Originaltitel: Kill’em All__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Peter Malota__Darsteller: Jean-Claude Van Damme, Peter Stormare, Autumn Reeser, Maria Conchita Alonso, Daniel Bernhardt, Kris Van Damme, Hans Marrero, James P. Bennett, John L. Armijo u.a. |
Suzanne arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus, das längst auf dem letzten Loch pfeift. Bis auf Suzannes Abteilung der Notaufnahme wurden bereits alle Bereiche der medizinischen Einrichtung geschlossen. Und auch die Notaufnahme sieht ihrer baldigen Abwicklung entgegen. Doch am heutigen Tag sind die Angestellten noch einmal voll gefordert, fahren doch aus heiterem Himmel diverse Krankenwagen mit Schwerverletzten vor dem Gebäude vor.
Schussverletzungen, Stichwunden, überall Blut… Suzanne greift sich einen der Verletzten. Er scheint eine Gehirnerschütterung und eine Schnittwunde zu haben. Sie separiert ihn von den anderen und untersucht ihn. Der Verletzte stellt sich als Philip vor. Gerade als er Suzanne erzählen will, was passiert ist, fallen in der Lobby der Notaufnahme Schüsse. Ein hochgewachsener Osteuropäer schießt wild um sich und fragt beständig nach „ihm“.
Philip spürt, dass es Zeit wird, sich Suzanne anzuvertrauen. Er erklärt ihr, dass mit ihm ein weiterer Verletzter eingeliefert wurde, den er versucht habe, vor einem Anschlag zu beschützen. Der Kerl in der Lobby und dessen Handlanger seien vor Ort, um den Job zu vollenden. Philip bittet Suzanne, ihm zu helfen, das Leben des Mannes zu retten…
Schaut in den belanglosen Actionfilm „Kill’em All“ hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=sCVIclirqo0
Was sich auf dem Papier nach einer geradlinigen und recht simplen Story anhört, ist es letzten Endes auch, wird aber von „Kill’em All“, der in Deutschland als „Tötet sie!“ veröffentlicht werden wird, reichlich umständlich erzählt. So wird die von mir dargestellte Handlung in Form einer langen Rückblende erzählt, die immer wieder von einem klammernden Verhör unterbrochen wird. Hier fragt das FBI Suzanne aus, was denn nun in dem Krankenhaus tatsächlich passiert sei.
Und weil das alles die Handlung noch nicht genug zerstückelt, werden auch noch wahllos irgendwelche Mini-Episoden eingeflochten, in denen der Film seine Killerbrigade vorstellt. In der Folge wird man in den ersten 30 Minuten des Filmes mit absolut belanglosen Orts- und Zeitangaben förmlich zugeschmissen. Dazu kommt, dass die Showstopper beiderlei Formates nicht funktionieren.
Die Verhörmomente gehorchen dem immer gleichen Aufbau: Suzanne wird von einem FBI-Agenten etwas gefragt, frotzelt meist harsch zurück und bekommt sich mit dem Agenten in die Wolle. Ein zweiter Agent beschwichtigt und Suzanne erzählt weiter. Dieser Ablauf geht einem recht schnell recht gewaltig auf die Eier. Und die Killer-Bewerbungsvideos sind insofern total belanglos, dass keiner der „Killer“ das jeweils erste Zusammentreffen mit Philip übersteht. Es also vollkommen scheißegal ist, wer da gerade mit einem Messer herumfuchtelt oder böse guckt.
Das größte Problem aber ist, dass diese beständigen Unterbrechungen der eigentlichen Handlung jedwede Spannung aussaugen. Immer wenn die sich gefühlt eingegroovt hat, wird sie schon wieder unterbrochen. Zudem ist die Handlung so schnell durchschaut, dass der verschachtelte Aufbau nicht wirklich dazu beiträgt, die Motive der handelnden Personen zu verschleiern. Immerhin platziert der Film selbst direkt in den ersten Sekunden den verräterischsten Hinweis, was hier abgeht.
Aufgrund der Erzählstruktur ist auch sofort klar, dass der Film gegen Ende twisten will. Den Zuschauer überraschen möchte. Dabei macht der erste Twist schon nicht wirklich viel Sinn, der zweite aber haut dem Fass dann den Boden aus und führt den gesamten Film ad absurdum. Bitte, lieber Leser, mach nach dem Fight zwischen Van Damme und Daniel Bernhardt den Film einfach aus. Du wirst glauben, einen zumindest halbwegs brauchbaren Film gesehen zu haben. Schaust du weiter, wirst du dich selbst verfluchen. Garantiert.
Doch nicht nur die Art und Weise des Erzählens ist problematisch. Auch die Ausgestaltung des Helden ist extrem anstrengend. Ja, Jean-Claude Van Damme („Universal Soldier: Day of Reckoning“) kann inzwischen gebrochene und kaputte Charaktere hervorragend spielen. Aber in „Kill’em All“ wird das für meinen Geschmack zu sehr auf die Spitze getrieben. Van Damme leidet hier als Philip von seiner ersten bis zur letzten Szene konsequent durch. Stolpert durch die Szenerien. Muss sich immer abstützen. Blutet die ganze Zeit vor sich hin und spielt eben das komplette Elend. Obendrein sieht er verheerend aus. Seine eingefallenen Gesichtszüge machen sein gespieltes Leid sogar optisch sichtbar. Aber ganz ehrlich: Wollen wir unseren Jean-Claude Van Damme so sehen? Es muss doch wenigstens ein paar Momente geben, in denen er so im Saft steht, wie anno dazumal. Immerhin ist er ein Actionhero.
Aber zu solchen Szenen kommt es nicht. Nein, stimmt nicht. Einmal darf Van Damme kurz echter Heroe sein! Im Fight gegen Daniel Bernhardt („John Wick“), da bäumt er sich mal kurz auf. Und genau da hat er den Zuschauer wirklich mal gepackt, so dass der wieder mit ihm mitkämpft. Aber dieses hier zu breit zelebrierte Martyrium haben weder Van Damme noch seine Fans verdient.
Damit sind wir dann auch schon bei der Action des Filmes. Die ist eigentlich ganz gut über den Film verteilt und speist sich rundweg aus Shootouts und Martial-Arts-Einlagen. Wirklich Spaß kommt aber sowohl bei dem einen als auch dem anderen nicht auf. Regie-Debütant Peter Malota zerlegt die Actionszenen wie seinen Film in viele kleine Teile. Soll heißen, entweder wird viel zu viel und viel zu hektisch geschnitten oder die Actionszenen werden direkt von irgendwelchem Geschwafel unterbrochen.
Dynamik, Flow, Tempo, nichts davon findet sich in den Actionszenen wieder. Die wirken stattdessen komplett zerfahren, unrhythmisch und größtenteils seltsam antiklimaktisch. Es gibt keinerlei Highlights zu vermelden, keinen coolen Move zu bejubeln und auch das Gunplay hat keinerlei derbe oder irgendwie spektakuläre Momente zu bieten. Selbst der herbeigesehnte Fight zwischen Daniel Bernhardt und Jean-Claude Van Damme zündet nicht. Zum einen darf Bernhardt einfach nicht aufdrehen, weil er den leidenden Van Damme sonst wohl alleine mit der bei seinen Kicks entstehenden Zugluft tödlich verletzen würde, zum anderen kommt eben auch von Van Damme nichts sonderlich geil Anzusehendes.
Ganz im Gegenteil. Der Belgier wird in diversen Szenen doch äußerst unvorteilhaft gedoubelt. So bleibt eigentlich nur der Fight gegen seinen eigenen Sohn Kris Van Damme („Enemies Closer“) in Erinnerung, weil die hier gezeigten High-Kicks von Van Damme so schön nostalgische Gefühle aufkommen lassen und der Sohnemann den Herrn Papa in dessen Manierismen gut nachzuahmen versteht. Interessant ist zudem die Frage, wie man da eigentlich als Darsteller ans Set fährt, wenn man weiß, dass man bei den Dreharbeiten entweder seinen Sohn oder eben seinen Vater für die Kamera killen muss… Egal.
In optischer Hinsicht kann „Kill’em All“ ebenfalls nichts reißen. Die billige Digitaloptik wirkt in manchen Szenen aufgrund noch billigerer Farbfilter einen ganzen Zacken schäbiger, als man das sehen möchte. Zumindest ist der Schauplatz als Krankenhaus durchaus glaubwürdig und zudem wertig anzusehen. Leider darf hier mal wieder nix kaputtgehen und Explosionen dürfen erst recht nicht steigen. Ein Fanal der Langeweile ist der vollkommen uninspiriert vor sich hindudelnde Score.
Und so sind am Ende die Darsteller noch das Beste am ganzen Film. Wie gesagt, würde einem das Leid des Herrn Van Damme nicht irgendwann doch arg anöden, müsste man ihm eine starke schauspielerische Leistung bescheinigen. Noch stärker ist jedoch sein weiblicher Sidekick Autumn Reeser („Smokin’ Aces 2“) als Suzanne, die sowohl machomäßig hart als auch angenehm verletzlich aufspielen darf. In den Verhör-Szenen interagiert sie mit Peter Stormare („Tokarev“) und Maria Conchita Alonso. Stormare schwitzt zwar einfach nur vor sich hin und spult seinen Part eher gelangweilt ab, sorgt aber dennoch für eine gewisse Souveränität. Genau wie Frau Alonso („McBain“), die leider nicht wirklich gut gealtert ist (oder irgendwas Unvorteilhaftes in ihrem Gesicht hat machen lassen).
Was am Ende bleibt, ist ein Film, von dem man sich aufgrund der Paarung Jean-Claude Van Damme und Daniel Bernhardt viel mehr versprochen hat. Beide reißen ihre Parts sauber runter, keine Frage, aber ihre finale Konfrontation ist doch sehr enttäuschend. Wie der gesamte Film. Der entwickelt überhaupt keinen richtigen Spannungsbogen, wirkt seltsam kleinteilig und kommt aufgrund des beständigen Einschiebens von meist sinnfreien Unterbrechungen nie in einen richtigen Erzählfluss. So verliert man spätestens ab der Hälfte jede Lust, das Ende von „Kill’em All“ erleben zu wollen. Auch weil hier schon längst klar ist, dass die Actionszenen genauso planlos umgesetzt wurden, wie der gesamte Film.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 7. September 2017 als „Tötet Sie!“ von Sony Pictures Home Entertainment und ist mit einer mehr als passenden FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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