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Joshua Tree

Originaltitel: Joshua Tree__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1993__Regie: Vic Armstrong__Darsteller: Dolph Lundgren, George Segal, Kristian Alfonso, Geoffrey Lewis, Beau Starr, Matt Battaglia, Khandi Alexander, Nick Chinlund, Ken Foree u.a.
Joshua Tree

Dolph Lundgren lässt die Wüste brennen: “Joshua Tree”

Dolph Lundgren und Vic Armstrong begegneten einander zum ersten Mal am Set von „James Bond – Im Angesicht des Todes“. Jahre später kreuzten sich die Wege der beiden erneut. Diesmal am Set von Roland Emmerichs US-Debüt „Universal Soldier“, wo Vic Armstrong, inzwischen längst als Stuntman und Stunt Coordinator zu Ruhm gekommen, die Second Unit anführte und da mit der Umsetzung der Actionszenen betraut war.

Er und Lundgren freundeten sich bei den Dreharbeiten an, weshalb Vic Armstrong beschloss, dem Schwedenhammer die Hauptrolle in seinem demnächst anstehenden Regie-Debüt anzuvertrauen. Als „Universal Soldier“ am Boxoffice ordentlich einschlug, bekam Armstrong für seinen Streifen „Joshua Tree“ grünes Licht und auch Lundgren wurde dank seines jüngsten Kinohits von den Geldgebern abgesegnet. Mit schmalem Budget und viel Enthusiasmus machte sich Armstrong ans Werk und holte auch seinen Bruder Andy an Bord, dem er die Inszenierung der Actionszenen überließ. Und der holte in einer zentralen Actionszene mal so richtig den Hammer raus…

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Das Kanonenfutter springt aus den heranrasenden Autos und verteilt sich in einem Lagerhaus. Eine in der Dunkelheit herum huschende Gestalt beobachtet das emsige Treiben, platziert ein Brett auf einem Laufband, legt sich darauf und fährt so rücklings das Laufband herunter. Dabei ballert sie beidhändig aus allen Rohren und durchsiebt in der Nähe befindliche Bad Guys. Am Boden angekommen wendet sie sich dem Rest zu. Diese lernen das Tanzen im Kugelhagel, werden umhüllt von kunstvoll dahinwabernden Blutwolken, beginnen zu brennen, schreien vor Schmerz und ihre körperliche Physiognomie wird ziemlich ungesund mittels Hieb- und Stichwaffen oder den bloßen Händen und Füßen verändert.

Das klingt nach Heroic Bloodshed? Absolut, doch mitten in diesem Inferno haben wir nicht Chow Yun Fat, der die Lumpen umnietet. Nein, es ist Dolph Lundgren, der bereits getroffenen Gegnern noch 5-6 Kugeln Nachschlag gewährt, der Messer durch Unterkiefer treibt, Beine wegschießt und die Wände des Lagerhauses kunstvoll mit blutigen Wandreliefs neu tapeziert. Und das gute 10 Minuten lang, in allerfeinster Slow Motion, ohne Kameragewackel, ohne CGI, ohne unübersichtlichen Schnitt…

Joshua Tree

Lundgren holt den Prügel raus…

Einfach reine, pure, unverfälschte, hammerharte Action, wie man sie in kaum einem anderen Amistreifen zuvor und danach je wieder gesehen hat! Und selten hat mich eine Actionszene so mitgerissen und es geschafft, mich derart zu begeistern, dass ich den Film häufiger einfach mal einlegen MUSS, um mir diese Symphonie aus Blut noch einmal anzuschauen.

Die Story drumherum ist Genre-Standard. Alles dreht sich um den Ex-Rennfahrer Santee, der sich irgendwann überreden ließ, mit seinem Kumpel Eddie Luxuskarossen zu schmuggeln. Eines Tages kommt es bei einem Deal zu einem folgenschweren Zwischenfall: Eddie wird erschossen, Santee schwer verletzt und ein Gericht hängt ihm obendrein den Mord an einem Motorradcop an. Jetzt ist Santee richtig am Arsch.

Von seiner Verletzung genesen soll er gerade in ein Staatsgefängnis überführt werden, als ihn seine Bewacher mitten in der Wüste Joshua Tree umbringen wollen. Santee kann dem Anschlag zwar entgehen, doch er ahnt, dass er jemandem im Wege stehen muss. Was seinen Glauben befeuert, dass er und Eddie damals von gierigen Hintermännern des Luxuskarossen-Deals verladen worden sind. Beständig auf der Flucht versucht er, die Hintergründen des schiefgelaufen Deals offen zu legen…

Klar, das klingt dünn und altbacken, wird aber mit viel Verve erzählt und lässt ab den Zeitpunkt, da die Verfolgungsjagd beginnt, auch kaum noch Denkpausen zu. Santee entführt nebenbei noch die SEHR hübsche Polizistin Rita, die sich von der Geisel immer mehr zu einem Mitstreiter des Helden entwickelt, dessen Einzelgänger-Charakter für den Zuschauer aufbricht und damit einen feinen Gegenpart zum verschwiegenen Lundgren darstellt.

Joshua Tree

Rita und Santee kommen sich näher…

Denn dass der hier mit oscarverdächtigen Leistungen aufwarten würde, konnte man sicher nie erwarten. Doch der Schwede gibt seine Rolle absolut solide und hat die Sympathien des Publikums spielend auf seiner Seite. Kristian Alfonso als Rita sieht derweil hinreißend aus und hat sichtlich Spaß an ihrer Rolle. Leider konnte man sie nach diesem Film in kaum einem anderen Projekt bewundern.

Ein Genuss sind die Darsteller der beiden Bad Guys von „Joshua Tree“, die zwar sichtlich overacten, dabei aber auch Bösewichter entwerfen, die genial „Out of this World“ wirken. Dabei punktet vor allem der sonst weitgehend auf komische Rollen spezialisierte George Segal („Flirting with Disaster“) mit finsteren Blicken und sarkastischen Kommentaren. Doch auch Beau Starr („Viper“) macht als Lump eine Menge Spaß. In diversen Nebenrollen wartet der Streifen mit einem erstaunlich illustren Cast auf. So sind Geoffrey Lewis („Geballte Ladung“), Matt Battaglia („Raven“), Khandi Alexander („CSI: Miami“), Nick Chinlund („Close Range“) und „Zombie“-Urgestein Ken Foree („Devil’s Den“) zu sehen. Und in der großen Lagerhaus-Ballerei sind so gut wie alle asiatischen Darsteller zu sehen, die man in den 90ern durch die stylischen Culture-Clash-Actionthriller der Marke „Black Rain“ oder „Blue Tiger“ gehetzt hatte.

Ein absoluter Genuss ist der Soundtrack von Joel Goldsmith, der ein paar großartige Themen an Bord hat, die einem irgendwann nicht mehr aus dem Kopf gehen und vor allem die rasanten Rasereien untermalen. Dabei kommen irgendwann sogar Geschosse wie ein Ferrari und ein Lamborghini zum Einsatz, was einen reizvollen Kontrast zum eigentlichen Schauplatz darstellt. Denn derartige Nobelkarossen durch die Wüste heizen zu sehen, ist nun wahrlich kein Standard. Hinzu kommt, dass die Wüste in „Joshua Tree“ wirklich in aller Breite und in großartigen Bildern zelebriert wird. Bei den Naturpanoramen kommt teilweise ein richtig erhabenes Gefühl beim Zuschauer auf.

Natürlich gibt es auch bei „Joshua Tree“ Grund zum Motzen. Zum einen wird in dem Film zwar viel gerast und das Drehbuch hält den Actioner beständig in Bewegung, dennoch fehlt es an echten Actionszenen. Die Lagerhaus-Ballerei steht beinahe ein wenig alleine da, was richtig physische Action angeht. Sie setzt dahingehend zwar auch Genrestandards, der Film hätte aber gut und gerne noch mindestens eine ähnliche Szene vertragen können. Weitere Scharmützel der handgreiflichen Sorte sind größtenteils sehr kurz gehalten. Und je nach Schnittfassung muss man sogar mit einem sehr kurzen und knackigen Showdown leben.

Joshua Tree

Geringes Budget und trotzdem Nobelkarossen als wichtige Nebendarsteller.

Im Euro-Cut, der auch als Director’s Cut geführt wird, macht Santee nämlich ganz flott ein Halbes mit seinen Verfolgern. Im Unrated-US-Cut dagegen darf Lundgren auch ein paar feine Kicks zeigen und den Lumpen ordentlich eine einschwenken. Retrospektiv scheint Vic Armstrong laut der neuesten Nameless-Veröffentlichung des Streifens im Übrigen der Unrated Cut deutlich besser zu gefallen als der angebliche Director’s Cut… Als Deutscher hatte man es dann sogar noch schwerer. Da fehlte von der Lagerhaus-Ballerei ALLES, was diese ausmachte. Und der ohnehin verkürzte Showdown wurde noch weiter zerschnitten. Jugendschutz und so.

Des Weiteren hatte der deutsche Verleih Highlight um den Videostart des Filmes herum kein glückliches Händchen bei der Synchronstimmenbesetzung. Denn wenn Lundgren hier auch aussieht wie ein echter Actiongott, so klingt er doch tatsächlich wie ein 70 Jahre alter Opi! Schrecklich… Und weil „Joshua Tree“ als Titel Highlight nicht knallig genug war, erfanden die mal eben den Alternativtitel „Barett – Das Gesetz der Rache“. Die Folge: Aus Santee wurde in der deutschen Synchronisation der markige Heldenname Barett. Dass TV-Einblendungen und Zeitungsausschnitte rund um den Namen Santee für den Zuschauer nun keinen Sinn mehr machten… who cares?

„Joshua Tree“ ist nach wie vor eines meiner Lieblings-Lundgren-Knallbonbons, das über beinahe jeden Zweifel erhaben ist: Die Action, die vorkommt, rockt wie Hulle. Die Story wird geradlinig und straff durchgezogen. Das Tempo ist mehr als nur beachtlich und die Inszenierung einfach großartig. Vor allem die tollen Bilder von Nobelkarossen, die zu einem grandiosen Soundtrack fantastische Wüstenpanoramen durchpflügen, sind eine Klasse für sich. Hinzu kommt ein tolles und sympathisches Heldengespann, das obendrein von einem charismatischen Lumpenpaar hartnäckig verfolgt wird. Einzig ein paar moralinsaure Momente und die etwas angepappt wirkende Love-Story hätte es nicht gebraucht.

9 von 10

Als „Barett – Gesetz der Rache“ wurde der Film stark geschnitten auf VHS und mit einer FSK 18 Freigabe von Highlight veröffentlicht. Laser Paradise versorgte die Fans erstmals mit einer ungeschnittenen Version, die allerdings eine seltsame Zwitter-Version aus dem Euro-Cut und dem Unrated Cut darstellte. Edel nahm sich des Streifens als erstes Label im Blu-ray-Zeitalter an und veröffentlichte die unbrauchbare Highligh-Cut-Fassung – diesmal zumindest nur ab 16 freigegeben. Nameless Media sorgt nun für die ultimative Fanbeglückung. In einem Mediabook (keine DVD!), Ende Januar auch in einer Amaray, veröffentlichten sie nun den ungeschnittenen Euro-Cut und legten die alternativen Szenen der Unrated Version als Extra bei. Ein 25 minütiges, retrospektives, als Dolph-Lundgren-Interview verkauftes Special stellt allerdings das echte Highlight der Dreingaben dar. Vor allem die Bildqualität dieser ab 18 freigegebenen Veröffentlichung ist eine echte Schau und wird den tollen Bildern des Filmes endlich gerecht!

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Nameless Media__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Nein

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