Originaltitel: xXx: Return of Xander Cage__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: D.J. Caruso__Darsteller: Vin Diesel, Nina Dobrev, Ruby Rose, Samuel L. Jackson, Toni Collette, Donnie Yen, Deepika Padukone, Rory McCann, Tony Jaa, Hermione Corfield u.a. |
2002 saß der Autor dieser Zeilen mit zwei Damen im Kino seines damaligen Studienortes und wohnte der Installation des prolligsten Agenten aller Zeiten bei. Während meine Begleiterinnen die Coolness und Muckies von dem Kerl namens Xander Cage abfeierten, war ich wenig angetan. „xXx: Triple X“ funktionierte für mich überhaupt nicht. Die Stuntshow war zwar trotz allem Posertums beeindruckend, aber das Drumherum ließ mich vollends kalt. So kalt, dass ich die 2005er Fortsetzung, „xXx: The Next Level“ erst Jahre nach deren Premiere goutierte…
Und auch nicht wirklich überzeugt wurde. Mir gefiel die etwas bodenständigere Action, dafür missfiel mir der neue Held Darius Stone, was aber am arg unsympathischen Darsteller Ice Cube lag. Für mich war damals klar: Die Darsteller aus Teil I in der Action und Story von Teil II und schon hätte das „xXx“-Franchise gerne in Serie gehen dürfen. Das wurde aber anscheinend durch nichts gerechtfertigt, was die Augen der Marketingstrategen in Hollywood aufleuchten lassen würde und so wurde „xXx“ zu Grabe getragen. Zumindest bis 2017. Denn da bekomme zumindest ich, was ich mir gewünscht habe: Einen geilen „xXx“-Streifen!
httpv://www.youtube.com/watch?v=weYm5x9Dp6Y
Das Leitmotiv für diesen unvermuteten Volltreffer: Die richtige Mischung machts! „xXx: Die Rückkehr des Xander Cage“ platziert sich vor allem in Sachen Action genau zwischen die beiden Vorgänger. Paart bodenständige, wunderbar krawallige, handgemachte Action mit „Over the Top“-Sequenzen, die zum einen zwar total drüber sind, zum anderen aber wirklich hübsche Ideen auffahren und für spektakuläre Bilder sorgen.
Dabei macht der Film von Anfang an ordentlich Druck. Lässt seinen besten Special Effect Donnie Yen durch die Kulissen wüten und mit enormer Schnelligkeit auf seine Gegner eindreschen. Direkt danach darf dann freilich auch Vin Diesel zeigen, dass sein Schwanz ordentlich groß ist. Auf Skiern geht’s zunächst wahrhaft halsbrecherisch durch den Dschungel, nur um hernach mit einem Skateboard eine Bergstraße hinunterzurasen. Und dank ordentlichem 3D-Effekt ist der Zuschauer mittendrin!
Auf den Philippinen wird die Action zunächst etwas geerdeter dargereicht, nur um sich immer mehr zu steigern: Shootouts und flotte Keilereien treiben den Bodycount hoch und das neu etablierte Team um Xander Cage darf sich ausgiebiger beweisen. Auf Seiten von Donnie Yen greift dafür Tony Jaa mit ins Geschehen ein. Eine geniale Motorradverfolgungsjagd auf der Meeresoberfläche rundet das Action-Setpiece trefflich ab, schwächelt aber leider bei dem finalen Money-Shot aufgrund nicht so überzeugender Effekte (davon hat es leider den einen oder anderen mehr). Dennoch ist eine Motorradverfolgungsjagd in einer Monsterwellen-Tube einfach mal eine herrlich bekloppte Idee und dank Bond-Gadget gar nicht soooo unrealistisch, wie vom Trailer vermutet.
In Detroit treiben dann ein paar derbe Autocrashs den Spektakel-Faktor hoch und diverse Shootouts machen richtig Laune. Der Brutalitätsgrad ist dabei auf PG-13-Niveau. Heißt: Ab und an gibt es mal etwas Blut, insgesamt wirken die Folgen der brachialen Prügeleien aber deutlich beeindruckender in ihrem Impact als die Folgen der Ballereien. In Deutschland ist das gute Stück ab 16 freigegeben, was schon andeutet, dass die Macher hier die Grenzen des PG-13 ordentlich ausgelotet haben. Richtig abgehoben wird dann im Showdown. Der steigt in einem „Kotzbomber“. In vollkommener Schwerelosigkeit. Wobei vor allem Donnie Yen richtig aufdrehen darf und quasi noch schwereloser als ohnehin schon abgehen darf.
Die Story um diese wirklich feinen Actionmomente hat zumindest einen hübschen Aufhänger. Der fabuliert von einer Gerätschaft, die jedwede Kommunikation hacken und abhorchen kann. Als kleines Goodie baute der Erfinder auch noch eine Funktion ein, mit der man Satelliten aus der Erdumlaufbahn bugsieren und als eine Art Fernlenkwaffe auf unliebsame Menschen abstürzen lassen kann. Eine herrlich beknackte Idee, die man freilich NIEMALS NICHT hinterfragen darf!
Natürlich wird diese Gerätschaft von ein paar Lumpen gestohlen. Und da diese sich als wieselflink, todesmutig und schlichtweg irre entpuppen, muss eine ganz andere Art des Agenten ran, um der Halunken Herr zu werden: Ein Triple-X-Agent. Und da Xander Cage gar nicht so tot ist, wie es ihm nachgesagt wird, nimmt er sich der Problemlage an, stellt sich ein schlagkräftiges Team zusammen und macht Jagd auf die Diebe…
„The Red Bull Freakshow is coming!“
Leider wird diese simple Story nicht genauso simpel erzählt. Stattdessen hat man das Gefühl, man sei dabei, wie der Film dreimal neu gestartet und jeweils zu einem absolut runden Ende gebracht werde: Erst sucht man die Gerätschaft namens „Pandoras Box“ (nein, wie kreativ!). Dann jagt man hinter einem Prototyp von „Pandoras Box“ her. Und last but not least macht man dem Oberlump hinter allen Verwicklungen Feuer unterm Hintern. Ein durchgehender Spannungsbogen ist so nicht drin. Eher im Gegenteil: Mehr als einmal spürt man, dass „xXx: Die Rückkehr des Xander Cage“ strampeln muss, um wieder auf Spur zu kommen.
Zumindest lanciert der Film neben der Action noch mehr Pluspunkte, um von diesem Defizit abzulenken. Dahingehend muss man vor allem die Drehorte in der Dominikanischen Republik nennen. Die Dom-Rep doubelt hier die Philippinen, wird von Regisseur D.J. Caruso („Ich bin Nummer Vier“) mit aller Farbgewalt in Szene gesetzt und macht Gangster-Hochburgen möglich, die an einen Club Med erinnern, in dem beständig nur leicht bekleidete, absolut topp aussehende Model-Menschen herumstehen und sich an einer Kalaschnikow fast einen Bruch heben. Darunter tönt ein bisschen Rave-Mucke und schon kann die Party mit Szenedrinks steigen. Wie gesagt, „xXx“ ist und bleibt der Inbegriff des Proll-Bonds. Zumal Vin Diesel hier auch nur mit Unterhemd und fettem Posergebaren unterwegs ist.
Und spätestens hier fällt auf, dass Vin Diesel für diese Rolle inzwischen wirklich zu alt ist. Man nimmt ihm den Poserproll nicht mehr so ab, wie noch beim ersten Teil. Sein inzwischen arg knautschig gewordenes Gesicht passt einfach nicht mehr zu einem so hippen und coolen Typ wie Xander Cage. Was noch dadurch verstärkt wird, dass Cage sich vornehmlich mit Menschen umgibt, die im Schnitt mindestens 20 Jahre jünger zu sein scheinen. Und leider darf Diesel das auch nicht ironisch aufbrechen. Obwohl der Film einen netten Humor hat, ist ihm in Bezug auf seine Hauptfigur jedwede Selbstironie weitgehend fremd. Gerne hätte man auch Cage mal stöhnen lassen können, dass er langsam zu alt sei für den Scheiß…
Ansonsten macht Diesel einen guten Job, hat beständig ein schiefes Grinsen im Gesicht und ist vor allem physisch enorm präsent. Doch diesmal stimmt auch das Drumherum. Samuel L. Jackson („Deep Blue Sea“) ist natürlich als schnoddriger Gibbons wieder dabei, kommt dieses Mal aber sehr kurz. Das Team um Xander Cage wird von Tough-Chick Ruby Rose („Resident Evil: The Final Chapter“), „Game of Thrones“-Star Rory McCann, einer lustig nerdigen Nina Dobrev („Let’s be Cops“) und einer wundervoll arrogant bis bewusst extrem gelangweilt auftretenden Toni Collette („Krampus“) gegeben. Eigentlich gehört noch Kris Wu dazu, doch der ist im Vergleich zu den soeben genannten Darstellern absolut grottig.
Die bösen Konterparts werden von einem großartigen Donnie Yen („Ip Man“) angeführt. Der Mime hat eine großartige Chemie mit Vin Diesel und darf in seinen Actionszenen richtig glänzen. An seiner Seite darf Bollywood-Schnuckel Deepika Padukone den indischen Subkontinent vom neuen „xXx“ überzeugen. Tony Jaa („Return of the Warrior“) soll das bei den Thailändern machen. Man spürt schon überdeutlich, dass der zu weiten Teilen chinesisch co-finanzierte Streifen seinen größten Absatzmarkt im Osten sucht. Leider wird vor allem Jaa ziemlich verschenkt. Er hat den einen oder anderen Moment und wirkt auch präsenter als in „Fast & Furious 7“, insgesamt habe ich mir von seiner Gegenwart aber mehr versprochen. UFC-Fighter Michael Bisping („Anomaly“) macht den Bösewicht-Roster komplett, bleibt aber eher blass.
Nachdem sogar Ice Cube seinen geilen „Chuck-Norris-rockt-Expendables-2“-Auftritt zugestanden bekommen hat, aus Feinden Freunde werden und ein weiterer totgeglaubter Charakter zurückkehrt, hat man auch beim neuesten Eintrag ins „xXx“-Franchise einen jener Momente, die das „Fast & Furious“-Franchise so treffend kultiviert hat: Wieder einmal dreht sich alles um Familie/Freundschaft und um bedingungslosen Zusammenhalt. Ein Momentum, das ich persönlich diesem Franchise niemals im Leben zugetraut hätte. Aber es funktioniert. Man geht trotz diverser Unzulänglichkeiten großartig unterhalten und mit einem fetten Schmunzeln aus dem Film und denkt bei sich: Hirn raus, Film ab! So und vor allem mit diesem Ensemble kann es gerne weitergehen!
Nun muss nur noch das Publikum mitspielen. Bei „Fast & Furious“ haben die Fans bewiesen, dass sie Vin Diesel auch nach Jahren bei einem Franchise die Stange halten. Bei „Riddick“ und dessen letztem Teil haben sie ihm genau dieses Vertrauen überdeutlich entzogen. Da die großartige Action-Achterbahn „xXx: Die Rückkehr des Xander Cage“ den letzten „Riddick“-Streifen aber in allen Disziplinen gnadenlos in den Boden rammt, sehe ich weiteren Teilen frohen Mutes entgegen.
„xXx: Return of Xander Cage“ ist ab dem 19. Januar 2017 in den deutschen Kinos zu sehen und kommt mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten von Paramount Pictures. Das im Film verwendete 3D setzt deutlich auf den in Asien beliebten Rummel-Effekt mit in den Raum fliegenden Gegenständen. Gerade in der Action funktioniert das 3D dann auch recht gut, ist in den Szenen drumherum aber reichlich obsolet.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Paramount Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 19.1.2017 in den deutschen Kinos |