Originaltitel: The Great Wall__Herstellungsland: China, USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Zhang Yimou__Darsteller: Matt Damon, Willem Dafoe, Pedro Pascal, Jing Tian, Andy Lau, Numan Acar, Eddie Peng, Lu Han, Zhang Hanyu, Lin Gengxin, Chen Xuedong u.a. |
Die beiden Söldner William und Tovar sind seit Jahren im Fernen Osten unterwegs, um irgendwie an das sagenumwobene Schwarzpulver der Chinesen zu kommen. Sie wollen diese Erfindung in den Westen bringen, sich eine goldene Nase verdienen und dann endlich das Söldnertum an den Haken hängen. Doch viel Erfolg ist ihnen bei ihrer Suche nicht beschieden. Vielmehr wird ihre Gefolgschaft an weiteren Söldnern auf der Reise empfindlich ausgedünnt, zuletzt sogar von einem seltsamen Unwesen.
Auf der Flucht vor ein paar Banditen stehen William und Tovar plötzlich vor der chinesischen Mauer. Dort reagiert man sehr interessiert auf ein Mitbringsel der beiden Söldner. William konnte dem Unwesen nämlich eine Extremität abschlagen und führte diese mit sich, um so irgendwann herauszufinden, was sie da attackiert hat. Die Besatzung der großen Mauer weiß sofort Bescheid. Die Tao Tei, echsenartige Ungeheuer, schicken sich an, die Mauer zu überwinden und zunächst China und dann die gesamte Welt ins Verderben zu stürzen.
Während Tovar alles versucht, sich die Schwarzpulvervorräte in der Mauer zu krallen und zu verduften, beginnt William in der Situation die Chance zu erkennen, sich und sein Können endlich in den Dienst einer größeren, einer wichtigen Sache zu stellen…
Monstren, Matt Damon und tolle Bilder: Der Trailer zu „The Great Wall“
httpv://www.youtube.com/watch?v=jCiXLWcFBSA
Das größte Bauwerk der Welt, das selbst aus dem Weltall zu erkennen ist und eigentlich als Schutzwall gegen nomadische Reitervölker aus dem Norden errichtet wurde, treibt die Fantasie der Menschen immer wieder zu neuen verstiegenen Geschichten an. So war es auch bei den Story- und Drehbuchentwicklern von „The Great Wall“, die sich bei dieser großvolumigen chinesisch-amerikanischen Produktion erstaunlicherweise ausschließlich aus dem westlichen Kulturkreis rekrutieren. Und obendrein mit Tony Gilroy („Star Wars: Rogue One“), Max Brooks („World War Z“) und Edward Zwick („Jack Reacher: Kein Weg zurück“) höchst namhaft ausfallen.
So nimmt es dann auch kaum Wunder, dass der gesamte Film um Matt Damons Figur des William herum geschrieben wurde. Schaut man sich die Extras zum Film an, hat Matt Damon am Set auch eine Menge Spaß gehabt. Warum sich das aber nicht auf eine einzige Filmminute übertragen hat, bleibt ein riesiges Rätsel. Per se ist Damons William eine Abenteuerfigur vom Allerfeinsten, die geradezu gemacht ist, um zu witzeln, sich locker durchzuschlagen und mit augenzwinkerndem Witz die Damen zu becircen. Doch Matt Damon („Elysium“) legt sie viel zu langweilig und farblos an. Er wirkt zwischenzeitlich regelrecht überfordert und seltsam apathisch in seinem Tun.
Vielleicht war die in den Extras mehrfach betonte (aber immer egalisierte) Sprachbarriere doch zu hoch? Denn obschon hinter den Kulissen viele Menschen aus dem westlichen Kulturkreis wirkten, fanden die Dreharbeiten nun einmal in China unter einem chinesischen Regisseur mit einem chinesischen Team und überwiegend chinesischen Schauspielern statt.
Vielleicht merkte Damon am Set aber auch recht früh, dass er gar nicht der Star der Chose sein würde. Denn das in Sachen Figurenentwicklung und -Background unerhört schmale Drehbuch verurteilt alle menschlichen Figuren zu Randerscheinungen im großen Ganzen. Denn irgendwie drängen die Monstren, die Tao Tei, immer mehr in den Vordergrund.
Sie scheinen über eine enorme Schwarmintelligenz zu verfügen, sehen hübsch seltsam aus, sind teilweise absurd verquer designt und werden weitgehend sehr sehr ordentlich getrickst (ILM und WETA waren hier am Werk!). Zudem gesteht das Drehbuch den Monstren Entwicklung zu. Und es weckt irgendwann sogar Mitleid für die Kreaturen. All das gelingt „The Great Wall“ bei den menschlichen Figuren nicht.
Stattdessen wuchert Regisseur Zhang Yimous („House of Flying Daggers“) Film mit Schauwerten. Er lässt seine Kamera durch die unendlichen Weiten Chinas fliegen, fängt erkleckliche Naturpanoramen ein, lässt es auf Seiten der Monster und der Menschen zahlenmäßig jeweils nur so wimmeln, schwelgt in Farben und macht bei der Ausstattung keine halben Sachen: Die Gewänder, die Räumlichkeiten, die Interieurs… hier wurde geklotzt und nicht gekleckert. Spätestens zum Showdown, wenn ein Ortswechsel vollzogen wird, explodiert „The Great Wall“ förmlich vor Farben (die letzten Momente des Showdowns bieten gar ein atemberaubend kitschiges Farbenmeer) und Formen.
Auch die Mauer bezieht er in diesen Prunk ein. Vergrößert, erweitert und erhöht sie mithilfe der PC-Künstler nach Belieben, fliegt mit der Kamera an ihr entlang und zeigt auch das Innere des Gemäuers, das vor beweglichen Teilen und mechanischen Apparaturen schier zu bersten droht. In den Schlachten wird die Mauer zur Bühne wahnwitziger Action. Da wird in der Mauer stehend – und somit in der Vertikalen – gegen Monstren gekämpft. Große Schneideblätter können aus der Mauer gefahren werden. Geheimgänge öffnen und schließen sich… Ein riesiger Spaß.
Auch deshalb, weil Yimou, befreit von jeglichen Gedanken an eine plausible oder charaktergetriebene Story, einfach nur Tempo macht. Drei große Schlachten bilden die Highlights des Filmes, doch auch dazwischen kommt der Film nie zur Ruhe. Yimou lässt beständig etwas passieren und bereitet so effektiv die jeweilige Bühne für den nächsten großen Actionevent vor. Da wird an Bungee-Seilen in die Monsten gesprungen, Schwarzpulverexplosionen zerreißen die Landschaft und die Monstren und Matt Damon gibt den besten Legolas, den es je gab. Gegen Damons Bogenfertigkeiten in diesem Film ist sogar ein Robin Hood kaum mehr als ein Zirkusclown.
Kurzum: Begreift man „The Great Wall“ als großen Abenteuerspaß mit fantastischem Monstereinschlag, wird man von dem Film äußerst flott unterhalten. Natürlich hat die Story ihre Macken und logischen Fehler (über das Magnetismus-und-dessen-Auswirkungen-Gelaber denkt man besser keine Sekunde lang nach), doch Yimou walzt die meisten Probleme mit seinem optischen Gespür und der wirklich feinen Action spielend platt. „The Great Wall“ scheint in der Folge vor Schauwerten aus allen Nähten zu platzen, der treibende Score erhöht das ohnehin hohe Tempo nur noch mehr und in der Action kommt trotz diverser „Spielkonsolen-Momente“ richtig Laune auf. Auf dem Papier ist „The Great Wall“ daher eigentlich echtes Überwältigungskino! Aber, und hier liegt das große Problem, letzten Endes überwältigt „The Great Wall“ leider nicht. Das liegt zu weiten Teilen an dem extrem farblosen Helden und den langweiligen Figuren um ihn herum. Selbst große Namen wie Willem Dafoe („John Wick“) und Andy Lau („Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen“) können aus ihren Rollen nichts machen. Und das will schon was heißen. Und somit ist „The Great Wall“ letzten Endes beliebiges Blockbusterkino: Groß, laut, herz- und seelenlos, aber trotz allem extrem unterhaltsam.
„The Great Wall“ erscheint am 18. Mai 2017 von Universal Pictures Home Entertainment auf DVD und Blu-ray und hat neben diversen geschnittenen und erweiterten Szenen einige nette Featurettes zu den Dreharbeiten an Bord. Der Film ist mit einer FSK 12 Freigabe ungeschnitten und in den Szenen mit den chinesischen Akteuren deutsch untertitelt.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
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