Originaltitel: Journey to the Center of the Earth__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1989__Regie: Rusty Lemorande, Albert Pyun__Darsteller: Nicola Cowper , Ilan Mitchell-Smith, Paul Carafotes, Janet du Plessis, Jaclyn Bernstein, Kathy Ireland, Lochner De Kock, Jeremy Crutchley, Albert Maritz, Simon Poland u.a. |
Mit dem Ende der 1980er machten sich Misswirtschaft und einige Fehlinvestitionen im Hause Cannon bemerkbar (wie man in der Doku „Electric Boogaloo: The Wild Untold Story of Cannon Films“ sehen kann). Eines der Opfer: Ihre Verfilmung des Jules-Verne-Klassikers “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde”, die sie allerdings aufgrund ihrer Verpflichtungen gegenüber ausländischen Verleihern fertigstellen musste.
Da das Geld ausging, kombinierte man einfach zwei noch nicht fertig gedrehte Projekte: Albert Pyuns Sequel zu „Alien from L.A.“ und eben Rusty Lemorandes „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Ironischerweise machte es dies Pyun möglich, wütend seinen Namen vom fertigen Film entfernen zu lassen, obwohl er wesentlich mehr vom Endprodukt abdrehte – laut Lemorande stammen nur rund 8 Minuten des Materials von ihm selber, doch er war nun mal als Regisseur für einen Film dieses Namens vorgesehen. Es soll sich vor allem um das Eingangsmaterial handeln, in dem man das britische Kindermädchen Crystina (Nicola Cowper) kennenlernt, das zwar seinem Traumjob als Nanny nachgeht (nun, manche haben eben keine großen Träume), aber zum wiederholten Male gefeuert wird (im Traumjob dauernd versagen, kein schönes Dasein). Letzte Rettung: Ein Job auf Hawaii, womit die Handlung von London zu Albert Pyuns Heimatort wechselt.
Dort entpuppt sich der Klient allerdings als der etwas abgewrackte, aber immer noch exzentrische Rocksänger Billy Foul (Jeremy Crutchley), der sie als Nanny für seinen Hund angestellt hat. Nur erlaubt das Hotel keine Hunde und deshalb tarnt er seinen Fiffi als Kind, das Crystina wiederum ausführen soll. Im gleichen Hotel sind auch die Geschwister Richard (Paul Carafotes), Bryan (Ilan Mitchell-Smith) und Sara (Jaclyn Bernstein) untergebracht. Durch eine begrenzt glaubwürdige Vertauschaktion landen Teile von Crystinas Accessoires im Jeep der drei, weshalb sie keine Wahl hat als diesen bis zu einem Vulkan zu folgen, den diese erkunden wollen.
Dort angekommen gibt es natürlich den obligatorischen Erdstoß, infolgedessen Crystina und die beiden Brüder in die Tiefe stürzen, während Sara und der Wauwau oben bleiben. Damit spart man natürlich Geld für Darsteller und Tiertricks, zumindest in der vorhandenen Version, bei der sicher einige Nachdrehs fällig waren, um die halbfertigen Filme zu vereinen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=uz1dZyBrOKk
Unter der Erde trifft man natürlich mal wieder auf die unterirdische Nation von Atlantis, die man schon aus „Alien from L.A.“ kennt, wobei man praktischerweise Kostüme, Sets und teilweise sogar Filmmaterial aus dem Vorgänger recyceln kann (wobei Pyun das vermutlich eh vorhatte). Dieses Mal haben General Rykov (Janet du Plessis) und die ihren sogar eine Invasion der Oberwelt vor, nachdem man im Vorgänger Angst vor dem Gegenteil, einer Invasion von oben, hatte. Auch hier wird natürlich in erster Linie darüber geredet (vor allem über einen Truppentransporter, der dabei helfen soll), aber nichts gezeigt, denn das würde ja Geld kosten. Kathy Ireland („Loaded Weapon 1“), die Hauptdarstellerin aus „Alien from L.A.“ ist hier fast nur als Bild präsent und winkt in einer lax dahingeworfenen Einstellung einmal selbst in die Kamera, während natürlich einige Darsteller aus dem Vorgänger entweder in bekannten oder neuen Rollen zurückkehren, etwa Pyun-Regular Simon Poland („Spitfire“) oder Janet du Plessis („Merchants of War“) in der Doppelrolle als schurkischer General und als Low-Life Shank, wobei letztere inzwischen zu einer Art positiven Figur umgedeutet wurde, die den Menschlein in Atlantis hilft.
Dort kommen nach kreuzödem Herumgeirre durch Pappmaché-Katakomben in der ersten Hälfte von “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” eh nur noch Crystina und Bryan an, denn der ältere Bro findet vollkommen unglaubwürdigerweise noch einen Notausgang auf halber Strecke, aber damit sind wieder Darstellerkosten gespart. Dafür hat Bryan zwischendurch einen Traum von unter der Erde erlebten Abenteuern mit der kompletten Besetzung (also inklusive Sara und Hund), in denen man gegen Monster kämpft usw. – Reste des bereits abgedrehten Materials von Rusty Lemorande, die man nicht verkommen lassen wollen, auch wenn ihr Einbau kaum Sinn macht. Dafür sieht man auf dem Cover der US-DVD Viecher aus der Traumsequenz und einige Kreaturen, die gar nicht im Film vorkommen, aber diese sind natürlich interessanter und versprechen mehr als der fertige Film dann schlussendlich halten kann.
Denn in Atlantis wird eh nur für einige Minuten umhergerannt und sich vor den Schurken versteckt, ehe der Film an einer Stelle mehr oder weniger abrupt aufhört und man stattdessen ins traute Heim von Bryan zurückschneidet, der nun angeblich von der Expedition unter der die Erde zurückgekehrt ist und im Fernsehen jede Menge Szenen aus „Delta Force“ schaut, damit es am Ende doch noch etwas Action gibt (auch Teile des Scores von „American Fighter 2“ werden aus Kostengründen nochmal recycelt). Es folgt eine TV-Ansage, die noch mal kurz alle locker in der Luft schwebenden Handlungsfäden mehr schlecht als recht vertüdelt, danach eine Montage von bereits gesehenen nicht verwendeten Szenen und danach ist Ende Gelände.
Damit ist “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” produktionsbedingt noch konfuser, sinnfreier und unlogischer als sein eh schon nicht rühmlicher Vorgänger, wobei sich die darstellerischen Neuzugänge, vor allem Nicola Cowper („Clive Barker’s Underworld“), Paul Carafotes („Blind Date“), Ilan Mitchell-Smith („Weird Science“) und Jeremy Crutchley („Der Poseidon-Anschlag“), sich an das chargierende Overacting-Niveau des Quasi-Vorgängers anpassen. Die Ausstatter machen noch einen halbwegs respektablen Job, trotz des sichtlichen Mangels an Knete, und immerhin fährt Pyun den Ironiepegel in Atlantis hoch, wenn die stetigen Durchsagen der Regierung das Volk beschallen: Eine gibt Hinweise für Besucher aus anderen Sagenreichen wie Asgard, eine andere beschreibt die Konsequenzen für das Verstecken eines Alien von der Erdoberfläche, nämlich Tod plus dicke Geldstrafe. Aber das sind dann doch sehr, sehr kleine Lichtblicke in einem sterbenslangweiligen Versuch eines Abenteuerfilms.
Insofern ist “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” eigentlich ein ganz schlimmer filmischer Verkehrsunfall, von dem sich beide Regisseure gerne distanziert hätten und dem man seine Mängel jederzeit ansieht. Unlogisch, konfus und durchweg öde, wenn auch immerhin mit einer ironischen Note – noch ein wenig schwächer als der eh schon maue „Alien from L.A.“, aber so viel Luft nach unten war da auch nicht mehr.
Knappe:
Auch von “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” sind mir in Deutschland nur TV-Ausstrahlungen bekannt. Wie bereits „Alien from L.A.“ ist er in den USA bei MGM mit PG-Rating auf DVD erschienen.
© Nils Bothmann (McClane)
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