Der französische Horrorfilm hat im wahrsten Sinne des Wortes einige Leichen im Keller. Ein besonders modriges Exemplar hat nun den Sprung auf Blu-ray geschafft, um uns auch 30 Jahre nach seiner Entstehung noch das Grauen des schlechten Filmgeschmacks zu lehren… in HD.
Originaltitel: Revanche des mortes vivantes, La__Herstellungsland: Frankreich__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: Pierre B. Reinhard__Darsteller: Véronique Catanzaro, Kathryn Charly, Sylvie Novak, Anthea Wyler, Laurence Mercier, Patrick Guillemin, Gábor Rassov, Christina Schmidt, Cornélia Wilms u.a. |
Aufgestiegen aus dem pornografischem Urschlamm, steigt „La Revanche des Mortes Vivantes“ zu einem der wenigen Versuche Pierre B. Reinhards auf, spielfilmartige Strukturen zu modellieren. Die Zeitachse wird mit einer Abfolge von Bildern gefüllt, so wie es medientheoretisch gesehen der Definition nach auf jeden Film zutreffen muss; darüber hinaus wird eine mehr oder weniger zusammenhängende, rudimentäre Handlung geboten, wie sie zumindest den meisten Filmen zu eigen ist.
All dies geschieht auf einem unaussprechlich niedrigen Niveau, und es ist wohl die stechende Erinnerung an andere, an gewöhnliche Filme, die uns zu dem Schluss kommen lässt, dieser krude Zombieschocker gehöre mit seinen üblen Masken, seinem fehlenden Gespür für kompositorische Mittel, den niedersten vorstellbaren Ausdünstungen menschlicher Dialektik und absonderlichsten Auswürfen an Drehbucheinfällen zu den Grenzfällen dessen, was sich noch „Film“ nennen darf.
Jede Szene für sich wird zum eigenen kleinen Fehlschlag und setzt sich zu einem opulenten Mosaik der Fehlschläge zusammen, das sich wie ein verzerrtes Abbild dessen lesen lässt, was vielleicht der gesammelte Italo-Zombie-Schlick um Fulci, Lenzi & Co. in den 70ern zu einem funktionsfähigen Subgenre erhoben hat. Ungeachtet ihres Schmuddelrufs sind diese Werke immerhin stilprägend für ihresgleichen geblieben und somit durchaus etwas Erstrebenswertes; ihre Spuren finden sich selbst heute noch in Blockbustern über Untote mit unterschwelliger, aber unleugbarer Präsenz wieder.
Ein Verdienst, den man einem Schundwerk wie „La Revanche des Mortes Vivantes“ vehement absprechen muss, denn es ist gerade der Aspekt der Funktionsfähigkeit im Sinne eines kohärenten Werks, den man bei ihm schmerzlich vermisst. Übergangen wird bei einer derart fatalistischen Perspektive allerdings gerne, dass gerade dieser Charakterzug des dilettantischen Zwitterwerks aus Film und Nichtfilm wieder seine Reize in sich birgt. Alleine schon, dass es Reinhard nicht gelingt, die letzten Überreste des nach völlig anderen Regeln ablaufenden Erotikfilms abzustreifen, lässt ihn auf durchaus faszinierende Art scheitern: Eine eingeflochtene Lesbenszene könnte beispielsweise selbstzweckhafter nicht sein und folgt ganz der Allzeit-Bereit-Haltung der Pornografie, von einer künstlichen Fakewelt ausgehend, in der psychologische Hemmschwellen völlig außer Kraft gesetzt sind. Völlig unmotiviert entledigen sich die drei Zombiedamen ihrer züchtigen Nachthemden und präsentieren makellose junge Körper unter ihren faltigen Schrumpfköpfen (der Fisch fängt eben doch am Kopf an zu stinken).
Nicht, dass das an dieser Stelle noch zu Irritationen führen würde; was anfangs nämlich klassisch torkelnd den Gräbern entsteigt und sich eher intuitiv als organisiert zum Trio zusammenschließt (und dabei ausnahmsweise sogar filmästhetisch erwähnenswerte, prägnante Schlüsselbilder schafft), läuft später doch zielgerichtet, mit schnellem Gang und leuchtenden Augen umher und vollstreckt Selbstjustiz im Namen der Rache, bis man in genannter Szene landet und als unheilige Dreifaltigkeit einen hilflosen Frauenkörper zu liebkosen beginnt (letzten Endes vor allem mit einem Schwert). Es werden hierbei nicht einmal Hardcore-Elemente benötigt, um solche Schwächemomente des Regisseurs in der Nachahmung eines vollwertigen Spielfilms zu registrieren. Selbst Softcore-Ästhetik wird allenfalls angedeutet und keineswegs komplett ausgespielt, was im Umkehrschluss wieder die ernsthaften Ambitionen unterstreicht. Doch diese laufen ins Leere, bedenkt man die Wirkung, die jede dieser irgendwie autark wirkenden und doch miteinander in Zusammenhang stehenden Einzelsequenzen ausstrahlen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=y8hCJrTIP58
Gewarnt wird man immerhin früh, was einen gnadenvollen Ausstieg ermöglicht, noch bevor der Lastwagenfahrer in der Auftaktszene seine Anhalterin mit einem Spruch in einen Silo entführt, den sich jeder Hinterhofporno eher gekniffen hätte. Und doch: Die Anstrengungen um einen anständigen Plot werden noch im gleichen Moment unterstrichen, wenn ein ominöser Motorradfahrer Flüssigkeit in den abgestellten Milch-Tanklaster gießt und unter dem grauen Himmel einer französischen Provinz seine Anonymität spielen lässt. Noch viel schizophrener sogar wird es bei einem Bewerbungsgespräch für einen vorgetäuschten Sexualakt, das einen völlig abstrusen Verlauf nimmt, der sich sehr schön an der ernst bleibenden Mimik ablesen lässt, die mit jedem Satz unpassender zum Gesagten wird. Abgesehen von den Dialogen, die tatsächlich weiterhin jedes dem Menschen bekannte Niveau unterfliegen, besticht die Sequenz in der Ausstattung mit einer scheußlichen Wohnzimmergarnitur, und doch beharrt Reinhard darauf, weiter seine ganz spezielle Vision umzusetzen. Wer es bis zu diesem Punkt geschafft hat, wird wohl ohnehin in irgendeiner Form Gefallen an der Chose gefunden haben. Es entbehrt eben nicht eines gewissen Reizes, die zarten Linien einer fortlaufenden Handlung wiederzuerkennen, so wie man sie aus „echten“ Filmen gewohnt ist, und sie doch mit absoluter Unfähigkeit illustriert zu wissen.
Das Ende kommt da wie ein harter Schlag in die Magengrube, denn nach einer endlos scheinenden Abfolge immer dümmerer Abzweigungen, die letztlich eine knappe Handvoll Gore-Momente (Ausführung lala, Konzeption teilweise ziemlich eklig), ein wenig Anzüglichkeit und jede Menge Bräsigkeit zu Tage fördern, schwingt sich das stotternde Machwerk auf der Zielgeraden zu einem Twist auf, der nicht nur so etwas wie ein grundsätzlich reflektiertes Denken suggeriert, sondern in gewisser Weise sogar die Gesetze des Trashfilms aus den Angeln hebt. Fast möchte man sagen, jetzt ergibt alles einen Sinn. Die Defizite lassen sich zwar nicht mehr ins Gegenteil verkehren, doch man hat uns definitiv vom einen Moment auf den anderen überrumpelt: All die klassischen Unzulänglichkeiten, die man aufgrund von Erfahrungswerten im Trash als gegeben betrachten würde (denn wer schert sich auf diesem Gebiet schon ernsthaft um Logik) verlieren ihre Gesetzmäßigkeit.
Französische Horrorfilme der gleichen Epoche stehen wegen der Last-Minute-Entwicklung dieses Vertreters nicht gleich besser da, aber es muss solche Filme geben, die eigentlich kaum Filme sind, sondern diese nur erfolglos imitieren. Sie erweitern den Radius dessen, wozu das Medium bei der Bildung von Referenzen in der Lage ist. Man kann jedenfalls mit Bestimmtheit sagen: Sämtliche Fragmente von „La Revanche des Mortes Vivantes“ sind jedem Filmkenner bestens vertraut, in allen Farben und Formen. Aber nie sah man etwas Vergleichbares, das sich auf solch eigentümliche Weise zu einem dermaßen schlechten Film formte wie diesen. Die folgende Note sei folglich eine Auszeichnung.
Erstaunlicherweise kann dieser kleine Trash-Kracher in Deutschland auf eine lange Veröffentlichungsliste zurückblicken. An DVDs und Videokassetten unterschiedlichster Labels in geschnittener wie ungeschnittener Version, als limitierte Version oder in Repacks, mangelt es wahrlich nicht. Wicked-Vision veröffentlichte den Film im Januar 2017 erstmals als Blu-ray und dies mit einer Wertschätzung, die sich wohl keiner der Beteiligten jemals hätte träumen lassen. Über einen äußerst gelungenen Bildtransfer werden sowohl Horror- als auch die längere Erotik-Fassung geboten, wahlweise auch mit Audiokommentar; dazu eine Featurette, eine geschnittene Szene, ein alternatives Ende, unzählige Trailervarianten, eine Bildergalerie und das Ganze auch nochmal auf DVD. Den ebenfalls enthaltenen Soundtrack hätte man vielleicht lieber auf einer Extra-CD verewigt gesehen und dafür auf eine der DVDs verzichtet (diese beinhalten jeweils eine Filmfassung und fast das komplette Bonusmaterial der Blu-ray). Die äußere Aufmachung ist zumindest für Freunde der umstrittenen Mediabook-Verpackung ebenfalls gewohnt gelungen: Drei Motive stehen zur Auswahl, alle mit schriftzugfreiem Coverartwork (ein loses Deckblatt mit Banderole und anderen Werbemitteln ist nur aufgelegt). Im Inneren wartet ein 24-seitiges Booklet mit drei durchaus informativen Texten und diversen Postern und Schaukastenbildern.
Sascha Ganser (Vince)
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