blake Lively, Óscar Jaenada, Angelo Jose, Lozano Corzo, Jose Manual, Trujillo Salas, Brett Cullen, Sedona Legge, Pablo Calva, Diego Espejel, Janelle Bailey, Ava Dean u.a. |
Nancy nimmt den frühen Tod ihrer Mutter zum Anlass, einen Strand aufzusuchen, von dem ihre Mutter zu Lebzeiten immer geschwärmt hat. Hier will Nancy Abschied nehmen von ihrer Mutter und wichtige Entscheidungen für ihre eigene Zukunft fällen. Der schlimme Krankheitsverlauf bei ihrer Mutter hat Nancy nämlich unter anderem schwer an ihrem Medizinstudium und dessen Sinn zweifeln lassen. Doch an dem Traumstrand scheinen die Probleme allesamt wie weggewischt. Nancy versteht sofort, was ihre Mutter so daran liebte.
Sie greift sich ihr Surfbrett und stürzt sich in die Fluten. Sie genießt das warme Wasser, die flüchtigen Begegnungen mit anderen Surfern und die Abwesenheit aller Probleme des Alltags. Da spürt sie ein kräftiges, ein einschneidendes Zupacken an ihrem Bein. Panisch versucht Nancy, der Umklammerung zu entkommen. Flieht erst auf einen tot im Wasser treibenden Wal und dann mit Mühe und Not auf eine nahegelegene Felsformation. Keine 70 Meter von ihr entfernt scheint sie das rettende Ufer förmlich zu verhöhnen, während der Hai sie stetig umkreist…
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Eine kleine Felsformation, traumhaft blaues, klares Wasser, ein Hai, eine Möwe und eine junge Dame. Mehr braucht „The Shallows“ nicht, um 90 Minuten lang mitzureißen und ordentlich Spannung aufzubauen. Gefühlt ein Kunststück, wenn man mal ganz genau hinschaut, was uns der Film tatsächlich zu erzählen hat: Junge Frau strandet verletzt auf einer Felsformation im Meer und wird von einem Weißen Hai belauert. Viel mehr ist da nicht an Story. Und dennoch wird „The Shallows“ nie langweilig. High Concept werden derartige Konstrukte in der Filmsprache genannt.
Und Regisseur Jaume Collet-Serra hat beispielsweise schon mit „Non-Stop“ bewiesen, wie grandios er dieses Sujet zu bedienen vermag. Davon profitiert nun „The Shallows“ ungemein. Wie Collet-Serra im ersten Drittel des Filmes Spannung aufbaut und vor allem mit den Erwartungen des Zuschauers spielt, ist ganz großes Kino. Immer wieder werden aus dem Hai-Filmgenre bekannte Kamerafahrten und -perspektiven aufgefahren, um anzudeuten, dass da etwas ist, das der Idylle, das Nancy bedrohlich werden könnte. Dabei verzichtet der Regisseur konsequent auf das Zeigen des Hais (für ein paar Millisekunden zeigt er ihn zu Beginn, weil er sonst nicht mit den Erwartungen des Zuschauers spielen könnte) und auf billige Jump Scares. Stattdessen konzentriert er sich auf die Kreation einer unheilvollen Atmosphäre in dennoch wunderschönen Bildern…
Dann lässt er den Hai zuschlagen. Unvermittelt. Überrumpelt seine Hauptfigur derart, dass sie sich auf einen Wal-Kadaver retten muss. Das meines Erachtens innovativste Setting der jüngeren Filmgeschichte. Zudem macht er klar, warum der Hai auf Nancy losgeht. Sie ist in seine „Vorratskammer“ eingedrungen. Nun klettert sie sogar auf „seinem“ Wal herum. Wie eine Urgewalt geht der Hai auf den „Wal-Felsen“ los und entfesselt eine Kraft, die einfach nur Staunen macht. Und aufzeigt, wie gut geschmiert die Effekt-Maschinerie hinter „The Shallows“ laufen wird.
Danach erobert Nancy den eigentlichen Schauplatz des Filmes. Verpflegt in einer scheußlich real anmutenden Szene ihre Wunden und freundet sich mit ihrer Begleitung an: Eine Möwe wurde bei dem Angriff des Hais ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen und landete mit Nancy auf dem Felsen. Mit ihr erlaubt sich Collet-Serra einen großartigen Gag. Da die Möwe im Englischen stark nach einem unserer Actionhelden klingt, verpasst Nancy dem Vogel den Namen „Steven Seagull“, was freilich frappierend nach Steven Seagal klingt… Der hätte freilich dem Hai brutal die Zähne rausgeprügelt.
Der Hai schlägt derweil seine Zähne lieber in weitere Surfer und Strandbesucher und nimmt damit Nancy nach und nach jedwede Hoffnung auf Rettung. Hier ist „The Shallows“ dann spannend bis zum Gehtnichtmehr. Die verzweifelten Rettungsversuche Nancys nagen am Nervenkostüm und die mehr und mehr ebenfalls zum Feind werdenden Elemente (sengende Sonne, Wasserknappheit, Ebbe, Flut) tragen ihr Scherflein zum Fingernagel-Super-Gau bei. Von der starken Performance Blake Livelys („Green Lantern“) ganz zu schweigen. Sie spielt intensiv auf, zieht den Zuschauer mühelos auf ihre Seite und macht ihren Überlebenskampf beinahe physisch erfahrbar.
Leider versemmelt Collet-Serra das Finale seines Filmes. Hier wird „The Shallows“ zu radauig. Aus dem subtil schockenden Horrorthriller wird ein Actionfilm, bei dem die Wasseroberfläche irgendwann ebenso brennt wie der Hai. Der wird im Finale aus unerfindlichen Gründen zur puren Killermaschine umgedeutet und frisst sogar Stahl, um Nancy zwischen die Kiefer zu bekommen. Vom leider recht blöden Finish fange ich gar nicht erst an. Die Logik geht dabei ziemlich schnell unter. Das Spannungsniveau flacht ebenfalls extrem ab. Die Wirkung des Ganzen allerdings ist nicht schlecht. Denn „The Shallows“ legt im Showdown amtlich Kohlen nach, was das Tempo angeht. Wirklich befriedigen kann einen diese Art des Abschlusses letzten Endes aber nicht. Der Übergang von Horror zu Action ist einfach zu uneben und unelegant.
In Erinnerung bleibt dann neben den ersten beiden genialen Filmdritteln vor allem die optische Gestaltung des Filmes. Man hat sich da wirklich einen wunderschönen Flecken Erde in Australien zum Dreh ausgesucht. Mit wunderschönen, knallig farbigen Bildern weckt Collet-Serra die Urlaubslust und hat sichtlich einen Narren an Blake Livelys Körper gefressen, den er schon extrem voyeuristisch in Szene setzt. Sehr interessant und innovativ löste Collet-Serra die Einbindung von Personen aus Nancys normalem Leben. Vor allem die Second- und Third-Screen-Videotelefonie-Momente sind großartig umgesetzt. Auch die unheilvoll im Bild auftauchende Taucheruhr mit dem Countdown bis zur Flut ist äußerst effizient in die Bildgestaltung eingebunden. Effekttechnisch ist der Hai großartig in Szene gesetzt worden. Bis auf die Umsetzung des Todes eines betrunkenen Strandbesuchers gibt es auch sonst in Sachen CGI kaum irgendeinen Grund zum Mäkeln.
Und hätte Collet-Serra ein anderes Finish für seinen Film gewählt, es gäbe auch sonst nicht viel zu mäkeln an diesem äußerst effektiven Survival-Thriller. Der geht dank der intensiven Darstellung von Blake Lively und dem gekonnten Spannungsaufbau gehörig unter die Haut und lässt den Zuschauer bis zum überzogenen Schluss nicht mehr von der Angel.
Der Film ist seit dem 27. Dezember im deutschen Handel auf DVD und Blu-ray erhältlich. Er kommt von Sony Pictures Home Entertainment und ist mit einer FSK 12 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
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