Originaltitel: Agent Ranjid rettet die Welt__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Michael Karen__Darsteller: Kaya Yanar, Birte Glang, Gode Benedix, Vedat Erincin, Rutger Hauer u.a. |
Ranjid, Putzmann aus Indien und tätig für die türkische Geheimagentenorganisation ASS, ist verzweifelt: Seine Lieblingskuh Benytha ist krank und benötigt eine teure Magenoperation. Doch dafür fehlt der unterbezahlten Putzkraft einfach das Geld. Darum will er seinen Vorgesetzten um eine Gehaltserhöhung bitten. Und wie es der Zufall so will, hat dieser für Ranjid tatsächlich eine neue, besser bezahlte Aufgabe! Immerhin hat ihn der Bundesmerkel gebeten, dem fiesen holländischen Verbrecher Freek van Dyk und dessen heißer Agentenkillerin Viagra van den Hupen das Handwerk zu legen. Ranjid ist sofort Feuer und Flamme für seinen neuen Job und gibt alles, um dem Lump, der mit einem Gedankenkontrollhandy die Welt unterwerfen will, die Holzschuhe auszuziehen …
„Agent Ranjid rettet die Welt“ funktioniert nach dem selben Prinzip wie „Austin Powers“, „Die nackte Kanone“ oder „Johnny English“: Ein depperter und tollpatschiger Held stolpert ahnungslos von einem Fettnäpfchen ins andere und rettet eher zufällig und ganz nebenbei die ganze Welt. Das kann als Komödienansatz durchaus funktionieren, muss es aber nicht. „Agent Ranjid rettet die Welt“ ist eher zur zweiteren Kategorie zu zählen. Zunächst einmal versucht sich der Streifen als eine Art Agententfilmverlade und ist dabei „Austin Powers“ (und dessen Klischeeverballhornungen) von allen genannten Vorbildern am ähnlichsten. Der Held ist das absurde Klischeeabziehbild eines Inders, seine Verbündeten sind absurde Klischeeabziehbilder von Türken und die Bösewichter sind allesamt absurde Klischeeabziehbilder von Holländern. So richtig ernst wird hier also niemand genommen. Leider sind die dabei kolportierten Klischees so lasch und plump, dass man sich fast wehmütig an alte Zeiten erinnert, in denen Kaya Yanar, dessen Filmdebüt dieser Film markiert, durchaus hintersinnige Culture Clash Comedy in seinen von jeher derberen Standup-Comedy-Programmen zu verstecken wusste. Davon merkt man in „Agent Ranjid rettet die Welt“ gar nichts.
httpv://www.youtube.com/watch?v=jlHUgW6E1xI
Dessen Humor ist einfach nur überdreht, hysterisch, platt und teils ziemlich peinlich geraten. Vor lauter Kuhfurzwitzen fragt man sich schnell, wen Yanar mit seinem Film eigentlich als Zielpublikum anvisierte? Ein erwachsenes Publikum wird wohl von einem Fremdschämmoment zum nächsten torkeln, die ganz Kleinen werden mit dem gebotenen Chaos nichts anfangen können und die Teens … ich glaube, für die ist Yanar nicht mehr cool genug. Oder etwa doch? Leider hat man auch als Fan von Filmverballhornungen keinen rechten Spaß an „Agent Ranjid rettet die Welt“, weil dieser sich die Klischees des Agentenfilmgenres nicht einmal halbherzig vornimmt. Eigentlich adaptiert „Agent Ranjid rettet die Welt“ nur deren grundlegendes Storygerüst vom Unhold, der die Welt bedroht und dem mit diversen Gadgets Einhalt geboten werden muss, und bereitet ansonsten Kaya Yanar eine große Bühne. Da dies allerdings irgendwo auch der Hauptanspruch des Filmes war, kann man ihm zumindest bescheinigen, in diesem Punkt sein Ziel mühelos erreicht zu haben.
Doch besser macht das den Film nicht. Eher fällt auf, dass viele der Alter Egos, die Yanar für seine TV-Show und seine Standup-Programme entworfen hat, meist nur für einen Witz taugen und nichts von einem lebendigen Charakter haben, der einen Film bereichern oder gar tragen könnte. Die Folge sind teils endlose Wiederholungen von ein und demselben Witz, der mit einer Figur zu tun hat, irgendwann nur noch extrem nervt und fernab von einem Running Gag im eigentlichen Sinne firmiert. Auch die Slapsticktiraden, in die Ranjid gerät, empfand ich in keiner Weise als witzig. Eher wirkten sie zu gewollt, zu breit getreten und vor allem aufgrund des wirklich extrem überkandidelten Charakters von Ranjid viel zu überdreht. Kurzum: Humortechnisch fühlte ich mich von „Agent Ranjid rettet die Welt“ weitgehend überhaupt nicht angesprochen.
In schauspielerischer Hinsicht leistet Kaya Yanar definitiv Schwertsarbeit, denn er füllt gefühlt zehn Charaktere mit Leben, darunter zwei der Hauptrollen. Zwar haben seine Grimassen wenig mit Schauspiel zu tun, dennoch zwingt der Arbeitseifer des Komikers definitiv Respekt ab. Die restlichen Darsteller rangieren zwischen sexy (Birte Glang als Viagra) und nervig (Gode Benedix chargiert als Reppe so unfassbar mies, dass man es gesehen haben muss, um es glauben zu können) und flüchten sich zumeist in das von Yanar vorgegebene Oberacting. Was hier aber freilich gut zum Ton des Filmes passt.
In technischer Hinsicht gibt der Mitproduzent ZDF schon ungefähr die Marschrichtung vor: „Agent Ranjid rettet die Welt“ kommt in höchstens überdurchschnittlicher Fernsehoptik daher und hat mit einem Agentenfilm in Sachen Optik wirklich rein gar nichts gemein. Weder gibt es internationale Schauplätze, noch sonst irgendwie spektakuläre Ansichten. Die Effekte, von denen es nur wenige gibt, wirken nicht wirklich rund (der holländische Windmühlenpark wirkt so grotesk künstlich und aus dem PC stammend, dass man direkt glaubt, von einem Moment auf den anderen sei ein Bildschirmschoner angesprungen). Die Momente, in denen Yanar in mehreren Rollen gleichzeitig auf dem Screen agiert, sind simpelst getrickst (ähnliche Doubles, Schnitt Gegenschnitt Einstellungen bei Gesprächen usw.). Und vollkommen erstaunlicherweise gibt es in „Agent Ranjid rettet die Welt“ so gut wie keine Action! Man stelle sich das einmal vor: Die Rettung der Welt und keine echte Action. Keine dicken Explosionen. Keine schlagkräftigen Auseinandersetzungen. Nix … Dafür ist der Film ganz ordentlich getimet und kommen kaum langweilige Momente auf bzw. Momente, in denen man das Gefühl hat, der Film trete auf der Stelle.
Die Dramaturgie dieses Reviews dürfte inzwischen klar sein: Vom vollkommen unproblematischen Verriss des Filmes aufgrund seines Humors und seiner „Darsteller“ über die durchschnittliche, im Großen und Ganzen aber fehlerfreie TV Optik kommen wir zu dem einen Punkt, der den Film so richtig interessant macht. Dieser hat zu tun mit dem Darsteller des Freek van Dyk. Dieser war schon in der Drehbuchurfassung ein Holländer. Als die Frage nach der Besetzung aufkam, soll wohl schon sehr früh der Name Rutger Hauer gefallen sein. Allerdings war man sich sicher, dass dieser niemals für das Projekt zusagen würde und so startete man eher ins Blaue hinein den Versuch, ihn für „Agent Ranjid rettet die Welt“ zu begeistern. Doch wider Erwarten sagte Rutger Hauer zu! Über die ungewöhnliche Rollenauswahl gab er nur zu Protokoll: „Ich hatte nie etwas dagegen, mich in einem Film komplett lächerlich zu machen. Aber man hatte mir vorher noch nie die Gelegenheit dazu gegeben.“ Da hat der gute Rutger wohl seine Zusammenarbeiten mit Albert Pyun ausgeblendet.
Doch diese Zusage ist eine wahrhaft glückliche Fügung für den Film, denn Rutger Hauer geht in seiner Rolle des Freek van Dyk förmlich auf. Er legt seinen Bösewicht extrem ernst an, bricht nur in ganz kurzen Momenten aus diesem Ernst aus und beweist dann grandioses komödiantisches Timing und lässt sich auch von dem zappeligen Yanar niemals aus der Ruhe bringen. In seiner Funktion als stoischer Komiker ist Hauer der Ruhepol, den der Film dringend benötigt und erstaunlicherweise bekommt Hauer auch ziemlich viel Screentime zugestanden, wenn man bedenkt, dass dieser Film einzig Yanars Bühne sein sollte. Und Rutger Hauers Performance ist es dann auch, die den Film sehenswert macht …
Nicht ohne Grund jammern Kritiker immer wieder, dass kaum ein Genre so schwer zu bewerten sei, wie die Komödie. Denn wie soll man Humor bewerten? Wer entscheidet, was witzig und was unwitzig ist. Ich kann nur für mich sprechen, wenn ich sage, dass ich mich humortechnisch von „Agent Ranjid rettet die Welt“ in keinster Weise abgeholt fühlte. Es gab zwar Szenen rund um Rutger Hauers Figur, die mich zum Schmunzeln verleiteten, das lag aber definitiv vor allem daran, dass es mir unglaublich viel Spaß machte, dem sympathischen Holländer bei seinem extrem souveränen Wirken in dieser Klamotte zuzusehen. Und bis auf den Showdown bedanken sich die Macher des Streifens auch damit, dass sie Hauers Figur nicht zum Abschuss freigeben. Erst in den letzten Sekunden muss er sich leider etwas zu sehr zum Affen machen. Davon abgesehen mutet „Agent Ranjid rettet die Welt“ wie ein normaler Fernsehfilm an, der versucht, das Agentenfilmgenre zu persiflieren, wobei die Betonung definitiv auf versucht liegt. Das Ergebnis ist hysterisch und überspannt, selten witzig, allerdings auch nie wirklich langweilig und zeigt zumindest in einer Szene auf, dass man gekonnt hätte, wenn man nur gewollt hätte. Denn die wundervoll bunte, diverse Bollywoodklischees abfeiernde Eröffnungsszene macht trotz billigen Humors richtig Laune! Hätten die Macher Eier in der Hose gehabt, hätten sie derartige Momente häufiger generiert. Und Yanar würde man wünschen, dass er seinen Humor wieder etwas mehr erdet und sich mehr darauf versteift, was er eigentlich ganz gut kann: Nämlich die Marotten der Minderheiten in Deutschland ebenso genau zu beobachten wie deren Interaktionen mit uns Deutschen und beide Seiten dann liebevoll hochzunehmen… Mit Rutger Hauer Bonus:
Der Film ist ab 18. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen. Die Facebookseite zum Film und die offizielle Filmseite.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Constantin Film Verleih GmbH, Fotos by Gordon A. Timpen__FSK Freigabe: ab 6__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, der Film ist ab 18.10.2012 in den deutschen Kinos |