Originaltitel: Operation Avalanche__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Matt Johnson__Darsteller: Matt Johnson, Owen Williams, Josh Boles, Jared Raab, Andrew Appelle, Krista Madison, Madeleine Sims-Fewer, Tom Bolton, Sharon Belle u.a. |
Am 21. Juli 1969 betraten die Astronauten von Apollo 11 erstmals den Mond und erfüllten damit ein Versprechen, das John F. Kennedy 1962 gemacht hatte: Im Zuge des Kalten Krieges würden es die Amerikaner sein, die den Mond als erstes „erobern“. Doch was, wenn dieser Triumph der USA im Kampf gegen die Sowjetunion nur ein Fake gewesen wäre? Es gibt einige Verschwörungstheorien, die die Echtheit der damals vom Mond übertragenen Bilder anzweifeln. „Operation Avalanche“ schüttelt diese Theorien ordentlich durcheinander und gießt das Ergebnis in Filmform…
Stanley Kubrick ist kein Spion!
Diese Erkenntnis der CIA-Agenten Matt Johnson und Owen Williams setzt einen Punkt unter deren aktuelle Operation „Deep Red“. Die beiden gehören der AV-Abteilung der CIA an, spezialisiert auf die Macht der Bilder. Und sie streben nach mehr. Da startet die CIA eine Maulwurfsjagd bei der NASA. Diese sei von einem Agenten des KGB unterwandert worden, dessen Ziel es sei, die bevorstehende Apollo-11-Mission zu sabotieren. Matt wittert sofort seine große Chance. Gemeinsam mit Owen will er vor Ort bei der NASA vorgeben, ein Doku-Filmteam zu sein, das die Vorbereitungen der ersten bemannten Mondlandung begleiten will.
Genaue Beobachtungen, entlarvende Interviews mit den NASA-Angestellten und heimlich durch das Drehteam platzierte Wanzen sollen die Maulwurfsjagd erleichtern. Die beiden erhalten tatsächlich grünes Licht für ihre Mission, doch der Maulwurf ist bald ziemlich egal. Denn die beiden finden vor allem eines heraus: Die NASA ist nicht in der Lage, eine bemannte Raumfähre auf dem Mond zu landen. Die Sowjets hingegen scheinen mit ihren Entwicklungen auf dem besten Wege zu sein. Man darf nicht vergessen: 1957 haben sie mit Sputnik einen Großerfolg landen können und scheinen nun erneut die Amerikaner abzuhängen.
Da erwächst in Matt ein verwegener Plan: Warum sollten die USA die Mondlandung nicht einfach faken? Eilig von ihm und Owen zusammen gedrehtes Material überzeugt seine Vorgesetzten. Die „Operation Avalanche“ läuft an. Ein wichtiger Teil des Planes: Regie-Genie Stanley Kubrick, von dessen „2001 – Odyssee im Weltraum“-Set man sich einfach die passendsten Spezialeffekt-Techniken klaut…
httpv://www.youtube.com/watch?v=k83iTl-oa8Y
In seinen ersten zwei Dritteln ist „Operation Avalanche“ ein wundervoll verschmitztes „Was wäre wenn?“-Vehikel, das mit der Bildsprache einer vermeintlichen Dokumentation aufzeigt, wie die ikonischen Bilder „von damals“ eben auch entstanden sein könnten. Dabei entwickelt Regisseur und Hauptdarsteller Matt Johnson eine beinahe kindliche Lust am Fabulieren, die ansteckend ist und den „Fake“ irgendwann durchaus plausibel wirken lässt.
Zugleich beginnt der Subtext um die Macht der Bilder immer mehr durchzuscheinen. Auch das Thema der Manipulierbarkeit nimmt immer mehr Raum ein. Dabei sowohl die Manipulierbarkeit der Bilder als auch die Manipulierbarkeit der Menschen durch Bilder. Denn, so die schlichte Weisheit, was im TV kommt, muss wahr – oder sagen wir besser: postfaktisch – sein.
Doch „Operation Avalanche“ endet nicht mit dem größten Bluff der Raumfahrtgeschichte. Vielmehr wird die Fake-Doku gegen Ende zum reinrassigen Thriller. Denn vor allem in Owen Williams wächst begründete Paranoia heran: Wer sind die Männer, die ihm und dem Drehteam immer zu folgen scheinen? Was macht die CIA mit Mitwissern der „Operation Avalanche“? Kann es sich die USA überhaupt leisten, dass irgendjemand weiß, dass die gesamte Mondlandung ein Fake war?
Was zunächst eher diffus für Spannung sorgt, nimmt im letzten Filmdrittel mehr und mehr an Fahrt auf. Die Maulwurfsjagd bekommt einen eigenen Dreh. Menschen sterben. Andere verschwinden. Leider funktioniert der Thriller-Abschnitt nicht so gut. Zu egal sind einem die meisten Figuren. Vor allem Owen-Darsteller Owen Williams bleibt in seiner Hauptrolle neben Matt Johnson viel zu blass und nichtssagend – ist aber wichtiger Aktivposten für den Thriller-Part. Schwierig. Zwar kann „Operation Avalanche“ die zunehmend beklemmendere Situation der Figuren ordentlich transportieren, er vermag aber nicht so richtig zu packen. Ein Eindruck, der durch das viel zu offene Ende nur unterstrichen wird.
In diesem letzten Drittel, also wenn der Genre-Wechsel vollzogen ist, wäre der Film auch gut beraten gewesen, aus seinem bisherigen optischen Konzept der Mockumentary (also der Fake-Dokumentation) auszubrechen. Denn bei “Operation Avalanche” gehört der Kameramann als Teil des Drehteams immer mit zum Figuren-Interieur. Was es gegen Ende schlichtweg immer fragwürdiger macht, dass dieser in den meisten der im Finale dargebotenen Situationen noch filmt bzw. zugegen ist. Nehmen wir nur die One-Shot-Auto-Verfolgungsjagd. Die ist zum einen in ihrer unvermuteten Dynamik ein echtes Highlight im Film, wird dann aber durch die „eiserne Filmbereitschaft“ des Kameramannes immer unglaubwürdiger. Wer in der Situation und unter Beschuss noch an ordentliche Bilder denkt, muss schon arg cinephil angehaucht sein… oder bekloppt.
Bis zu diesem Umschwung im Film funktioniert der zumindest konsequent durchgezogene Mockumentary-Stil hervorragend. Weil der Kameramann immer wieder aus leicht versteckt wirkenden Positionen dreht, wird zudem der Eindruck verstärkt, man schaue hier wirklich zu, wie ein lange gehütetes Geheimnis entzaubert wird. Die perfekte Ausstattung, der feine Soundtrack und die immer wieder gekonnt eingewobenen Stock-Footage-Aufnahmen von Zeitgeschehnissen und Persönlichkeiten der Epoche kommen dem Mockumentary-Ansatz ebenfalls mehr als nur entgegen. Die zahlreichen Filmfehler, Laufrollenschäden und dergleichen mehr unterstreichen zudem den Eindruck, altes Dokumentationsmaterial anzusehen.
Interessant ist, dass das Drehteam „Operation Avalanche“ aus Budgetgründen vornehmlich im Guerilla-Stil drehte. So auch live vor Ort bei der NASA, denen es erstaunlicherweise nicht komisch vorkam, dass Leute in Sixties-Klamotten eine Dokumentation über die NASA der 60er Jahre in ihren heiligen Hallen drehen wollten. Wie leicht muss es da erst früher gewesen sein, KGB-Agenten einzuschleusen…? Das Leben schreibt echt die besten Geschichten.
Nur sind diese auch wahr? Die perfekt auf 60er Jahre getrimmte Mockumentary „Operation Avalanche“ rät zumindest eine gewisse Skepsis an. Dabei gefallen die ersten 60 Minuten des verschmitzten Husarenstücks am meisten. Es macht einfach Spaß, zuzuschauen, wie der vermeintlich größte Bluff der Menschheitsgeschichte geplant und durchgezogen wird. Der Übergang in den Thriller-Abschnitt von „Operation Avalanche“ ist im Nachhinein betrachtet erstaunlich geschmeidig gelöst, das Problem ist nur, dass das Finale nicht wirklich thrillt. Die aufgebaute Spannung ist eher unterschwellig, die Bedrohung seltsam unkonkret. Und manifestiert sie sich dann doch offensiver, verpufft sie aufgrund der blass bleibenden Figuren, mit denen man nicht so recht mitfiebern mag. Dennoch bietet „Operation Avalanche“ schlitzohrig konstruierte Unterhaltung, die sowohl die Macht der bewegten Bilder zelebriert als auch vor ihr warnt. Dahingehend ist alleine schon das Filmposter ganz großes Kino.
Die deutsche DVD/Blu-ray zum Film erscheint am 13. Januar 2017 von Ascot Elite und ist mit einer FSK 12 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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